Guten Tag,
mir ist nicht ersichtlich, worin genau die Handlungen liegen, die als Mobbing empfunden werden.
Was ich von ihnen höre ist ausnahmslos Kritik, die sich nicht
nur auf mein Verhalten im Unterricht bezieht, sondern auch auf
meine Persönlichkeit, die ich ihrer Meinung nach ändern soll.
Welche Äußerungen sind in Bezug auf die Persönlichkeit gemacht worden.
An meiner alten Schule war ich 15 Jahre, hatte zu fast allen
Kollegen ein freundschaftliches, fast familiäres Verhältnis
und wurde gerade für meine Persönlichkeit gemocht und hoch
geachtet.
Im Dezember und Januar hatte ich extreme Erschöpfungszustände,
die meine Arbeit nicht gerade positiv beeinflusst haben. Ich
war bei manchen schweren Klassen schlecht vorbereitet, und
dann ist manchmal schwer, eine Klasse unter dem Deckel zu
behalten.
Ich kann mich seitdem auch kaum noch richtig konzentrieren und
organisieren, ich fühle mich so verunsichert.
Bis hierin ist das eine selbstkritische Zustandsbeschreibung, die auf ein Problem bei der eigenen Arbeit hindeutet. Diese scheint nicht optimal zu sein, der Grund liegt nach eigener Aussage in schlechter Vorbereitung. Außerdem haben Sie schwere Erschöpfungszustände genannt, deren Ursachen oder Auslöser bekannt sind?
Dabei war ich
von den sechs Kollegen an der alten Schule diejenige, die sie
an der anderen Schule haben wollten, weil sie mich für die
kompetenteste hielten…
Was in der Vergangenheit war, spielt für die Lösung des Problems der eigenen schlechten Vorbereitung keine Rolle.
Diese Situation macht mir zu schaffen.
Das ist ein gutes Zeichen, wenn sich darin die Bereitschaft ausdrückt, etwas ändern zu wollen. Die Fragen, die sich jetzt stellen müsste:
Warum sind Sie schlecht vorbereitet gewesen und warum gelingt es ihnen nicht (mehr) die Klasse im Griff zu haben?
Die Abteilungsleiterin wird zwar im Sommer in Rente gehen und
der stellvertretende Direktor im Januar 2016, aber ich finde
es ist sehr leicht zu sagen „Mach die Faust in der Tasche und
warte es ab“. Ich kann mich nicht richtig gegen all die
Vorwürfe wehren, wenn ich mal wieder im Büro des stellv.
Direktors rundgelutscht werde.
Wie kommen jetzt die Abteilungsleiter und der stellvertretende Direktor ins Spiel? Mit welchen Vorwürfen werden Sie konfrontiert? Betreffen die Vorwürfe andere Punkte als die schlechte Vorbereitung und die Probleme mit der Klasse?
Ich nehme mir immer vor, nächstes Mal etwas zu antworten und
mich zu wehren, aber wenn ich dann da sitze und mit absurden
Sachen konfrontiert werde, kann ich nichts mehr sagen - vor
allem, weil bislang alle Antworten von mir abgetan wurden
entweder mit „Sie sind ja nur in der Vergangenheit unterwegs“
oder „Sie verteidigen sich ja die ganz Zeit“ oder „Ich will
gar keine Erklärung von Ihnen hören“.
So, wie Sie das Problem hier geschildert haben, tun Sie aber genau das. Sie ziehen die guten Leistungen in der Vergangenheit heran, obwohl ein Problem heute vorliegt, dessen Ursachen Sie selbst bereits benannt haben: die eigene schlechte Vorbereitung, die Unsicherheit, deren Ursache nicht begründet wurde, aber die durchaus mit der schlechten Vorbereitung in Zusammenhang stehen könnte. Es sind keine Anzeichen zu lesen, dass Sie sich mit der Lösung dieses Problems bisher auseinander gesetzt haben und gezeigt haben, ob Sie bereits am Problem schlechter Vorbereitung und Erschöpfung etwas in Angriff genommen haben.
Stattdessen fokussieren Sie sich auf die Vorgesetzten und beschreiben Mobbing, verlagern also das Problem und dessen Ursache nach außen. Für Mobbing fehlen aber nach der eigenen Beschreibung die Anhaltspunkte.
Ich bin grad total erholt aus den Osterferien heimgekommen,
aber mich holt die Erschöpfung jetzt am zweiten Tag schon
wieder ein.
Da ich neu bin, weiß ich nicht, wem ich vertrauen kann, wem
ich mich anvertrauen kann. Von der Kollegin aus der Lehrerband
hab ich schon gehört, dass sie genauso gemobbt wird, seit
Jahren schon.
Steht der Gedanke, selbst gemobbt zu werden, in Zusammenhang mit der Schilderung dieser Kollegin?
(Übrigens sind momentan 4 von 82 Kollegen
krankgeschrieben wg. Burnout).
Es gibt Studien, die gehen von 25-30 % „Burn-out“ oder dem, was unter dieser Beschreibung läuft, aus. 4 von 82 ist keine besonders hohe Quote, die sofort Anzeichen für eklatante Missstände in einer Schule wären.
