Alles nur Sprachspiele
Hoi,
alles Wissen ist nach der staatlich verwalteten Pädagogik unterteilt in Natur- und Geisteswissenschaft. Das sind also die so genannten zwei Kulturen, die nicht vereinbar sind. Wenn Nagel die Evolutionstheorie kritisiert, geht es um einen Kampf der Metaphysik, und das bringt uns nicht wirklich eine Einigung, weil es Kämpfe sind bis zur Unendlichkeit. In diesem Punkt zumindest muss man Popper zustimmen, das ist unwissenschaftlich.
Nach der Wissenschaftstheorie von Popper ist die Frage, die Nagel stellt, die Spekulation der Metaphysik, was letztlich heißt: Gott oder Zufall? Die Frage aus einer Philosophie der Vernunft müsste lauten, welche unterschiedlichen Interessen haben denn die Menschen überhaupt, sowohl Machthaber als auch die von der Macht Abhängigen? Wenn ein Arzt einen Patienten operiert und ihn dabei als Maschine deutet, ist das eine Sicht in seinem Interesse, wohingegen der empfundene Schmerz, analog zu Nagels berühmt gewordener Frage „Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?“, eine andere Sichtweise von Wahrheit enthält, die der operierende Arzt nicht gleich empfinden kann, weil er ja den Schmerz selber ja nicht erlebt.
Also geht es um zwei unterschiedliche Kulturen, die zunächst aus der Frage von Nagel unvereinbar scheinen, wobei diese beiden unterschiedlichen Sichtweisen dieselbe Wirklichkeit sind, nämlich die der real existierenden menschlichen Existenz. Der Kosmos hat objektiv nicht nur leblose Materie hervorgebracht, sondern darüber hinaus lebendige Materie, die ohne Intention gar nicht existieren könnte, der Intention nämlich, sich selbst zu organisieren und die Welt nach den eigenen Interessen zu interpretieren (ein Gegensatz zum naiven Realismus). Was Nagel reklamiert, ist letztlich ein Interesse für sich selbst, der allgemein objektiven wissenschaftlichen Wahrheit als kritisch denkender Philosoph zu widersprechen. Dem hat Metzinger eine Absage erteilt, mit der Begründung, man könne die Subjektivität (also Lust- und Schmerzempfinden, die ja als Phänomene real existieren, über bloße Konstrukte von sprachlichen Modellbildungen hinaus) auch sprachlich objektiv beschreiben. Das ist aber leider nur ein schwaches Gegenargument zu Nagel. Denn ob ich einen subjektiv erlebten Schmerz nur mit einer intersubjektiven Sprache beschreibe oder ob ich zum Beispiel Zahnschmerzen real selbst erlebe, das macht ja einen entscheidenden Unterschied.
Die Frage von Nagel ist grundsätzlich falsch, weil es nicht um „richtige“ Metaphysik geht, sondern darum, dass die Interessen von Menschen unterschiedlich sind gegenüber jeder Verallgemeinerung. So ist die heutige Evolutionstheorie immer noch Metaphysik, weil sie die Frage von sozialen und realen Unterschieden ideologisch einfach ausklammert. Zu den unterschiedlichen Interessen in Wirtschaft, Kunst und Politik bietet auch Darwin keine reale Antworten, außer dem Kampf ums Dasein, was dem Spieltrieb der Menschen nur wenig entspricht. Mathematik, Physik, Chemie und Biologie erfassen die unterschiedlichen Interessen von Menschen nicht. Die Einsicht von Wittgenstein ist gegen die Nagels zu stellen: selbst wenn alle Probleme der Wissenschaft geklärt sein sollten, was aber wahrscheinlich nie sein wird, wäre das Problem unserer eigenen menschlichen Existenz damit noch gar nicht berührt. Die Kämpfe der Wissenschaft sind nach Wittgenstein alles nur Sprachspiele. Was nützt es, an eine „richtige“ Metaphysik zu glauben, wenn ich sterben muss?!