Update - Demokratie light

Ein Update zu zwei Fällen, über die wir hier diskutiert hatten. In beiden Fällen zeigt sich erneut ein kreativer Umgang mit der Demokratie.

  1. Stichwort Alterspräsident und die Angst vor der AfD: Künftig soll nicht mehr der lebensälteste, sondern der dienstälteste Abgeordnete Alterspräsident des Parlaments bei dessen konstituierender Sitzung sein, also der Abgeordnete, der dem Deutschen Bundestag am längsten angehört. Das hat Bundestagspräsident Norbert Lammert heute dem Ältestenrat des Bundestages vorgeschlagen.

  2. Stichwort: Die Hamburgische Bürgerschaft und die Angst vor der AfD: Ludwig Flocken wurde kürzlich aus einer laufenden Bürgerschaftssitzung ausgeschlossen. Dagegen geht er nun vor – und greift dabei vor allem SPD-Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit an. […] „Ich appelliere deswegen an alle Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft, diesem Einspruch stattzugeben“, schreibt Flocken. Am 29. März wird abgestimmt – es ist jedoch wohl keine besonders gewagte Prognose, dass die Bürgerschaft Flockens Einspruch ablehnen wird.

Sind Beschwichtigungen wie „Unsere Demokratie muss das aushalten“ nicht langsam Makulatur? Wie wenig Glaube an die eigene politische Überzeugungskraft müssen die Verantwortlichen haben, wenn sie altbewährte Regelungen plötzlich mit einem Federstrich zugunsten ihrer eigenen Leute ändern bzw. wenn sie den Daumen über das Rederecht ihres politischen Gegners, eines frei gewählten Abgeordneten, senken? Warum wählt ihr (im Durchschnitt zumindest etwa 90 Prozent von euch) solche Leute noch?

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Weil mit der AfD nichts besser wird. Eher im Gegenteil.

Gruß,
Steve

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Hi.

Ich denke, weil ein über Jahrzehnte impliziertes Herdenverhalten seitens der Politik bis heute wirkt. Folgen der z.B. ungesteuerten Einwanderung werden totgeschwiegen. Bitte jetzt nicht kommen mit: „Wird alles positiv, ausgebildete Arbeitskräfte, ist der Vergangenheit geschuldet, etc.“
Ich bin der festen Überzeugung, das selbst bei Angie ein Umdenken eingesetzt hat. Nur öffentlich machen und zu Fehlern stehen (Spätestens nach dem 13. 09. 2015) geht natürlich nicht. Der überholte Dino könnte ja sein Gesicht verlieren.

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Und das steht genau wo? Oder ist das nur eine unbelegte Vermutung? Obwohl, mit R2G im September wird alles besser. (Auch nur eine Vermutung). Aber der linke Populist Schulz wird’s schon machen. Oder kriegt Mutti doch noch mal 4 Jahre Zeit dieses Land in den finanziellen und kulturellen Bankrott zu führen? Und alle Schäfchen meckern dann begeistert Beifall.

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Doch, gibt es. Man muss sie nur sehen und verstehen.

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Ein solches Verhalten führt dann zu so komischen Gesetzen, wie sie aus den USA bekannt sind.

FLORIDA: Ledige, geschiedene und verwitwete Frauen dürfen an Sonn- und Feiertagen nicht Fallschirm springen.
KENTUCKY: Frauen dürfen nicht im Badeanzug auf die Straße - es sei denn, sie wiegen weniger als 42 bzw. mehr als 92 Kilo, oder sie sind bewaffnet.
NEW YORK: In Brooklyn dürfen Esel nicht in Badewannen schlafen.
OHIO: In Oxford dürfen sich Frauen nicht vor Bildern, die Männer zeigen, ausziehen.

Diese Gesetze wurde sicher gegen eine ganz bestimmte Person erlassen.

So ähnlich wie 2. führte hier bei uns, zur Gründung des Kantons Jura. Der Kanton Bern besteht, neben dem deutschsprachigen Teil auch aus französisch sprechenden Teilen. Manche Regionen sind auch zweisprachig (z.B. sind in Biel die Schilder mit den Strassenamen zweisprachig ausgeführt.). Es gab ein paar Vorfälle, bei welchen gewählte, nur französisch sprechende Parlamentarier, vom Parlament abgelehnt wurden. Ein Argument war, dass es zu aufwändig sei, alles zu übersetzen und die obwohl Französisch Amtssprache im Kanton Bern ist.
Dies führte dann zu rund 30 Jahren „Bürgerkrieg“ (Es gab keine Toten, aber es wurde z.B. ein Denkmal gesprengt.), bis 1979 der Kanton Jura entstanden ist.

