Hallo Uwe!
So ist eben die Aussprache hier. Ich könnte auch scheußlich
finden, wie die Wessis (ihre schere jetzt wie du einfach mal
alle über einen Kamm) das „er“ nicht ‚richtig‘ aussprechen
können oder wie ihr nicht in der Lage seid, ein „g“ richtig
auszusprechen und -s am Ende manchmal zu -t wird („komischet
Jedöns“)
Also, letzteres klingt aber eher berlinerisch und meinen
nordwestdeutschen Ohren eher fremd.
Da jeb ick dia recht. Komischet Jedöns jibs bei uns jenuch!
Allerdings (ich kehre mal zum Hochdeutschen zurück, damit mich jeder der deutschen Sprache Mächtige auch verstehen kann) ist der Ruhrpott-Dialekt dem Berlinerischen derart ähnlich (was meist keine der beiden Seiten zugibt), dass ich mir auch dort „komischet Jedöns“ vorstellen kann.
Und, nebenbei bemerkt, in der Dialektdichtung kenne ich „Jedö_h_ns“ nur mit h.
oder wie die Norddeutschen immer „s-t“ und „s-p“
getrennt sprechen.
Meinst Du die Hamburger mit dem „spitzen Stein“? Das ist aber
nur in und um HH so. So wie die Schwaben reden („Konschtanz“),
finde ichs aber auch übertrieben.
Nun, jede Sprache hat ihre eigenen Lautgesetze, und Dialekte sind auch nur Sprachen. Ob etwas als eigene Sprache oder als Dialekt gilt, hängt davon ab, ob es eine gemeinsame (Schrift-)Sprache gibt, die jeder Sprecher, ohne sie explizit zu lernen, verstehen kann (natürlich nicht unbedingt schreiben oder sprechen).
Das Hochdeutsche (oder, für Süddeutsche: die Schriftsprache) hat dabei noch die eigentümlichsten Lautgesetze, weil man unterscheiden muss, wann st als ßt und wann als scht gesprochen wird, wann ig wie ich klingt und wann nicht u.s.w.u.s.f. Die Hamburger mit dem ßpitzen ßtein machen es sich ebenso wie die Schwaben mit „Dasch desch konschtant isch“ deutlich leichter, haben dafür aber andere Feinheiten (im Württembergischen unterscheidet man zwischen langem und kurzem ei, wodurch das Verb weiß und das Adjektiv weiß unterscheidbar werden). Dies, so finde ich, macht Dialekte eigentlich interessant.
Hochdeutsch ist
auch nur ein künstlicher Dialekt, der zum Standard nominiert
wurde.
Nebenbei bemerkt, ist Hochdeutsch nicht künstlich, sondern der Dialekt, der im Raum Hannover gesprochen wird. Das liegt an Luthers Bibelübersetzung; vorher hatte Bairisch die besten Aussichten, zur Hochsprache zu werden.
Beim Umkehren von stimmlosen zu stimmhaften
Konsonanten und umgekehrt kann und will ich aber nicht einfach
so „klein beigeben“. Meistens sind es stimmhafte Konsonenten,
die stimmlos ausgesprochen werden. Aus „Gasse“ wird „Kasse“,
aus „Baß“ „Paß“, aus „Bummel“ „Pummel“ und „bimmeln“ „pimmeln“
(LOL).
Das kommt drauf an, auf welchen Dialekt Du Dich beziehst. Ich kenne die stimmlose Aussprache von stimmhaften Konsonanten nur aus Thüringen und Westsachsen (gibt’s bestimmt auch woanders?), aber dort tritt sie nur am Morphem- (also meist Wort-)Anfang auf, wenn danach gleich ein l oder r kommt, also
„kleich“, „trei“, „plaukraue Augen“ u.s.w.
In den Beispielen, die Du gibst, geht Deine Beobachtung auf ein anderes Phänomen zurück: Im Sächsischen, Fränkischen, Bairischen und den Österreichischen Dialekten (und sicher noch einigen anderen) existiert nur ein Grad der Stimmhaftigkeit. Dieser liegt jedoch zwischen den Hochdeutschen „stimmhaft“ und „stimmlos“ (wenn’s Dich genau interessiert: Der Unterschied liegt in der Vokaleinsatzzeit, und in den erwähnten Dialekten ist die VEZ nah an der Hochdeutschen Phonemgrenze). Wenn Du nun den Eindruck hast, dass stimmhafte und stimmlose Konsonanten vertauscht werden, so liegt das daran, dass b,d,g stimmloser sind, als Du erwartest, während p,t,k stimmhafter sind.
Und neulich hörte ich gar mal ein „Kuggen“ statt
„Gucken“.
„Kucken“ ist sogar hochdeutsch, siehe hier: http://de.wiktionary.org/wiki/kucken.
All das ist durchaus mißverständlich und damit eine durch
präzise phonetische Artikulierung mögliche (und sicher oft
auch anzustrebende) Eindeutigkeit und Evidenz konterkarierend.
Wenn man weiß, wie der entsprechende Dialekt funktioniert (sicher, das dauert eine Weile), ist das mit dem Verständnis eigentlich kein Problem mehr. Ob das Wort „Bass“ nun für „Reisebass“ oder für „Gontrabass“ steht, macht der Zusammenhang klar, genauso wie Du auch weißt, ob vom Laib oder vom Leib, von Booten oder Boten, von Waagen oder Wagen die Rede ist. Soweit, dass das Verständnis gefährdet ist, geht es in der gesprochenen Sprache eigentlich nie, weil dort eben der Kontext da ist. In der Verschriftlichung der Dialekte weiß man sich auch zu helfen.
Beispiel: Ein bairischer Musiker sagt zu seinem Kollegen: „Gibstmiraaaao?“ Der versteht’s, weil er Kontext und Lautgesetze kennt. Wenn ich das jetzt mit Leerzeichen schreibe: „Gibst mir aa a A o?“ ist es (wenn man halt die Sprache kennt) unabhängig vom Kontext verständlich, weil ich nun jedes Wort für sich übersetzen kann. Heraus kommt: „Gibst du mir auch ein A an?“.
Und da es falsch ist, klingt es leider scheußlich.
Wie bereits mehrfach erwähnt: Nicht falsch, nur nicht hochdeutsch.
Wenn Du wirklich Probleme hast, jemanden zu verstehen, dann sag ihm das ruhig. Die meisten sind in der Lage, Hochdeutsch (oder zumindest etwas, was dem nahekommt) zu sprechen. Und wenn mein Gegenüber sich nicht darauf einlassen will, denn fangick eenfach an ßu balinan datt mia oo keena mea vasteht, bis meen Jesprächspartna uffjibt.
Gruß aus Ostfriesland nach Leipzig.
Gruß aus Berlin nach Ostfriesland.
Immo
P.S. Was habt Ihr denn da oben fürn Dialekt? Oder gibt’s da nur friesisch, was ja ne eigene Sprache ist?