Hallo. Der Mann meiner Mutter (nicht mein Vater) ist vor 2 Wochen gestorben.
Er hat einen Sohn. Der Sohn sagte meiner Mutter gleich, dass er auf seinen Erbteil verzichtet. Meine Mutter und ihr Mann haben ein normales Testament, also sozusagen sie erbt…aber der Sohn würde ja wohl diesen Pflichtteil bekommen.
Nun ist meine Frage, ob sie sich das schriftlich geben lassen soll und wenn ja, wie?
Danke schon mal
Nein, wenn er auf sein Erbe verzichtet, bekommt er auch keinen Pflichtteil.
Den bekommt jemand nur, wenn man enterbt wird…
Die Ausschlagung muss er binnen 6 Wochen vor dem Nachlaßgericht machen!
ramses90
Hmm. Einfach so? Oder weiß er mehr als deine Mutter? So mancher wünschte sich, er hätte das Erbe ausgeschlagen, als man ihm die Höhe der Schulden auflistete, die er geerbt hat.
Ich verstehe den Fall so, dass die Mutter Alleinerbin ist und der Sohn darum seinen Pflichtteil beanspruchen kann, auf den er nun verzichten möchte.
Es würde genügen, wenn er ihn einfach nicht geltend machte. Ein Erbe ist etwas anderes als ein Pflichtteil. Man tritt mit einem Pflichtteilsanspruch nicht wie beim Erbe in die Rechtsstellung des Erblassers ein, „erbt“ keine Schulden usw. Es handelt sich beim Pflichtteilsanspruch einfach nur um einen Anspruch auf Geldzahlung gegen den Erben. Darum genügt es, ihn zu ignorieren.
Der Sohn kann auf seinen Pflichtteil aber auch ausdrücklich verzichten. Da der Erblasser schon verstorben ist, gibt es hierfür keine Formvorschriften. Ein Blatt Papier mit Unterschrift, selbst eine mündliche Erklärung würde reichen. Ich würde die Variante mit dem Papier vorziehen.
Sollte der Sohn tatsächlich Erbe sein, was sich aus dem Testament ergeben müsste, kann er das Erbe beim Nachlassgericht ausschlagen. Das kostet eine Unterschrift und ein paar Euro. Auf den Pflichtteil hätte er dann, wie @ramses90 schon angemerkt hat, keinen Anspruch.
Achso, also wäre meine Mutter jetzt erst mal Alleinerbin? Dachte dass es normal ist, dass sein Sohn einen Pflichtteil bekommt.
Es sind keine Schulden da, sie besitzen eine Wohnung, die abbezahlt ist.
Meine Mutter meinte, wenn er jetzt nen Pflichtteil haben möchte, müsste sie die Wohnung verkaufen🤷♀️
Das hängt vom Testament ab. Wenn das Testament deine Mutter ohne Einschränkung als Erbin einsetzt und niemanden sonst, ist sie Alleinerbin. Dann ist der Sohn enterbt.
Ein Pflichtteil ist kein Erbe. Ein Pflichtteil ist, vereinfacht gesagt, nur ein Anspruch des Enterbten gegen den Erben auf Zahlung von Geld.
Das ist schlicht falsch:
Selbstverständlich kann man das Erbe ausschlagen und DADURCH Anspruch auf den Pflichtteil überhaupt erwerben.
Das ist ein weit verbreitetes Missverständnis. Der Pflichtteilsanspruch ist ein Anspruch der vom Berechtigten ausdrücklich geltend gemacht werden muss. Nur dann muss er korrekt berechnet und in Geld an den Berechtigten auszahlt werden (im streitigen Fall üblicherweise per Stufenklage zunächst auf Auskunft über den Wert des Nachlasses durch Nachlassverzeichnis und dann auf Zahlung des entsprechenden Geldbetrags).
Solange ein Pflichtteilsberechtigter diesbezüglich nichts unternimmt, bekommt er auch nichts. Insoweit muss auf den Pflichtteilsanspruch auch nicht ausdrücklich verzichtet werden, wenn man hierdurch nicht besondere Rechtssicherheit z.B. in Bezug auf anderweitige vermögensrechtliche Regelungen erhalten will (z.B. im Rahmen eines Erbvertrags).