Auch weiß ich nicht, wem aus dem
Betriebsrat ich vertrauen könnte und ob der überhaupt etwas
ausrichten kann. NIcht alle werden ernstgenommen, manchmal
kann so etwas nach hinten losgehen.
Ihre Gedanken kreisen sehr stark um die Rolle als vermeintliches Mobbingopfer. Was haben Sie bisher unternommen, um den nach ihrer eigenen Schilderung sachlich vorhandenen Problemen bei Ihrer Arbeit unternommen?
Auch die in Ihrer zweiten Beschreibung geschilderten Probleme mit den Noten sind zunächst keine, aus denen man Mobbing schließen könnte. Zwar sollte in einem guten Betrieb Neue auch gut eingeführt werden. Aber es gibt bestimmte Abläufe, die originär zu den eigenen Verpflichtungen eines Lehrers gehören und allenfalls in Detailfragen abweichen. Hier hat aber der Lehrer eine Holschuld, was das Einholen nötiger Informationen angeht und eine Bringschuld für bestimmte Aufgaben. Dazu gehört, dass zum Halbjahresende die Noten abgegeben werden müssen.
Es ist Aufgabe des Neuen, sich über den Usus zu erkundigen und sich dem anzupassen. Kommt es hier offensichtlich zu Unstimmigkeiten, ist es unklug, herumzulamentieren. Wenn man sich anschaut, wie Sie selbst die Situation beschreiben, kann man schon zu dem Eindruck kommen, dass Sie genau das tun. So schreiben Sie zur Notenproblematik zum Beispiel nicht, dass die Notenabgabe für alle anderen eigentlich erst am x. Januar gewesen sei und man das nur von Ihnen so früh gefordert habe. So etwas könnte Zeichen von Mobbing sein. Stattdessen verweisen Sie auf das Schulhalbjahresende, das nichts sagend ist. Es zählt der Usus der Schule. Das betrifft auch den Umgang mit den Klassenbüchern. Wenn es hier zu Unklarheiten kommt, dann sollte man zunächst sachlich nachfragen, wie denn der Usus ist und sich dem Anpassen. Ihre Reaktion ist stattdessen, dass sie das auf persönlicher Ebene empfangen und die Sachlichkeit aus dem Auge verlieren.
Dazu kann durchaus gehören, dass Sie das beschreiben, was Sie zum Thema Klassenbuch und Entschuldigungszetteln hier beschrieben haben. Es stellt sich allerdings die Frage, warum Sie selbst nicht sachorientiert die losen Blätter im Klassenbuch zum Anlass genommen haben, zur Lösung des Problems ein Gespräch mit der Abteilungsleiterin zu suchen. Gerade als Neuer ist es unklug, solche Initiative nicht zu zeigen.
Sie beschreiben ebenfalls Äußerungen, die Sie als Kritik an Ihrer Persönlichkeit empfinden.
„„Du bist ja hier nicht angekommen.“
„Deinem Lächeln hab ich eh noch nie getraut, wenn du gesagt hast, du kommst so gut mit den Klassen klar.““
„Wenn du so instabil bist können wir dir ja keine Referendare geben.“
und
„Ich beobachte ja ihren Unterricht und sehe, dass sie ständig überreagieren“
„Wenn sie sich aufregen, klingt ihre Stimme so hoch, dass man Sie schnell für hysterisch hält“."
Keine dieser Äußerungen sind Kritik an der Persönlichkeit. Es handelt sich zunächst um Zustands- oder Wahrnehmungsbeschreibungen, die sich durchaus mit Ihrer eigenen Beschreibung decken: Sie beschreiben sich selbst als erschöpft und überfordert.
Dieser Eindruck zementiert sich in Ihren weiteren Äußerungen. In der Frisörklasse haben Sie keine Probleme und nennen selbst als Ursache, weil Sie dort so sattelfest sind, dass Sie sich nicht vorbereiten brauchen. Das Kernproblem scheint also tatsächlich ihre schlechte Vorbereitung zu sein, die Sie derart verunsichert, dass daran alles weitere hängt. Nur für die schlechte Vorbereitung sind sie alleine verantwortlich. Auf diese Bringschuld hat die Schule und haben die Schüler einen Anspruch.
Wenn Sie gesundheitliche Probleme haben, darauf könnte die Erschöpfung hindeuten, dann müssen Sie diese angehen.
Sie bemängeln die ausschließlichen Du-Botschaften bei den Vorgesetzten, tun hier aber nichts anderes. Sie haben keinerlei Ansatz gezeigt dafür, wie Sie selbst die Probleme angehen wollen, deren Ursache zunächst bei Ihnen liegt. Stattdessen überwerfen Sie Ihre Vorgesetzten mit Schuldzuweisungen und sei es sogar darin eine Schuld zu sehen, Sie nicht ausreichend motiviert zu haben.
Es hilft Ihnen nicht, das Problem in vermeintlichem Mobbing zu suchen.
VG
Andreas