Urteil des BVerfG zur 3%-Hürde bei EU-Wahl

Hallo!

Weiss hier jemand mehr als das Geplapper aus der Presse? Es wird sich tlw. aufgeregt über die Entscheidung mit dem Argument, dass Karlsruhe das EU-Parlament nicht ernstnähme oder aber herabgestuft habe. Ich lese aus der Urteilsbegründung was ganz anderes.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidung…

Wie bewertet Ihr die Entscheidung? Ich rate dazu, den Link auch zu lesen.

Gruß
vdmaster

Wie bewertet Ihr die Entscheidung? Ich rate dazu, den Link
auch zu lesen.

Und vor allem bis ganz unten. Der Fehler an diesem Urteil und vielen vorangegangenen: Karlsruhe macht Politik. Das ist nicht deren Aufgabe. Was besser oder schlechter ist, ist in Berlin zu entscheiden. Das nennt sich politischer Gestaltungsspielraum.

Hierzu Müller aus dem oben angegebenen Link:

Soweit der Senat eine mit „einiger Wahrscheinlichkeit“ zu erwartende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Vertretungsorgane fordert, verbleibt ein erheblicher Entscheidungsspielraum. Die Bewertung dieses Korridors zwischen der rein theoretischen Möglichkeit und dem sicheren Eintritt einer Funktionsbeeinträchtigung ist dem Gesetzgeber vorbehalten. Stützt er seine Entscheidung auf nachvollziehbare tatsächliche Umstände und leitet daraus in vertretbarer Weise eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Vertretungsorgans ab, handelt er in Wahrnehmung seines Auftrages zur Ausgestaltung des Wahlrechts. Behält das Gericht sich demgegenüber vor, zu bestimmen, ab welchem Grad der Wahrscheinlichkeit von einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit eines Vertretungsorgans auszugehen ist, ist angesichts der unvermeidlichen Unsicherheiten derartiger Prognosen eine Beschränkung auf die bloße Kontrolle der gesetzgeberischen Entscheidung nicht mehr gewährleistet. Es ist aber nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, die vertretbare Entscheidung des Gesetzgebers durch eine eigene vertretbare Entscheidung zu ersetzen.

Wie bewertet Ihr die Entscheidung? Ich rate dazu, den Link
auch zu lesen.

Und vor allem bis ganz unten. Der Fehler an diesem Urteil und
vielen vorangegangenen: Karlsruhe macht Politik.

Das ist nicht richtig. Das BVG macht verfassungsrechtliche Beurteilung. Und kommt zur Überzeugung, nach ausufernder Begründung ab Randziffer 37, unter Randziffer 65:
Nach diesen Maßstäben ist die Drei-Prozent-Sperrklausel (§ 2 Abs. 7 EuWG) mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 GG unvereinbar.
Alldieweil es nun mal Bundesgesetz und daher mit GG verbunden ist.

Was besser oder schlechter ist, ist in Berlin zu entscheiden. Das nennt sich politischer
Gestaltungsspielraum.

Sofern es denn verfassungskonform ist. Und diese Beurteilung steht dem BVG zu.

Hierzu Müller aus dem oben angegebenen Link:

die einleitenden einschränkenden Worte:
Zu meinem Bedauern sehe ich mich nicht in der Lage, die Entscheidung mitzutragen. Nach meiner Überzeugung stellt der Senat zu hohe Anforderungen an die Feststellung einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Europäischen Parlaments zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit und trägt damit dem Auftrag des Gesetzgebers zur Ausgestaltung des Wahlrechts unzureichend Rechnung.

Letztendlich hat das Gremium demokratisch (und nur in diesem Sinne auch politisch) entschieden.

Der einfache Nenner:
Nachdem der erste Versuch 5% gescheitert ist, hat man es halt mal versucht mit 3%. Die Begründung war aber so schwach, um nicht zu sagen nicht vorhanden, die Begründung der Richter dagegen nahezu gleichlautend wie vorher, so dass man die Richter in ihrer Gesamtheit mit Wenig bis Nichts in der Hand eben nicht überzeugen konnte.

Well done hatte ich anderer Stelle ja bereits geschrieben.

Gruß
nasziv

Hallo Ultra!

