''...und zum Trinken?''

Hallöle,

leider muß ich in letzter Zeit immer wieder feststellen, daß der erweiterte Infinitiv mit „zu“ immer öfter einem solchen mit „zum“ weicht. Da wird man beim Aufgeben der Bestellung im Restaurant nicht mehr gefragt: „…und zu Trinken?“, sondern „…und zum Trinken?“. Das ist so ähnlich wie bei „Im tiefen Schmerz“ (statt „In tiefem Schmerz“) auf der Trauerschleife oder in Toshibas Werbung für ihr neuestes Notebook „Im atemberaubenden Weiß“ statt „In atemberaubendem Weiß“ („Im“ steht immer für „in dem“ und nie für „in einem“).

Leider habe ich, wenn ich Ossies sprechen höre, immer wieder den Eindruck, daß derartige sprachliche Verunstaltungen aus den Ostgebieten zu uns herüberschwappen. *wegduck*

Darüberhinaus empfinde ich es als wirklich unangenehm zu hören, wie bei vielen Ossies, aber auch bei vielen Süddeutschen stimmhafte Konsonanten sehr häufig durch stimmlose ersetzt werden und umgekehrt. Aus „drei“ wird „trei“, aus „Diskussion“ „Diskusion“, aus „geil“ „keil“.

Erndwie äscht zun Götzen. :wink:

Sorry, aber das mußte mal raus. Was meint Ihr?

Gruß, Uwe

Hallo!

Da wird man beim Aufgeben der Bestellung im
Restaurant nicht mehr gefragt: „…und zu Trinken?“, sondern
„…und zum Trinken?“.
Leider habe ich, wenn ich Ossies sprechen höre, immer wieder
den Eindruck, daß derartige sprachliche Verunstaltungen aus
den Ostgebieten zu uns herüberschwappen.

Diesen Eindruck habe ich nicht. In der baierischen oder vielleicht überhaupt süddeutschen Umgangssprache wird die Präposition „zu“ oft mit dem substantivierten Infinitiv verbunden; also: … zum Trinken.
Vgl. Zehetner, Ludwig: Das bairische Dialektbuch. München (Beck) 1985.
ISBN 3 406 30562 8:
S. 148 „3. Ersetzung von Infinitivkonstruktionen“ mit den Beispielen, die ich auf Hochdeutsch wiedergebe, weil ich hier die vom Verfasser für das Bairische verwendeten Lautzeichen nicht herbekomme:
Ich habe nichts zum Anziehen.
Mit der möchte ich nichts zum Tun haben.
Dann hat er das Heulen angefangen.
Was gibt es heute zum Essen?
Und davor das Verdikt: „In der Hochsprache steht in diesem Satz eine Infinitivkonstruktion. Derlei ist dem Dialekt fremd.“
Gruß!
Hannes

Hallöle,

Hallo,
Da du fragst, was wir meinen, hier meine Meinung…

leider muß ich in letzter Zeit immer wieder feststellen, daß
der erweiterte Infinitiv mit „zu“ immer öfter einem solchen
mit „zum“ weicht. Da wird man beim Aufgeben der Bestellung im
Restaurant nicht mehr gefragt: „…und zu Trinken?“, sondern
„…und zum Trinken?“. Das ist so ähnlich wie bei „Im tiefen
Schmerz“ (statt „In tiefem Schmerz“) auf der Trauerschleife
oder in Toshibas Werbung für ihr neuestes Notebook „Im
atemberaubenden Weiß“ statt „In atemberaubendem Weiß“ („Im“
steht immer für „in dem“ und nie für „in einem“).

Du unterliegst einem Irrtum, wenn du glaubst, das sei ungrammatisch. „Zum“ ist zwar die Kurzform für „zu dem“, aber nicht immer sind diese beiden Formen austauschbar. Wenn du sagst: „Ich gehe zum Bäcker“, klingt das normal, „Ich gehe zu dem Bäcker“ klingt total seltsam, wenn dahinter nicht noch ein Relativsatz kommt.
Du lädst ja auch Leute „zum Essen“ ein, und nicht „zu Essen“. Warum sollte man dann nicht fragen, was man „zum Trinken“ möchte? Oder: „Das ist nur zum Ansehen gedacht.“ — das kannst du weder durch „zu“, noch durch „zu dem“ ersetzen.

Es ist auch nicht der Fall, dass alle Instanzen von nominalisierten Infinitiven nun plötzlich definit werden. Niemand, auch kein Ossi, würde sagen: „Was gibt’s’n da zum Glotzen?“.

