Spaß und Spass

Hi!

Als mir Spaß als das zweite Wort genannt wurde, das nach der
Reform in D und Ö unterschiedlich geschrieben wird (das erste
ist bekanntlich Ruß), dachte ich, es sei in dem Fall umgekehrt
und Spass die nordisch Variante.

So erlebe ich das auch seit einer ziemlichen Menge von Jahren :wink:)

Jetzt habe ich nachgeschaut, es steht tatsächlich schon im
Uralt-ÖW aus den Siebzigern Spasses und Spässe als erste,
Spaßes und Späße in Klammer als zweite Variante der
Deklination.

Ich hab heut früh noch meinen Uralt-Duden (1961 - ätsch, der ist älter als dein ÖW) konsultiert. Da stand noch KEINE Variante mit -ss- drin, sogar Spaßettel(-n) schrieb man damals.

Im realen Leben scheine ich aber in ähnlichen Kreisen wie Du
zu verkehren, also in solchen, die Spaß mit sehr langem A
sprechen.

Das reale Leben steht uns aber auch näher als das virtuelle :wink:)

Gruß aus Wien
Barney

Ruß und Russ
Hi alien,

Als mir Spaß als das zweite Wort genannt wurde, das nach der
Reform in D und Ö unterschiedlich geschrieben wird (das erste
ist bekanntlich Ruß), dachte ich, es sei in dem Fall umgekehrt
und Spass die nordisch Variante.

Ruß und Russ als Varianten geht schon mal nicht. Kennst Du nicht den Satz „Der Russ als solcher schmutzt nicht“?

Gruß Ralf

hallo martin,

die rheinländer, maßgeblich in funk & fernsehen aber auch.
titel wird zu tittel, satellit zu sattelittt, trikot zu trikko…

strubbel
Y:open_mouth:)

Servus,

wenn ich von „Funk und Fernsehen“ auf das Rheinhessische schließen darf: Ja, in der Tat ist dieses (zu den oberdeutschen Sprachen gehörig) mit ziemlich ausgeprägt kurzen Vokalen versehen. Ein Stück vom ZDF weg, im Pfälzischen - und dort gegen W mit Tendenz zur Verschärfung - wirds dann trotz der weichen Konsonanten richtig knackig. Aber bereits Frankenthaler Kurzsilbigkeit ist für Boogie-Woogie-Lieder gut geeignet, wie man an den Lokalmatadoren von „Uffg’bluesd“ hören kann.

Wobei

tri’kot zu 'trikko

nicht von der Länge der Vokale abhängt, das i ist immer kurz, und das o auch im Südwesten immer lang, sondern von der Betonung auf der ersten oder auf der zweiten Silbe. Es gibt im Standarddeutschen zulässigerweise beide Betonungen, auf dem i oder (wie im Original) auf dem o ist beides möglich.

Ganz scharmant an diesem Beispiel finde ich, daß Leute aus Mitte/NW/NO ausgerechnet bei diesem Wort keinerlei Schwierigkeiten mit der frz. Endbetonung haben, an der viele aus dem niederdeutschen Raum genauso kläglich scheitern wie an der Nasalierung.

Schöne Grüße

MM

Grüß Dich Susi,
merkwürdigerweise ist der Rechtschreibeduden
relativ tollerant und geht auf regionale
Unterschiede ein. Dagegen setzt
sich der Ausspracheduden mit seinem Standarddeutsch
das Ziel eine Einheitsaussprache „ohne“
regionale Besonderheiten festzulegen.
Meistens fällt die Wahl der
Ausspracheregeln zufällig zugunsten der
mittel- und norddeutschen Aussprache aus.
=> Könich, Ludwich, vierzich …
aber auch Hiemsee, Hinese …
Viele Grüße
Roland

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Griaß De Martin,
ja de unterschiedliche Aussproch von de Vokale
is echt interessant. Des hochdeitsche „gibt“
hot im süddeitschn Raum a kurzes „i“.
Im Boarischn sogt ma dafir ‚geit‘ oiso
a langes mittelhochdeitsches „î“. A Kollege
aus’m Allgäu hot gmoant daß ma bei eam dahoam
„gît“ sogt. Woaßt Du wia weit „gît“ im
Allemannischen verbreitet is?
Pfiat Gott,
Roland

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Ihr Lieben,

danke für eure Bemühungen, eure Antworten waren sehr interessant.

@Martin:

Aber jetzt sag mir doch bloß noch einmal, was Du gegen eine
ganz regelmäßig gebildete deutsche Deklination hast?

Ich habe nichts dagegen, ich hatte nur das Gefühl, dass sie hier nicht passt, aber ich habe mich jetzt eines anderen belehren lassen und gebe meine Bedenken auf.