Ich würde den Passus nochmals sehr, sehr aufmerksam lesen. Er sagt das glatte Gegenteil von dem aus, was Du behauptest. Karlsruhe will eben keine Politik machen, sondern sich auf seine Aufgabe beschränkt sehen.

Gruß
vdmaster

Ich würde den Passus nochmals sehr, sehr aufmerksam lesen. Er
sagt das glatte Gegenteil von dem aus, was Du behauptest.

Karlsruhe will eben keine Politik machen, sondern sich auf
seine Aufgabe beschränkt sehen.

Schon richtig, du musst es nur richtig einordnen. Beim BVerfG gibt es die Möglichkeit für einzelne Richter, eine abweichende Meinung zu äußern. Genau das tut Müller. Er hält das Urteil für falsch kritisiert dabei seine Kollegen.

Moin!

Das BVerfG ist eben so konzipiert, dass es keine Pattsituation geben kann. Aber auch Entscheidungen, die nicht einstimmig gefällt wurden, sind gültig.

Soweit Müller sich äußert, ist das sein ihm gegebenes Recht. Im fraglichen Passus aber geht er m.E. einen Tick zu weit.

Das BVerfG hat festgestellt:

  • es gibt einen Widerstreit zwischen der Chancengleichheit (der Parteien bzw. Wahlstimmen)

und

  • der Notwendigkeit eines funktionsfähigen Parlaments

Da es weder eine EU-weite Sperrklausel noch schlüssig nachvollziehbare Argumente für die Beibehaltung einer 3%-Sperrklausel gibt, ist das Recht auf Chancengleichheit in der konkret gegebenen Situation höher zu gewichten.

Es stellte ferner fest, dass es nicht Sache des BVerfG ist, eine Sperrklausel in ihrer Höhe festzulegen. Dies wäre Aufgabe des Parlaments. Die frei zu treffende parlamentarische Entscheidung könne jedoch nicht allein aus eigener Machtvollkommenheit des Parlaments erfolgen, da dies dazu führen könne, dass eine ungerechte Sperrklausel festgelegt werde, um die eigene Macht zu bewahren und Konkurrenz auszuschliessen ( ein Schelm, wer dies für möglich hält :smile:. Es reiche auch nicht aus, eine rein theoretische Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Parlaments festzulegen. Diese Beeinträchtigung müsse schon mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein. Ob dann eine konkret festgelegte Sperrklausel die Grundrechte wahre, läge wiederum in der Entscheidungsgewalt des BVerfG.

Zu Müller zurück: Hieraus meint Müller entnehmen zu können, dass die Freiheit der Parlamentsentscheidung damit durch Karlsruhe über Gebühr beeinträchtigt wäre? Eine etwas haarspalterische Sicht, zumal das BVerfG nur eine Kontrollinstanz ist, die auf Anruf tätig wird. Soll heissen, dass es schon jemanden geben müsse, der sich benachteiligt sieht.

Auf den Bundestag hat diese Entscheidung übrigens (vorläufig) keine Auswirkung, da
in diesem bislang nicht über 150 Parteien sitzen und er deswegen auch nicht auf eine gewisse Anzahl von Zeitperioden zurückgreifen könne, in denen diese hohe Anzahl von Parteien die Funktionsfähigkeit des Parlaments nicht beeinträchtigte.

Aber es wäre durchaus vorstellbar, dass vor oder nach der nächsten BT-Wahl die 5%-Hürde ebenfalls ins Wanken geraten wird. Mal schauen!

Gruß
vdmaster

Zu Müller zurück: Hieraus meint Müller entnehmen zu können,
dass die Freiheit der Parlamentsentscheidung damit durch
Karlsruhe über Gebühr beeinträchtigt wäre? Eine etwas
haarspalterische Sicht, zumal das BVerfG nur eine
Kontrollinstanz ist, die auf Anruf tätig wird.

Ja, eben. Eingriff nur, wenn elementare Grundrechte verletzt werden. Das Grundprinzip der gleichen Wahl zählt natürlich dazu. Aber eine Verletzung, bloß weil Kleinparteien durch die Drei-Prozent-Hürde nicht berücksichtigt werden?