Ich wage auch zu bezweifeln, dass das Phänomen – so es denn überhaupt existiert und nicht, wie ich denke, schon immer der Fall ist – auf den Osten Deutschlands beschränkt ist.

Leider habe ich, wenn ich Ossies sprechen höre, immer wieder
den Eindruck, daß derartige sprachliche Verunstaltungen aus
den Ostgebieten zu uns herüberschwappen. *wegduck*

Hier im Osten sagt und denkt man das gleiche über die Wessis. Ich höre meinen Vater oft von „Wessideutsch“ reden. Naja, find ich beides nicht gut.
Aber zurück zum Thema:

  1. Es sind keine sprachlichen Verunstaltungen, es ist die ganz normale Sprechweise der deutschen Varietäten hierzu(bundes)lande. Es ist keine Schludrigkeit, wenn Endungen wegfallen oder Wörter zusammengezogen werden, es ist auch keine Dummheit, Faulheit, Unwissenheit oder Verunstaltung, wenn Wörter hier anders ausgesprochen oder benutzt werden, da die Dialekte nun mal so sind, wie sie sind. Sie basieren ja nicht auf dem Hochdeutschen und sind nicht aus ihm entstanden.
  2. Im „Westen“ ist es genauso, dort gibt’s auch regionale Eigenheiten, die es bei uns im Osten nicht gibt. In Norddeutschland sagen die Leute teilweise „Ich erinnere das“, das findet man auch in Sachsen seltsam. Viele Wessis sprechen „er“ wie „a“ aus und sagen „Wassa“, das klingt in sächsischen Ohren auch oft komisch, da man bei uns das -r eindeutig hören kann. Im Ruhrgebiet wird verstärkt „das Kommentar“ gesagt und dort kommt auch der rheinische Infinitiv her („Ich bin am Lesen“), der nun auch hier im Osten längst Gang und Gäbe und voll akzeptiert ist. „Ich habe hier eine Zeitung zu liegen“ wird in Ost-, wie in Westberlin benutzt. Waren es nicht die Schwaben, wo es „das Teller“ und „der Butter“ hieß?
    Und so weiter und so fort… jede Region hat ihre Eigenheiten. Nirgendwo in Deutschland spricht man reines Hochdeutsch und nicht erst seit der Wende beeinflussen sich die Dialekte gegenseitig. Orientalismen wie Okzidentalismen (wenn ich sie mal so nennen darf) verbreiten sich auch jenseits von Hüben und Drüben.
  3. Eher zu Beklagen ist das langsame Aussterben der Dialekte, was sowohl für den Osten als auch den Westen zutrifft.

Darüberhinaus empfinde ich es als wirklich unangenehm zu
hören, wie bei vielen Ossies, aber auch bei vielen
Süddeutschen stimmhafte Konsonanten sehr häufig durch
stimmlose ersetzt werden und umgekehrt. Aus „drei“ wird
„trei“, aus „Diskussion“ „Diskusion“, aus „geil“ „keil“.

Das ist allein Geschmackssache. Die wahre phonetische Repräsentation lasse ich mal außen vor, denn entgegen vieler Vorstellungen wird z.B. „kaufen“ nicht als „goofen“ ausgesprochen, sondern als „koofen“, es ist also etwas komplizierter.
Mit der „drei“ als „trei“ hast du aber völlig Recht. Auch oben hätte ich vll. eher „Klotzen“ schreiben sollen. Egal. Details.

So ist eben die Aussprache hier. Ich könnte auch scheußlich finden, wie die Wessis (ihre schere jetzt wie du einfach mal alle über einen Kamm) das „er“ nicht ‚richtig‘ aussprechen können oder wie ihr nicht in der Lage seid, ein „g“ richtig auszusprechen und -s am Ende manchmal zu -t wird („komischet Jedöns“) oder wie die Norddeutschen immer „s-t“ und „s-p“ getrennt sprechen.

Aber das sind eben die lokalen Eigenheiten. Das Hochdeutsche ist auf beiden Seiten der Ex-Grenze das gleiche.

Du siehst (hoffentlich), worauf ich hinauswill. Wir Ostdeutschen sprechen nicht schlechter oder besser Deutsch als ihr Westdeutschen, wir sprechen nur *anders*. Hochdeutsch ist auch nur ein künstlicher Dialekt, der zum Standard nominiert wurde, und nicht die Grundlage oder der Maßstab der „korrekten“ Aussprache.
Wenn’sch asso Sächs’sch spräsche, dann is das nisch „falsch“, sondorn nur andorsch. :wink:

Sorry, aber das mußte mal raus. Was meint Ihr?

