neu: Marktwirtschaft endlich auch am Kapitalmarkt
Hallo,
Aber selbst wenn man Deinem Heiterkeitsausbruch folgend davon
ausgeht, daß die Rettung einiger Kreditinstitute ein Fehler
war …
Ob Fehler oder nicht, es ist ein bekannterer Fall, bei dessen
Betrachtung Anwars allzu apodiktische Aussage „Wir haben eine
MARKTWIRTSCHAFT. D.h. die Marktteilnehmer regeln das“ ziemlich
grotesk wirkt.
das sehe ich anders. Das Handeln der Politik ist grotesk aber das ändert nichts daran, daß bei uns die Marktwirtschaft herrscht. Es ist die Politik, der die Folgen manchmal nicht gefallen und dann auf die eigenartigsten Gedanken kommt.
Der staatliche Eingriff ist aber ein Vorbehalt, den sich die Politik dadurch einräumt, daß sie die soziale Marktwirtschaft ausgerufen hat. Soziale Marktwirtschaft bedeutet nicht nur, daß man Kündigungsfristen für Arbeitsverträge festlegt und Mieter vor Willkür von Wohnungseigentümern schützt. Es bedeutet auch, daß sich der Staat das Recht vorbehält, in Einzelfällen einzugreifen.
Ich schrieb an anderer Stelle, daß das Instrument Landesbürgschaft durchaus häufig und durchaus auch erfolgreich eingesetzt wird. Nicht zuletzt die EU achtet darauf, daß es dadurch nicht zu nennenswerten Marktverzerrungen kommt, was auch in der Regel sichergestellt wird.
Weder Transfergesellschaften noch Landesbürgschaften noch ein staatlich finanziertes Bildungs- und Straßensystem sind hinreichende Belege dafür, daß bei uns nicht die Marktwirtschaft praktiziert wird. Täglich kommt es zu hunderten von Millionen von Transaktionen, die ganz klar im Rahmen der Marktwirtschaft durchgeführt werden. Die genannten Eingriffe des Staates spielen da keine Rolle.
Kritischer wird es, wenn den Marktteilnehmern signalisiert wird, daß der Staat dauerhaft zu Eingriffen bereit ist. Dies genau ist eine Ursache der nun seit 2007 anhaltenden Probleme auf den Finanzmärkten, nämlich daß die Marktteilnehmer (offensichtlich zu recht) davon
ausgehen konnten, daß kein größeres Kreditinstitut illiquide werden würde, weil die Staaten es schon auffangen würden.
Die Pleite der Lehman Brothers hat dazu geführt, daß die Märkte auf dieses Primat nicht mehr vertrauten. Die Folgen sind heute noch zu spüren. In der Folge kamen auch immer mehr Marktteilnehmer auf den Gedanken, daß vielleicht die Zinssätze für Kredite an Staaten nicht ganz risikoadäquat sein könnten, was uns (vermeintlich) das bescherte, was heute als Schuldenkrise bezeichnet wird.
Die Veränderung war aber nicht, daß die Staaten nun zu viel Schulden hätten, sondern daß sie ihnen zu teuer geworden sind. Trotz Griechenlandrettung und Rettungsschirm hat zumindest der Markt erkannt, daß am Markt die Marktwirtschaft herrscht. Wenn dann hintenrum der Staat eingreift, um die Folgen dieser neuen Erkenntnis abzumildern, ist das gleichermaßen falsch wie albern aber dennoch kein Argument dafür, daß uns die Marktwirtschaft verloren gegangen ist.
Anders formuliert: Kredite an Staaten und große Kreditinstitute unterliegen seit neulich endlich auch der Marktwirtschaft.
Gruß
Christian