Soll heissen, dass es schon jemanden geben müsse, der sich benachteiligt
sieht.

Ja, aber bloß weil irgendein Heiopei sich benachteiligt sieht, heißt das noch lange nicht, dass er das auch ist. Jede Partei kann, wenn sie viele Menschen überzeugt, die Hürde überspringen. Wenn sie das aber nicht schafft, dann sollte das BVerfG auch kein Ausgleich sein.

Im Übrigen scheint es ja zumindest ein Verfassungsrichter so zu sehen. Wenn man deine Aussage mit „wird schon jemanden geben“ darauf überträgt, müsstest du das ja auch so sehen.

Hallo,

Aber es wäre durchaus vorstellbar, dass vor oder nach der
nächsten BT-Wahl die 5%-Hürde ebenfalls ins Wanken geraten
wird. Mal schauen!

Was durchaus begrüßenswert wäre.

Die Funktionsfähigkeit eines Parlaments hinsichtlich Entscheidungen/Abstimmungen ließe sich durch entsprechende Regelungen (Entscheidungszwangs) innerhalb festgelegter Fristen uneingeschränkt bewerkstelligen. Das Argument „Funktionsfähigkeit“ als solches ist kein Argument.

Gruß
nasziv

Moin!

Zu Müller zurück: Hieraus meint Müller entnehmen zu können,
dass die Freiheit der Parlamentsentscheidung damit durch
Karlsruhe über Gebühr beeinträchtigt wäre? Eine etwas
haarspalterische Sicht, zumal das BVerfG nur eine
Kontrollinstanz ist, die auf Anruf tätig wird.

Ja, eben. Eingriff nur, wenn elementare Grundrechte verletzt
werden. Das Grundprinzip der gleichen Wahl zählt natürlich
dazu. Aber eine Verletzung, bloß weil Kleinparteien durch die
Drei-Prozent-Hürde nicht berücksichtigt werden?

Ja, das BVerfG in seiner Gesamtheit sieht dies so. Weil die 3%-Hürde nicht vom Gesetzgeber nachvollziehbar begründet werden konnte. Insoweit wird sie als willkürlich gesetze Hürde erachtet.

Soll heissen, dass es schon jemanden geben müsse, der sich benachteiligt
sieht.

Ja, aber bloß weil irgendein Heiopei sich benachteiligt sieht,
heißt das noch lange nicht, dass er das auch ist. Jede Partei
kann, wenn sie viele Menschen überzeugt, die Hürde
überspringen. Wenn sie das aber nicht schafft, dann sollte das
BVerfG auch kein Ausgleich sein.

Das BVerfG ist kein Ausgleich. Sie ist „nur“ die Instanz, die die Einhaltung des GG „überwacht“.

Im Übrigen scheint es ja zumindest ein Verfassungsrichter so
zu sehen. Wenn man deine Aussage mit „wird schon jemanden
geben“ darauf überträgt, müsstest du das ja auch so sehen.

Ich sehe dies nicht auch so (wie Müller oder Du). Der Satz sollte aussagen, dass es auch zukünftig in dieser Sache Entscheidungen geben wird. Gerade weil das BVerfG keine Instanz ist, die die %-Hürde gesetzlich festlegt. Und weil es darauf verwies, dass eine festgelegte %-Hürde keine für immer festgelegte Grösse sein kann, sondern sich im Verhältnis zur Funktionsfähigkeit des Parlaments zu bewerten ist (ist also im Laufe der Zeit veränderbar).

„…wird schon jemanden geben…“ bezog sich darauf, dass eine zukünftige %-Hürde, die vom BT festgelegt wurde, auch zukünftig dem BVerfG zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorgelegt werden kann.

Gruß
vdmaster

Hi!

Aber es wäre durchaus vorstellbar, dass vor oder nach der
nächsten BT-Wahl die 5%-Hürde ebenfalls ins Wanken geraten
wird. Mal schauen!

Was durchaus begrüßenswert wäre.

Die Funktionsfähigkeit eines Parlaments hinsichtlich
Entscheidungen/Abstimmungen ließe sich durch entsprechende
Regelungen (Entscheidungszwangs) innerhalb festgelegter
Fristen uneingeschränkt bewerkstelligen. Das Argument
„Funktionsfähigkeit“ als solches ist kein Argument.