Etwas anderes, wie du siehst. :wink:

Gruß, Uwe

Grüße,

  • André (aus Leipz’sch)

Du lädst ja auch Leute „zum Essen“ ein, und nicht „zu Essen“.
Warum sollte man dann nicht fragen, was man „zum Trinken“
möchte? Oder: „Das ist nur zum Ansehen gedacht.“ — das kannst
du weder durch „zu“, noch durch „zu dem“ ersetzen.

Da hast Du allerdings Recht.

Es ist auch nicht der Fall, dass alle Instanzen von
nominalisierten Infinitiven nun plötzlich definit werden.
Niemand, auch kein Ossi, würde sagen: „Was gibt’s’n da zum
Glotzen?“.

Ich wage auch zu bezweifeln, dass das Phänomen – so es denn
überhaupt existiert und nicht, wie ich denke, schon immer der
Fall ist – auf den Osten Deutschlands beschränkt ist.

Leider habe ich, wenn ich Ossies sprechen höre, immer wieder
den Eindruck, daß derartige sprachliche Verunstaltungen aus
den Ostgebieten zu uns herüberschwappen. *wegduck*

  1. Es sind keine sprachlichen Verunstaltungen, es ist die ganz
    normale Sprechweise der deutschen Varietäten
    hierzu(bundes)lande. Es ist keine Schludrigkeit, wenn Endungen
    wegfallen oder Wörter zusammengezogen werden, es ist auch
    keine Dummheit, Faulheit, Unwissenheit oder Verunstaltung,
    wenn Wörter hier anders ausgesprochen oder benutzt werden, da
    die Dialekte nun mal so sind, wie sie sind. Sie basieren ja
    nicht auf dem Hochdeutschen und sind nicht aus ihm entstanden.
  1. :smiley:as ist allein Geschmackssache. Die wahre phonetische
    Repräsentation lasse ich mal außen vor, denn entgegen vieler
    Vorstellungen wird z.B. „kaufen“ nicht als „goofen“
    ausgesprochen, sondern als „koofen“, es ist also etwas
    komplizierter.
    Mit der „drei“ als „trei“ hast du aber völlig Recht. Auch oben
    hätte ich vll. eher „Klotzen“ schreiben sollen.

Oder gar „Klötzen“ :wink:

So ist eben die Aussprache hier. Ich könnte auch scheußlich
finden, wie die Wessis (ihre schere jetzt wie du einfach mal
alle über einen Kamm) das „er“ nicht ‚richtig‘ aussprechen
können oder wie ihr nicht in der Lage seid, ein „g“ richtig
auszusprechen und -s am Ende manchmal zu -t wird („komischet
Jedöns“)

Also, letzteres klingt aber eher berlinerisch und meinen nordwestdeutschen Ohren eher fremd.

oder wie die Norddeutschen immer „s-t“ und „s-p“
getrennt sprechen.

Meinst Du die Hamburger mit dem „spitzen Stein“? Das ist aber nur in und um HH so. So wie die Schwaben reden („Konschtanz“), finde ichs aber auch übertrieben.

Du siehst (hoffentlich), worauf ich hinauswill. Wir
Ostdeutschen sprechen nicht schlechter oder besser Deutsch als
ihr Westdeutschen, wir sprechen nur *anders*. Hochdeutsch ist
auch nur ein künstlicher Dialekt, der zum Standard nominiert
wurde, und nicht die Grundlage oder der Maßstab der
„korrekten“ Aussprache.
Wenn’sch asso Sächs’sch spräsche, dann is das nisch „falsch“,
sondorn nur andorsch. :wink:

Ok, das akzeptiere ich hinsichtlich der ersten Einwände Deinerseits. Beim Umkehren von stimmlosen zu stimmhaften Konsonanten und umgekehrt kann und will ich aber nicht einfach so „klein beigeben“. Meistens sind es stimmhafte Konsonenten, die stimmlos ausgesprochen werden. Aus „Gasse“ wird „Kasse“, aus „Baß“ „Paß“, aus „Bummel“ „Pummel“ und „bimmeln“ „pimmeln“ (LOL). Und neulich hörte ich gar mal ein „Kuggen“ statt „Gucken“.

