Ich kann es wieder einmal nicht lassen
und zitiere etwas ausführlicher:
_ Seien Sie berufstätig, verdienen Sie Ihr eigenes Geld, und stehen Sie finanziell auf eigenen Füßen
Man bezeichnet mich als Feministin, wann immer ich Gedanken äußere, die mich von einem Fußabtreter oder einer Prostituierten unterscheiden.
Rebecca West
Stehen Sie finanziell auf eigenen Füßen. Ich könnte auch sagen, haben Sie Köpfchen. Von so entscheidender Bedeutung ist dieses Diktum. Es ist die einzige unbestreitbare Regel, eine jener absoluten Wahrheiten, deren Sinngehalt immer und immer wieder bewiesen wurde - hauptsächlich durch das Negativbeispiel, was denjenigen Frauen widerfährt, die sich ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen, es nicht können oder nicht wollen.
Eines will ich von vornherein klarstellen. Sie können mit egal wem egal was machen; Sie können mit einem Mann zusammenziehen, einen Mann heiraten, mit einem Mann Kinder haben, glücklich und zufrieden mit einem Mann bis ans Ende ihrer liebestrunkenen Tage und erfüllten Nächte leben. Aber Sie dürfen ihm niemals wegen Geld zu Dank verpflichtet sein. Sie dürfen niemals in Abhängigkeit von ihm geraten -überlassen Sie diese Rolle Ihren Sprösslingen.
Weil er nämlich anfangen wird, Sie dafür zu hassen, daß Sie den frechen Elan aufgegeben haben, den Sie einst besaßen, und weil Sie aus dem, was einmal Liebe war, eine Eisenkugel mit Fußkette gemacht haben. Und Sie werden anfangen, sich selbst zu verachten, weil Sie in der Welt keine Rolle mehr spielen - in einer kapitalistischen Gesellschaft spielt man nämlich keine Rolle, wenn man kein Einkommen hat. (Das ist kein Werturteil - es ist ganz einfach die Wahrheit.) Sie werden zu einem menschlichen Parasiten und von Ihrem Ehemann hauptsächlich aus einem gewissen Schuldgefühl heraus unterstützt. Der Teufelskreis von Bedürftigkeit und Kontrolle wird in einer ehemals liebevollen Partnerschaft brutal seine Wirkung entfalten; Sie werden sich - langweilen, und Ihr Ehemann wird sich noch mehr langweilen.
Und wenn Sie ihn nicht während eines prämenstruellen Wutanfalls verlassen, wird er Sie irgendwann, wenn er sich in der Midlife-Crisis in eine andere verguckt, schneller verlassen, als Sie Porsche 944 sagen können.
Man kann nur hoffen, daß Sie sich zu dem Zeitpunkt selbst die eine oder andere Affäre gegönnt haben, ein bisschen heimliche Liebe am Nachmittag. Unter Umständen wird die Ankunft des FedEx-Lieferanten für Sie zum absoluten Höhepunkt des Tages. lm besten Fall sind Sie Catherine Deneuve in »Belle de jour« : Sie finden Prostitution befriedigender als das Hausfrauendasein.
Aber betrachten wir den Imperativ des eigenen Einkommens mal von der positiven Seite. Blicken wir mal einen Moment lang nicht auf die Ehemänner, die in der Nacht verschwinden - weil nämlich mehr dahinter steckt. Frauen, die ihre Miete selbst bezahlen, müssen nicht nett sein. Sie müssen auch nicht gemein sein - und höchstwahrscheinlich werden sie freundlich und verständnisvoll sein, weil diese Eigenschaften leichter zu pflegen sind, wenn man sich nicht aus finanzieller Abhängigkeit in einer Beziehung gefangen fühlt oder in der Schuld eines Mannes steht, der bloß noch eine Rettungsleine zu Liberty oder Boots oder auch nur zu einfachen schlichten Lebensmitteln ist.
