Die Wahrscheinlichkeit, daß es sich um eine Schutzbehauptung handelt, stufe ich auch als hoch ein. Das Problem, vor dem man bei der Polizei steht, ist jedoch, daß man die echten Umstände für nicht kommunizierbar hält und das zu recht. „Ja, da waren viele deutsche Staatsbürger darunter, aber wir gehen davon aus, viele von denen einen Migrationshintergrund haben“. Ist es Aufgabe der Polizei, Ahnenforschung zu betreiben? Ganz sicher nicht. Ist es Aufgabe der Polizei, Sozial- und Jugendarbeit zu leisten? Ganz sicher nicht. Ist es Aufgabe der Polizei, sich an der politischen Debatte über Ausländer und deren Kriminalität mitzuwirken? Auch nicht. Aber zu den zentralen Aufgaben der Polizei gehört die Gefahrenabwehr und wenn es so sein sollte, daß sich im Bereich der Jugendlichen mit Migrationshintergrund eine gewaltbereite, anarchistische oder sonstwie staats- und ordnungsfeindliche Gruppe bildet, dann ist das durchaus eine Information, die für die Gefahrenabwehr relevant ist und die auch für die Politik relevant ist, um ggfs. diesbezügliche Entscheidungen zu treffen.
Diese Diskussion ist angesichts des gesellschaftlichen Klimas, das sich in den letzten rd. 40 Jahren entwickelt hat, nicht ohne große Schmerzen zu führen. Was ich damit sagen will: auch, wenn es bei bestimmten Delikten eindeutige und signifikante Schwerpunkte hinsichtlich der Herkunft bzw. Abstammung gibt, so führt ein entsprechendes Agieren der Polizei direkt zum Vorwurf des Racial Profilings. Die Frage, ob der Vorwurf berechtigt ist bzw. wie hoch die Trefferquote der Polizei durch diese Vorgehensweise ist, wird ignoriert.
Ich kann gerne mal wieder das Beispiel anbringen, daß in Düsseldorf eine Zeitlang die Quote der Nordafrikanern unter den Tatverdächtigen bei Taschendiebstählen deutlich über 70% lag. Nun kann man natürlich sagen, daß ein Tatverdächtiger noch lange kein Straftäter ist, aber gerade bei Taschendiebstählen ist die Wahrscheinlichkeit dann doch relativ hoch: war am Tatort, hat das Diebesgut dabei… Paßt wohl schon in den meisten Fällen. Wenn man also am Samstag abend am Düsseldorfer Hauptbahnhof eine Gruppe von drei Menschen männlichen Geschlechts zwischen 20 und 30 Jahren und erkennbar nordafrikanischer Herkunft sieht, wie sie in eine U-Bahn steigt und diese in der Altstadt wieder verläßt, dann steht hinter einer Kontrolle der drei Personen kein Rassismus, sondern schlichtweg die Erfahrung und die hohe Wahrscheinlichkeit, daß die Jungs gerade zur nächsten unterwegs sind, nachdem sie in dem Viertel hinter dem Hauptbahnhof gerade ihr letztes Diebesgut in einem der einschlägigen Etablissements abgeliefert haben.
Mal so als ein Beispiel. Und daß sich in bestimmten Bevölkerungsgruppen mit Abstammung in zB. Osteuropa und im Nahen Osten eine große gewaltbereite, staatsfeindliche Szene entwickelt hat, ist in dem Sinne auch nichts neues. Ich habe den Brandbrief eines Dienstgruppenleiters der Alstadtwache an den Direktionsleiter schon einige male verlinkt:
Darauf hat man reagiert und die Lage mit bestimmten Maßnahmen mehr oder weniger in den Griff bekommen (https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/vor-zehn-jahren-duesseldorfer-polizist-schreibt-brandbrief-aus-der-altstadt_aid-34832511), aber das Grundproblem ist geblieben, d.h. die Leute sind nicht weg oder geläutert, aber man geht anders mit ihnen um.
Um ein Problem zu beseitigen, muß man es erst einmal erkennen und analysieren. Vielleicht ist man in Stuttgart gerade an einem Punkt, an dem man in Düsseldorf vor gut zehn Jahren schon war, und beginnt mit der Analyse. So ganz behämmert sind Polizisten übrigens nicht. Man kann sich schon anhand der Namen ein Bild davon machen, aus welcher Region die Leute kommen. Mit dem, was unglücklich Stammbaumforschung genannt wurde, will man sich vermutlich nur Gewißheit verschaffen, um der Politik und den Behördenleitern belastbar mitteilen zu können, daß an den Krawallen vor allem Menschen mit einer bestimmten Herkunft beteiligt waren. Das ist aber aus meiner Sicht kein Rassismus, sondern Teil der Analyse, d.h. mit wem habe ich es zu tun, was sind die kulturellen Besonderheiten dieser Personengruppe und kann mir die Kenntnis von Herkunft und Besonderheiten helfen, die Sache in den Griff zu bekommen?
Wenn sich herausstellt, daß bei Krawallen im Dunstkreis von Fußballspielen vor allem Rheinländer und Ostdeutsche beteiligt sind, selten aber Norddeutsche (mal so als Beispiel) hat das ja auch nichts mit Rassismus zu tun, sondern damit, daß man als Ergebnis bestimmte Spiele als Risikospiele bezeichnet und bei denen andere Konzepte fährt als beim Spiel des SV Werder Bremen gegen den VfL Osnabrück.