Guten Morgen!
Selbstverständlich kann sich die FDP als politische Kraft und
Teil der Regierung nicht einfach hinstellen und sich für ganz
und gar unzuständig erklären …
Erfahrungsgemäß beißt mancher Politiker in solcher Situation ins nächste Mikrofon und sondert inhaltsleeres Zeug ab und/oder hockt mit betroffenem Gesicht (so etwas über eine Stunde durchzuhalten, ist auch 'ne Kunst) in einer Talkshow. Aber die Pleite eines Unternehmens ist ein normaler Vorgang und in allen Varianten bis ins Detail feinstens geregelt. Das gilt in gleicher Weise für das Schicksal der Mitarbeiter, die allesamt, wenn auch i. d. R. mit finanziellen Einbußen, aufgefangen werden.
Hintergrund ist regelnäßig ein Unternehmen, dem die wirtschaftliche Tragfähigkeit abhanden kam. Nun können sich Politiker hinstellen und Sprechblasen absondern - es wird nicht tragfähiger, nur kostspieliger.
… und das zum ausschließlichen Problem des einzelnen Schlecker :Mitarbeiters machen.
Die Arbeitsagentur kann - falls vorhanden - Jobangebote vorschlagen/vermitteln. Aber eigentlich kann jeder selbst ins Internet gucken und schließlich muss sich ohnehin jeder selbst um einen neuen Job bemühen, Arbeitsagentur hin oder her.
„_…erklärte FDP-Chef Philipp Rösler vor der Presse: Die
Beschäftigten müssten jetzt schnellstmöglich selber " Anschlussverwendungen _ " suchen“
Ob der Ausdruck gefällt oder nicht, er trifft zu.
… stelle ich mir schon die Frage, ob es die FDP mit der
politischen Verantwortung wirklich ernst nimmt
Für die Pleite Schleckers und deren Folgen kann ich keine Notwendigkeit erkennen, dass jemand politische Verantwortung übernimmt. Es würde so rein gar nichts nützen und niemandem helfen.
… oder ob es sich hier nicht um ein deutliches Maß an :Menschenverachtung handelt.
Bitte, halt den Ball flacher! Das hätten auch sämtliche Ministerpräsidenten und sonstigen Politiker machen sollen, indem sie sich nämlich gar nicht zu so einem völlig unbedeutenden Vorgang äußern. 11.000 Mitarbeiter, die ihren Job verlieren, hört sich zwar dramatisch an, ist aber angesichts der buchstäblich flächendeckenden Verteilung vollkommen bedeutungslos.
Am Tag der Veröffentlichung der Liste vor der Schließung stehender Filialen hab ich geguckt, ob die Schlecker-Filiale im nächsten Ort dabei ist. Nein, ist sie nicht, dann ist ja alles gut. Da kauf ich nämlich immer meine Brillenputztücher und Zahnbüstenaufsätze. Ungefähr auf solchem Niveau bewegen sich die Sorgen - wirklich kein Fall für die Politik.
Wenn aber eine Partei, die Regierungsverantwortung hat, so über :Menschen spricht und der Öffentlichkeit klar zu Verstehen gibt, :dass die 11000 Arbeitslosen ihnen scheißegal sind und diese :sich bitte schön jetzt schnellstmöglich selbst :um „Anschlussverwendungen“ kümmern müssten, zeigt das das :wahre Gesicht der Partei und ihrer Führung.
Ach, nun lass’ doch bitte den Parteienkram aus der Sache. Auf der riesigen Fläche Mecklenburg-Vorpommerns werden 48 Filialen geschlossen. Solche Größenordnung geht im täglichen Rauschen der überall auf- und zumachenden Unternehmen unter. Für den einzelnen Ort hat jede Klempnerei, die aus Altersgründen geschlossen wird oder pleite geht, größere Bedeutung. Der Ort „meiner“ Schlecker-Filiale (die mit den Brillenputztüchern) hat ungefähr 5.000 Einwohner. Das ist so überschaubar, dass man jede Schließung, jede Pleite und jede Neueröffnung mitbekommt. Eine Kneipe und eine Gaststätte, eine Spielhalle, ein Sonnenstudio und mehrere Einzelhändler machten allein im vorigen Jahr dicht. Andere eröffneten neue Läden. Selbst in solchem Mini-Ort herrscht im Gewerbe so viel Bewegung, dass ein einzelner Laden weder am Arbeitsmarkt noch sonstwo auffällt. Der Bundeswehrstandort wird geschlossen, was mit Zivilangestellten, Handwerksaufträgen und einigen frei werdenden Wohnungen etwas heftiger ausfällt. Aber auch solche Veränderung wird weggesteckt und geht im Zuge normalen Wandels unter. Die alljährliche Veränderung des Personalstands in einzelnen Kleinbetrieben ist viel größer als das, was Schlecker am Ort ausmacht. Wenn ein einzelner Landwirt die Anbau- oder Vermarktungsmethode seines Spargels verändert, ist die Auswirkung am örtlichen Arbeitsmarkt größer als Schließung oder Fortbestand einer Schlecker-Filiale. Soll heißen: Die Aufregung um Schlecker ist künstlich und unangemessen bis grotesk.
Irgendwelche Lösungsvorschläge der FDP zum Thema Schlecker
habe ich aber nicht wahrnehmen können.
Natürlich nicht. Es ist nicht Aufgabe der Politik, sich um insolvente Höker zu kümmern. Dabei kann man ein paar Millionen auf Nimmerwiedersehen versenken, ohne etwas zu bewirken.
Weiter oben erwähnte ich eine Gaststätte, deren Inhaber den Laden an die Wand fuhr. Küchen- und Servicepersonal, Hilfs- und Reinigungskräfte - alles zusammen deutlich mehr Personal als in einer Schlecker-Filiale und größere Auswirkung auf den örtlichen Arbeitsmarkt, als wenn eine Schlecker-Filiale schließt. Soll jetzt mit staatlicher Bürgschaft eine Auffang- und Qualifizierungsgesellschaft für das Personal des insolventen Gastronomen gegründet werden? Falls nein: Warum nicht?
Gruß
Wolfgang