Urteil zur Beschneidung von Säuglingen II

Hallo Hardey (und alle anderen Interessierten),

Dein Artikel ist überraschend schnell ins Archiv gerutscht, deshalb hier an dieser Stelle noch ein Hinweis.

Die Diskussion, wie sie hier und an diversen anderen Orten im Internet gelaufen ist, ist mir zu sehr rechts-technisch orientiert.

Wer darüber hinaus interessiert ist, dem empfehle ich die beiden folgenden Artikel:

Interview mit Professor Michael Bongardt im Cicero-Magazin. Er bildet in Berlin Ethik-Lehrer aus:
http://www.cicero.de/salon/toleranz-gehoert-nicht-zu…

Hans Michael Heinig, Professor für öffentliches Recht und Kirchenrecht an der Universität Göttingen:
Beschneidungsurteil: Juristisch und rechtsethisch fragwürdig
http://www.hagalil.com/archiv/2012/06/28/beschneidun…

Viele Grüße

Iris

Stichworte: Beschneidung - Judentum - Ritual - Religion - Medizin - Ethik - Recht - Politik - Islam - Brit Mila - Bund - Bundeszeichen - Zugehörigkeit - Justiz - Geschichte - Rechtsgeschichte - Ethik -

Moin Iris,

ich habe bisher noch nichts zum Thema gesagt, mische mich jetzt aber mal ein, gebe meine Meinung zum Besten.

Die Diskussion, wie sie hier und an diversen anderen Orten im
Internet gelaufen ist, ist mir zu sehr rechts-technisch
orientiert.

Was denn sonst? In einem Rechtsstaat kann doch wohl nur das gesetzte Recht maßgebend sein und nicht irgendeine kulturelle Eigenart.

Interview mit Professor Michael Bongardt im Cicero-Magazin. Er
bildet in Berlin Ethik-Lehrer aus:
http://www.cicero.de/salon/toleranz-gehoert-nicht-zu…

Wenn Professor Michael Bongardt sagt, dass „Beschneidungen von Mädchen etwas völlig anderes sind …“, kann man sich ja auch fragen: Warum? Es ist Kultur in anderen Weltgegenden, dort sicher auch unsachgemäß durchgeführt, wohl auch nicht unbedingt durch die Religion vorgeschrieben, aber eben „Kultur“.
Das ist vielleicht so ähnlich wie bei den „Kopftüchern bei Lehrerinnen“. Wenn das üblich wird bei uns, reden wir bald auch über „Burkas/Ganzkörperverschleierungen bei Lehrerinnen.“

Weiterhin sagt Bongart „Der Staat hat die Möglichkeit und in einem gewissen Rahmen sogar die Pflicht, auch die Pluralität von Traditionen, die man vielleicht als Außenstehender nicht versteht, anzuerkennen. Dabei geht es nicht nur um Religionsfreiheit, sondern im weiteren Sinne um die Freiheit jeder und jedes Einzelnen, darüber zu entscheiden, was man für ein gutes und richtiges Leben hält. Diese Freiheit muss berücksichtigt werden.“
Also z.B. auch Zwangsverheiratung - „Pluralität von Traditionen“! - tolerieren?

Zum Schluss eine Frage: Woher kommt denn die Vorschrift der Beschneidung? Die Begründung „steht in der Bibel“ reicht mir nicht. Sie ist sicher lange gewachsen. In einer Weltgegend und Zeit, die eine völlig andere ist als unsere (heutige) - was vielleicht kein Grund ist. Ketzerisch argwöhne ich mal: In der Weltgegend war es sehr trocken, wenig Waschgelegenheit, sehr heiß - da mag es aus hygienischen Gründen sinnvoll sein, zu beschneiden. Das hat man dann zwecks besserer Durchsetzung in eine religiöse Vorschrift gepackt.
Na ja, vielleicht ist das auch nur die unmaßgebliche Meinung eines unmaßgeblichen Ungläubigen.

