Guten morgen,
Das klingt so als sei das, was gerade in GB los ist und
seinerzeit in Paris stattfand, in manchen Kreisen ganz normal.
Ich glaube das nicht. Wenn tausende randalierend und plündernd
durch die Großstädte eines Landes ziehen sind das keine
„häufiger vorkommenden Jugendsünden“ sondern hat eine andere
Qualität.
es handelt sich um hunderte und damit um einen Bruchteil dessen, was in jeder größeren Stadt nach einem Fußballspiel durch die Straßen zieht. Niemand käme in diesem Fall auf den Gedanken, davon zu reden, daß es sich bei den sich dabei regelmäßig entwickelnden Krawallen um einen Ausdruckstanz von unterdrückten und vernachlässigten Gesellschaftsschichten handelt. Stattdessen geht der Konsenz dahin, davon auszugehen, daß es sich bei Hooligans um krawallsüchtige Jugendliche und Erwachsene handelt, die sich aus Langeweile und für den Kick einfach mal hauen wollen - und auch gelegentlich das ein oder andere Einsatzfahrzeug in Brand setzen.
Auch bei den regelmäßigen Krawallen in Hamburg und Berlin sowie den inzwischen irgendwie aus der Mode gekommenen Chaostagen kann heute nicht mehr die Rede davon sein, daß sich da eine gesellschaftliche Entwicklung Bahn bricht. Es handelt sich auch dort um Krawalle von Leuten, die im wesentlich einfach Spaß daran haben, sich mit der Polizei zu hauen und fremdes Eigentum zu zerstören.
Auch wenn es hier meist untergeht: zunächst gab es eine Demonstration anläßlich des Todes von Mark Duggan, einem Gangmitglied und Drogendealer, der seit dem Tod seines Bruders zu Paranioa neigte und eine Schußwaffe bei sich trug. Vor einer Polizeistation forderte man von der Polizei Erklärungen zu besagtem Todesfall. Daß es sich bei diesen Demonstranten um gescheiterte Existenzen mit Migrantenhintergrund handelte, darf getrost bezweifelt werden. Vielmehr waren die Teilnehmer vor allem Freunde/Bekannte des Toten und andere Leute „aus der Hood“. Aus dieser Demonstration heraus entwickelten sich die Krawalle am 6. August.
Daß das ganze zu so spektakulären Bildern führte, liegt wohl daran, daß a) die Polizei überrascht wurde (und vielleicht nicht das passende Konzept parat hatte und b) u.a. Feuerwehr nach den ersten Übergriffen die Arbeit einstellte und die Häuser und Hallen abbrennen ließ.
Ein paar Bilder von einem gemütlichen Abend in der Düsseldorfer Altstadt:
http://www.youtube.com/watch?v=Cz5t-ehKsjE&feature=r…
Der Zeitungsbericht dazu:
http://www.rp-online.de/region-duesseldorf/duesseldo…
Daß da nicht mehr passiert ist, liegt daran, daß es für solche Anlässe Konzepte gibt; es werden landesweit Polizisten und andere Einsatzkräfte zusammengezogen, Urlaube gestrichen und der ganze Einsatz wird durch Stäbe über Wochen hinweg vorbereitet.
Gäbe es einen solchen Menschenauflauf spontan, wäre vermutlich jede Polizei damit überfordert. An einem normalen Abend läuft auch in deutschen Großstädten keine dreistellige Zahl von Polizisten herum. Vermutlich hat man am zweiten Abend gedacht, daß sich die Sache totgelaufen hat, was ein offensichtlicher Irrtum war. Am dritten Abend ist man in voller Stärke aufgelaufen und schon war Ruhe im Karton.
Will sagen: das, was uns als außergewöhnliches Ereignis verkauft wird, ist nichts ungewöhnliches und genau das gleiche, was sich hier anläßlich von Fußballspielen, Demonstrationen usw. auch immer wieder abspielt: zwischen denen, die friedlich demonstrieren und feiern, gibt es ein paar, die randalieren. Kommt so etwas für die Einsatzkräfte überraschend, kann das auch hier leicht mal eskalieren.
initiiert. Es bedarf - im Gegensatz zu früher - keiner
prominenten Gallionsfiguren mehr, der moderne Aufrührer muss
sich nur ins Netzwerk einklinken und ist auf dem Laufenden, wo
es zur Sache geht.
Wo es zur Sache geht, wird nicht zwischen allen potentiellen Beteiligten bei einem Täschen Mate-Tee ausdiskutiert, sondern von einigen wenigen entschieden. Ob das ganze dann per Twitter oder Telefonkette weitergegeben wird, ist lediglich eine Frage der Effizienz und der Kosten.
Egal ob in London, in Tunesien oder vor ein paar Jahren in
Paris: es startete immer mit dem Tod eines
„Gesinnungsbruders“, hervorgerufen durch die Polizei.
In Frankreich sind die gesinnungsbrüder auf der Flucht vor der Polizei in ein Trafohäuschen geflohen und haben sich dabei an den falschen kabeln festgehalten. Der Gesinnungsbruder aus Großbritannien war Drogendealer und prominentes Gangmitglied, trug eine Waffe und geriet in dieser Gemengelage in Kontakt mit einer Spezialeinheit, die sich mit Schußwaffendelikten und Gangkriminalität beschäftigt. Was sich da genau abgepielt hat, ist noch unklar, aber daß es sich bei den drei Gesinnungsgenossen um harmlose Passanten handelte, läßt sich wohl ausschließen.
anschließend als unschuldig/unbewaffnet herausstellt, schon
ist die Lunte hier genauso entzündet wie in den anderen
Ländern. Lass’ es blöderweise mal ein Mitglied einer
türkischen Großfamilie in Berlin sein, beispielsweise… Dann
rappelt es hier genauso wie es anderswo.
Kann wohl sein, nur ist es dann nicht ein Kampf der Perspektivlosen und Ausgestoßenen, sondern eine Veranstaltung von Mitgliedern einer Subkultur, die den Staat als übergeordnete Struktur nicht akzeptieren, was auch schon heute den Sicherheitsbehörden das Leben schwermacht.
Man sollte die Veranstaltung schlicht nicht glorifizieren und als Teil des Kampfes des Proletariats gegen den Kapitalismus oder so ähnlich interpretieren. Es handelt sich mehrheitlilch um Jugendliche, die in Stadtteilen aufwachsen, in denen sie im wesentlichen unter sich sind. Die sitzen nicht den ganzen Tag zuhause und denken darüber nach, was sie wohl aus ihrem Leben machen bzw. warum sie aus ihrem Leben nichts machen können, sondern das sind testosterongefüllte Energiebündel, die auf der Suche nach Freizeitbeschäftigung, Selbstbestätigung und Anerkennung durch das soziale Umfeld sind.
Gelegenheit macht Diebe oder eben auch Plünderer. Wenn es dann einen Anlaß gibt und einer das Eis bzw. die erste Scheibe bricht, entlädt sich die angestaute Energie eben auf diese unerfreuliche Art und Weise.
Gruß
Christian