Das Problem ist so ein bisschen, dass in dem Artikel eigentlich gar nicht so genau steht, wie Spekulation die Preise treibt. Gut, dass wir hier bei wer-weiss-was.de sind und dazu ein bisschen was erklären können.
Wohlan: bei Termingeschäften an Warenterminbörsen beinhalten die Geschäfte mit Lebensmitteln nur in den allerwenigsten Fällen (weniger als 5%) beim die Lieferung von Ware am Fälligkeitstermin. Vielmehr werden sondern Differenzen zwischen Termin- und Tagespreis in Geld glattgestellt.
Verkaufe ich also heute eine Tonne Weizen an der MATIF per Dezember 2024 für 250 Euro, bekommt der Käufer bei Fälligkeit von mir also nicht eine Tonne Weizen auf den Hof gekippt, sondern die Differenz zum Tagespreis wird in Euro ausgezahlt. Ist der Weizen teurer als 250 Euro, zahle ich die Differenz an den Käufer des Futures, ist der Tagespreis niedriger als 250 Euro, bekomme ich die Differenz zum Tagespreis.
Der Käufer des Futures hat also kein Interesse daran, ein Termingeschäft für einen völlig absurden Preis abzuschließen, weil er dann mit einer hohen Wahrscheinlichkeit Verluste macht. Davon, dass die schiere Spekulation die Preise erhöht, kann vor dem Hintergrund also gar keine Rede sein.
Natürlich kann man trotzdem spekulieren, wenn man bspw. auf Ernteausfälle hofft und auf steigende Preise wetten möchte. Das hat aber keinen Einfluss auf den tatsächlichen Tagespreis beim Liefertermin, denn der wird ja von der tatsächlichen Ernte bestimmt.
Gehe ich also bspw. als Mühle von steigenden Preisen aus, kaufe ich schnell Futures zu einem vermeintlich niedrigen Preis. Finde ich einen Verkäufer, der mit mir dieses Geschäft machen will, weil er bspw. mit nicht ganz so hohen Preisen rechnet, kann ich so den Weizenpreis absichern.
Durch unser Geschäft wird zwar u.U. der Terminpreis steigen, aber ganz sicher nicht der Tagespreis. Ist bei Fälligkeit der Tagespreis dann doch nicht so hoch wie ich befürchtet hatte, dann muss ich als Käufer des Futures die Differenz zwischen vereinbartem Preis und Tagespreis an den Verkäufer zahlen, aber das mache ich gerne, weil mir das Geschäft geholfen hat, meinen Preis nach oben abzusichern. Der Kaufpreis für den Future zzgl. Zahlung des Ausgleichs zwischen Tagespreis und Terminpreis war insofern quasi Prämie für den Versicherungsschutz vor höheren Preisen und mir die Sache insofern auch wert.
Fällt die Ernte hingegen tatsächlich schlecht aus und der Preis steigt deswegen durch die Decke, hat meine Spekulation auf die schlechte Ernte am Ende auch keinen Einfluss auf den Tagespreis. Der Tagespreis bestimmt am Ende nur, wer (d.h. Käufer oder Verkäufer des Futures) an wen (Verkäufer oder Käufer des Futures) wie viel (Differenz zwischen Tages- und Terminpreis) als Ausgleich zu zahlen hat.
Verkäufer von Futures sind Produzenten von Getreide. Käufer sind z.B. Mühlen, die ihrerseits schon auf Monate und Jahre Mehl und andere Getreideprodukte verkaufen und für die Ermittlung des Verkaufspreises eine sichere Kalkulationsgrundlage brauchen. Genau diese Grundlage liefern Terminbörse.
Ob nun neben den Mühlen und den Erzeugern noch andere Parteien handeln, die mit Weizen an sich nichts am Hut haben (=Spekulation), hat keinerlei Einfluss auf die Menge und die Qualität der tatsächlichen Ernte und allein diese beiden Faktoren bestimmen den Tagespreis und damit auch, was das Endprodukt im Laden oder auf dem Markt kostet.
Was es natürlich in gewissen Grenzen gibt, ist eine gewisse Rückkopplung zwischen Preis und Erzeugung, d.h. hohe Terminpreise können zu mehr Produktion führen (weil sich die ja angesichts der höheren Preise zu lohnen scheint) und niedrigere Preise zu weniger Produktion. Das ist allerdings ein Problem, das es immer schon gab und (deswegen auch) über eine eigene Bezeichnung verfügt: Schweinezyklus.
„In gewissen Grenzen“ deshalb, weil ein Reisbauer nicht mal eben auf Orangen umsatteln kann, nur weil der Terminpreis für Reis für den Dezember 2027 so niedrig und der für Orangensaftkonzentrat so hoch ist. Genauso wenig kann ein Landwirt die Produktion auf einmal von Weizen auf Rinder umstellen oder von Mais auf Kakao.