All das ist durchaus mißverständlich und damit eine durch präzise phonetische Artikulierung mögliche (und sicher oft auch anzustrebende) Eindeutigkeit und Evidenz konterkarierend. Und da es falsch ist, klingt es leider scheußlich. Ich weiß, Du wirst mir jetzt widersprechen. :wink:

Gruß aus Ostfriesland nach Leipzig. Übrigens: bevor Ihr die „Ossies“ wurdet, waren wir es, die so genannt wurden. :smile:

Gruß, Uwe

… und zum Nachdenken
Hallo Uwe,

Erndwie äscht zun Götzen. :wink:

Sorry, aber das mußte mal raus. Was meint Ihr?

Da du nach Meinungen fragst: Ich meine, dass du etwas mehr Toleranz entwickeln solltest vor Menschen, die die Sprache anders benutzen als du dir das vorstellst oder gerne hättest.
Man sollte Respekt vor Menschen mit ihren Eigenheiten haben, zu denen nun auch mal ihre Sprache gehört. Es ist nicht alles zum Kotzen, nur weil man Dinge auch in einer Umgangssprache, im Dialekt, im Soziolekt oder sonstwie ausdrücken kann. Vielmehr ist es faszinierend die Variationsbreite zu beobachten, die die deutsche Sprache bietet. Es ist nunmal immer ein Unterschied, ob ich mich mit gesprochener Sprache, mit regionalen Eigenheiten oder mit Schriftsprache beschäftige. Unsere (hochdeutsche) Schriftsprache ist nur ein Spezialfall unsere Ausdrucksmöglichkeiten und wahrlich nicht die einzige. Es ist auch nicht unbedingt erstrebenswert, dass wir morgen anfangen alle eine normierte Einheitssprache zu sprechen.

Unberührt davon bleibt meiner Meinung nach die Tatsache bestehen, dass man schon in der Lage sein sollte, sich schriftlich einer Sprache zu bedienen, wie sie die Hochsprache als Konvention (und nicht als gesetzlich vorgeschrieben) liefert. Das soll aber eben nicht bedeuten, dass man immer und überall, vor allem mündlich, eine solche Sprache anwendet.

Gruß
Roland

Hallo Uwe

Sorry, aber das mußte mal raus. Was meint Ihr?

ich habe den Eindruck, dass du dich mit den Themen Hochsprache, Ausprache und Dialekt schon noch etwas genauer befassen solltest, bevor du singuläre Eindrücke zu einem großen Rundumschlag zusammenführst.

Als Einstieg zum Thema „Aussprache des Deutschen“ sei dir wikipedia empfohlen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Aussprache_der_deutsche…

ciao
ecco

Hallo Uwe!

So ist eben die Aussprache hier. Ich könnte auch scheußlich
finden, wie die Wessis (ihre schere jetzt wie du einfach mal
alle über einen Kamm) das „er“ nicht ‚richtig‘ aussprechen
können oder wie ihr nicht in der Lage seid, ein „g“ richtig
auszusprechen und -s am Ende manchmal zu -t wird („komischet
Jedöns“)

Also, letzteres klingt aber eher berlinerisch und meinen
nordwestdeutschen Ohren eher fremd.

Da jeb ick dia recht. Komischet Jedöns jibs bei uns jenuch!
Allerdings (ich kehre mal zum Hochdeutschen zurück, damit mich jeder der deutschen Sprache Mächtige auch verstehen kann) ist der Ruhrpott-Dialekt dem Berlinerischen derart ähnlich (was meist keine der beiden Seiten zugibt), dass ich mir auch dort „komischet Jedöns“ vorstellen kann.
Und, nebenbei bemerkt, in der Dialektdichtung kenne ich „Jedö_h_ns“ nur mit h.

oder wie die Norddeutschen immer „s-t“ und „s-p“
getrennt sprechen.

Meinst Du die Hamburger mit dem „spitzen Stein“? Das ist aber
nur in und um HH so. So wie die Schwaben reden („Konschtanz“),
finde ichs aber auch übertrieben.