Eine zeitliche Frist, innerhalb derer eine Entscheidung zu fällen ist, würde sogar die gesamte Parlamentstätigkeit verfassungswidrig beeinflussen. Oder anders ausgedrückt: Es gibt bereits diese Regularien. Diese nennen sich zum einen Geschäftsordnung und zum anderen Gesetzgebungsverfahren. Übrigens auch das GG, soweit es um die Institutionen und ihr Verhältnis untereinander (bspw. Bundestag und -rat) geht.

Also ist die Funktionsfähigkeit genau das Argument, welches eine %-Hürde bedingt. Ihre Höhe ist eine andere Sache.

Aktuell befinden sich 5 Parteien im Parlament. Früher waren es lange Zeit nur 3. Wäre die Wahl geringfügig anders verlaufen, so befänden sich bereits 6 Parteien im Parlament (FDP oder AfD). Da üblicherweise nach einer GroKo die grossen Parteien Verluste hinnehmen müssen, kann mit einer gewissen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es im nächsten BT 6 Parteien (bei 5%-Hürde) geben wird.

Dies macht eine Koalitionsfindung und Regierungsbildung schwieriger. Bereits diesmal war es deutlich schwieriger als in früheren Legislaturperioden und führte zu einer Art Interimsregierung.

[Anmerkung: Prompt versuchte die Linkspartei das Nochnichtbestehen einer Koalition/Regierung zu schnellen Parlamentsentscheidungen zu nutzen. Die anderen sind nur nicht darauf reingefallen.]

Würde nun eine 1%-Hürde für die BT errichtet werden, so zögen (vgl. BT-Wahlergebnisse 2013) 8 Parteien in den BT ein. Wir würden damit instabilere Verhältnisse (und längere Gesetzgebungsverfahren) erhalten. So eine Mehrparteienkoalition wird mit jeder zusätzlichen Partei immer fragiler. Ich möchte jedenfalls keine Regierung, die nach 1-2 Jahren zerbricht und Neuwahlen erforderlich macht. An italienischen Verhältnissen bin ich jedenfalls nicht interessiert.

Gruß
vdmaster

Ja, das BVerfG in seiner Gesamtheit sieht dies so. Weil die
3%-Hürde nicht vom Gesetzgeber nachvollziehbar begründet
werden konnte. Insoweit wird sie als willkürlich gesetze Hürde
erachtet.

Dann klagt als nächstes der 17-jährige, dem der Wodka verwehrt wird. Oder der 39-jährige, der Bundespräsident werden möchte. Oder Supermarktkunde, der die 19% USt zu hoch findet.

Genau da sind wir beim Problem: Irgendwo muss eine Grenze gesetzt werden. Und genau dafür ist der Gesetzgeber da. Er hat den Auftrag, dies zu regeln. Er ist vom Volk legitimiert (solange es nicht um EU-Gesetzgebung geht, aber das ist ein anderes Thema). Das ist der von Müller angesprochene Gestaltungsspielraum.

Da nicht jede Partei ab einer Stimme sofort ins Parlament kommen sollte, andererseits aber auch nicht bedeutsame Anteile wegfallen sollte, ist es sachgerecht, irgendwo im einstelligen Prozentbereich eine Grenze zu setzen. Wenn man nun auf zwei oder ein Prozent geht, ist das genau so willkürlich. Wie will man denn sonst die „richtige“ Prozenthürde bestimmen?

Nabend!

Ja, das BVerfG in seiner Gesamtheit sieht dies so. Weil die
3%-Hürde nicht vom Gesetzgeber nachvollziehbar begründet
werden konnte. Insoweit wird sie als willkürlich gesetze Hürde
erachtet.

Dann klagt als nächstes der 17-jährige, dem der Wodka verwehrt
wird. Oder der 39-jährige, der Bundespräsident werden möchte.
Oder Supermarktkunde, der die 19% USt zu hoch findet.

Was mit dem Thema hier rein gar nichts zu tun hat.