MfG Peter(TOO)

(1) Ich näss mich fast ein vor Lachen. Bereits Monate vor der kürzlichen Diskussion über den wahrscheinlich von der AfD zu stellenden Alterspräsidenten hatte ich in einem Absatz darauf hingewiesen, dass die etablierten Parteien irgendwelche hanebüchenen Tricksereien abziehen würden, um genau dies zu verhindern. Es ist schon extrem bigott mit welchen Verrenkungen und Kunstgriffen man die Leue offenbar ohne jede tatsächliche Not anzulügen bereit ist.

Der AfD wäre anzuraten, dass sie diesen Vorgang gnadenlos aufs Wahlkampfbutterbrot schmieren, zumal es auch der Beweis ist, dass die Etablierten sich bewusst abschotten wollen. Mich ärgert diese pubertierende Weicheirigkeit. Als ob gleich die Republik abbrennen würde, wenn dann einer von der AfD mal für eine halbe Stunde den Bundestagspräsidenten ersetzt und anschliessend (funktional) sofort wieder in der Versenkung verschwindet.

Wahrscheinlich will man so „schlimme Bilder“ verhindern. Also die simple Berichterstattung in den Nachrichten.

(2) Ja, wenn der Flocken mag, dann soll er mal, da er darf. Wird abgeschmettert und erledigt. Von daher könnte er es auch ebensogut bleiben lassen.

Sein Rederecht hatte er bereits ausgeübt.

U.a. auch aus solchen Gründen werde ich bei der nächsten Bundestagswahl tatsächlich was anderes wählen. Es gibt auch Alternativen jenseits der AFD.
Ich traue momentan keiner der etablierten Parteien zu, die Probleme unserer Zeit zukunftsweisend lösen zu können…

Beatrix

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Welche Folgen genau sollen das sein?

Betrachtet für den Durchschnitt der Bevölkerung sind praktisch keine Folgen vorhanden. Davon mal ganz abgesehen, geht es nicht um Einwanderung, sondern um Asyl. Das ist etwas völlig anderes - und beruht auch auf anderen Grundlagen. Das bestimmte Politiker versuchten haben, das ganze Thema positiver darzustellen und auf mögliche Fachkräfte verwiesen haben ist ungünstig, hat aber mit dem eigentlichen Thema nichts zu tun. Denn wir haben diese Menschen nicht aufgenommen, weil sie Fachkräfte sind, sondern weil sie in Not waren.

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Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sich Politiker der AfD im umgekehrten Fall anders verhalten würden. Anders gesagt: Auch die Mitglieder der AfD sind „solche Leute“ und damit wählen wir zu 100% „Solche Leute“.

Der Grund warum die Leute noch immer vornehmlich die etablierten Parteien wählen ist, dass die AfD kein Politikfeld besetzen, dass wirklich von Bedeutung ist. Die meisten der großen Themen, werden von den anderen Parteien besetzt und nur mit dem Thema „Ausländer“ kann man beim Großteil der Bevölkerung nicht punkten.

Während der Flüchtlingskrise war das anders, so erklärt sich das kurzzeitige Erstarken der AfD, inzwischen zeigt sich aber, dass die Flüchtlingskrise keine gravierenden Auswirkungen hatte und im selben Maße sinkt das Interesse an der AfD.

Hinzu kommt, dass die Partei selbst sich nicht im besten Licht darstellt. Interne Streitigkeiten mag der Wähler nicht. Dazu kommen Probleme mit Leuten wie Höcke und seinen Gleichgesinnten. Es hat seinen Grund, warum Petrys AfD vor allem für die weniger Gebildeten interessant ist.

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Derzeit eine erfolgreiche rhetorische Figur der ‚Rechten Internationalen‘, im Kampf gegen sie ständig mit dem Demokratieschild herumzuwackeln.

Auch wenn die beiden verlinkten Beispiele grenzwertig sind (nämlich arg nah an den Grenzen des Banalen), sind sie keine Verwässerung der Demokratie, sondern der grenzwertig-banale Ausdruck dessen, was Demokratie strong eben ist: Kampf gegen die eigene Gefährdung.

Es war nie „Demokratie“ und wird nie „Demokratie“ sein, dass Demokratie jeden Scheiß auszuhalten hätte. Da „Aushalten“ Toleranz heißt … älteste Definition der Toleranz: das Wesen der Toleranz ist die Intoleranz der Intoleranz! :wink:

Gruß
F.

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Hallo!

Man sollte die beiden Vorfälle nicht vermengen. Das Ansinnen des Herrn Lammert halte ich für politisch unklug. Seine Bauernschläue ist zu durchsichtig und lässt ihn letztlich ängstlich dastehen.

Den Sitzungsausschluss gegen Herrn Flocken sehe ich als gerechtfertigt an. Herr Flocken neigt nämlich zum verbalen Auskotzen. Dabei verliert das Wort seine Schärfe, übrig bleibt nur Unappetitliches. Ist so ähnlich wie früher bei Ronald Schill, der seinen Mangel an politischer Gestaltungsfähigkeit mit Ausfällen zu übertünchen versuchte.