Nun, jede Sprache hat ihre eigenen Lautgesetze, und Dialekte sind auch nur Sprachen. Ob etwas als eigene Sprache oder als Dialekt gilt, hängt davon ab, ob es eine gemeinsame (Schrift-)Sprache gibt, die jeder Sprecher, ohne sie explizit zu lernen, verstehen kann (natürlich nicht unbedingt schreiben oder sprechen).
Das Hochdeutsche (oder, für Süddeutsche: die Schriftsprache) hat dabei noch die eigentümlichsten Lautgesetze, weil man unterscheiden muss, wann st als ßt und wann als scht gesprochen wird, wann ig wie ich klingt und wann nicht u.s.w.u.s.f. Die Hamburger mit dem ßpitzen ßtein machen es sich ebenso wie die Schwaben mit „Dasch desch konschtant isch“ deutlich leichter, haben dafür aber andere Feinheiten (im Württembergischen unterscheidet man zwischen langem und kurzem ei, wodurch das Verb weiß und das Adjektiv weiß unterscheidbar werden). Dies, so finde ich, macht Dialekte eigentlich interessant.

Hochdeutsch ist
auch nur ein künstlicher Dialekt, der zum Standard nominiert
wurde.

Nebenbei bemerkt, ist Hochdeutsch nicht künstlich, sondern der Dialekt, der im Raum Hannover gesprochen wird. Das liegt an Luthers Bibelübersetzung; vorher hatte Bairisch die besten Aussichten, zur Hochsprache zu werden.

Beim Umkehren von stimmlosen zu stimmhaften
Konsonanten und umgekehrt kann und will ich aber nicht einfach
so „klein beigeben“. Meistens sind es stimmhafte Konsonenten,
die stimmlos ausgesprochen werden. Aus „Gasse“ wird „Kasse“,
aus „Baß“ „Paß“, aus „Bummel“ „Pummel“ und „bimmeln“ „pimmeln“
(LOL).

Das kommt drauf an, auf welchen Dialekt Du Dich beziehst. Ich kenne die stimmlose Aussprache von stimmhaften Konsonanten nur aus Thüringen und Westsachsen (gibt’s bestimmt auch woanders?), aber dort tritt sie nur am Morphem- (also meist Wort-)Anfang auf, wenn danach gleich ein l oder r kommt, also
„kleich“, „trei“, „plaukraue Augen“ u.s.w.
In den Beispielen, die Du gibst, geht Deine Beobachtung auf ein anderes Phänomen zurück: Im Sächsischen, Fränkischen, Bairischen und den Österreichischen Dialekten (und sicher noch einigen anderen) existiert nur ein Grad der Stimmhaftigkeit. Dieser liegt jedoch zwischen den Hochdeutschen „stimmhaft“ und „stimmlos“ (wenn’s Dich genau interessiert: Der Unterschied liegt in der Vokaleinsatzzeit, und in den erwähnten Dialekten ist die VEZ nah an der Hochdeutschen Phonemgrenze). Wenn Du nun den Eindruck hast, dass stimmhafte und stimmlose Konsonanten vertauscht werden, so liegt das daran, dass b,d,g stimmloser sind, als Du erwartest, während p,t,k stimmhafter sind.

Und neulich hörte ich gar mal ein „Kuggen“ statt
„Gucken“.

„Kucken“ ist sogar hochdeutsch, siehe hier: http://de.wiktionary.org/wiki/kucken.

All das ist durchaus mißverständlich und damit eine durch
präzise phonetische Artikulierung mögliche (und sicher oft
auch anzustrebende) Eindeutigkeit und Evidenz konterkarierend.

Wenn man weiß, wie der entsprechende Dialekt funktioniert (sicher, das dauert eine Weile), ist das mit dem Verständnis eigentlich kein Problem mehr. Ob das Wort „Bass“ nun für „Reisebass“ oder für „Gontrabass“ steht, macht der Zusammenhang klar, genauso wie Du auch weißt, ob vom Laib oder vom Leib, von Booten oder Boten, von Waagen oder Wagen die Rede ist. Soweit, dass das Verständnis gefährdet ist, geht es in der gesprochenen Sprache eigentlich nie, weil dort eben der Kontext da ist. In der Verschriftlichung der Dialekte weiß man sich auch zu helfen.
Beispiel: Ein bairischer Musiker sagt zu seinem Kollegen: „Gibstmiraaaao?“ Der versteht’s, weil er Kontext und Lautgesetze kennt. Wenn ich das jetzt mit Leerzeichen schreibe: „Gibst mir aa a A o?“ ist es (wenn man halt die Sprache kennt) unabhängig vom Kontext verständlich, weil ich nun jedes Wort für sich übersetzen kann. Heraus kommt: „Gibst du mir auch ein A an?“.

Und da es falsch ist, klingt es leider scheußlich.

Wie bereits mehrfach erwähnt: Nicht falsch, nur nicht hochdeutsch.