Der Verzicht auf einen an sich zustehenden Pflichtteil durch reines Nichtstun ist eine recht häufig zu beobachtende Situation bei Vorliegen eines klassischen Berliner Testaments, durch das sich die Ehegatten zunächst nur selbst gegenseitig als Alleinerben einsetzen, und nach dem Letztversterbenden dann typischerweise die Kinder zu gleichen Teilen erben. D.h. die Kinder akzeptieren zugunsten des überlebenden Elternteils die Enterbung im ersten Erbfall und machen auch den ihnen an sich zustehenden Pflichtteilsanspruch nicht geltend, damit der überlebende Elternteil gerade nicht - wie auch hier - gezwungen ist die selbst bewohnte Immobilie zu veräußern, da der Pflichtteilsanspruch anderweitig nicht aus sonstigem Vermögen gezahlt werden kann.
Auf der anderen Seite steht es aber natürlich auch dem überlebenden Elternteil frei, ohne dass der Pflichtteilsanspruch geltend gemacht wurde, und trotz Berliner Testament dem Kind/den Kindern nach dem ersten Erbfall bereits etwas zukommen zu lassen, das sich ggf. in Höhe und Form (Geldbetrag) an dem orientiert, was einem Pflichtteil entsprechen würde.
Es ist durchaus hilfreich, wenn man verlinkte Artikel selber liest, bevor man sie postet und dann Aussagen tätigt, deren vermeintlichen Wahrheitsgehalt man anhand des verlinkten Inhalts belegen will!
Zitat aus der von dir verlinkten Quelle:
„Wollen Sie als gesetzlicher Erbe das Erbe ausschlagen, steht Ihnen der gesetzliche Pflichtteil zu. Dieser beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Sind Sie testamentarisch als Erbe bestimmt und wollen das Erbe ausschlagen, haben Sie einhergehend mit der Erbausschlagung keinerlei Ansprüche gegen den Nachlass.“
@anon58271165 hat mit seinem Hinweis
also genau den Fall beschrieben, der im dritten Satz des obigen Zitats aus deiner Internetquelle betrachtet wird:
„Sind Sie testamentarisch als Erbe bestimmt und wollen das Erbe ausschlagen, haben Sie einhergehend mit der Erbausschlagung keinerlei Ansprüche gegen den Nachlass.“
Ums kurz zu machen: Deine Behauptung
ist schlicht falsch.
Die von Dir verlinkte Seite stellt die Sache leider in gefährlicher Art nicht richtig dar, denn es handelt sich hier gerade nicht um den Normalfall, sondern um einen Ausnahmefall, der in § 2306 BGB geregelt ist. Hiernach kann ausnahmsweise ein belastetes Erbe ausgeschlagen werden, und dann trotzdem der Pflichtteilsanspruch geltend gemacht werden, wobei man tunlichst darauf achten sollte, das Erbe dann auch genau mit dieser Begründung auszuschlagen. Ein belastetes Erbe wäre z.B. ein Erbe bei dem Testamentsvollstreckung angeordnet ist, ein pflichtteilsberechtigter Erbe nur Nacherbe werden soll, Vermächtnisse ausgesetzt sind, eine Teilungsanordnung besteht, oder der Erbe Auflagen zu erfüllen hat, die das Erbe mindern (hier typischer Fall, dass durch die Auflagen das Erbe unter dem Strich auf weniger als der Pflichtteil kommen würde).
D.h. umgekehrt: Ist das Erbe nicht belastet, und schlägt man es als Pflichtteilsberechtigter aus, gibt es auch keinen Anspruch auf dem Pflichtteil mehr! Und insoweit ist der verlinkte Beitrag eben gefährlich, weil er suggeriert, dass man als pflichtteilsberechtigter Erbe aus beliebigen Gründen ein Erbe ausschlagen könnte, und dann in jedem Fall den Pflichtteilsanspruch behalten würde. Dies ist gerade nicht der Fall!
Es würde genügen, wenn er ihn einfach nicht geltend machte.
