Hi Malte,
ich möchte gerne wissen, ob es irgendwelche Hinweise darauf
gibt, wie die „originalen Lateiner“, also AFAIK die alten
Römer, ihr Latein ausgesprochen haben.
klar, die gibt es, auch wenn ich Dir leider in der Sekunde keine Originalquellen nennen kann. Ich habe darüber einmal ein Referat gehalten und bei den damaligen Recherchen erfahren, dass einige grundlegende Regeln existierten, die aber mit der Zeit aufgeweicht wurden. Im klassischen Latein ging es wie folgt zu:
Nahezu alle Laute werden einzeln ausgesprochen (otium = o-ti-um ≠ otsjum)
(Besonderheit: ‚ae‘ wird zu ‚a-i‘, wobei das ‚a‘ lang gesprochen wird ► Cäsar = Kaa-isar, ‚oe‘ wird zu ‚o-e‘, wobei das ‚o‘ lang gesprochen wird ► poena = poo-ena)
S
immer wie ‚s‘, nicht wie ‚sch‘ (schola = skola, scriptum = skriptum)
H , alleinstehend
so gut wie nicht ausgesprochen (hora = (h)ora, hospes = (h)ospes)
H , in Verbindung
immer getrennt von anderen Konsonanten (bacchatio = bak(h)ati-o, scaphium = skap(h)i-um)
Z
immer wie ‚ds‘, nicht wie ‚ts‘ (zephyrus = dsep(h)ürus)
C
immer wie ‚k‘, nicht wie ‚ts/tz‘ (Cicero = Kikero, cerebrum = kerebrum)
M , am Wortende
nahezu nicht gesprochen, wenn ein Vokal davor stand, wurde dieser nasal gesprochen (terram = terrã)
N
nach ‚g‘ wie ‚ngn‘ (pugna = pungna, magna = mangna)
U/V
in fast allen Fällen wie ein englisches ‚w‘ wie in ‚wealth‘ (quod = kwot, unguis = ungwis, Sueton = Sweton)
Betonung
zweisilbige Wörter ► vorletzte Silbe (cíto, dírus, núper)
mehrsilbige Wörter mit langer vorletzter Silbe ► vorletzte Silbe (curúlis, adáctus, degeneráre)
mehrsilbige Wörter mit kurzer vorletzter Silbe ► drittletzte Silbe (interpónere, refrigéscere, expavéscere)
Im Mittelalter wurde man dann ein bisschen nachlässig, begann das ‚c‘ als ‚ts/tz‘ aussprechen und ‚otium‘ als ‚otsjum‘. Man kann daran erkennen, wann ein lateinisches Wort den Weg ins Deutsche gefunden hat: carcer wurde zu Kerker, also zu antiker Zeit, cella wurde zu Zelle, also später. Wenn möglich, sollte man das Alter des Textes feststellen und nach entsprechenden Regeln verfahren.
Hilft Dir das etwas weiter, gegen „Deine“ Amerikaner zu argumentieren?
Gruß
Christopher