Wenn Du wirklich Probleme hast, jemanden zu verstehen, dann sag ihm das ruhig. Die meisten sind in der Lage, Hochdeutsch (oder zumindest etwas, was dem nahekommt) zu sprechen. Und wenn mein Gegenüber sich nicht darauf einlassen will, denn fangick eenfach an ßu balinan datt mia oo keena mea vasteht, bis meen Jesprächspartna uffjibt.

Gruß aus Ostfriesland nach Leipzig.

Gruß aus Berlin nach Ostfriesland.
Immo

P.S. Was habt Ihr denn da oben fürn Dialekt? Oder gibt’s da nur friesisch, was ja ne eigene Sprache ist?

1 Like

Hallo Vokietis,

Nebenbei bemerkt, ist Hochdeutsch nicht künstlich, sondern der
Dialekt, der im Raum Hannover gesprochen wird.

Das kann man so nicht sagen. Um zu verstehen, wie sich das Hochdeutsche entwickelt hat, ist für den Einstieg folgender Artikel ganz hilfreich:

[FAQ:189]

Gruß
Roland

Hallo, Immo,

ebenso wie die Schwaben mit
„Dasch desch konschtant isch“ deutlich leichter,

Einspruch! Du wirst keinen Schwaben „dasch“, „desch“, „wasch“ für „das“, „des“, „was“ sagen hören, weil „s“ eben nicht konstant „sch“ gesprochen wird, sondern nur dann, wenn ein Konsonant folgt (meist „t“ oder „p“, aber auch in „Augschburg“ und „Muschklə“).

Das „de’sch“, das zu hören ist, steht für „des isch“ (das ist).

Gruß
Kreszenz

Hallo Kreszenz,

danke für die Aufklärung. Ich habe leider zu selten mit Schwaben zu tun, war mir deshalb selbst nicht ganz sicher und habe förmlich auf jemanden mit umfangreicheren Schwäbischkenntnissen gewartet, um die phonetische Regel kennenzulernen. Also [ʃ] nur vor Konsonant. Werd ich mir merken.

Liebe Grüße,
Immo

Hallo Uwe,

Erndwie äscht zun Götzen. :wink:

Sorry, aber das mußte mal raus. Was meint Ihr?

Da du nach Meinungen fragst: Ich meine, dass du etwas mehr
Toleranz entwickeln solltest vor Menschen, die die Sprache
anders benutzen als du dir das vorstellst oder gerne hättest.
Man sollte Respekt vor Menschen mit ihren Eigenheiten haben,
zu denen nun auch mal ihre Sprache gehört. Es ist nicht alles
zum Kotzen, nur weil man Dinge auch in einer Umgangssprache,
im Dialekt, im Soziolekt oder sonstwie ausdrücken kann.
Vielmehr ist es faszinierend die Variationsbreite zu
beobachten, die die deutsche Sprache bietet. Es ist nunmal
immer ein Unterschied, ob ich mich mit gesprochener Sprache,
mit regionalen Eigenheiten oder mit Schriftsprache
beschäftige. Unsere (hochdeutsche) Schriftsprache ist nur ein
Spezialfall unsere Ausdrucksmöglichkeiten und wahrlich nicht
die einzige. Es ist auch nicht unbedingt erstrebenswert, dass
wir morgen anfangen alle eine normierte Einheitssprache zu
sprechen.

Unberührt davon bleibt meiner Meinung nach die Tatsache
bestehen, dass man schon in der Lage sein sollte, sich
schriftlich einer Sprache zu bedienen, wie sie die Hochsprache
als Konvention (und nicht als gesetzlich vorgeschrieben)
liefert. Das soll aber eben nicht bedeuten, dass man immer und
überall, vor allem mündlich, eine solche Sprache anwendet.

Wow, hätte’s nicht besser sagen können! Dafür einen Stern.

Leider vergessen das viele Leute und behaupten dann immer, man habe etwas falsch ausgesprochen oder spräche falsches Hochdeutsch, nur weil es im hochsprachlichen Schriftdeutsch kein „einzigste“, „größer wie“ oder „Könik“ gibt. Ich frage die Leute dann immer, wieso sie annehmen, man würde Hochdeutsch sprechen. :wink:

Gruß,

  • André

Hallo nochmal,
Es wurde ja schon das meiste von den anderen ganz richtig gesagt…

Mit der „drei“ als „trei“ hast du aber völlig Recht. Auch oben
hätte ich vll. eher „Klotzen“ schreiben sollen.