Ein Blatt Papier mit Unterschrift, selbst eine mündliche Erklärung würde reichen. Ich würde die Variante mit dem Papier vorziehen.
Wenn es genügt, dass sich der Sohn passiv verhält, indem er einfach keine Ansprüche geltend macht, warum sollte er dann trotzem aktiv werden bzw. warum würdest du die Papier-Variante vorziehen?
Wenn ich das tun würde, bei allen Testamenten, in denen ich nicht berücksichtigt wurde, wäre das ja ein Vollzeit-Job für mich.
Wie viele Erbfälle gibt es denn pro Jahr/Monat/Woche/Tag, bei denen du Anspruch auf einen Pflichtteil hast?
Es gibt Situationen bei denen der Alleinerbe finanzielle Dispositionen gegenüber einen Pflichtteilsberechtigten treffen will, die er nur dann zu treffen bereit ist, wenn dieser auf seinen Pflichtteilsanspruch ausdrücklich verzichtet, damit dieser nicht dann nach der getroffenen Regelung im nächsten Moment damit kommt, dass er ja auch noch einen Pflichtteilsanspruch hat, den er nun geltend macht.
Das kommt recht häufig vor. D.h. die Eltern wollen sich grundsätzlich bestmöglich gegenseitig durch ein Berliner Testament absichern, und trotzdem will der überlebende Elternteil dann finanzielle Regelungen zugunsten eines/der Kinder treffen, die er aber nur treffen will/kann, wenn er sicher sein kann, dass dann nicht noch der Pflichtteilsanspruch nachgeschoben wird.
Typische Fälle sind Übertragungen von Immobilien zu Lebzeiten des überlebenden Elternteils in allen möglichen Varianten. D.h. der Elternteil übergibt dann freiwillig und kostenlos/deutlich günstiger als gegenüber einem Dritten Immobilie und hat damit dann ggf. kein weiteres Vermögen mehr, um auch noch einen Pflichtteil zu zahlen.
Z.B. überlebender Elternteil will sich nach dem Tod des Ehegatten im eigenen Haus kleiner setzen, überträgt das Haus gegen Nießbrauch an der Einliegerwohnung zur eigenen weiteren Nutzung auf das Kind, das gerade dabei ist Familie zu gründen. Die einerseits um die neue Familie zu unterstützen, andererseits die Sorge um das große Haus los zu sein, und natürlich auch in Erwartung/Hoffnung auf spätere Versorgung und Pflege. Da das alles in den ersten drei Jahren nach dem Tod des Ehegatten passiert, bestünde für das Kind noch die Möglichkeit den Pflichtteil geltend zu machen. D.h. es könnte zusätzlich zum gerade umsonst erhaltenen Haus auch noch einen ordentlichen Geldbetrag fordern. Um sich dagegen abzusichern kommt in den Übergabevertrag für das Haus dann eine Klausel zum Pflichtteilsverzicht rein. Also kein großes Ding, von allen Seiten auch verständlich, …
Das sollte ein Scherz sein.
Vielen Dank für die Beantwortung meiner Frage.
So, ich habe mir nun alles durchgelesen.
Manchmal etwas schwierig, wenn man sich so gar nicht auskennt😀
Aber sie wird jetzt mal die mündliche Aussage des Sohnes akzeptieren ( gibt ja auch Zeugen ) und dann erledigen wir nun mal den Rest.
Vielen Dank Allen, die sich die Mühe gemacht haben, zu antworten
Und insoweit ist der verlinkte Beitrag eben gefährlich, weil er suggeriert,
Bei dem Praxisbeispiel mit der Zugewinngemeinschaft schreibt der Ratgeber u.a.:
„Wollen Sie das Erbe ausschlagen, können Sie den Zugewinn in Höhe von 100.000 EUR verlangen und erhalten zusätzlich als kleinen Pflichtteil ein Achtel Ihres gesetzlichen Erbteils“
Wäre das denn auch ein Ausnahmefall gem. § 2306 BGB oder ist diese Aussage eindeutig falsch und suggeriert nicht nur irgendetwas?
