Umfrage zur Causa Böhmermann

Guten Morgen!

In einer Blitzumfrage sind offenbar 65% der Deutschen der Meinung, dass die Entscheidung der Bundesregierung nicht richtig war.Interessant dabei finde ich ja, dass links- und rechtsaußen die höchsten Werte bei der Ablehnung haben. Aber das wäre ein anderes Thema. :grin:

Für mich gibt es drei Möglichkeiten die Causa Böhmermann zu bewerten:

A) Emotional

Auf der einen Seite einen Möchtegernsultan mit fragwürdigen Ansichten zu den Grundrechten, auf der anderen ein kleiner lustiger Mann. Noch dazu ist der eine Türke und der andere Deutscher.
Fazit: Freispruch für Böhmi!

B) Juristisch

Paragraph §104a StGB gibt der Bundesregierung klar die Möglichkeit, das türkische Ansuchen abzulehnen, aber eben auch ihm stattzugeben. Der Fall ist auch komplex genug, dass man ihn nicht ohne weiteres abschmettern könnte.
Fazit: Gleichstand.

C) Politisch

Im umgekehrten Fall hätte die türkische Regierung ein solches Ansuchen abgeschmettert ohne auch nur mit der Wimper zu zucken und der Paragraph wäre gestern schon ersatzlos gestrichen worden (vermutlich mit noch ein paar anderen unbequemen).
Das türkische Ansuchen ist reines politisches Kalkül, da Erdoğan schon Tage vorher eine Zivilklage gegen Böhmermann einreichte. Eine Ablehnung der Regierung hätte Böhmermann keinen Vorteil gebracht, nach außen aber den Anschein erweckt, dass auch in Deutschland die Exekutive über der Judikative steht.
Fazit: Justitia muss ran.

Wie seht ihr das?

Im umgekehrten Fall wäre die Prozentzahl wohl genauso. Es geht doch gegen Angela und Erdogan.

A) Emotional
Ohne Zweifel liegen die Sympathien der Mehrheit bei Böhmermann, allerdings sollte sich das nicht auf eine solche Entscheidung auswirken.
Fazit: Gleichstand

B) Juristisch
Eben weil der Bundesregierung die Möglichkeit gegeben wird, in diesem speziellen Fall zu intervenieren, hätte man sich pro Böhmermann entscheiden müssen. Ich sehe hier auch kein Übergehen der Justiz, da dieser Zusatz sonst völlig überflüssig wäre. Geht man nach dieser Logik, hätte die Bundesregierung auch in der Vergangenheit jeden Strafantrag durchwinken müssen, was sie aber nicht hat. Die Argumentation man möchte mit der Entscheidung Exekutive und Judikative getrennt halten, hat einen schalen Beigeschmack.
Fazit: Freispruch für Böhmermann

C) Politisch
Angela Merkel hat sich mit ihrem Flüchtlingsdeal erpressbar gemacht; sie ist auf Erdogan angewiesen. Noch dazu hat sie sich frühzeitig auf seine Seite geschlagen („bewusst verletzend“). Sie hatte letzten Endes keine andere Wahl mehr, als dem Strafantrag zuzustimmen.
Fazit: Freigabe des Strafantrags war für Angela Merkel unvermeidbar

mE gut auf den Punkt gebracht

Warum bzw. woraus ergibt sich juristisch diese Notwendigkeit, die Exekutive über die judikative zu stellen? Klingt für mich irgendwie politisch argumentiert.

Doch, dieses Übergehen wäre eben politisch und nicht juristisch motiviert.

Ja, aus politischen Gründen.

Für andere ist das ein wesentliches Merkmal eines Rechtsstaates. Nur weil es jetzt mal nicht angenehm ist, kann man doch diese Trennung nicht schlecht finden. Ist doch bei Recht häufig so, dass der vor Gericht Unterlegene das geltende Recht gerade irgendwie kacke findet.

Machen wir uns nichts vor. Hätte sie weiter jeden kommen lassen, würde genauso oder noch mehr gemeckert. Erpresst wurden wir in dieser Beziehung vorher auch schon.

Zu dieser Erkenntnis sind vor ihr auch schon andere gekommen. Es ist nunmal bewusst verletztend. Ist doch nicht schlimm. Die Frage ist doch jetzt, ob solche bewussten Verletzungen in Deutschland von Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt sind. Davon geht sie wohl aus und dem möchte sie auch aus politischer Rücksichtnahme auch nicht vorgreifen.

Grüße

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Das meiste hat @ElBuffo schon angesprochen, aber hier möchte ich einhaken. Bist du der Meinung, dass Böhmermann das Gedicht nicht bewusst verletzend geschrieben hat?

