Ich bin seit einigen Jahren nach langjähriger Festanstellung selbständig. Während ich das Geld, das ich als Angestellter auf dem Konto hatte, vollständig ausgeben konnte, ist das als Selbständiger absolut nicht der Fall … Manchmal habe ich das Gefühl, ich zahle mehr an Staat und für Sozialversicherungsbeiträge, als das, was für mich am Ende übrig bleibt.
Vielen meiner Kollegen geht es ähnlich. Auch wenn es heißt: „eine so niedrige Arbeitslosenquote gab es schon lange nicht mehr“ - kann ich nur lachen. Die Statistik sagt rein gar nichts darüber aus, wieviele Menschen unfreiwillig in der Selbständigkeit sind oder sich durch Honorarjobs ausbeuten lassen müssen. Damit müssen sie sowohl Risiko und Zukunft sichern, was bei Festanstellung der Arbeitgeber übernimmt. Spätestens dann, wenn diese Menschen ins Rentenalter kommen, Ihr erstes BurnOut haben - werden Sie der Gesellschaft auf die Füße fallen - nämlich als Hartz IV Empfänger. Ein Selbständiger kann sich keine Krankheit leisten. Und Krankheiten kann niemand ausschließen. Im Falle einer Krebserkrankung ist ein Selbständiger während der Therapie nicht mehr erwerbsfähig (das kann Monate dauern)… die laufenden Kosten sind trotzdem vorhanden und darunter fallen auch die Krankenkassenbeiträge. Kann er diese nicht mehr bezahlen, wird auch die Krankenkasse die Therapiekosten übernehmen. Einziger Ausweg ist dann Hartz IV! Ist das die Lösung für Leute, die Ihr Leben lang gearbeitet haben.
Warum sind so viele Menschen „Zwangsselbständig“?
Aus Angst eine Lücke im Lebenslauf zu haben, geht man lieber in die „Zwangsselbständigkeit“. Arbeitslosigkeit ist ein riesen Makel. Obwohl ich es einen ebenso großen Makel sehe, dass man als Fachkraft vom Arbeitsamt dazu verdonnert wird für geringes Geld zu arbeiten, ansonsten würde man sanktioniert werden.
Erst vor kurzem hatte ich ein Gespräch mit einer Musiklehrerin (Profimusikerin mit zahlreichen Auszeichnungen) , die als Honorarkraft 15€ die Stunde verdient und in Deutschlands teuerster Stadt zur Miete lebt.
Warum schreibe ich das?
Ich habe mehrfach erlebt, dass z. B. GmbHs aus unerfindlichen Gründen leichter an Projekte kommen. Und so schnell, wie sie aus dem Boden sprießen , sind sie auch schon wieder insolvent. Die Gesellschaftergehälter sind natürlich selbst festgelegt und können steuerlich abgesetzt werden. Die Gehälter fließen also in den Privatbereich, der im Falle einer Insolvenz unantastbar ist. Für mich hat das manchmal den Anschein, als stecke System dahinter. Die insolventen Geschäftsführer sind anschließend nicht verarmt (so wie ihre Gläubiger, die damit tatsächlich kurz vor dem Ruin stehen) sondern ziehen gleich das nächste Geschäft auf. Ich hatte mit einem Unternehmer zu tun, für den das anscheinend ein Sport ist. Dieser hat einen Rechtsanwalt, der auf Insolvenz spezialisiert ist. 10 Unternehmen innerhalb weniger Jahre mit halbjährlich wechselnden Geschäftsführern. (das Netzwerk dieser dubiosen Unternehmen kann man beim Bundesregister und Moneyhouse einsehen.) Dieser Unternehmer hat zwar viele Pleiten hinter sich ist aber reicher als geschäftlich erfolgreiche Geschäftsleute. Es scheint heute jedenfalls keine Schande mehr zu sein, Insolvent zu gehen… sondern man wird eher als dumm bezeichnet, wenn man ehrlich das Geld verdient.
Ich suche keine Anleitung zur Umsetzung von Skrupellosigkeit. Aber ich bin nicht die einzige Selbständige, die sich fragt: lohnt sich Selbständigkeit ohne eine Gesellschaftsform noch?
Ich spinne gerade herum… ob ein Dachunternehmen, das Selbständige beschäftigt und deren Sozialversicherungsbeiträge zahlt - das Geld dafür durch das Absetzen der Gehälter etc. hereinholt. Jedenfalls müssten beide profitieren: Dachunternehmen (die Verwaltung muss bezahlt werden) und die Selbständigen müssen besser abgesichert sein und mehr herausbekommen als in Selbständigkeit). Wie könnte man so etwas aufziehen. Das ganze natürlich auf völlig rechtlichen Wege…
Hat sich jemand schon ähnliche Gedanken gemacht?
oder gibt es NUR STEUERLÜCKEN für SKRUPELLOSE und REICHE?
Viele Grüße
Steffi