@Pontius Dass es Ausnahmen von dem Grundsatz gibt, dass keinen Pflichtteil erwirbt, wer sein Erbe ausschlägt, weiß ich selbst. Und @Wiz als Erbrecht-König weiß es sogar noch besser. Das Beispiel mit der Zugewinngemeinschaft kann hier aber nicht einschlägig sein, es sei denn, der Vater war mit seinem Sohn verheiratet …
Stimmt, zum Thema des konkreten Zugewinnausgleichs mit Geltendmachung des Pflichtteils hätte man auch noch zwei Sätze schreiben sollen. Das ist so eine Zwitterregelung zwischen Güterrecht und Erbrecht, die gesondert in § 2303 II S. 2 BGB i.V.m. § 1371 II, III BGB geregelt ist. Insoweit passt die nur teilweise in diesem Zusammenhang, da sie eben keine rein erbrechtliche Regelung ist.
Der überlebende Ehegatte erhält im Falle des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft mit Annahme (also immer dann, wenn er das Erbe nicht ausdrücklich ausschlägt) automatisch einen pauschalen Zugewinnausgleich. Erbe und Zugewinnausgleich ergeben zusammen den immer wieder daher fälschlicherweise als Erbanteil bezeichneten hälftigen Nachlass, der sich eigentlich aus einem 1/4 Erbe und 1/4 pauschalen Zugewinnausgleich zusammensetzt. D.h. das ist ein Automatismus, der von sich aus und ganz alleine beim weit überwiegenden Teil der Eheleute in Deutschland eintritt. Das nennt man dann die „erbrechtliche Lösung“.
Der überlebende Ehegatte kann aber tatsächlich auch das Erbe ausschlagen, und die „güterrechtliche Lösung“ wählen, bei der der Zugewinnausgleich konkret berechnet und nicht pauschaliert wird. Und in der Tat behält er dabei dann den Pflichtteilsanspruch in Bezug auf den an sich auf ihn entfallenden Erbteil von 1/4 (s.o.), somit also 1/8. Diese Lösung bietet sich immer dort an, wo ein Ehegatte als mehr oder weniger Alleinverdiener und alleiniger Inhaber des Vermögens über die Ehe einen massiven Zugewinn erwirtschaftet, der andere Ehegatte hingegen mehr oder weniger ein Nullsummenspiel hingelegt hat. Also klassische Einverdiener-Ehe mit Immobilie im Alleineigentum des Verdieners, der ggf. auch noch nett geerbt hat, …
Beachtenswert in diesen Zusammenhang allerdings dann die Frage des Voraus, der dem Ehegatten nur als Erbe, nicht aber als Pflichtteilsberechtigtem in Form des angemessenen Hausstands zukommt. Dadurch kann sich der Vorteil der güterrechtlichen Lösung schon wieder relativieren, wenn man angesichts des guten Einkommens/Vermögens des Erstverstorbenen auf recht großem Fuß (aber durchaus für die wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen) gelebt hat. Denn während der Voraus bei der erbrechtlichen Lösung allein dem Ehegatten zukommt, löst sich dieser bei der güterrechtlichen Lösung in der Erbmasse auf, und kommt dem Ehegatten dann nur noch über seinen entsprechenden Wert anteilig im Rahmen von Pflichtteil und Zugewinnausgleich zu Gute. Und dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass gebrauchter Hausrat in Geld so gut wie nichts wert ist (wenn wir nicht gerade von Designerstücken und echten Antiquitäten, … sprechen), trotzdem aber natürlich einen hohen Nutzwert hat, den man nur durch deutlich teurere Neuanschaffungen wieder erzielen kann. D.h. man begibt sich dann ganz praktisch nicht nur eines Hausrats im Geldwert von z.B. € 10.000,-- sondern muss hinterher € 30.000,-- in Neuerwerbungen stecken, damit man wieder auf den gleichen Nutzwert kommt (man kauft sich ja dann nicht ein drei Jahre altes Bett, sondern ein neues, …).
Und nennt man es kein belastetes Erbe, wenn es Einschränkungen gibt?
Oder vielleicht nur ein kleiner Anspruch im Testament zu finden ist?