Gruß
Wolfgang

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Das wäre Selbstmord aus Angst vor dem Tod…

Jetzt müsstest Du mir nur noch erläutern, welche Erschütterung die Demokratie dadurch erleiden könnte, wenn ein gewählter Abgeordneter eine nach demokratischen Spielregeln zugelassenen Partei (vom rechten Rand) als Alterspräsident das Glöckchen schwingt und danach seinen Hinter wieder auf einem von 630 (bis 700 :rage:) Abgeordnetensitzen positioniert.

Ausser hysterischen Affekten seitens einiger Abgeordneter im Vorfeld und bei den Radikalsten evtl. während der Sitzung, sehe ich gar nichts. Falls aber die hyperhysterischen MdBs sich nicht im Griff haben, würfe es eher ein mieses Licht auf sie als Erwachsene (von wegen Würde des Hauses etc.).

Das kannst Du leichtgläubigen Naivlingen erzählen. Gleich im Glaubenskanon mit dem Weihnachtsmann und der Story vom Storch. :smirk:

Gruß
vdmaster

Was herrschen denn in Österreich für Zustände, das diese Menschen dort in Not waren? Und zu den Folgen würde ich gerne aus Full Metal Jacket zitieren: „Das ganze ist ein riesiges Scheissesandwich und wir alle werden unseren Bissen davon abbekommen.“

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Das muss ich nicht mehr, denn ich hab doch bereits in voreilendem Gehorsam geschrieben, dass das nur der grenz-banale Ausdruck von etwas Umfassenderem ist.

Für den Storch ist die AfD zuständig …

Gruß
F.

Dazu muß man sich nur diese Clownstruppe mit ihren Positionierungen näher begutachten…

ich fürchte, Schulzens Martin liebäugelt eher mit einer Großen Koalition unter seiner Führung …

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Bzgl. Deines Toleranz/Intoleranz-Bildes, das u.a. auch gerne zum „pol. Kampf“ mißbraucht wird, verweise ich auf
http://ods3.schule.de/aseminar/erziehung/werte-erziehung/toleranz.htm

Die komplexeste, vieldeutigste Lage finden wir beim Problem der politischen Toleranz, die im Zeitalter der Demokratie und der totalitären Massenbewegungen die allgemeinste Bedeutung gewonnen hat. Toleranz ist ein Lebenselement der Demokratie, die ohne die bewusste Duldung von Gegensätzen der Überzeugungen entweder durch Intoleranz zerstört oder durch Indifferenz ausgehöhlt zu werden droht. Dagegen müssen die organisierten Träger totalitärer Diesseitsreligionen, die glauben, dass von der Machtergreifung und -behauptung das Heil der Menschheit abhängt, notwendig intolerant sein. Für sie rechtfertigt der Kampf um das totalitäre Heil auf dieser Erde und die Überwindung eines teuflischen Allfeindes jedes Verbrechen.

Umgekehrt müssen demokratische Regierungen und Parteien davon ausgehen, dass ihre Träger fehlbar sind. Sie müssen schon deshalb tolerant sein und den Menschen im Gegner respektieren. Das gilt im Kern auch für die Auseinandersetzung mit dem Gegner der Demokratie selbst: Auch ihn muss man zu überzeugen suchen - was das Gegenteil von bloßem, indifferentem Gewährenlassen bedeutet - und auch ihn muss man als Menschen respektieren - was nicht heißt, dass man von ihm gesetzwidrige Gewaltakte oder die Aufforderung dazu dulden muss. Demokratische Toleranz verpflichtet zum Argument; sie schließt Diffamierung des Gegners aus; sie verpflichtet nicht zur Wehrlosigkeit gegen Gewalt.

Hingegen sprich Karl Jaspers im Konjunktiv

„Demokratie ist tolerant gegen alle Möglichkeiten, muss aber gegen Intoleranz selber intolerant werden können

wobei er vom Bild der angegriffenen, aber wehrhaften Demokratie ausgeht.

Wer diesen Angriff auf die Demokratie hier seitens der AfD schon gegeben sieht, der müsste mal seinen Kompass nachjustieren lassen.

Gruß
vdmaster

Derartige Listen, schon gleich nicht auf deutsch, sollte man nicht ungefiltert übernehmen. Um mal kurz zwei davon zu kommentieren:

Schon seit 30 Jahren außer Kraft und auch etwas anders formuliert, wenn man dieser Quelle trauen darf:

Nicht Brooklyn, sondern Oklahoma und dazu gibt es eine nachvollziehbare Geschichte:
http://www.naeglelawfirm.com/Blog/2014/May/Strange-Arizona-Laws.aspx

Im übrigen handelt es sich bei den meisten derartige und in solchen Listen genannten „Gesetze“ nicht um Bundes- oder Landesgesetze nach unserem Verständnis, sondern um lokale oder untergeordnete Vorschriften (vergleichbar Gemeindeordnung oder Verordnung) oder Urteile von lokalen Gerichten.

Würde ich so nicht unterschreiben.

Gruß
C.

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