Der Installateur dachte, dass ein Wechselrichter mit 1200 W Nennleistung ja sowieso die Leitung maximal mit 1200 W (knapp über 5 A) belasten könne.
Er hat dabei zwei der wichtigsten Dinge vergessen: Schutz bei Überlast und Kurzschluss.
Das wäre so, als ob ein Banker bei der Kreditvergabe die Prüfung der Bonität unterließe - oder der Hirnchirurg am kleinen Zeh schnippelt und dabei das Großhirn sucht.
Absolute Grundlage bei jeder Elektroinstallation sind der Schutz vor elektrischem Schlag und der Schutz bei Überlast und Kurzschluss.
Der Kurzschluss ist dabei eine Unterart der Überlast, muss aber auf Grund der Charakteristik der davor schützenden Leitungsschutzschalter separat betrachtet werden.
Im Normafall kann der WR die Leitung mit maximal 5,2 A belasten. OK.
Und im „nicht normalen“ Fall?
So ein Wechselrichter hat eine Menge Leistungselektronik. Angenommen, durch das Versagen eines Bauteils kommt es dazu, dass nicht mehr 5,2 A geliefert werden, sondern das brennende Bauteil sich durch die verkohlende Platine frisst, der Kunststoff schmilzt und verkohlt und dabei 40 Ampere aus dem Netz in den Wechselrichter fließen, die das Feuer zusätzlich mit 9200 Watt beheizen? Währenddessen schmilzt die Zuleitung, glühen weitere Kontakte.
Wer schaltet ab? Niemand.
Mit Glück hat der Wechselrichter integrierte Sicherungen. Aber im Datenblatt von SMA steht:
Eigentlich ist dem nichts hinzuzufügen. Maximale Absicherung 16 A, hier sind es 63 A.
Ein bischen mehr Theorie:
Falls der Wechselrichter sich selber durch Gerätesicherungen schützt, so dass bei einem internen Fehler das Teil vom Netz getrennt wird, so wäre eine Überlastung der Zuleitung ja ausgeschlossen und auch die defekten Teile im Inneren würden (hoffentlich früh genug) abgeschaltet.
Aber da haben wir ja noch den Schutz im Falle eines Kurzschlusses. Wer schaltet ab, wenn es durch eine Beschädigung zu einem Kurzschluss kommt, oder wenn sich eine Klemme lösen würde, oder ein Nagel durchs Kabel geschlagen wird?
Mit Glück ist der Kurzschlussstrom so hoch, dass der SH-Schalter noch früh genug abschaltet. Hört sich widersinnig an, richtig? Solche Leitungsschutzschalter haben aber alle eine Kennlinie, die aussagt, wie lange ein zu hoher Strom maximal fließen könnte, bevor abgeschaltet wird. Je höher der Strom, desto schneller wird abgeschaltet.
Dein 63A-SH-Schalter toleriert 315 A für maximal ca. acht Sekunden. Fließen aber nur 100 A, so kann die Auslösung auch fast zwei Minuten auf sich warten lassen.
Das macht extrem heftige Kurzschlüsse besser kontrollierbar.
Die dünne Leitung führt mutmaßlich zum Wechselrichter, nicht zum Haushalt.
Der Fall der übermäßigen Einspeisung über diese Leitung kann nicht eintreten - woher sollte die Energie kommen?
Man muss die Leitung zum Wechselrichter mit 1,2 Kilowatt nicht davor schützen, dass 4 kW eingespeist werden. Aber man muss die Leitung und das Gerät davor schützen, dass bei einem Fehler aus dem Netz ein Vielfaches ins Gerät / durch die Leitung fließt.
Für Dumme gibt es die Faustformel: Keine Querschnittsverjüngung ohne Sicherung.
Genauer müsste es lauten: Eine Leitung darf stets nur so hoch abgesichert sein, wie sie maximal verträgt - und da mutmaßlich eine 10mm² Ader weit höher abgesichert ist, als eine 2,5mm² vertragen kann, hat sich diese Faustformel etabliert.
10mm² Ader aus dem Netz kommend, 2,5mm² zum Verbraucher gehend wäre kein Problem, wenn die 10mm² (und damit auch die 2,5mm² Ader) mit 16 A abgesichert wäre. Ist sie aber bei dir nicht. Und kein Elektriker würde beim Anblick einer Ader mit 10mm² Querschnitt sagen „Ach, die ist ja bestimmt nur mit 16A abgesichert, das wird schon klappen, da gucke ich jetzt nicht extra nach.“
Jedem Elektriker ist es in Fleisch und Blut übergegangen, dass einem Verbindungen von „sehr dicken“ mit „sehr dünnen“ Adern direkt ein Unbehagen veursachen - da gibt es eine natürliche Hemmung, die selbst bei 1,8 Promille noch wirken sollte.