Gruss
Laika

Hallo

Wer darüber hinaus interessiert ist, dem empfehle ich die
beiden folgenden Artikel:

Interview mit Professor Michael Bongardt im Cicero-Magazin. Er
bildet in Berlin Ethik-Lehrer aus:
http://www.cicero.de/salon/toleranz-gehoert-nicht-zu…

Im Kölner Landesgericht ist ein wegweisendes Urteil für religiös motivierte Beschneidungen gefallen: Das Recht eines Kindes auf körperliche Unversehrtheit übertrifft die Religionsfreiheit und Erziehungsrechte der Eltern. Kein gutes Urteil, meint Ethikprofessor Michael Bongardt
Das ist der Einleitungssatz in dem von Dir verlinkten Artikel!

Sorry, da geht mir die Hutschnur hoch, wenn ein Ethikprofessor es nicht richtig findet, dass die körperliche Unversehrtheit über die Erziehungsrechte der Eltern steht, dann weiß ich nicht, welche Leiden Kinder (vom Rechtsstaat unterstützt) noch so erleiden müssen.

Dann sind wir wieder bei Beschneidungen von Mädchen, bei Züchtigungsmaßnahmen usw.

Und der Einleitungssatz trifft es doch ganz gut: Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit steht über Religionsfreiheit und Erziehungsrechte der Eltern

Was spricht dagegen, das so festzulegen?

Nicolle

Moin,

kennst du auch Stellungnahmen aus dem deutschsprachigen Raum, wo die Beschneidung kritisch hinterfragt wird?

Im englischsprachigen Raum gibt es ja die „Jews against Circumcision“.

http://www.jewsagainstcircumcision.org/

Ansonsten haben sich Religionen als durchaus anpassungsfähig erwiesen, wenn es darum ging, religiöse Riten und Regeln an veränderte Vorstellungen von Recht auf Unversehrtheit und Eigenverantwortung anzupassen (Steinigung von Ehebrecherinnen usw.). Warum sollte das bei der Beschneidung nicht auch gehen?

Gruß
M.

Moin,

Und der Einleitungssatz trifft es doch ganz gut: Recht des
Kindes auf körperliche Unversehrtheit steht über
Religionsfreiheit und Erziehungsrechte der Eltern

Was spricht dagegen, das so festzulegen?

Ich weiß gar nicht, wo es hier überhaupt um Religionsfreiheit und Erziehungsrechte geht. Religionsfreiheit bezieht sich auf die eigene Freiheit zur Religionsausübung. Und meines Wissens verbietet es in Deutschland keinem erwachsenen Menschen, Körpermodifizierungen an sich selbst vornehmen zu lassen, bis der Arzt kommt. Sei es aus religiösen oder anderen Gründen.

Falls hier überhaupt Religionsfreiheit betroffen ist, dann die des Kindes, dass sich irgendwann einmal frei für oder gegen eine Religion entscheiden können soll, ohne von den Eltern fürs Leben gekennzeichnet worden zu sein.

Auch ist mir nicht ganz klar, warum hier ein „Erziehungsrecht“ betroffen ist. Was hat denn Körpermodifizierung von Kindern mit Erziehung zu tun? Es wird doch niemandem untersagt, sein Kind z.B. im muslimischen oder jüdischen Glauben zu erziehen.

Die Frage ist doch, was bewirkt das Gebot, seine eigenen Kinder aus religiösen Gründen einer Körpermodifikation zu unterziehen, im Kopf von Erwachsenen? Warum fällt es diesen offenbar so schwer, davon abzulassen?

Gruß
M.

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Hallo,

Die Diskussion, wie sie hier und an diversen anderen Orten im
Internet gelaufen ist, ist mir zu sehr rechts-technisch
orientiert.

Mir zu wenig. Müsste sie aber sein, weil es um ein Gerichtsurteil geht.