Oder gar „Klötzen“ :wink:

Nee, ein „ö“ ist das nicht. Das kurze „o“ im Sächsischen ist zwar nicht das gleiche wie das „ö“ im Hochdeutschen, aber ein „ö“ ist’s nicht.
Das sächsische kurze „ö“ klingt eigentlich fast genau wie das hochdeutsche… bin mir jetzt allerdings nicht sicher, ob das „ö“ überhaupt ein dem Ur-Sächsischen eigener Laut ist. Heute gibt’s ihn auf alle Fälle.

oder wie die Norddeutschen immer „s-t“ und „s-p“
getrennt sprechen.

Meinst Du die Hamburger mit dem „spitzen Stein“? Das ist aber
nur in und um HH so. So wie die Schwaben reden („Konschtanz“),
finde ichs aber auch übertrieben.

Jagut, kann sein, dass das nur Hamburg ist. Aber mit „übertrieben“ hat das bei den Schwaben (und den Hamburgern) nichts zu tun. Dort redet man eben so. Wenn du dort „Konßtanz“ sagst, lachen dich die Leute aus, weil du es falsch aussprichst. Genau wie auch in Sachsen der Ort Pirna, den eine Freundin aus der Nähe von Emden als „Piea-na“ ausgesprochen hat, worauf wir sie zurecht auslachten und sagten, das heiße doch „Pörrna“! :wink:

Ok, das akzeptiere ich hinsichtlich der ersten Einwände
Deinerseits. Beim Umkehren von stimmlosen zu stimmhaften
Konsonanten und umgekehrt kann und will ich aber nicht einfach
so „klein beigeben“. Meistens sind es stimmhafte Konsonenten,
die stimmlos ausgesprochen werden. Aus „Gasse“ wird „Kasse“,
aus „Baß“ „Paß“, aus „Bummel“ „Pummel“ und „bimmeln“ „pimmeln“
(LOL). Und neulich hörte ich gar mal ein „Kuggen“ statt
„Gucken“.

Das ist keine Willkürliche Ersetzung. Wie Vokietis schon schrieb, werden „b,d,g“ nur vor den Lauten „r,l“ zu „p,t,k“. Auch mit der geographischen Verteilung hat er da Recht (ob’s auch in Ost- und Südsachsen so heißt, kann ich nicht sagen, aber in Thüringen und Westsachsen ja).
Und wie Vokietis auch sagte: Wir Sachsen haben damit keine Probleme, „k“ von „g“ zu unterscheiden, vor allem weil der Kontext sowieso verrät, was gemeint sein muss. Keine Sprache und kein Dialekt ist so beschaffen, dass die Sprecher Schwierigkeiten mit dem Verständnis hätten (noch nicht einmal Dänisch).

All das ist durchaus mißverständlich und damit eine durch
präzise phonetische Artikulierung mögliche (und sicher oft
auch anzustrebende) Eindeutigkeit und Evidenz konterkarierend.
Und da es falsch ist, klingt es leider scheußlich. Ich weiß,
Du wirst mir jetzt widersprechen. :wink:

Nee, eben nicht, denn die einzigen, die damit Probleme haben, sind „Auswärt’sche“, also Sprecher anderer Dialekte. Und falsch ist es natürlich auch nicht, da es kein Hochdeutsch ist. „Trei krose Körrschn“ (3 große Kirschen) ist korrektes Sächsisch. Und was für Fremde gleich klingt, muss für uns noch längst nicht homophon sein.
Beispiel: Obwohl „ch“ und „sch“ bei uns wie „sch“ gesprochen wird, ist der Unterschied zwischen Kirche und Kirsche deutlich im Sächsischen — erkennbar an der Vokallänge: das 1. ist „Köhrsche“ (langes ö), das 2. „Körrsche“ (kurzes ö).

Liebe Kriese aus Leipz’sch,

  • André
1 Like

Super Antwort!
Dir meinen Dank und nen fetten * !! :smile:

LG, Uwe

Servus an die Teilnehmer dieses Symposions!

Wenn so erfrischende Diskussionen, solche Liebe zur Sprache und soviel großzügig geteiltes Wissen hier die Regel bleiben, bringt www es doch noch mal zu einem Literaturpreis.

Ein Wermutstropfen: ‚Ossi‘ ist ja ein Kunstwort. Warum muß dieses Kunstwort gleich noch mit einem ‚e‘ anglisiert werden? Warum lassen wir es nicht einfach bei den ‚Ossis‘? Ist Einer dann vielleicht sogar ein ‚Ossy‘.
Ohne dabei eine erneute Ost-West Debatte lostreten zu wollen, wünsche ich einen schönen Sonntagabend.

