Tausende Sprachen sterben aus

Hi

dass Du mit solchen Aussagen im Fremdsprachenbrett nicht auf
allzu viel Verständnis treffen wirst, war Dir sicher klar,
oder? :wink:

Ja, schon. :wink:

Diese elende Babylonische
Sprachverwirrung durch zu viele Sprachen ging mir schon lange
auf die Nerven.

Was genau geht Dir auf die Nerven? Dass in der S-Bahn neben
Dir zwei Türken Türkisch und zwei Vietnamesen Vietnamesisch
sprechen? Oder sind es der Kameruner und der Algerier oder der
Kirgise und der Armenier, die sich in ihrer jeweiligen Lingua
franca Französisch bzw. Russisch unterhalten? Warum kümmert es
Dich, welche Sprache andere Menschen in einer Unterhaltung, an
der Du nicht beteiligt bist, benutzen?

Das kümmert mich ja gar nicht. Ich finde es nur höchst überflüssig, wenn sich -wie in dem ZEIT-Artikel- einige wenige Linguisten große Sorgen darum machen, dass es bald statt 6500 Sprachen nur noch etwa die Hälfte geben wird.

Mag sein, dass Du keine guten Erfahrungen mit Fremdsprachen
gemacht hast, weil Du Dich in der Schule jahrelang mit Latein
quälen musstest oder weil Du im Sommerurlaub in einem kleinen
Dörfchen im toskanischen Hinterland weder mit Deutsch noch mit
Englisch durchgekommen bist.

Lustige Vorstellung, aber da liegst du falsch. Das Italienisch hab ich seit den 50er Jahren in den Ohren.

Aber hältst Du es nicht auch für ein klitzekleinwenig
größenwahnsinnig, aufgrund Deiner persönlichen schlechten
Erfahrungen pauschal „Tod den Sprachen“ zu fordern?

Das eben mache ich ja gerade nicht. Meine persönlichen Erfahrungen haben mit dieser meiner Beurteilung herzlich wenig zu tun. Ich hatte mit Fremdsprachen wenig Probleme und finde einige ausgesprochen schön. Es geht wiegesagt um die Riesenanzahl der Sprachen dieser Erde.
:Aber zurück zu Deinen Thesen:

Jeder sollte Englisch lernen und seine eigene Muttersprache
behalten - das genügt vollkommen.

Wem genügt das? Dir persönlich?

Ich wiederhole: Ich habe persönlich überhaupt nichts davon, ob da nun 6500 oder 3250 Sprachen existieren.
(siehe Stichwort

Und auch ich möchte mir
eigentlich nicht von Dir verbieten lassen, mich mit meinen
Freunden, Bekannten oder Kollegen auf Französisch,
Italienisch, Hebräisch, Arabisch oder einer anderen Sprache zu
unterhalten, wenn wir doch auf Englisch (oder Deutsch)
ausweichen könnten.

Du unterstellst mir Größenwahn - ich darf dir an dieser Stelle eine linde Paranoia unterstellen. :wink:
Gruß,
B.

1 Like

Servus, nochmal,

Die Muttersprache soll erhalten bleiben, das schrieb ich ja.
Neben der Muttersprache nur Englisch.

Ich sehe gerade ein ziemlich schauriges, utopisches Bild vor mir:
wenn sich irgendeine Sprache - nehmen wir halt an, Englisch, weil es die Voraussetzungen ja eh schon fast erfüllt - als „Pflichtsprache“ neben der Muttersprache etablieren muss, besteht ja nicht die geringste Notwenigkeit mehr, außer vielleicht mit der Familie, in der Muttersprache zu reden. Die wird in eine Nische gedrängt.

In meiner Utopie könnten sich dann zwar in Deutschland locker der türkische Deutsche und der libysche Asylant, der Tourist aus Frankreich und der Deutsche äh…Ureinwohner,
die japanischen Wissenschaftler und die amerikanischen nsa-ler… in Englisch unterhalten
(was sie eh schon tun), aber das Deutsche käme via Germlish über Denglish so ziemlich unter die Räder (was ihm ja jetzt eh schon teilweise passiert)

Und dann kommt in meiner schaurigen Utopie ein zweiter Mark Twain oder ein zweiter Branden aus Bööörlinn und meint: Deutsch? Aussterbende Sprache! Abschaffen!

Davor ist es natürlich längst dem Wienerlied und den Heurigeng’stanzln an den Kragen gegangen, als „erstes Opfer“ der neuen Pflichtsprache. Im „erstes Opfer sein“ sind wir schon lange Weltmeister

Russlands Putin der Achte erklärt sich kriegsbereit, weil er und sein Sohn, Putin der Neunte, Englisch als lingua franca nie akzeptieren werden, Oettinger legt noch als Greis die deutsche Staatsbürgerschaft ab, weil er sich persönlich angegriffen wähnt, Israel debattiert in der Knesset über die Aussage „es spricht eh jeder Englisch“ jahrelang, China bringt das Thema vor die UNO und legt gleich das erste Veto gegen Hebräisch als Pflichtsprache ein mit dem Argument, genauso „gut“ könnte die Welt Chinesisch als Pflichtsprache lernen und die Amerikaner fühlen sich in ihrem jahrelangen Kampf „jeder US Präsident ein Friedensnobelpreisträger“ bestätigt und müssen der Welt nichts mehr erklären, weil sie jetzt eh jeder versteht.