Wer darüber hinaus interessiert ist, dem empfehle ich die
beiden folgenden Artikel:

Ich brauche keine tendenziösen Artikel. Weder von der einen, noch von der anderen Seite.
Warum glauben eigentlich hier manche, wir, für die das Urteil in Ordnung geht, wären zu blöde zu begreifen, dass es aus religiöser Sicht womöglich nicht in Ordnung geht?
Meine Frau und ich kommen aus Ländern, in denen es nicht unter Strafe steht, sein Kind zu schlagen. Meine Frau kommt aus einem Land, in dem neben dem offiziellen Rechtssystem auch noch Stammesrecht gilt. Ich sehe und erlebe in beiden Ländern, weil ich in ihnen lebe, die Unzulänglichkeiten der Rechtssysteme. Akzeptieren muss ich sie aber—sonst müssen wir ganz woanders hinziehen.

Wenn Deutschland anfängt zuzulassen, dass religiös motivierte Handlungen zu einer Aushebelung von Gesetzesvorschriften führen, mag ich mir die Folgen nicht ausmalen.

Gruß

Jo

Hallo Iris

Interview mit Professor Michael Bongardt im Cicero-Magazin. Er
bildet in Berlin Ethik-Lehrer aus:
http://www.cicero.de/salon/toleranz-gehoert-nicht-zu…

zunächst einmal - von deutlich größerem Interesse zumindest für mich ist nicht, ob Herr Bongardt Ethiklehrer ausbildet, sondern was ihn dazu (und zu seinen Aussagen in Cicero) qualifiziert: er ist katholischer Theologe und war bis 2003 auch geweihter Priester. Er macht selbst deutlich, worum es ihm und seinen christlichen Glaubensbrüdern und -schwestern in dieser Diskussion vor allem geht - nicht um grundsätzliche Solidarität mit Muslimen und Juden sondern
„Es geht […] vor allem darum, dass das Verhältnis von Staat und Religion […] neu austariert werden muss“.

Das ist durchaus ebenfalls " rechts-technisch orientiert".

Aber natürlich gibt es da auch eine andere „Orientierung“, die mir nun wiederum missfällt. Was mir als erstes auffällt, ist die Überschrift des Artikels „Beschneidung ist keine Verstümmelung“ und Herrn Bongardts verhement vorgetragenes Lamento: „halte ich es für völlig überzogen, von einer Verstümmelung zu reden“. Wer denn da eigentlich von „Verstümmelung“ geredet hat, enthält uns Herr Bongardt vor - in der Urteilsbegründung jedenfalls und auch hier im Brett ist auf dieser Ebene nicht argumentiert worden. Wobei man sich natürlich schon fragen kann, warum bei Mädchen (mE völlig zu recht) hierzulande unwidersprochen von „Genitalverstümmelung“ gesprochen werden darf (so auch von Herrn Heinig auf hagalil.com) während dies bei Knaben so völlig abwegig sein soll - liegt doch vom Geschlecht abgesehen nur ein gradueller Unterschied in der Schwere der dauerhaften und irreparablen Veränderung des Genitals vor.

Ob eine derartige „Orientierung“ der Diskussion sachgerecht und hilfreich ist, erlaube ich mir zu bezweifeln. Darüber hinaus sehe ich in dem Interview keine Aspekte berührt, die nicht auch schon hier eingehend behandelt wurden. Insbesondere gehört wohl auch Professor Bongardt zu den Leuten, die nicht so ganz Inhalt und Schranken des Grundrechtes auf Religionsfreiheit verstehen - dass diese Schranken durch die Rechte - und erst recht Grundrechte - Dritter gesetzt werden. Auch, wenn es sich bei diesen Dritten um die eigenen Kinder handelt.

Hans Michael Heinig, Professor für öffentliches Recht und
Kirchenrecht an der Universität Göttingen:

  • da haben wir nun einen Sprecher der evangelischen Fraktion. Ergänzend zur Qualifikation: Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland

Beschneidungsurteil: Juristisch und rechtsethisch fragwürdig
http://www.hagalil.com/archiv/2012/06/28/beschneidun…

Wie auch immer - gerade dieser Kommentar ist doch ebenfalls ausgesprochen " rechts-technisch orientiert" - oder nicht? Herr Heinigs Urteilsschelte unterscheidet sich doch von den hier vorgebrachten rechtlichen Argumenten lediglich dadurch, dass er die „grundrechtliche Kollisionslage“ zwischen dem Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit einerseits und dem elterlichen Recht zur religiösen Erziehung andererseits anders wertet als das Kölner Landgericht. Heinig gibt auch richtig als zusätzliche Begründung die Irreversibiliät der Beschneidung an, die einen Eingriff in die Religionsfreiheit des Kindes darstellt („diese Veränderung läuft dem Interesse des Kindes später selbst über seine Religionszugehörigkeit entscheiden zu können zuwider“).