Kai

Hi Immo,

vielen Dank für Deine Antwort!

P.S. Was habt Ihr denn da oben fürn Dialekt? Oder gibt’s da
nur friesisch, was ja ne eigene Sprache ist?

Ostfriesisches Platt. Auch „Pladdüütsch“ genannt. Jau, hiertoland word aaltied weer betont, datt sück dat mit Pladdüütsch üm 'n eegen Sprauk hanneln deit.

Sorry, daß ich erst jetzt antworte. Hatte es einfach vergessen, nachdem ich zuerst ein bißchen über den Inhalt Deines Posting sinnieren wollte. Außerdem stellte sich für mich dieselbe Frage, die inzwischen jemand weiter oben im Artikel „Dialekt vs. Sprache“ gestellt hat.

Gruß, Uwe

Ein Wermutstropfen: ‚Ossi‘ ist ja ein Kunstwort. Warum muß
dieses Kunstwort gleich noch mit einem ‚e‘ anglisiert werden?

Das hat mit Anglizismus nichts zu tun. Deutsche Wörter können genauso auf -ie enden, wobei ja die Aussprache in dem Fall nicht anders ist (mit einigen Ausnahmen bei Lehnwörtern). Der Schreiber wusste einfach nicht, was die offizielle Rechtschreibung das Wort vorsieht, und hat’s einfach nach Gutdünken geschrieben — und man kann nicht behaupten, „Ossie“ wäre unlogisch.

Gruß,

  • André
1 Like

leider muß ich in letzter Zeit immer wieder feststellen, daß
der erweiterte Infinitiv mit „zu“ immer öfter einem solchen
mit „zum“ weicht. Da wird man beim Aufgeben der Bestellung im
Restaurant nicht mehr gefragt: „…und zu Trinken?“, sondern
„…und zum Trinken?“. Das ist so ähnlich wie bei „Im tiefen
Schmerz“ (statt „In tiefem Schmerz“) auf der Trauerschleife
oder in Toshibas Werbung für ihr neuestes Notebook „Im
atemberaubenden Weiß“ statt „In atemberaubendem Weiß“ („Im“
steht immer für „in dem“ und nie für „in einem“).

Du unterliegst einem Irrtum, wenn du glaubst, das sei
ungrammatisch. „Zum“ ist zwar die Kurzform für „zu dem“, aber
nicht immer sind diese beiden Formen austauschbar. Wenn du
sagst: „Ich gehe zum Bäcker“, klingt das normal, „Ich gehe zu
dem Bäcker“ klingt total seltsam, wenn dahinter nicht noch ein
Relativsatz kommt.
Du lädst ja auch Leute „zum Essen“ ein, und nicht „zu Essen“.

Du musst aber im Kontext bleiben!
also wenn dann „zu dem Essen“

Warum sollte man dann nicht fragen, was man „zum Trinken“

Weil es einfach falsch ist!
"im kölschen kann man sagen „was zumm trinke?“
aber "möchten sie noch etwas zum Trinken"ist einfach nur falsch

Oder: „Das ist nur zum Ansehen gedacht.“ — das kannst
du weder durch „zu“, noch durch „zu dem“ ersetzen.

Was aber auch falsch ist,denn „Das ist nur zu dem Ansehen gedacht“
geht zumindest theoretisch,auch wenn es sich seltsam anhört…

Sorry, aber deine Antworten (alle 3 Kommentare) ergeben überhaupt keinen Sinn. Wenn es darum geht, warum und ob etwas gesagt werden kann, kannst du nicht mit dem „Argument“ kommen, es sei einfach falsch, wenn man den Satz doch oft genug so hört.

Vor allem der letzte Punkt… es sei falsch, aber man könne trotzdem theoretisch das-und-das sagen? Denk vielleicht nochmal drüber nach. :wink:

Gruß,

  • André

Vor allem der letzte Punkt… es sei falsch, aber man könne
trotzdem theoretisch das-und-das sagen? Denk vielleicht
nochmal drüber nach. :wink:

nicht trotzdem sondern weil

Ja, das meine ich. Das macht keinen Sinn:

"Was aber auch falsch ist,denn „Das ist nur zu dem Ansehen gedacht“

geht zumindest theoretisch…"

„Satz X“ ist falsch, denn „Satz X“ ist richtig.

Das ist deine Aussage. Eine Tautologie.

Gruß,

  • André

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