Deshalb klingt am 24. Dezember, nach einigen wenigen Scharmützeln in den sechs sprachresistenten Enklaven Bayonne [kämpft in der Erinnerung an Napoléon und Karl IV auch für Spanien, das sich aber lieber durch Antofagasta verteidigen lassen will], Vorarlberg [kämpft für die Schweiz, sowie gegen die Vertreter der Communità Montana Walser als Vertreter Gesamtdeutschlands], Südtirol [kämpft für Österreich], die Comunità Montana Walser Alta Valle del Lys [kämpft für Gesamtdeutschland], Antofagasta [kämpft für den Spanisch sprechenden Teil der Weltbevölkerung, die indigene Bevölkerung Nord-und Südamerikas und die Rapanui] sowie Druk Yul [kämpft für sich selbst]
aus allen Radio- und Fernsehstationen, über alle Channels der Welt und aus allen Auslagen rund um den Globus:
Sleep in heavenly peace!
Sleep in heavenly peace!

Ich find’s doch spannend, so wie es ist.
Und außerdem: durch’s mit d’Händ’ und d’ Füß’ reden kommen die Leut ned nur zamm, sie bleiben auch gelenkig bis in den Kopf hinauf.

Sei gegrüßt, J.

2 Like

Servus auch

besteht ja nicht die geringste Notwenigkeit mehr, außer
vielleicht mit der Familie, in der Muttersprache zu reden. Die
wird in eine Nische gedrängt.

Vorstellbar, aber unwahrscheinlich.

Und dann kommt in meiner schaurigen Utopie ein zweiter Mark
Twain oder ein zweiter Branden aus Bööörlinn und meint:
Deutsch? Aussterbende Sprache! Abschaffen!

Nein, da missverstehst du mich - ich will keine Sprache abschaffen. Ich trauere nur nicht den schon ausgestorbenen Sprachen hinterher, so wie der ZEIT-Autor das tat. Der tat so, als wurden die Sprachen ermordet. Die sind aber ausgestorben wie die Saurier.
Noch einmal ganz klar: Ich würde keinem Menschen seine Sprache wegnehmen wollen.
Nur die Toten brauchen keine mehr.
Gruß,
Branden

„anlach“

Nein, da missverstehst du mich - ich will keine Sprache
abschaffen.

jaja, aber es hat Spaß gemacht, dich misszuverstehen:smile:)
Und außerdem:

„Endlich mal ein Aussterben, das mir gefällt. 231 Sprachen sind schon? erst? ausgestorben. Ich finde, das geht zu langsam.“

hat ja dazu richtig aufgefordert:smile:)

„Die Leute, die das alte Zeug lernen wollen, sollen es ruhig lernen. Ich habe nichts dagegen“

Bei deiner Meinung über „tote“ Sprachen ist das etwas verwunderlich. Warum sollte man erst bewusst und absichtlich was aussterben lassen, damit es dann einige Leuts wieder lernen?

Der tat so,
als wurden die Sprachen ermordet.

Tatsächlich passiert das aber so ähnlich mit Sprachen. Die „ausgestorbenen“ wurden fast immer von „Eroberungs-Sprachen“ ermordet. Das war kein Komet, wie bei den Sauriern vielleicht. Und wirklich selten werden Völker mitsamt ihren Sprachen durch Naturkatastrophen komplett ausgerottet - dann schon eher durch Völkermord.

Noch einmal ganz klar: Ich würde keinem Menschen seine Sprache
wegnehmen wollen.

Du persönlich - davon gehe ich aus - sicher nicht.

Aber einer - und sei es nur die zweite neben der Muttersprache - Einheitssprache könnte das gelingen. Alleine schon durch den (politischen?) Druck, der für das Erlernen der Einheitssprache in manchen Ländern notwendig wäre.

Und wen würde es, ehrlich, stören, sprächen heute noch Menschen Chasarisch, Nabatäisch oder Ägyptisch-Koptisch, oder vielleicht noch Krimgotisch (tote Sprachen)?

Oder hat dich irgendwer, der Nordfriesisch, Burgenlandkroatisch, Ladinisch, oder Bretonisch spricht (nur ein paar von den Sprachen, die mit Ach und Krach noch lebendig sind) bis jetzt gestört?

Und Platz für Neues ist doch allemal - selbst wir lernen doch täglich neue Wörter, die sich in Summe wieder zu einem eigenen Soziolekt formen.

Ich denk mir immer, was weg ist, ist weg und wurscht ob’s uns dann mal leid tun wird, wir können es immer nur mit enorm viel Kraft, geistiger Anstrengung und oft auch mit hohen Kosten wiederbeleben.

Das gilt nicht nur für Sprachen.

Schönen Abend nach Berlin und lieben Gruß aus dem Waldviertel , J.