Satire tut (fast) immer weh und das soll sie auch. Genauso wie Meinungen verletzend sein können, aber meistens eben nicht strafrechtlich relevant sind. Merkels Aussage hat absolut nichts an der Situation geändert, sie hat einfach ausgesprochen was sich jeder dachte und vermutlich gehofft, dass dieses Zeichen von Empathie kalmierend auf Erdoğan wirkt.
Aber weder war das eine Vorverurteilung noch hat sie sich auf eine Seite geschlagen. Die Frage ist nicht, ob das Gedicht verletzend war, sondern ob dabei eine Grenze überschritten wurde. Und diese Frage hat in einem Rechtsstaat ein Gericht zu klären!

Lg,
Penegrin

Danke für den Link. Besser hätte ich es nicht ausdrücken können :thumbsup:

Eine vierte Möglichkeit hast du übersehen: Mutti spielt ein perfides Spiel mit Erdogan! Sie läßt das durchklagen, Erdogan bekommt von der deutschen Gerichtsbarkeit eine vor den Latz geknallt (zulässige Äußerung im Rahmen der Meinungsfreiheit) und steht bis auf die Knochen blamiert da.

Das ist auch für mich die wahrscheinlichste Variante. Man darf bitte auch nicht übersehen, dass Rede Merkels ein Schlag ins Gesicht von Erdoğan und dessen auokratischen Herrschaftsstils war. Man kann Böhmermann direkt dankbar sein, dass er Merkel dafür die Bühne ermöglicht hat.

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Penegrin,
wie du bin ich der Auffassung, dass die Justiz und nicht die Regierung darüber zu entscheiden hat, ob eine Äußerung „bewusst verletzend“ und beleidigend ist oder nicht. Im Gegensatz zu dir vergleiche ich aber nicht Äpfel mit Birnen. Erdogan hat als Pivatperson einen Strafantrag gestellt. Das ist sein gutes Recht, welches ich ihm nicht aberkennen möchte, keineswegs. Im Paragraf §103 StGB geht es aber um die sogenannte „Majestätsbeleidigung“ und nicht um die Diffamierung einer Privatperson. Hier hätte die Regierung verhindern müssen, dass ein Tyrann wie Erdogan Einfluss auf unser Rechtssystem nehmen kann. Man hätte ihn noch vor der Haustüre abweisen müssen. So wurde er aber nun eingeladen bei uns Gast zu sein und in Zukunft weiter Einfluss auf unsere Rechtssprechung zu nehmen.

Erstens: ich bin nicht jeder und dachte das nicht! Zweitens: Was hat es gebracht? Sie hat mit ihrer Aussage Erdogan den Weg geebnet einen Strafantrag nach §103 StGB zu stellen. Sie wurde zur Klägerin, obwohl sie später noch als Richterin darüber zu entscheiden hatte, ob dem Strafantrag zugestimmt wird oder nicht.

Wie gesagt: Erdogan kann ruhig einen Strafantrag als Privatperson stellen. Was das angeht, habe ich nichts einzuwenden. Aber warum steht im Gesetz, dass die Regierung über eine Strafverfolgung zu entscheiden hat, wenn sie deiner Meinung nach sowieso nicht davon Gebrauch machen darf? Es geht darum, zu verhindern, dass von außen unsere Justiz missbraucht wird! Ich bin mir sicher, dass das nicht die letzte Intervention Erdogans war! Können wir in unserem Land jetzt noch der freien Politsatire nachgehen, wenn jeder Künstler Angst haben muss beleidigend zu werden?

Offenkundig hältst Du Erdogan für irgendwie integer. Als ob er blamiert wäre, wenn die DEU Gerichtsbakreit die Klage abschmettert. Im Gegenteil!! Erdogan wird immer missverstehen wollen, ganz wie es ihm in den Kram passt. Der Z**fer und sein Gefolge in Deutschland verstehen nur KLARE WORTE und zwar von MASSGEBLICHE Stelle.

Für Erdogan ist weit wichtiger was seine DEU Amtskollegin sagt. Merkel hat funktioniert ganz so wie Erdogan wollte. Punktestand: 1:0 für den Islamismus.

Gruß mki

Servus,

Das ist sein gutes Recht, welches ich ihm nicht aberkennen möchte, keineswegs. Im Paragraf §103 StGB geht es aber um die sogenannte „Majestätsbeleidigung“ und nicht um die Diffamierung einer Privatperson.