Genau da sind wir beim Problem: Irgendwo muss eine Grenze
gesetzt werden. Und genau dafür ist der Gesetzgeber da. Er hat
den Auftrag, dies zu regeln. Er ist vom Volk legitimiert
(solange es nicht um EU-Gesetzgebung geht, aber das ist ein
anderes Thema). Das ist der von Müller angesprochene
Gestaltungsspielraum.

Den hat das Parlament auch. Aber im Rahmen des GG.

Da nicht jede Partei ab einer Stimme sofort ins Parlament
kommen sollte, andererseits aber auch nicht bedeutsame Anteile
wegfallen sollte, ist es sachgerecht, irgendwo im einstelligen
Prozentbereich eine Grenze zu setzen. Wenn man nun auf zwei
oder ein Prozent geht, ist das genau so willkürlich. Wie will
man denn sonst die „richtige“ Prozenthürde bestimmen?

Es gibt „die richtige“ (immer gültige) nicht. Zu allem weiteren wird sich das Parlament schon seine Gedanken machen.

vdmaster

Genau da sind wir beim Problem: Irgendwo muss eine Grenze
gesetzt werden. Und genau dafür ist der Gesetzgeber da. Er hat
den Auftrag, dies zu regeln. Er ist vom Volk legitimiert

Eben nicht!
Wenn durch %-Hürden einzelne Stimmen von vornherein ausgeschlossen werden, ist er nicht vom Volk legitimiert.

Wie will man denn sonst die „richtige“ Prozenthürde bestimmen?

Weshalb sollte man überhaupt, wenn sie durch das GG sowieso nicht gedeckt ist?

Gruß
nasziv

Wie will man denn sonst die „richtige“ Prozenthürde bestimmen?

Weshalb sollte man überhaupt, wenn sie durch das GG sowieso
nicht gedeckt ist?

Bereits leichte Grundkenntnisse in Mathematik sollten ausreichen, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass irgendwo eine Grenze liegen muss. Ansonsten führte eine einzige Stimme dazu, dass man im Parlament vertreten wäre. Es könnte sich also jeder selbst reinwählen.

Ganz nebenbei: In einem anderen Thread legst du trotz anderslautender Studien extremen Wert darauf, dass es nur eine äußerst unbedeutende Minderheit unter muslimischen Einwanderern gebe, welche fundamentalistischen Positionen nachhänge. Hier dagegen bemühst du offensichtlich Grundrechte für eine bereits per Definition gering ausfallende Minderheit.

Deine austauschbare und rein aufs polit-korrekte ausgerichtete Argumentationsweise in diesem Forum finde ich äußerst negativ.

Ja, das BVerfG in seiner Gesamtheit sieht dies so. Weil die
3%-Hürde nicht vom Gesetzgeber nachvollziehbar begründet
werden konnte. Insoweit wird sie als willkürlich gesetze Hürde
erachtet.

Dann klagt als nächstes der 17-jährige, dem der Wodka verwehrt
wird. Oder der 39-jährige, der Bundespräsident werden möchte.
Oder Supermarktkunde, der die 19% USt zu hoch findet.

Was mit dem Thema hier rein gar nichts zu tun hat.

Doch, schließlich hast du die „willkürlich gesetzte Hürde“ kritisiert.

Genau da sind wir beim Problem: Irgendwo muss eine Grenze
gesetzt werden. Und genau dafür ist der Gesetzgeber da. Er hat
den Auftrag, dies zu regeln. Er ist vom Volk legitimiert
(solange es nicht um EU-Gesetzgebung geht, aber das ist ein
anderes Thema). Das ist der von Müller angesprochene
Gestaltungsspielraum.

Den hat das Parlament auch. Aber im Rahmen des GG.

Und wo ist denn nun die grundgesetzkonforme Hürde im Gegensatz zur Drei- oder Fünf-Prozent-Hürde? Und wieso soll diese Hürde im Rahmen des GG liegen und die anderen nicht?

Da nicht jede Partei ab einer Stimme sofort ins Parlament
kommen sollte, andererseits aber auch nicht bedeutsame Anteile
wegfallen sollte, ist es sachgerecht, irgendwo im einstelligen
Prozentbereich eine Grenze zu setzen. Wenn man nun auf zwei
oder ein Prozent geht, ist das genau so willkürlich. Wie will
man denn sonst die „richtige“ Prozenthürde bestimmen?