4 Like

Hallo,
Ja… Deine Argumente sind schon Überzeugend, aber die Realität ist nicht harmlos. Ich meine, ich habe es schon erlebt, dass ich von einem Deutschen (Muttersprachler) Kein einziges Wort verstanden habe!! Das war als ich mit einer Straßenbahn in Sachsen gefahren bin und der Fahrer eine wichtige Meldung gemacht hat und dabei hat er so stark sächsisch gesprochen, dass ich buchstäblich kein einziges Wort verstanden habe, obwohl er Deutsch gesprochen hat! Dabei geht es hier nicht nur um einzelnen Buchstaben z.b wie man das -r ausspricht, sondern um ganze Wörter und Sätze… und man sollte nicht vergessen, dass es auch bestimmte Wörter in einem beistimmten Akzent gibt, die nur die Jenigen verstehen, die mit diesem Akzent auch sprechen. z.b das Verb „anscheuseln“ was bedeutet " sich verkleiden, ankleiden" oder das Wort " Asch " was bedeutet " größeres (wannenartiges) Gefäß, Schüssel"… Unter dieses Problem Leiden auch die anderen Sprachen auch. Es gibt ja auch im Englischen britische und amerikanische Begriffe z.b Frisur „Pony“ ist im britischen Englisch „fringe“ und im amerikanischen Englisch „bangs“. Dabei hängt das nicht vom Dialekt ab, sondern von der Sprache selbst. Und deshalb kann es keine Einheitssprache geben … oder was meinst du?
Mit freundlichen Größen

1 Like

Hallo Nadine,

das, was Du offenbar mit „Akzent“ meinst, sind Dialekte. Das sind aber zwei verschiedene Dinge.

Wenn Du Wolfgang Schäuble am Radio oder im Fernsehen hörst, spricht er Deutsch mit einem alemannischen Akzent. Wenn er seinen angestammten Dialekt Nordalemannisch spräche, verstündest Du wahrscheinlich so gut wie kein Wort.

Eine deutsche Einheitssprache gibt es schon seit 1522, und heute lernen sie alle Bewohner von deutschsprachigen Ländern - die Evangelischen etwas früher, die anderen in der Schule. Es gibt keinen Anlass dafür, dass ein Straßenbahnfahrer eine Durchsage im Dialekt machen müsste - wenn er es tut, ist das schlicht Schlamperei: Sein Kollege vom Autobus macht seine Durchsagen ja auch nicht auf Farsi, obwohl ihm das vielleicht leichter fiele als Deutsch.

Einzelne Worte, die im Standarddeutschen in der CH und in A anders verwendet werden als in D, behindern das gegenseitige Verständnis normalerweise nicht: In Einzelfällen kann man sich schnell darüber verständigen, was ein Erlagschein oder ein Retourbillet ist.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

2 Like

Hallo,
Ich sag ja nicht ,dass die deutsche Sprache keine Einheitssprache in Deutschland ist und man lernt auch in den Schulen in Deutschland Seit langer Zeit das Hochdeutsch…Aber Sprache bedeutet nicht nur lesen und schreiben, sondern auch sprechen. Das Sprechen ist ja ( Finde ich) das Problem… Ich finde, dass man immer die Hochsprache sprechen soll… Ein Straßenbahnfahrer sollte ja auch das Hochdeutsch sprechen, damit alle ihn verstehen… Wenn du ihn verstehst, ist das schön für dich… aber nicht jeder versteht nun mal sächsisch oder bayrisch, besonders Ausländer die Deutsch als Fremdsprache gelernt haben. Dabei handelt es sich hier nicht nur wie man bestimmte Buchstaben ausspricht, sondern auch Wörter und Begriffe, die nicht zu der Hochsprache gehören… Wenn man eine Sprache lernt, sollte man die Leuten, die diese Sprache sprachen, verstehen können, ist aber nicht immer der Fall. Fast jedes Bundesland in Deutschland hat seine eignen Begriffe, die nicht zu Hochsprache gehören. Was bedeutet, dass es -BEIM SPRECHEN- es keine echte Einheitssprache gibt…
Grüße
N.

Hallo Nadine,

nochmal: Die Aussprache einzelner Laute und Silben macht keinen Dialekt aus; Standarddeutsch wird so gut wie immer mit einem Akzent gesprochen, der vom muttersprachlichen Dialekt oder auch von der Muttersprache des Sprechenden geprägt ist. Es wird dadurch aber nicht weniger verständlich, und es bleibt eine gemeinsame Einheitssprache - das ist übrigens keine Besonderheit des deutschen Sprache, selbst in relativ kleinen Ländern wie den Niederlanden oder Dänemark kann man dem Sprecher anhören, aus welcher Region er stammt.

Es gibt auch eine standardisierte Aussprache des Standarddeutschen, diese wird aber nur auf der Bühne und (manchmal) in den Medien verwendet. Das macht aber nichts, weil Standarddeutsch auch dann von allen verstanden wird, die es gelernt haben, wenn es mit einem regionalen Akzent ausgesprochen wird.