Ich wollte übrigens gerade darüber lamentieren, dass es nur für Österreicher solche Ausnahmen gibt und für Bayern nicht, da habe ich feststellen dürfen, dass meine Beschwerden völlig überholt sind. Bei Maß (Bier) steht jetzt im Duden Mass als Alternative und auch die Pluralangabe: zwei Maß/Mass. Auch bei Mesner steht jetzt nur noch der blanke Messner als Alternative, nicht mehr, dass das nur Österreicher schreiben dürfen. Wow! Ich bin beeindruckt und stelle ab sofort jegliches Meckern über die Mannheimer ein.

@alien:

Als mir Spaß als das zweite Wort genannt wurde, das nach der
Reform in D und Ö unterschiedlich geschrieben wird (das erste
ist bekanntlich Ruß), dachte ich, es sei in dem Fall umgekehrt
und Spass die nordisch Variante.

Äh, wie? Mir war das nicht bekannt mit dem Ruß, ich finde im Duden auch nichts Dahingehendes, im offiziellen Wörterverzeichnis genauso wenig.

Jetzt habe ich nachgeschaut, es steht tatsächlich schon im
Uralt-ÖW aus den Siebzigern Spasses und Spässe als erste,
Spaßes und Späße in Klammer als zweite Variante der
Deklination.

Das muss dann aber andere Gründe gehabt haben als die Aussprache, denn seinerzeit gab es diese Regel, nach Kurzvokal immer ss zu schreiben, auch am Wortende, noch nicht.

Viele Grüße
Susi

Servus Roland,

gît / geit ist auf einer Karte aus der Mitte der 1930er Jahre verzeichnet, die in irgendeinem Umzugskarton abgeblieben ist…

Aus der hohlen Hand: Die Grenze läuft jedenfalls im ganzen alemannischen Raum nördlich Argen / Bodensee / Rhein. Im Westen (Schwarzwald) geht gît weiter in den Norden als im schwäbischen Oberland, wo das Alemannische wohl wegen der Ähnlichkeit vor dem Schwäbischen seit etwa 1950 schnell zurückweicht (genau dieses würde die Karte besonders interessant machen, ich find sie auch wieder: Sprachentwicklung hat hier während bloß zwei oder drei Generationen ziemlich schwungvoll stattgefunden). Im Raum Wangen … Kempten macht der „politische“ Druck vom Bairischen her was ähnliches aus, Memminger, Kemptener und Lindauer Zöllner, Eisenbahner, Postler, Lehrer und Verwaltungsleute aus dem wittelsbacher Stammland haben da die Sprache „der Ländergrenze nach“ entwickelt.

Im Bereich Bodensee tät ich die Nordgrenze gefühlsmäßig etwa mit Stockach - Ravensburg - Neukirch - Wangen beschreiben, aber Schätza ka fehla.

Bonus Track: Mit dem alemannischen gît wird klar, warum die junge Frau auf dem Rothaus-Etikett (die haben wir vor ein paar Wochen an anderer Stelle diskutiert) Birgit Kraft heißt: Bier gît Kraft!

In diesem Sinne

MM

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Hi!

Jetzt habe ich nachgeschaut, es steht tatsächlich schon im
Uralt-ÖW aus den Siebzigern Spasses und Spässe als erste,
Spaßes und Späße in Klammer als zweite Variante der
Deklination.

Das muss dann aber andere Gründe gehabt haben als die
Aussprache, denn seinerzeit gab es diese Regel, nach Kurzvokal
immer ss zu schreiben, auch am Wortende, noch nicht.

Ja, der Grund war, daß am Wortende immer ß stand, auch nach kurzemn Vokal.

Ruß: Keine Ahnung, was im Duden steht. Ich schreib eh alte Rechtschreibung und orientiere mich im Zweifelsfall am ÖW, ncht am Duden.

alien

Servus Martin,
dankeschön für Deine interessanten Informationen.
Die Karte mit git/geit würde mich auch interessieren.
Wenn Du sie findest, kannst Du sie mir per Email
schicken?
Auch wenn ich die bairische Sprache gerne höre
finde ich es sehr schade, daß die alemannische Sprache
in Bayern dafür zurückgedrängt worden ist.
Das heißt, in den bairisch beeinflußten Gebieten
sagt man jetzt auch „geis(ch)t, geit …“?

:wink: Das mit der Birgit Kraft is ja guat :wink:
Pfiat De,
Roland

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Hallo Roland,
ich dank Dir, aus zwei Gründen:

  1. Ich hab schon gefürchtet, ich hätt was mit den Ohren oder, noch schlimmer, mit dem Kopf, weil ich etwas höre, von dem andere sagen, das darf es gar nicht geben;
  2. dafür, dass Du für mich geantwortet hast. Selber konnte ich es nicht tun, wegen Verhinderung. Ich hätt es in etwa auch so formuliert.
    Schönen Grüße!
    H.