Heinigs Argumentation läuft nun in erster Linie darauf hinaus, den Eingriff in die körperliche Unversehrtheit zu bagatellisieren (auch wenn er alle drei Begründungsschritte für fragwürdig hält). Vor allem hält er sich an dem in der Begründung angeführten Recht auf gewaltfreie Erziehung (§ 1631 Abs. 2 BGB Satz 1) fest. Dass „der soziale Sinn und das physiologische Geschehen einer kunstgerecht durchgeführten Zirkumzision“ etwas anderes sind als „körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen“ (das steht allerdings erst in Satz 2!) ist sicher richtig - dass eine Beschneidung eine elterlich angeordnete Gewalteinwirkung ist, vermag er jedoch nicht überzeugend zu widerlegen. Auf das deutlich höher zu wertende Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung gemäß Artikel 2 Abs.1 und 2 Satz 1 GG geht Heinig (wohl aus gutem Grund) gar nicht erst ein. Dafür verbeisst er sich ausführlich und langatmig (und z.T. mit rechtsfremden Argumenten) in die dritte - zugegeben schwächste - Begründung. Die allerdings die zweite und vor allem die erste, zu der Heinig nichts Substantielles zu sagen hat, lediglich stützt und als eigenständige Begründung sicherlich nicht hinreichend wäre.

Völlig abwegig und eines Juristen mE unwürdig dann diese Einlassung:
„eine gewisse historische und kulturelle Sensibilität, ein Sinn für das, was man mit einem Urteil anrichtet, wünscht man sich aber doch von der Justiz.“

Was „man“ sich von der Justiz erst einmal wünscht ist, dass sie die Gesetze anwendet - und nicht, dass sich Richter bei der Rechtsprechung statt von den Gesetzen von „historischer und kultureller Sensibilität“ gegenüber den Kirchen und anderen religiösen Gemeinschaften und einem Sinn, „was sie mit einem Urteil anrichten“ leiten lassen. Dies können und müssen sie ggf. bei der Bemessung des Strafmaßes tun. Und genau dies haben die Richter des Landgerichts Köln auch getan, als sie den angeklagten Arzt wegen Verbotsirrtum freigesprochen haben.

Freundliche Grüße,
Ralf

Auch ist mir nicht ganz klar, warum hier ein „Erziehungsrecht“
betroffen ist. Was hat denn Körpermodifizierung von Kindern
mit Erziehung zu tun? Es wird doch niemandem untersagt, sein
Kind z.B. im muslimischen oder jüdischen Glauben zu erziehen.

Das Erziehungsrecht ist betroffen, wenn diese „Körpermodifizierung“ des Kindes (wie im Judentum) wesentlicher Bestandteil der Religion ist. Damit wird sie auch zum Bestandteil der religiösen Erziehung.

Martinus

Hallo Ralf,

„Es geht […] vor allem darum, dass das Verhältnis von Staat
und Religion […] neu austariert werden muss“.

Da liegt für mich genau der Schlüssel zum Verständnis seiner Argumentation: Die (katholische) Kirche ist gar nicht so uninteressiert daran, dass wieder mehr religiöse Bräuche und Ansichten Einzug in unsere Gesellschaft halten. Da sind muslimische Bräuche als Vehikel gerade gut genug dazu.
Wie überhaupt die Diskussion einen pikanten Hintergrund hat: Jahre-, jahrzehntelang war das kein Thema, die Juden haben das immer gemacht. Jetzt aber kommen die Muslime und machen das … man denke sich was.