Es gibt „die richtige“ (immer gültige) nicht. Zu allem
weiteren wird sich das Parlament schon seine Gedanken machen.

Ach, jetzt plötzlich.

Moin!

Ja, das BVerfG in seiner Gesamtheit sieht dies so. Weil die
3%-Hürde nicht vom Gesetzgeber nachvollziehbar begründet
werden konnte. Insoweit wird sie als willkürlich gesetze Hürde
erachtet.

Dann klagt als nächstes der 17-jährige, dem der Wodka verwehrt
wird. Oder der 39-jährige, der Bundespräsident werden möchte.
Oder Supermarktkunde, der die 19% USt zu hoch findet.

Was mit dem Thema hier rein gar nichts zu tun hat.

Doch, schließlich hast du die „willkürlich gesetzte Hürde“
kritisiert.

Nicht ich, sonder das BVerfG. Und Deine Vergleiche sind einfach nicht stimmig. Aber theoretisch könnte jeder der Betroffenen natürlich den Rechtsweg beschreiten. Er sollte reichlich Geld mitbringen, da sowas nicht billig wird. Und er müsste auch entsprechend wirre Anwälte auftreiben. Mit einer Ausnahme: Der 39jährige hätte minimale Chancen, dass es überhaupt zu einer Entscheidung käme. Alle anderen müssten erst einmal den Weg durch die Instanzen nehmen. Wobei diese Frage wohl besser im Rechtsbrett untergebracht wäre.

Genau da sind wir beim Problem: Irgendwo muss eine Grenze
gesetzt werden. Und genau dafür ist der Gesetzgeber da. Er hat
den Auftrag, dies zu regeln. Er ist vom Volk legitimiert
(solange es nicht um EU-Gesetzgebung geht, aber das ist ein
anderes Thema). Das ist der von Müller angesprochene
Gestaltungsspielraum.

Den hat das Parlament auch. Aber im Rahmen des GG.

Und wo ist denn nun die grundgesetzkonforme Hürde im Gegensatz
zur Drei- oder Fünf-Prozent-Hürde?

Darüber wird das Parlament zu befinden haben.

Und wieso soll diese Hürde
im Rahmen des GG liegen und die anderen nicht?

Derweil sie angemessen sein wird und nicht gegen das Prinzip der Chancengleicheit verstossen wird.

Da nicht jede Partei ab einer Stimme sofort ins Parlament
kommen sollte, andererseits aber auch nicht bedeutsame Anteile
wegfallen sollte, ist es sachgerecht, irgendwo im einstelligen
Prozentbereich eine Grenze zu setzen. Wenn man nun auf zwei
oder ein Prozent geht, ist das genau so willkürlich. Wie will
man denn sonst die „richtige“ Prozenthürde bestimmen?

Es gibt „die richtige“ (immer gültige) nicht. Zu allem
weiteren wird sich das Parlament schon seine Gedanken machen.

Ach, jetzt plötzlich.

Nein, nicht plötzlich. Hättest Du das Urteil vollständig gelesen, dann würdest Du das nicht behaupten. Das dies die Aufgabe des Parlaments ist, hat das BVerfG niemals in Frage gestellt.

Übrigens ist es interessant/witzig, dass Du einerseits zwar ein heftiger Gegner der EU bist, aber dieses Urteil so sehr ablehnst wo es doch - wenn man der Interpretation einiger Printmedien und Politiker folgen mag - die Bedeutung des EU-Parlaments herabsetzen würde (was ich für völligen Unfug halte).

Gruß
vdmaster

Hallo!

Nicht das Setzen einer %-Hürde ist nicht durch das GG gedeckt, sondern die aktuelle Höhe. Und dies auch nur im Bezug auf die EU-Wahl.

vdmaster

Bereits leichte Grundkenntnisse in Mathematik sollten ausreichen, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass irgendwo eine Grenze liegen muss. Ansonsten führte eine einzige Stimme dazu, dass man im Parlament vertreten wäre. Es könnte sich also jeder selbst reinwählen.