Das hier:

Ich finde, dass man immer die Hochsprache
sprechen soll…

Ein Straßenbahnfahrer sollte ja auch das
Hochdeutsch sprechen, damit alle ihn verstehen…

sind zwei verschiedene Dinge. Im Fall des Straßenbahnfahrers ist es klar - der fährt eine öffentliche Bahn, und er kann nicht wissen, zu wem er spricht: Dafür gibt es die Einheitssprache.

Das, was für den Straßenbahnfahrer gilt, heißt aber nicht, dass „man immer“ diese verwenden müsste - Beispiel: Ich war in den letzten Jahren in einem Betrieb beschäftigt, der zwar in der Kurpfalz liegt, aber wegen der Zusammensetzung der Belegschaft ist dort Arbeitssprache Deutsch mit einem starken ostpfälzer Einschlag - dort konnte ich ohne weiteres einen Kollegen fragen, ob er mir was vom Gudslhäusl mitbringt, weil ich (anders als der sächsische Straßenbahnfahrer) wusste, dass das von allen verstanden wird, obwohl dieser Begriff östlich des Rheins nicht verwendet wird.

Hier:

Besonders Ausländer die
Deutsch als Fremdsprache gelernt haben.

gibt es übrigens bedeutende Unterschiede, wo und wie sie es gelernt haben. Mein Gartennachbar Hüseyin spricht noch nach fünfzig Jahren in Deutschland sehr wenig Deutsch - er hat nur das gelernt, was er bei der Arbeit brauchte. Weil seine erste Station in Deutschland Kirchberg an der Iller war, spricht er auch nach dreißig Jahren Mannheim eine Mischung aus Deutsch und Schwäbisch, und mich versteht er besser als die anderen Gartennachbarn, weil ich mit ihm Schwäbisch reden kann.

Dabei handelt es sich
hier nicht nur wie man bestimmte Buchstaben ausspricht,
sondern auch Wörter und Begriffe, die nicht zu der Hochsprache
gehören…

Genau hier kommen wir wieder zum Unterschied zwischen Akzent und Dialekt. Wörter und Begriffe sind in der Standardsprache eindeutig definiert, und jeder Deutsche lernt sie. Von wenigen Ausnahmen abgesehen werden sie auch in den deutschsprachigen Nachbarländern in der Standardsprache gleich verwendet.

Fast jedes Bundesland in Deutschland hat
seine eignen Begriffe, die nicht zu Hochsprache gehören.

Nein: Die heutigen Bundesländer gibt es seit ungefähr 1949 bzw. 1990, sie sind ungefähr fünfhundert Jahre jünger als die deutschen Dialekte; selbst innerhalb kleiner Bundesländer wie Berlin und Hamburg gibt es verschiedene Dialekte - Dialekte richten sich nicht nach modernen Verwaltungsgrenzen. Es gibt aber niemanden in irgendeinem Bundesland, der die Begriffe der Standardsprache nicht kennt - wenn sie nicht benutzt werden, bedeutet das nicht, dass es keine Standardsprache gäbe, sondern, dass der Sprecher unhöflich oder borniert ist oder irgendeinen anderen Grund hat, die Standardsprache, die er kennt, nicht zu verwenden.

Jede Bäckereiverkäuferin egal in welcher Region weiß, dass das, was sie unter Kollegen als Rundstück, Schrippe, Semmel, Weck etc. bezeichnet, standardsprachlich eben ein Brötchen ist, und wenn sie will, kann sie das auch so nennen. Wenn sie es nicht tut, bedeutet das, dass sie es nicht will. Ich erinnere mich an einen heißen Sommermorgen 1977 in einer Bäckerei in Spandau, wo ich zusammen mit einem Oberösterreicher aus der gleichen Gruppe war: Es war heiß, alle waren schon am Morgen ein wenig nervös, der Pepperl wollte drei Semmeln, und die Verkäuferin bestand darauf, sie hätte keine Semmeln, sondern Schrippen. Es war kurz davor, dass das kleine, giftige Frauchen und der schon mit siebzehn riesige, breite Pepperl einander an die Gurgel gegangen wären - dann beugte er sich zu dem Frauchen hinunter, sprach: „I glaab mir müassn Eich wieder an Führer leihen!“ und verließ den Laden - trotz der für sie ungewohnten Aussprache hat sie übrigens jedes Wort verstanden, eben weil er nicht Dialekt sprach, sondern Standarddeutsch mit seinem regionalen Akzent.

Was bedeutet, dass es -BEIM SPRECHEN- es keine echte
Einheitssprache gibt

Es gibt sie. Ob sie verwendet wird oder nicht, hängt vom Sprecher ab; wenn er Standarddeutsch mit einem regionalen Akzent spricht, spricht er keinen Dialekt.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

4 Like

Guten Morgen,

deinen Ausführungen kann ich vollumfänglich (schönes Wort) zustimmen.