Gruss
Laika

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Es ist gut, Martinus.
Wir stellen die Kinder jüdischer Eltern in einen rechtsfreien Raum. Die Eltern dieser Kinder dürfen mit ihnen machen, was sie wollen. Ein solches Kind hat dann eben, wenn es später Kathole, Pornostar, Atheist oder Scientologe werden will, und zwar mit vollständigem Geschlechtsorgan, Pech gehabt. Klagen kann es nicht. Jedenfalls nicht vor Gericht.
Es hatte einfach die falschen Eltern.

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Hallo

Weiterhin sagt Bongart „Der Staat hat die Möglichkeit und in einem gewissen Rahmen sogar die Pflicht, auch die Pluralität von Traditionen, die man vielleicht als Außenstehender nicht versteht, anzuerkennen. Dabei geht es nicht nur um Religionsfreiheit, sondern im weiteren Sinne um die Freiheit jeder und jedes Einzelnen, darüber zu entscheiden, was man für ein gutes und richtiges Leben hält. Diese Freiheit muss berücksichtigt werden.“

Ja eben.

Auch diese Freiheit muss berücksichtigt werden, jedes Einzelnen, auch jedes einzelnen Babys. - So meinte er es allerdings wohl nicht. Das Baby scheint er eher als Teil der Eltern zu betrachten, was aber nach hiesigem Rechtsverständnis ja nur maximal bis zur Geburt - eigentlich bis zur 12. Schwangerschaftswoche, falls nicht behindert - der Fall ist.

Viele Grüße

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Hallo.

Was denn sonst? In einem Rechtsstaat kann doch wohl nur das
gesetzte Recht maßgebend sein und nicht irgendeine kulturelle
Eigenart.

Und woher kommt dieses Recht? Fällt es vom Himmel oder ist es eben nicht wiederum die Gesellschaft, welches dieses setzt? Und genau hier kommt das Problem bei dem Urteil zu Tage, dass nämlich diese Gesellschaft viele Frage in ihrem Recht offen lässt, eben nicht mehr gesellschaftlich hier eine Meinung bildet und daraus ein Recht macht, sondern dieses der Justiz überlässt und diese hat eben nur noch „rechts-technisch“ Mittel zur Verfügung.

Wenn Professor Michael Bongardt sagt, dass „Beschneidungen von
Mädchen etwas völlig anderes sind …“
, kann man sich ja auch
fragen: Warum? Es ist Kultur in anderen Weltgegenden, dort
sicher auch unsachgemäß durchgeführt, wohl auch nicht
unbedingt durch die Religion vorgeschrieben, aber eben
„Kultur“.

Einfach weil Köpermisshandlung hier etwas anderes ist als Köperverletzung.

Das ist vielleicht so ähnlich wie bei den „Kopftüchern bei
Lehrerinnen“. Wenn das üblich wird bei uns, reden wir bald
auch über „Burkas/Ganzkörperverschleierungen bei Lehrerinnen.“

Wenn wir als Gesellschaft nicht wissen, warum wir etwas wollen und anderes eben nicht, uns hier keine sachlichen Argumente vorliegen, wäre dem so. Aber genau darauf gehen die Artikel von Iris ja gerade ein.

Also z.B. auch Zwangsverheiratung - „Pluralität von
Traditionen“
! - tolerieren?

Wie du zitiertest: „… in einem gewissen Rahmen“. In diesem Sinn muss der Staat hinnehmen, wenn jemand freiwillig Fremdverheiratet wird, wenn der Partner durch die Eltern gefunden und akzeptiert wird.

Zum Schluss eine Frage: Woher kommt denn die Vorschrift der
Beschneidung? Die Begründung „steht in der Bibel“ reicht mir
nicht.

Geht es darum? Nein, es geht hier um Kulturen und diese als solche so zu akzepteiren.

Gruss,
Eli

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Hi.

Was „man“ sich von der Justiz erst einmal wünscht ist, dass
sie die Gesetze anwendet - und nicht, dass sich Richter bei
der Rechtsprechung statt von den Gesetzen von „historischer
und kultureller Sensibilität“ gegenüber den Kirchen und
anderen religiösen Gemeinschaften und einem Sinn, „was sie mit
einem Urteil anrichten“ leiten lassen.

„Sensibilität“ wünschst man natürlich auch.

