Hallo Karin,
http://www.sueddeutsche.de/politik/913/491282/text/
Israel hat in Gaza Kriegsverbrechen begangen.
Was meint ihr, wird sich dadurch für die Palästinenser, etwas
ändern? Oder wird diese Resolution, wie so viele andere, nur
für Statistikzwecke zu gebrauchen sein?
Sie wird wohl gar nichts ändern, zumal Israel zumindest in der französischen Presse, derzeit wieder Schlagzeilen macht. Die Fischereizone im Meer vor Gaza wurde seitens der Israelischen Marine inzwischen auf 3 Seemeilen begrenzt, früher waren es mal zwanzig. Da die Palästinenser in ihren alten Booten keine Navigationsgeräte haben, können sie die gar nicht so genau einhalten. Folge: erschossene Fischer, mit Granaten versenkte Boote. Das führte im Le Monde zu einer satirischen Zeichnung: ein abgerissener Palästinenser kommt an den Strand und bekommt von einem schwer bewaffneten israelischen Soldaten sein Fischerareal gezeigt, in dem eine Fahne steckt - Aufschrift: palästinensische Fischereizone. Die Fahne steckt in einem kleinen Aquarium, in dem ein Goldfisch schwimmt und steht auf dem Strand!
Wer sich selbst eine ausgewogene Meinung zu dieser, schon seit ca. 1918 bestehenden Tragödie machen möchte, dem seien folgende Bücher empfohlen:
Von israelischen Historikern:
Die Geburt Israels - Mythos und Wirklichkeit von Simcha Flapan
Hitler besiegen: Warum Israel sich endlich vom Holocaust lösen muss von Avraham Burg
Die ethnische Säuberung Palästinas von Ilan Pappe
Iron Wall (engl.) oder Le Mur de Fer (franz.), Untertitel: Israel und die arabische Welt, von Avi Shlaim - leider nicht in deutsch verfügbar.
Jüdisch-amerikanische Autoren:
Die Israel Lobby von John J. Mearsheimer und Stephen M. Walt
Interessant ist auch, daß neuere Umfragen in den USA zeigen, daß 74% der jüdischen Amerikaner mit der Politik Israels nicht einverstanden sind. Sie haben deswegen eine neue politische Organisation gegründet, die den im letzten Buch erwähnten sehr reichen Organisationen entgegentreten will.
Die gesamte Situation ist dermaßen verfahren, daß an eine Lösung wohl kaum zu denken ist, denn an die bisherigen Verhandlungsergebnisse haben sich weder Palästinenser noch Israelis je gehalten. Bei uns in der Presse wird das aus verständlichen Gründen etwas einseitig dargestellt.
In Frankreich wird über das Thema, auch was Israel angeht, viel freier und kritischer berichtet, und die oben genannten Bücher von israelischen Historikern bemühen sich einiges richtig zu stellen und die historische Wahrheit zu schildern - es wäre ja schwer sie als antisemitisch in Verruf zu bringen.
Auch Präsident Obama wird wohl nicht weiterkommen, zumindest so lange nicht, wie auf beiden Seiten als Politiker nur die alten Hasen des Militärs agieren. Obama’s einziges Druckmittel, das zu Erfolg führen könnte, wäre, die jährlichen Hilfszahlungen an Israel (ca. 4 Mrd. US-Dollar) einzustellen. Doch das wirft wieder ganz andere Probleme auf und Obama wäre dann sehr schnell nicht mehr US-Präsident.
Die Feindschaft zwischen diesen beiden Völkern hat sich inzwischen so tief eingegraben, der Hass aufeinander so viel Blut vergossen, daß man als Außenstehender kaum begreifen kann, was da eigentlich los ist, geschweige denn, eine für beide Seiten tragbare Lösung findet. Denn Logik und Verhandlungen allein helfen hier nicht weiter, auch wenn sich wohl alle eine friedliche Lösung herbeisehnen.
Gruß,
Cantate