Kleine Anmerkung, ins Offtopic abdriften:

dort konnte ich ohne weiteres einen
Kollegen fragen, ob er mir was vom Gudslhäusl mitbringt, weil
ich (anders als der sächsische Straßenbahnfahrer) wusste, dass
das von allen verstanden wird, obwohl dieser Begriff östlich
des Rheins nicht verwendet wird.

Nicht verwendet - aber doch verstanden. Ich erinnere an das bekannte odenwälder Lied „Moi Mudder hot 'n Gutzlschtand“ (naja, bekannt bei Menschen über 55 :wink: ).

Es gibt sie. Ob sie verwendet wird oder nicht, hängt vom
Sprecher ab; wenn er Standarddeutsch mit einem regionalen
Akzent spricht, spricht er keinen Dialekt.

Das lass ich nochmal stehen, weil es stimmt.

Alla!
GWS

Servus,

völlig einverstanden:smile:)

Die Frage, die, glaube ich, sich unter Sprachwissenschaftlern (natürlich auch den „deutschen“) und auch mir vor allem in der die gemeinsamen/trennenden Varietäten auslotenden (Theater-) Arbeit immer wieder stellt ist, ob Binnen-Standardvarietäten existieren und man daraus schließen dürfte, dass es z.B. im ÖD (als Varietät des Bairischen) eine standardisierte „Hochsprache“ gibt, die sich durch Vokabular und Syntax von der standardisierten Hochsprache des DD unterscheidet (unterscheiden darf) , ohne das Merkmal der Hochsprache zu verlieren.

Gilt natürlich auch für das schweizerische Hochdeutsch.

Der nicht von Karl Kraus stammende Jux von der trennenden gemeinsamen Sprache bleibt, von wem immer er ist, gültig.

Lieben Gruß, J.

1 Like

Akzent mit Konnotat / grande nation unique

  • für mich interessant war eine kleine Episode von Nachbars, wo ein Akzent bei einer Lautsprecheransage eine konkrete Bedeutung hatte: Wir waren zu Gast bei Freunden in Orange und planten einen Ausflug mit den Fahrrädern nach Valvignères. Morgens sprachen wir mit dem Gastgeber über unsere voraussichtliche Rückkehr - wir wollten auf der Rückfahrt den Zug in Donzère nehmen, wo wegen der kurzen Bahnsteige nicht viele Züge halten.

Dany erklärte uns, wie man auf der kleinen Station ohne Personal an den Lautsprecherdurchsagen hören kann, ob im Zugverkehr alles in Ordnung ist, oder ob es Störungen gibt: Wenn in einer Durchsage von „Orange“ die Rede ist, kommt sie automatisiert von Konserve, und alles ist in Ordnung. Wenn der Name aber in einer mit französischer Schreibweise nicht wiederzugebenden Mischung aus „Oreingeu“ und „Orengeu“ ausgesprochen wird, kommt die Durchsage vom Fahrdienstleiter in Orange, und man erkennt daran, dass irgendwas durcheinander ist und man sich auf Überraschungen einstellen muss.

So isches noch au wieder

meint

Dä Blumepeder

1 Like

Servus Maresa,

dieses ließe sich im „Ausschlussprinzip“ im Gsibergischen zwischen Bregenz und Bezau ausloten: Ohne mich dort besonders gut auszukennen, vermute ich, dass dort tatsächlich anders „hochgesprochen“ wird als in Lindau, trotz des mit Lindau verbindenden und von Attnang-Puchheim trennenden Alemannischen.

Einen Einfluss von Verwaltungsgrenzen auch auf die Standardsprache (den ich grad eben noch bestritten habe) gibt es sicherlich aus „politischen“ Gründen, wegen der systematischen Besetzung von Beamtenstellen in solchen peripheren Gebieten mit Leuten aus „dem Inneren“. Nicht an der Standardsprache, aber am Dialekt kann man das u.a. in Lindau, Memmingen und Neu-Ulm erkennen, wo wegen der napoleonischen Grenzziehung und dann folgenden Einwanderung von bayrischen Lehrern, Zöllnern, Eisenbahnern, Postlern und Verwaltungsbeamten viel stärker bayrisch gesprochen wird, als zur jeweiligen schwäbischen und alemannischen Umgebung passen würde.

In der Schweizer „ss“-Orthographie, die bewusst zur Distanzierung vom damals wenig geliebten Deutschland festgelegt wurde, ist so ein Fall „politisch“ bedingter Abweichung von der Standardsprache belegt - das Tram, das Tunnell, das Retourbillet und der Erlagschein haben, auch wenn sie nicht politisch sprachgeregelt wurden und eher zufällig entstanden sind, ebenfalls Wurzeln in der staatlichen oder öffentlichen Verwaltung.

Dürfte man also sagen, dass national abweichende Standardsprachen genauso legitimiert sind wie Staaten überhaupt (nämlich im Grund überhaupt nicht)?

Schöne Grüße

MM

1 Like

Hi,

es unterlag sicherlich immer einen Eigendynamik, inwiefern Sprachen „wichtig“ waren…
wenn man es dabei belässt, wird es eine natürlich Auslese und Verdrängung geben…

Fatal wäre es nur, wenn so etwas von Institutionen reglementiert würde:

In Europa haben wir es relativ leicht, hier optimistisch zu bleiben, denn ein großer Teil der Weltsprachen ist hier angesiedelt.

