Taschenkontrollen nach dem Zufallsprinzip sind mir seit über
40 Jahren von diversen Unternehmen von AEG bis Lufthansa aus
eigenem Erleben bekannt. Diskussionen über den Sinn der
Kontrollen sind eine uralte Begleiterscheinung. Tatsächlich
verursachen durch Mitarbeiter am Arbeitsplatz begangene
Diebstähle beträchtliche Kosten. Nicht nur im Handel, sondern
hinsichtlich Schadenshöhe mindestens so hoch im produzierenden
Gewerbe und in Wartungsbetrieben (siehe die genannten
Unternehmen). Beträchtliche Mengen Werkzeuge und
Meßinstrumente - nicht etwa irgendwelcher Billigramsch -
verschwinden.
Wer als persönlich haftender Arbeitgeber im Kleinbetrieb mit
einem Dutzend Mitarbeitern alljährlich durch Diebstahl
verursachte Schäden im hohen 5stelligen Bereich bemerkt, fühlt
sich persönlich beklaut (glaub mir, kein schönes Gefühl) und
läßt sich etwas einfallen.
und erneut muss ich deine aussage richtigstellen…
grundsätzlich stellt die taschenkontrolle des AN einen eingriff in das allgemeine persönlichkeitsrecht iSd art. 2 I, 1 I gg dar und ist (ohne einwilligung) unzulässig.
wie (fast) jedes grundrecht ist aber auch das allg. persönlichkeitsrecht nicht grenzenlos gewährleistet, sondern unterliegt einer abwägung. gibt es also auf AG-seite gewichtige gründe für eine solche kontrolle, dann darf sie durchgeführt werden.
das allgemeine sicherungsinteresse des AG am erhalt der betriebsmittel ist kein grund, der die rechte des AN verdrängt.
ein zu beachtender grund läge etwa vor, wenn der AG konkret darlegen kann, dass der verdacht besteht, dass arbeitsmittel durch die mitarbeiter beiseite geschafft wurden. mildere mittel wie arbeitenhmerbefragungen müssten erfolglos durchgeführt oder unzweckmäßig sein. der AG muss insofern nachforschungen anstellen, was mit den betriebsmitteln geschehen ist und kann sich nicht darauf berufen, dass irgendwann durch irgendwen betriebsmittel entwendet wurden.
es muss also stets eine abwägung im einzelfall erfolgen, wessen interessen überwiegen (vgl. Hess. LArbG, Urt. v. 18.04.2012, Az.: 18 Sa 1474/11) - dort wird beispielhaft eine solche abwägung durchexerziert
natürlich kann im arbeitsvertrag eine solche taschenkontrolle festgehalten werden.- das ist vorliegend aber nicht der fall. auch eine abänderung des arbeitsvertrags durch den aushang am „schwarzen brett“ fand (jedenfalls vor geleisteter unterschrift) nicht statt.
eine taschenkontrolle ist ebenfalls zulässig, wenn eine BV iSd § 87 I nr.1 betrvg vorliegt.- das ist hier nicht der fall.
eine taschenkontrolle ist -wie in den meisten größeren unternehmen- auch dann zulässig, wenn eine betriebliche übung vorliegt.
aber auch das ist hier bei dem neu eingeführten verfahren nicht der fall.
fazit:
eine taschenkontrolle ist außerhalb individualvertraglicher und kollektiver vereinbarungen unwirksam. sie sind gerechtfertigt, wenn der AG gewichtige gründe konkret (und nicht nur pauschal) darlegen kann. spätestens in einem gerichtlichen verfahren muss der AG die gründe vor sein verhalten offenlegen.
sollte demnach eine taschenkontrolle zulässig sein, stellt sich die folgefrage, ob ihre ausführung den gesetzlichen regelungen entspricht. dabei kann insbesondere die einhaltung von § 32 bdsg eine rolle spielen.
da hier über die gründe des AG nichts weiter bekannt ist, kann eine abschließende beurteilung über (un-)zulässigkeit des vorgehens nicht getroffen werden.
p.s. AEG und Lufthansa haben beide BV, so dass der vergleich unzweckmäßig ist…