Ob es dir gefällt oder nicht hat Erdoğan als Staatsoberhaupt auch das Recht nach § 103 (solange es ihn noch gibt) behandelt zu werden. Den Begriff „Majestätsbeleidigung“ wirst du da übrigens vergeblich suchen…

Das ist genau der Punkt. Dein einziges Argument in der Sache lautet ‚Erdoğan ist ein böser Mensch‘. Gott sei Dank leben wir in einer Gesellschaft, in der das persönliche Empfinden keinen Einfluss haben darf, ob jemand ein faires Verfahren bekommt oder nicht. Genau wie jeder Mörder oder Kinderschänder hat auch ein Erdoğan das Recht darauf, vor dem Gesetz wie jeder andere behandelt zu werden.

Und Erdoğan hat weder in der Vergangenheit Einfluss auf die Deutsche Rechtsprechung genommen, noch wird ihm das Verfahren Gelegenheit dazu geben. Das ist einfach nur ganz billige Polemik.

Erstens: ich bin nicht jeder und dachte das nicht!

Welcher Teil stört dich denn? Der bewusste Vorsatz oder dass es beleidigend sein soll?

Zweitens: Was hat es gebracht? Sie hat mit ihrer Aussage Erdogan den Weg geebnet einen Strafantrag nach §103 StGB zu stellen. Sie wurde zur Klägerin, obwohl sie später noch als Richterin darüber zu entscheiden hatte, ob dem Strafantrag zugestimmt wird oder nicht.

Mit Verlaub, aber das ist Blödsinn. Ob und was die Kanzlerin für eine Meinung zu der Sache hat, kann keinerlei Auswirkungen darauf haben, ob ein Strafantrag gestellt werden kann oder nicht. Die Ironie, dass du die Kanzlerin hier als ‚Richterin‘ titulierst, ist dir hoffentlich nicht entgangen.

Aber warum steht im Gesetz, dass die Regierung über eine Strafverfolgung zu entscheiden hat, wenn sie deiner Meinung nach sowieso nicht davon Gebrauch machen darf?

Das habe ich nie behauptet. Umgekehrt könnte ich dich ja auch fragen, wieso du dich beschwerst obwohl im Gesetz steht, dass sie die Strafverfolgung erlauben darf. Die Umstände sind das entscheidende hier.

Es geht darum, zu verhindern, dass von außen unsere Justiz missbraucht wird! Ich bin mir sicher, dass das nicht die letzte Intervention Erdogans war!

Für dich ist es also ‚Missbrauch der Justiz‘ wenn man sich an geltendes Recht hält? Interessante Sichtweise…

Ach, jetzt ist das Gedicht plötzlich doch beleidigend? Außerdem würde ich dir raten, bei Artikel 5 GG nicht nur den ersten Absatz zu lesen…

Ich sehe schon, mit dir kann man keine ernsthafte Diskussion führen. Erst frägst du in deiner „Umfrage“ nach der Meinung anderer Leute, nur um im Anschluss daran die Aussagen anderer, die nicht deiner Meinung sind, auseinander zu nehmen. Wem’s gefällt…

So wie du schreibst, könnte man fast glauben, dass du von Merkel dafür bezahlt wirst, hier Werbung für sie zu machen.

Ich wünsch dir trotzdem einen schönen Tag Penegrin

LG Meike

Was verstehst du denn bitte unter einer ‚ernsthaften Diskussion‘? Wenn ich irgendwo unsachlich argumentiert habe, würde ich mich freuen wenn du mich darauf hinweist. Oder findest du, dass man jede Meinung unreflektiert zu akzeptieren hat? In dem Fall würde ich mich aber über deine Kritik an Merkel wundern.

So wie du schreibst, könnte man fast glauben, dass du von Merkel dafür bezahlt wirst, hier Werbung für sie zu machen.

Ja, weil es ja keine andere Möglichkeit gibt dieser Meinung zu sein, stimmts? Du sprichst mir also nicht nur eine eigene Meinung ab, sondern implizierst, dass man bezahlt werden muss um so zu denken. Wie war das mit der 'ernsthaften Diskussion!?

Ich wünsch dir trotzdem einen schönen Tag Penegrin

Gleichfalls.

lg

Dann wäre es doch sowieso egal, wie sie entschieden hätte.