Denkbar wäre aber auch ein Szenario, dass statt deinem angezielten Englisch dann Chinesisch oder Hindi die Mutter aller Sprachen sein soll, und das wir dann für einen großen Teil sehr problematisch.

Es scheint sich aber in "unsere " Richtung zu bewegen - Inder und Chinesen sind durchaus bereit, den trägen Europäern/Amerikanern durch Beschriftungen in zwei Sprachen entgegenzukommen, währen ich bei uns noch keine Hinweisschilder zum Oktoberfest auf chinesisch gesehen habe… und die Schilder zu den Sehenswürdigkeiten der Romantischen Straße auf japanisch sind, hat viel banalere Gründe…

Sprache ist doch sowieso nie statisch - wenn ich meiner Omma sage:

„Ich Skype meinem Buddie mal eben, dass es eine neue App für mein Android gibt“, dann hat das eine Inhaltsschwere für sie, wie für einen Bewohner der Nikobaren bei einem Vortrag auf Isländisch…

Lass sie also sterben, die Sprachen! Was es Wert ist, erhalten zu bleiben, wird bleiben - dazu braucht es keine Manipulation von aussen

Gruß
Hummel

Moin,

Kollegen fragen, ob er mir was vom Gudslhäusl mitbringt, weil

was bitte ist „Gudslhäusl“?

Weder Suchmaschine allgem. noch canoo haben mir weitergeholfen.

Ich bin in Schleswig-Holstein aufgewachsen und lerne immer noch gerne dazu.

Gruß Volker

Guten Abend,

was bitte ist „Gudslhäusl“?

Wörtlich: ein Bonbonhäuschen.
Gemeint ist ein Kiosk.

MfG
GWS

Moin,

danke Dir für die Aufklärung, aus dem Zusammenhang war es fast zu vermuten, aber das Wort habe ich noch nie gehört oder gelesen.

Gruß Volker

Bonbon verdeutscht
Hallo Volker,

eigentlich ist das Guudsl - in anderen Gegenden des Südwestens auch Gudsle usw. - ein verdeutschtes Bonbon.

Das Gudslhäusl ist so eine Art Erkennungsfanfare, wenn man die Pfalz von Osten her kommend betritt. Noch netter ist die, die gilt, wenn man von Nordwesten aus Rheinhessen in die Pfalz kommt: Dort ist es das Wort „Gruschele“ für Stachelbeeren, mit dem die Leute aus Kirchheimbolanden aufgezogen werden - nichts anderes als die französischen groseilles.

Moral: Zur Not spricht man in der Gegend der Weltachse (die ist bei Waldleiningen) auch ein bissi Französisch, wenn man bloß in Ruh gelossd werd mit den ständigen gegenseitigen Befreiungen.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hallo Blumepeder,

Danke für Deine Erklärung, muss ich jetzt Französisch lernen?

Gruß Volker

Grenzgänger
Hallo Volker,

neinnein, das tut nicht not - bei Euch wäre das Analog ja Dänisch, wenn sich an dieser Grenze genau so oft gekloppt worden wäre. Weil es da aber meistens gesitteter zuging als im Südwesten (abgesehen von der wüsten Schlächterei an der Düppeler Schanze), reicht es, wenn Du zum Gedenken an die wechselhaften Zeitläufte eine „Königin von Dänemark“ in den Vorgarten pflanzst, die eigentlich eine Hamburgische Züchtung ist und daran erinnert, dass die Hansestadt auch nicht grade im Garn gefärbt deutsch ist.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hallo!
Vorab: Ich bin selbst Linguist, erforsche kleine aussterbende Sprachen, und bin natürlich auch der Meinung, dass es traurig ist, wenn Sprachen aussterben.

Das kümmert mich ja gar nicht. Ich finde es nur höchst
überflüssig, wenn sich -wie in dem ZEIT-Artikel- einige wenige
Linguisten große Sorgen darum machen, dass es bald statt 6500
Sprachen nur noch etwa die Hälfte geben wird.

Nicht einige wenige Linguisten. Ungefähr alle Linguisten und dazu noch die vielen Leute, die sich ob der Sprachvielfalt in der Welt freuen oder denen kulturelle Vielfalt lieber ist als Einheitsbrei. Ich denke, du bist da eher die Ausnahme. Klar ist es praktisch, wenn die Ladenbesitzer auf Malle oder in Thailand auch Deutsch oder Englisch können, aber auch in Vielfalt liegt der Reiz.
Du isst vielleicht gerne Italienisch und Chinesisch, ab und zu vielleicht auch Indisch. Das sind auch Teile der Kultur verschiedener Länder. Ein komischer Vergleich, aber stell dir vor, die italienische, chinesische und indische Küche stirbt aus, alle „Küchen“ sterben aus, bis auf die deutsche. Nun ja… deutsches Essen ist auch lecker, überleben tut man damit allemal. Und wenn du nun in anderen Ländern Kassler oder Frankfurter bestellst, weißt du, was du bekommst und wirst nicht negativ überrascht.
Wäre aber sehr eintönig, oder? Ich für meinen Teil esse sehr gerne Chinesisch und Thailändisch, und auch gerne Italienisch und Griechisch. Indisch nicht so gerne, aber ich freue mich, dass es auch das zur Auswahl gibt. Dass das existiert.