Dies können und müssen
sie ggf. bei der Bemessung des Strafmaßes tun.

Somit sind aber meine anfängliche Bedenken weg.

Danke

Balázs

Hallo

Theodor Herzl, der Begründer des Zionismus, hatte sich ja geweigert, seinen Sohn beschneiden zu lassen.

Viele Grüße

Hallo Laika,

Zum Schluss eine Frage: Woher kommt denn die Vorschrift der
Beschneidung? Die Begründung „steht in der Bibel“ reicht mir
nicht. Sie ist sicher lange gewachsen. In einer Weltgegend und
Zeit, die eine völlig andere ist als unsere (heutige) - was
vielleicht kein Grund ist. Ketzerisch argwöhne ich mal: In der
Weltgegend war es sehr trocken, wenig Waschgelegenheit, sehr
heiß - da mag es aus hygienischen Gründen sinnvoll sein, zu
beschneiden. Das hat man dann zwecks besserer Durchsetzung in
eine religiöse Vorschrift gepackt.
Na ja, vielleicht ist das auch nur die unmaßgebliche Meinung
eines unmaßgeblichen Ungläubigen.

nein, daß ist die einzige logische Erklärung für die Entstehung
diese Brauches wie ja auch viele Zuweisungen von „Unreinheit“
(z.Bsp.nach der Regel bei Frauen) oder entsprechende
Speisevorschriften welche aus der Erfahrung die Gefährlichkeit
des Verzehrs von bestimmten Tieren (Parasiten bei Schweinen)
feststellten.
Wenn aber die Beschneidung hier zu einem elementaren Bestandteil
einer Religion wurde, so können wir sie - egal woher sie ihren
Ursprung hatte - nicht locker abtun und versuchen die tiefe
Bedeutung , welche sie für Juden (für Muslime kann ich nicht so
genau nachvollziehen) hat zu ignorieren. Die Beschneidung besiegelt
den Bund mit Gott. Sie ist das sichtbare Zeichen (Brandmal ?)
der unauslöschlichen Zugehörigkeit des Menschen und des Volkes
Israel zu ihm.Dies zu untersagen ist schon einschneidend.
Auch wenn man heute nicht versteht (müssen wir das ?) warum Mädchen
dieses „Siegels“ nicht würdig sind. Die hygienische Komponente
des Ursprung der Beschneidung wird dadurch wahrscheinlicher.
Nun geht es aber um unsere Wertvorstellung, hier bei uns
in unserem Kulturkreis auch mit seiner sich entwickelnden
Sensibilisierung zum Problem der körperlich Unversehrtheit.
(ich habe an anderer Stelle schon darauf angesprochen).
Kein Gericht kann da Kompromisse definieren etwa wie:
"Wenn elementare religiöse Befindlichkeiten berührt werden, dann
darf eine Körperverletzung eines Menschen, auch ohne dessen
Zustimmung, unter spezieller Kontrolle, durchgeführt werden
auch wenn die Körperverletzung zeitlebens ersichtbar ist.

Genau diesen Satz oder einen ähnlichen in dessen Bedeutung müßte
ein (hohes) Gericht aussprechen oder einen solchen vom
Gesetzgeber formulierten bestätigen um den Wünschen der
entsprechenden Religionen (oder noch andere Gruppen) zu genügen.

Dies ist einfach nicht vorstellbar. Dies sollten sich alle, welche
da ein großes Geschrei erheben mal hinter die Ohren schreiben

Gruß VIKTOR

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Hallo,

Und woher kommt dieses Recht? Fällt es vom Himmel oder ist es
eben nicht wiederum die Gesellschaft, welches dieses setzt?
Und genau hier kommt das Problem bei dem Urteil zu Tage, dass
nämlich diese Gesellschaft viele Frage in ihrem Recht offen
lässt, eben nicht mehr gesellschaftlich hier eine Meinung
bildet und daraus ein Recht macht, sondern dieses der Justiz
überlässt und diese hat eben nur noch „rechts-technisch“
Mittel zur Verfügung.

eben, die Gesellschaft insgesamt macht die Regeln. Wo sich dann auch ggf. jeder der Gesellschaft dran halten sollte.