Für klare Worte von maßgeblicher Seite bin ich, und ich behaupte mal die große Mehrheit der Deutschen ebenfalls, auch. Leider fehlen diese klaren Worte und erst recht die klaren Handlungen seit Jahrzehnten. Es hat schon seine Gründe, warum soviele hierher kommen wollen und keine Anstalten machen sich zu integrieren. Und nein, damit meine ich nicht die Flüchtlinge und Asylbewerber, die diese Bezeichnung auch verdienen.
Auch wenn ich mich wiederhole, Böhmermann ist es hier gelungen Dinge zu kritisieren, die man hierzulande kaum noch öffentlich kritisieren durfte. Die hatten stattdessen als Kulturbereicherung zu gelten. Hätte er einen hier lebenden Asylforderer aus diesem Kulturkreis derart betitelt, die Medien und Betroffenheitspolitiker hätten sich nicht wieder einbekommen. Dann wäre das keineswegs von Meinungs- und Kunstfreiheit gedeckt gewesen und Satire hätte das nicht gedurft.
Vielleicht beleuchtet man die 65% aus der Blitzumfrage auch mal aus dieser Warte.
Nichtdestotrotz war es inhaltlich eine Beleidigung. Man kann Leute, die ihre Frauen verdreschen, Leute anderer politischer, sexueller oder religiöser Orientierung unterdrücken auch einfach als das bezeichnen.

Grüße

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Zudem hat Erdogan eher ein Eigentor geschossen.

Hätte er nicht reagiert, wäre es ein lokales Ereignis zwischen Deutschland und der Türkei geblieben.
Jetzt aber blickt die ganze Welt auf den Vorfall und die Berichterstattung findet auch über Erdogan selbst statt.

§ 103 Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten
(1) Wer ein ausländisches Staatsoberhaupt oder wer mit Beziehung auf ihre Stellung ein Mitglied einer
ausländischen Regierung, das sich in amtlicher Eigenschaft im Inland aufhält, oder einen im Bundesgebiet beglaubigten Leiter einer ausländischen diplomatischen Vertretung beleidigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe, im Falle der verleumderischen Beleidigung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ist die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen, so ist § 200 anzuwenden. Den Antrag auf Bekanntgabe der Verurteilung kann auch der Staatsanwalt stellen.

§ 104a Voraussetzungen der Strafverfolgung
Straftaten nach diesem Abschnitt werden nur verfolgt, wenn die Bundesrepublik Deutschland zu dem anderen Staat diplomatische Beziehungen unterhält, die Gegenseitigkeit verbürgt ist und auch zur Zeit der Tat verbürgt war, ein Strafverlangen der ausländischen Regierung vorliegt und die Bundesregierung die Ermächtigung zur
Strafverfolgung erteilt.

Da stellen sich mir gleich zwei Fragen:

  1. War Erdogan zum fraglichen Zeitpunkt in Deutschland?
  2. Kann Erdogan sich als Privatperson überhaupt auf diesen Artikel beziehen?

MfG Peter(TOO)

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Servus Peter,

  1. Dieser Punkt wurde schon sehr oft angesprochen. Gängige Rechtsmeinung ist, dass sich der Pasus ‚in amtlicher Eigenschaft‘ nur auf die Regierungsmitglieder und nicht auf das Staatsoberhaupt bezieht. Siehe hier, hier, hier oder hier.

  2. Erdoğan ist als Präsident das Staatsoberhaupt der Türkei und daher kann er sich auf diesen Paragraphen berufen.

lg,
Penegrin

Hallo,

Interessant dabei finde ich ja, dass links- und rechtsaußen die höchsten Werte bei der Ablehnung haben.

findest Du das verwunderlich? Ich überhaupt nicht. Die sind sich näher als ihnen lieb ist, jedenfalls von der Struktur des Denkens her.

Ich habe mir Merkels Bekanntgabe angesehen und finde sie geradezu grandios: formal völlig richtig die Rechtsprechung der Justiz überlassen und ganz am Ende noch kurz anmerken, dass man den Artikel, auf den sich Erdoğan beruft, für entbehrlich hält. Das ist schon fast Satire!

Dazwischen in für diplomatische Verhältnisse äußerst klaren Worten Kritik am Umgang mit dem Recht und der Pressefreiheit in der Türkei.

Das ist meiner Meinung nach ein viel klareres Bekenntnis zur Pressefreiheit und eine treffendere Kritik am Vorgehen Erdoğans als es ein „Nein, machen wir nicht!“ gewesen wäre. Ich find’s gut.

(Und es würde mich sehr überraschen, wenn die Gerichte Böhmermann letzten Endes verurteilen würden - aber das ist meine unmaßgebliche, weil juristisch unkundige Meinung.)

Viele Grüße,

Jule

Hallo,
wer hier mit-diskutiert, sollte mindestens (allermindestens) die Rede von Boehmermann gesehen haben. Dazu muss sie mindestens (allermindestens) von den Medien bereitgestellt werden zum ansehen. Anderenfalls behindern Medien die Meinungsbildung. Das waere schlecht, fuers Image.

findest Du das verwunderlich?

Nö, aber ich schrub ja auch interessant :wink:

Lg,
Penegrin