Tach,
Eine bestimmte Weltanschauung hat also deiner Meinung nach
Toleranz und Nächstenliebe für sich gepachtet.
Nein. Hab’ ich nirgendwo behauptet. Aber ich finde es nicht schlecht wenn in den Schulen die Werte vermittelt werden, die hier bei uns verbreitet sind.
Es kommt alles
drauf an, wie man die Bibel interpretiert. Auch Gewalt gegen
Ungläubige könnte bei entsprechender Interpretation gebilligt
werden.
Wenn man will kann man alles überall hineininterpretieren. Im heutigen Christentum wird aber nicht Gewalt gegen Ungläubige propagiert, sondern Toleranz und Nächstenliebe.
Die von dir angesprochenen Werte sind nicht christlichen
Ursprungs. Erst als man der Kirche die Herrschaft über das
Volk abgenommen hatte, wurden Grundrechte wie körperliche
Unversehrtheit, Glaubensfreiheit usw. installiert. Davor:
siehe Deschner.
In der Bibel wird Nächstenliebe propagiert - also sehe ich das schon so daß es einen christlichen Ursprung hat. Das schließt nicht aus daß andere Religionen ebensolche Ansätze haben. Nur - bei uns war das Christentum prägend.
Daß es mal Zeiten gab in denen Kirchenfürsten unheilvollen weltlichen Einfluß hatten bestreite ich nicht (hat nebenbei selbst der verstorbene Papst JP II so gesagt…). Aber das tut heute nichts mehr zu Sache weil es Vergangenheit ist. Jetzt geht’s doch darum daß man die positiven Botschaften aufgreift, und nicht die schmutzige Wäsche von früher wäscht.
Wenn früher Christen zu solchen Unmenschlichkeiten fähig
waren, wieso soll das heute nicht mehr passieren?
Weil man aus den Fehlern von früher gelernt hat. Weil die Kirche heute nicht mehr den weltlichen Einfluß hat, den sie früher hatte. Weil unsere Gesellschaftkultur eine andere ist.
Natürlich sind die Menschen heute genauso verführbar oder fehlerhaft wie früher, aber in unseren Breiten hat die Kirche nicht mehr den politischen Einfluß, den sie bräuchte um unsere Wertvorstellungen zu unterminieren.
Wie leicht
Leute zu verblenden sind, sieht man ja an [dieses Pronomen
schreibe ich jetzt nicht, um nicht irgendeinen persönlichen
Streit anzufangen].
Woran?
Ich verbinde das im Augenblick eher mit dem Islam. Der ist nämlich in manchen Ländern Staatsreligion und dort leitet sich z. B. das weltliche Recht aus dem Koran ab.
Das ist hier anders: hier gilt das Grundgesetz - und nicht die Bibel. Insofern kannst Du es nicht einfach gleichsetzen als ob die Kirche hier bei uns - oder speziell in Bayern - der „Gesetzgeber“ wäre. Das war hier vor 300 Jahren so, aber die Zeiten sind nun mal vorbei. Deswegen finde ich es abenteuerlich wenn Du da Parallelen ziehst.
Dass eine positive ethische Einstellung
nur durch Religion zu Stande kommt, ist ein schlimmer
Irrglaube.
Nein, nicht durch Religion. Aber durch Werte. Und warum soll man positiv besetzte Werte wie Toleranz, Nächstenliebe, Freiheit, Demokratie etc., die bei uns mit christlichen Einstellungen assoziiert werden, nicht vermitteln?
Ach so, dass berechtigt uns dann also dazu, den Kindern die
Möglichkeit zu nehmen, ohne Religion aufzuwachsen.
Wer nimmt denn diese Möglichkeit? Es ist doch in der Realität überhaupt nicht so daß irgendwer zu religiösem Verhalten gezwungen wird. Wer seine Kinder nicht im Sinne einer bestimmten Religion erziehen will wird dazu in Deutschland/Europa nicht gezwungen. Oder willst Du wirklich behaupten daß es anders wäre? Dann informiere Dich mal über manche andere Länder auf der Welt… dann merkst Du wie tolerant es hier zugeht.
Aber man kommt ja nicht umhin Kindern auch moralische Orientierungen zu geben, und da kann es ja wohl nicht verkehrt sein wenn ihnen tolerantes Verhalten beigebracht wird. Es geht doch gar nicht primär um Religion oder Zwang sie auszuüben, sondern darum eine Orientierung zu geben - und das, was hier vermittelt wird, ist sicher kein schlechter Ansatz.
Der springende Punkt ist doch: alle Deutschen sind frei in
ihrem Glauben.
Genau - das sind sie ja auch. Oder hast Du Probleme weil Du nicht in die Kirche gehst… Oder hat Dein Nachbar ein Problem weil er vielleicht Moslem, Christ oder Hindu ist? Hier kann jeder machen was er will - und diese Toleranz ist ein Ergebnis unserer Weltanschauung und dessen, was unsere Schulen vermitteln.
Der Staat muss sich neutral verhalten.
Mit Sicherheit nicht! Der Staat muß dafür sorgen daß wir so tolerant bleiben wie wir sind. Und dazu gehört daß hier nicht jeder Schüler lernt daß er „machen kann was er will“, sondern daß jeder maximale Freiheit hat wenn er die Freiheit der anderen ebenso achtet. Das hat nicht primär mit Religion zu tun, aber mit einem Weltbild, das wir - zum Glück! - haben.