Hallo zusammen,
gerade lese ich die Überschrift auf spiegel-online: „Pflüger will Krawall-Schüler notfalls abschieben“ (ganzer Artikel hier zum Nachlesen http://www.spiegel.de/unispiegel/schule/0,1518,40891…)
Im Artikel wirft der „Berliner CDU-Spitzenkandidat Pflüger“ dem Berliner Senat - aus wahltaktischen Gründen? - Versagen vor. Herr Pflüger agiert hier sehr einseitig. Die Gründe, dass es zu diesen Gewaltexzessen an deutschen (Haupt-)Schulen kommt, sind so vielschichtig, dass es nicht ausreicht, die gewalttätigen Schüler abzuschieben. Sollten sie abgeschoben werden, bleiben die Probleme bestehen.
Auf der Suche nach Gründen für diese Entwicklung muss man verschiedene Aspekte in Betracht ziehen.
Zum einen das deutsche, dreigliedrige Schulsystem. In den letzten Jahren, -zehnten hat sich die Hauptschule mehr und mehr zu einer „Verwahranstalt“ gescheiterter Schülerinnen und Schüler gewandelt. Diejenigen, die den Anforderungen auf dem Gymnasium oder/ und Realschule nicht mehr gewachsen waren resp. entsprachen, „landeten“ auf der Hauptschule. Und welche realen Berufschancen haben Hauptschulabgänger heutzutage in Deutschland, wenn Hinz und Kunz Abitur machen will?
Die Klassen sind immer grösser geworden - differenzierter, individualisierender Unterricht ist faktisch ausgeschlossen. Lehrkörper werden mit sozialschwachen Schülerinnen und Schüler mehr oder weniger alleine gelassen. Lachhaft ist in diesem Zusammenhang die Meldung, dass an der Rütli-Hauptschule demnächst drei Schulsozialarbeiter engagiert werden. In Anbetracht der aktuellen Situation nichts weiter als ein Tropfen auf dem heissen Stein.
Ein weiterer Aspekt ist die Arbeitsmarktpolitik. Wenn man heutzutage pauschal gesagt nur noch mit Abi einen Job bekommt, dann stimmt auch im Bewusstsein mancher Personalchefs etwas nicht. Sind denn Abiturenten - nur weil sie Abitur haben - intelligenter und fleissiger, als manch arbeitswilliger, guter Real- oder Hauptschüler? Mitnichten. Hier ist ein radikales Umdenken erforderlich. Die „klassischen Real-/Hauptschulabschluss-Berufe“ sollten wieder aufgewertet werden. In den letzten 20 Jahren wurde das Abitur künstlich aufgewertet. Zum Vergleich: Hier in der Schweiz kann ein Schüler nach der 6.Klasse nur aufs Gymnasium wechseln, wenn er einen recht hohen Notendurchschnitt in seinen Fächern erreicht hat (Bsp.: 1.75 im Kanton Zug).
Ein anderer Aspekt ist die verfehlte Integrationspolitik. Man hat es auf politischer und gesellschaftlicher Ebene (Kommunal wie Bund) schlichtweg versäumt, die ausländischen Bürger effektiv zu integrieren und ihnen gleiche Chancen einzuräumen.
In meinen Augen sind gegenseitige Schuldzuweisungen der Politiker völlig fehl am Platz. Jetzt muss ein Ruck durch unsere Gesellschaft, Politik und Wirtschaft gehen. Jetzt muss man sich mit allen beteiligten Gremien zusammensetzen und nach Lösungswegen suchen.
Das, was jetzt an der Berliner Hauptschule passiert ist, ist nur die Spitze eines Eisberges. Durch den bewundernswerten Mut des Kollegiums, mit ihren Problemen an die Öffentlichkeit zu gehen und diese mit der Drohung der Schliessung der Schule wach zu rütteln ist die Spitze des Eisberges sichtbar geworden.
Mit freundlichen Grüssen
Matthias