Die natürliche Grenze und Selektion der vertretenen Parlamentarier ergibt sich aus der Anzahl der Sitze. Insofern kann sich nicht jeder selbst rein wählen. Mathematisch (ohne Überhangmandate und derlei zweifelhaftem Kram) entscheidet das Verhältnis erhaltener Stimmen/alle Stimmen über die zur Verfügung stehenden Parlamentssitze.

Ganz nebenbei: In einem anderen Thread

du meinst sicher „Gefahr einer Islamisierung“

legst du trotz anderslautender Studien extremen Wert darauf, dass es nur eine äußerst unbedeutende Minderheit unter muslimischen Einwanderern gebe, welche fundamentalistischen Positionen nachhänge.

Nicht „trotz“ anders lautender Studien. Die Studien besagen dies zahlenmäßig doch selbst.

Hier dagegen bemühst du offensichtlich Grundrechte für eine bereits per Definition gering ausfallende Minderheit.

Weshalb sollten Minderheiten keine Grundrechte haben? Der einzelne Wähler und der Wert seiner Stimme? Der Islamist?

Unterscheiden muss man, und dies trifft sowohl für den Islamist als auch die %-Hürde zu, ob - Grundgesetzliches/Rechte Einzelner/Freiheiten anderer - gewahrt werden oder nicht. Ich argumentiere bei beiden Themen in die gleiche Richtung.

Deine austauschbare und rein aufs polit-korrekte ausgerichtete Argumentationsweise in diesem Forum finde ich äußerst negativ.

Nennen wir sie lieber formal-korrekt. Bei diesen beiden Themen.

Politisch-korrekt ist stets wert-zweck-nutzen-gebunden. Und wenn es darum geht, um Meinung und Bewertung, dann vertrete ich meine durchaus offen und offensiv und nicht selten gegen die jeweils herrschende pc.

Gruß
nasziv
Solange ich keine persönlich-unsachliche Vorwürfe/Angriffe/Beleidigungen hier lesen muss, ist mir jeder Beitrag willkommen. Weshalb du meine Argumentationsweise negativ findest, kann ich ehrlich gesagt nicht so recht verstehen.

Moin (Frühaufsteher),

Nicht das Setzen einer %-Hürde ist nicht durch das GG gedeckt, sondern die aktuelle Höhe.

Weil dies Gegenstand der Klage war? Selbstverständlich hat sich BVerfG einen Spielraum offen gelassen. Wo keine Not ist…

Grundsätzlich stehen zur Debatte

a) dass Regierungsbildung und Funktionsfähigkeit des Parlaments bei einer Vielzahl von Parteien nicht gewährleistet sei. Was sich durch Reduzierung der Sitzplätze auf beispielsweise 10 beheben ließe.

b) die Gleichbehandlung eines jeden Wahlberechtigten. Und hier wird es stets sehr eng bei einer verfassungsrechtlichen Beurteilung.

Und dies auch nur im Bezug auf die EU-Wahl.

Weitergehende Befürchtungen bzw. Hoffnungen hattest du ja auch schon geäußert.

Gruß
nasziv

Hallo!

Moin (Frühaufsteher),

Nicht das Setzen einer %-Hürde ist nicht durch das GG gedeckt, sondern die aktuelle Höhe.

Weil dies Gegenstand der Klage war? Selbstverständlich hat
sich BVerfG einen Spielraum offen gelassen. Wo keine Not
ist…

Nein, es hat explizit bestätigt, dass es eine %-Hürde geben kann und dies auch im Sinne des GG zulässig ist. Vgl. Randziffern 54-59.

Grundsätzlich stehen zur Debatte

a) dass Regierungsbildung und Funktionsfähigkeit des
Parlaments bei einer Vielzahl von Parteien nicht gewährleistet
sei. Was sich durch Reduzierung der Sitzplätze auf
beispielsweise 10 beheben ließe.

LOL. Wie wäre es mit nur einem Sitz, um die repräsentative Funktion gleich ad absurdum zu führen.

b) die Gleichbehandlung eines jeden Wahlberechtigten. Und hier
wird es stets sehr eng bei einer verfassungsrechtlichen
Beurteilung.

Ansonsten hätte es ja das Urteil bzw. Verfahren auch nicht gegeben.

Gruß
vdmaster