Wie du zitiertest: „… in einem gewissen Rahmen“. In diesem
Sinn muss der Staat hinnehmen, wenn jemand freiwillig
Fremdverheiratet wird, wenn der Partner durch die Eltern
gefunden und akzeptiert wird.

Das Gleiche gilt ja für die Beschneidung: Wo kein Kläger, da kein Richter.

Gruß
T.

Hallo.

Sorry, da geht mir die Hutschnur hoch, wenn ein Ethikprofessor
es nicht richtig findet, dass die körperliche Unversehrtheit
über die Erziehungsrechte der Eltern steht, dann weiß ich
nicht, welche Leiden Kinder (vom Rechtsstaat unterstützt) noch
so erleiden müssen.

Welches Leiden? Es ist schon erstaunlich wie hier auf rein subjektiver Basis festgelegt wird, was das Wohl des Kinders sei bzw. wann ein Kind leidet.

Bei einer solchen Argumentation sollte hier eigentlich jedem die Hutschnurr hochgehen.

Dann sind wir wieder bei Beschneidungen von Mädchen, bei
Züchtigungsmaßnahmen usw.

Eben nicht, eben nicht.

Was spricht dagegen, das so festzulegen?

Die fehlende gesellschaftliche Diskussion darüber. So sind Teile der Gesellschaft eben mit dieser Festsetzung so nicht zufrieden und darum auch hier die Diskussion.

Wo ist hierbei das Problem?

Gruss,
Eli

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Hallo.

eben, die Gesellschaft insgesamt macht die Regeln. Wo sich
dann auch ggf. jeder der Gesellschaft dran halten sollte.

Ich hoffe doch nicht! Jede Gesellschaft lebt davon und ist auch alleine dann freiheitlich und demokratisch, wenn Teile der Gesellschaft immer wieder gemachte Festsetzungen hinterfragen. Wobei ich in diesem Fall gar bezweifle, dass eine solche Festsetzung so je gemacht wurde.
Warum gab es rechtlich wo Jahrzehntelang diesen Graubereich?

Wie du zitiertest: „… in einem gewissen Rahmen“. In diesem
Sinn muss der Staat hinnehmen, wenn jemand freiwillig
Fremdverheiratet wird, wenn der Partner durch die Eltern
gefunden und akzeptiert wird.

Das Gleiche gilt ja für die Beschneidung: Wo kein Kläger, da
kein Richter.

Diese Gleichsetzung verstehe ich überhaupt nicht, da eben ja der Rahmen gerade beschnitten wurden, also eben gerade nicht mehr besteht.

Gruss,
Eli

Hallo.

Diese Gleichsetzung verstehe ich überhaupt nicht, da eben ja
der Rahmen gerade beschnitten wurden, also eben gerade nicht
mehr besteht.

das heisst ja nur, dass die Möglichkeit besteht, dass der Arzt verklagt wird. Solange das keiner tut passiert ihm natürlich nichts.

Gruss,
T.

Hallo,

Wobei man sich
natürlich schon fragen kann, warum bei Mädchen (mE völlig zu
recht) hierzulande unwidersprochen von „Genitalverstümmelung“
gesprochen werden darf (so auch von Herrn Heinig auf
hagalil.com) während dies bei Knaben so völlig abwegig sein
soll - liegt doch vom Geschlecht abgesehen nur ein gradueller
Unterschied in der Schwere der dauerhaften und irreparablen
Veränderung des Genitals vor.

Du hast ja tatsächlich überhaupt gar keine Ahnung von dem Unterschied …
Von „Verstümmelung“ kann man sprechen wenn von Organen oder Gliedmaßen nur ein unbrauchbarer(!), kleiner Rest - also ein Stummel - übrigbleibt.
Und „graduell“ suggeriert ja: „geringfügig“.
Oder würdest Du den Temperaturunterschied zwischen Sonne und Erde als „graduellen Unterschied“ in der Hitze betiteln?

Mein Tip: informiere Dich doch einfach mal über den Unterschied …

Grüße
K.

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