Und so sind auch Sprachen ein Teil der Kultur. Du magst sie als Verständigungshindernis sehen, aber vielleich sollte man sie eher als Tor, denn als Mauer betrachten. Okay, das war die Sicht aus deutscher Perspektive…

Aber hältst Du es nicht auch für ein klitzekleinwenig
größenwahnsinnig, aufgrund Deiner persönlichen schlechten
Erfahrungen pauschal „Tod den Sprachen“ zu fordern?

Das eben mache ich ja gerade nicht. Meine persönlichen
Erfahrungen haben mit dieser meiner Beurteilung herzlich wenig
zu tun. Ich hatte mit Fremdsprachen wenig Probleme und finde
einige ausgesprochen schön. Es geht wiegesagt um die
Riesenanzahl der Sprachen dieser Erde.

Okay, du fändest es also vllt. traurig, wenn Französisch oder Italienisch oder Chinesisch ausstürben, weil diese doch so schön klingen (nur als Beispiel), dir wäre aber egal, wenn auf Vanuatu eine Sprache ausstirbt, deren Namen du nicht mal aussprechen kannst.
Nagut. Das ist schon verständlich. Mit Vanuatu hast du auch nichts am Hut. Sicher wäre es dir auch egal, wenn eine bestimmte Känguruart ausstirbt oder wenn in Brasilien wieder 47.000 ha Regenwald abgeholzt wurden oder wenn ein Dorf in Kamerun an Cholera erkrankt und die Hälfte dadurch umkommt. Diese Dinge haben ja keinen Einfluss auf dein Leben.
Aber auf das Leben anderer eben schon. Sprachen sind nicht nur Kommunikationsmittel, sondern auch Kulturgüter und fast der wichtigste Indikator für die Zugehörigkeit zu einer Nation oder einer Kultur. Versetz dich mal in die Lage derer, die eher mit aussterbenden, kleinen Sprachen zu tun haben, überleg mal, wie das für diejenigen ist.

Da sind zuerst die Sprecher. Diese stellen fest, dass kaum noch jemand ihre Sprache spricht, außer ein paar älteren Leuten, die Kinder sprechen alle die große Landessprache (sagen wir mal Englisch), aber nur noch einige wenige können die alte Stammessprache noch (sagen wir mal Lakota). Als Zugehöriger des Lakotastammes geht da also eines der wichtigsten kulturellen Eigenschaften verloren, vielleicht eine der letzten… alles andere ist schon amerikanisiert, verwestlicht. Das macht vieles zwar einfacher, aber die eigene Identität geht dabei flöten. Man weiß, in 10~20 Jahren sind die ganzen alten Leute tot, und dann gibt es keinen Menschen mehr auf der Welt, der deine Muttersprache noch fließend spricht. Stell dir das mal vor! Ich weiß nicht, vllt. kann man das sich nicht gut vorstellen, wenn man so eine große Sprache wie Deutsch spricht und sicher der eigenen Kultur nicht so bewusst ist. Stell dir vor, man will dein Heimatdorf wegbaggern. Vielleicht fändest du da traurig.
Es wäre dir vielleicht egal, wenn in Brasilien ein kleines Dörflein weggebaggert werden muss, aber für die Einwohner ist sowas schlimm.