Natürlich empfindet der die Brötchen verdienende Mann die abhängige Frau als tonnenschweren Ballast, und so pervertiert das Wesen ihrer Beziehung zu reinen Banktransaktionen, und die Liebe selbst verschwindet entweder oder wird unter einem Berg aus Bedürftigkeiten und Verpflichtungen begraben. Aus eben diesem elenden Zustand von Geben und Nehmen entsprang die Frauenbewegung. Täuschen Sie sich nicht, Frauen hätten niemals damit angefangen, zu Hause im Keller Selbsterfahrungsgruppen ins Leben zu rufen, wenn sie glückliche Heimchen am Herd gewesen wären. Wie wir alle wissen, würde ein glücklicher Mensch so ziemlich alles tun, um sich eine lange, emotionsschwangere Versammlung zu ersparen, in der eine Frau von einer blutigen Abtreibung im Jahre 1952 berichtet, eine andere zugibt, daß sie keine Ahnung hat, was ein Vorspiel ist, und wieder eine andere davon erzählt, daß sie auf dem College so selbstbewusst war und jede Menge kühne Gedanken und Träume hatte, aber ihr Leben inzwischen nur noch aus Wäsche waschen und Geschirr spülen besteht und sie sich absolut nicht erklären kann, wie ihr das passieren konnte. Menschen begeben sich nicht freiwillig in solche
Unglücksmarathonsitzungen, es sei denn, sie haben von ihrem Leben, so wie es ist, die Nase gestrichen voll, und ich weiß nicht, wie oft wir noch daran erinnert werden müssen, bis wir das wirklich begreifen.
Eine kleine Geschichtsstunde für diejenigen unter uns, die beim ersten Mal gefehlt haben. Die Anfänge des Feminismus waren folgendermaßen: Es gab viele kluge und gelangweilte Frauen, die in den Vorstädten lebten, Mah-Jongg spielten, um die Zeit totzuschlagen, und dann und wann ein bisschen häusliche Aufregung erlebten, wenn eines ihrer Kinder vom Rad fiel und das aufgeschlagene Knie verarztet werden mußte. Schließlich waren auch ihre Kinder aus dem Gröbsten raus, und die Teenager reagierten bissig, wenn ihre Mütter versuchten, sich in ihr junges Leben einzumischen - aber was sollten diese Frauen auch sonst machen? Also wurden viele von ihnen verrückt und von Valium und Librium abhängig, und manche von ihnen schlossen sich der entstehenden Frauenbewegung an.
Manche von ihnen stellten fest, daß sie lesbisch waren und es gar nicht gewusst hatten. Andere fühlten sich zu jüngeren Männern hingezogen, die ihnen die Freuden des Cunnilingus näherbrachten. Doch die meisten versuchten, ihre Familie intakt zu halten, während sie sich selbst für neue anregende und entzückende Möglichkeiten öffneten.
Diesen Frauen hat der Feminismus das Leben gerettet. Auch Ihnen hat er das Leben gerettet, und wenn Sie das nicht wissen, lesen Sie gerade das falsche Buch.
Ich trete nicht dafür ein, daß Frauen ihre Mutterrolle ablehnen sollten - wenngleich ich mir wünschen würde, daß Väter sich etwas mehr einbringen würden, denn das wäre sowohl für die Eltern als auch für die Kinder besser. Ich will damit nur sagen, daß ein Verstand mit realen und wertvollen und nutzbringenden Aktivitäten beschäftigt werden muß. Wenn Sie den ganzen Tag nichts anderes tun als an Schaufenstern entlang bummeln und zur Pediküre gehen, haben Sie am Abend hübsche Füße und einen hohlen Kopf.
Wenn Sie genau in diesem Augenblick denken, daß Sie sich ausgelaugt und angewidert fühlen und daß Ihr Job Sie ankotzt, daß Sie ihn liebend gern hinschmeißen würden wenn Sie es sich leisten könnten, dann haben Sie ein gänzlich anderes Problem. Dann sollten Sie sich einen Job suchen, der Spaß macht, Sie sollten wieder studieren oder
Sie sollten berufliche Fortbildungskurse belegen oder egal was tun, um Ihren Broterwerb erträglich zu gestalten.
Denn das Ganze hat auch eine gute Seite. Es wird nämlich besser. Ich habe gehört, daß Frauen, die lernen, auf eigenen Füßen zu stehen, ziemlich gute Aussichten haben einen Mann kennenzulernen, der ähnlich autonom ist. Und dann -! -kann etwas wahrlich Erstaunliches passieren: Sie könnten tatsächlich füreinander sorgen._
Gruß Fritz