Außerdem sind da die Linguisten: Linguistik dient nicht nur dem Selbstzweck, man forscht nicht nur um geforscht zu haben, sondern um Erkenntnisse zu gewinnen. Das Erforschen kleiner Sprachen nützt uns Wissenschaftlern, das Phänomen Sprache als ganzes besser zu verstehen. Wir erforschen nicht nur, wie bestimmte Sprachen funktionieren, sondern auch, wie Sprache als ganzes funktioniert. Und gerade in den vielen winzigen Sprachen der Welt gibt es krasse Phänomene, die man aus den hiesigen Sprachen Europas oder aus dem Chinesischen und Japanischen (über die man vllt. mal gelesen hat) nicht kennt: dort gibt es z.T. keine Zahlensysteme, z.T. muss man am Verb markieren ob man etwas selbst erlebt hat oder nur vom Hörensagen weiß, z.T. ist die Reihenfolge der Prä- und Suffixe völlig willkürlich, z.T. sprechen Frauen anders als Männer (richtig anders!), z.T. gibt es keine Zeitformen, und und und… das sind alles wissenschaftliche Daten. Für Wissenschaftler also sehr wichtig… aber das stimmt schon, als Nichtwissenschaftler oder Nichtsprachenfan geht das einen nicht viel an. Das kann ich verstehen.
Aber was vllt. nachvollziehbarer ist, ist Geschichte: Durch das Erforschen *aller* Sprachen der Welt können wir vergleichen und Verwandtschaften zwischen Sprachen feststellen. Wir können sehen, dass eine Sprache in Südafrika mit einer anderen Sprache in Kamerun verwandt ist und sehen so, welche Sprachfamilien wie verbreitet sind. Auf Madagaskar spricht man Malagasy, eine Sprache die mit den austronesischen Sprachen auf Indonesien, Hawaii, den Philippinen, Osterinseln, Neuseeland, Mikronesien und Vanuatu usw. verwandt ist. Daraus können wir schließen, dass einst Seefahrer von Indonesien nach Madagaskar ausgewandert sind. Und wenn man weiter guckt, kann man sehen, dass man auch auf Taiwan solche Sprachen spricht… mit etwas weiterer (und komplizierterer) Forschung lässt sich mit einiger Sicherheit feststellen, dass all diese Inseln, die ich grad genannt hatte, ursprünglich von Taiwan aus besiedelt wurden. Die ganzen Menschengruppen in diesen Ländern und Inseln stammen also historisch gesehen von Seefahrern auf Taiwan (bzw. Formosa). Und genau diese Sprachen in Taiwan sind fast alle vom Aussterben bedroht. Praktisch alle sprechen dort heute Chinesisch. Man mag da vielleicht mit „Aha, okay. Na und?“ antworten, weil das einen in Deutschland oder Italien nicht weiterbringt, aber es ist wichtiges Wissen.
Wären diese Sprachen auf Taiwan heute alle tot (und dazu fehlt nicht viel), könnten wir diese Feststellung nicht mehr machen und wüssten heute nicht, woher die ganzen Insulaner ursprünglich kamen. Gut, ja, es gibt noch die Genetik, die vielleicht dasselbe Resultat zeigt, aber oftmals sind diese Ergebnisse anders. Durch einen Vergleich von Genetik und Linguistik kann man dann interessanterweise sehen, wie eine Sprache sich verbreitet hat: durch Völkerwanderung oder durch Eroberung.
Ist das nicht spannend? Also ich finde das wahnsinnig interessant und deshalb arbeite ich auch auf diesem Gebiet. Ich hoffe, du kannst jetzt besser verstehen, wieso Linguisten aussterbenden Sprachen nachweinen… einerseits aus Mitleid um das Volk, dem ein wichtiges Kulturgut abhanden kommt, und die so ein großes Stück mehr in die größere Kulturgruppe assimiliert werden, zum anderen aber eben deswegen, weil damit vielleicht wichtige potentielle Erkenntnisse verschwinden. Wer weiß, was man da tolles entdeckt hätte, wenn diese Sprache noch leben würde!

Ich wiederhole: Ich habe persönlich überhaupt nichts davon, ob
da nun 6500 oder 3250 Sprachen existieren.

Das mag sein, persönlich hast du nichts davon. Deswegen kann ich das auch voll verstehen, wenn du zur Rettung von Minderheitensprachen nichts beitragen möchtest.
Nur musst du verstehen, dass es jede Menge Leute gibt, die vom Sprachensterben direkt aus erster Hand betroffen sind: nämlich die Sprecher dieser Sprachen oder deren Nachfahren, die nur noch Englisch oder Portugiesisch oder Russisch können, und nicht mehr Lakota oder Pirahã oder Tsesisch. Nur als Beispiel. Und an zweiter Stelle eben die Wissenschaftler, die wichtige Erkenntnisse hätten gewinnen können. Dazu kann man auch die Anthropologen zählen, und Leute, die sich mit Medizin von diesen Völkern beschäftigen: mit der Sprache geht nämlich oft auch das Wissen um solche Dinge verloren… Rituale können nicht mehr durchgeführt werden, das Wissen um Heilpflanzen wird nicht mehr weitergegeben… und irgendwann sind diese ehemaligen Ureinwohner maximal noch an ihrem dunkleren Teint von „echten“ Amerikanern/Brasilianern/Russen zu unterscheiden.
Wenn auch das dir egal sein mag, versteh bitte, dass es Leute gibt, für die sowas sehr wichtig ist.

Viele liebe Grüße,

  • André

P.S.: Bloße Zahlen wir 6500 oder 3250 sind sehr abstrakt, man kann sich da wenig drunter vorstellen. Vielleicht findest du es interessanter, wenn du ein paar Namen siehst von Sprachen, die in den letzten Jahren oder Jahrzehnten ausgestorben sind. Ich habe irgendwann mal auf Wikipedia so eine Liste erstellt und dann immer erweitert: List of languages by time of extinction — und mit Erschrecken stelle ich gerade fest, dass erst dieses Jahr anscheinend auch die letzte Sprecherin des Livischen gestorben ist. Außerdem auch Kulon-Pazeh auf Taiwan, das ich weiter oben eigentlich erwähnen wollte, weil es eine Sprache mit nur noch einer Sprecherin ist, die ihre Muttersprache mit niemandem mehr reden kann (außer ins Mikrofon diverser Sprachwissenschaftler), sonst musste sie mit allen Chinesisch reden, was eben nicht ihre Muttersprache war.

3 Like