Volkszählung und Jesus

Liebe Experten,

kann mir jemand sagen, aus welchen Gründen zu Jesus Zeiten eine Volkszählung gemacht wurde?
Ich kenne nur die eine Version aus meiner Schulzeit, wonach Herodes diese Zählung veranlasste, aber der Mann lebte ja anscheinend gar nicht mehr, als Jesus zur Welt kam?

Danke für Antworten im Voraus!
Gruß - iceage

Hallo,

kann mir jemand sagen, aus welchen Gründen zu Jesus Zeiten
eine Volkszählung gemacht wurde?
Ich kenne nur die eine Version aus meiner Schulzeit, wonach
Herodes diese Zählung veranlasste, aber der Mann lebte ja
anscheinend gar nicht mehr, als Jesus zur Welt kam?

Entweder verwechselst du da einiges oder ihr hattet einen echt schlechten Religionslehrer.

In Lukas 2,1 steht: Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, daß alle Welt geschätzt würde.

Also der Kaiser Augustus wollte das Volk zählen lassen, damit er wusste, mit wieviel Steuern er rechnen konnte.

Und Herodes der ältere lebte bis 4 v.Chr. Da wir nicht genau wissen, wann Jesus geboren wurde, könnte er noch gelebt haben, zu seiner Geburt. Er war ja auch nicht der einzige Herodes:
http://de.wikipedia.org/wiki/Herodes
ABer das ist eigentlich nebensächlich, da deine Frage mit Augustus beantwortet ist.

Gruß
Elke

Es ist sehr wahrscheinlich dass die erste dokumentierte Volkszählung um 6 nach Christus durch den neuen Statthalter Cyrenius der neuen Provinz Judäa veranlasst wurde.
Der Grund dafür dürfte gewesen sein, zu errechnen wieviele Steuern man dem Jüdischen Volk abpressen kann.

Die verbindung zu Jesu Geburt stellten wahrscheinlich die Evangelisten her, Prophezeihungen im alten Testament deuten darauf hin. Daraus ergibt sich für mich die Vermutung, und weil es auch sehr schwer ist genaue Infos zu bekommen, hat die Kirche ein wenig getrickst die Volkszählung ein paar Jahre vordatiert und die Beweise verschwinden lassen.

Hi,

…hat die
Kirche ein wenig getrickst die Volkszählung ein paar Jahre
vordatiert und die Beweise verschwinden lassen.

die Beweise sollen ja in einem Salzstock bei Bielefeld liegen, so wird es im nächsten Buch von Dan Brown stehen, aber wer ist um Himmels Willen „Die Kirche“?

Gruß
Torsten

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Diese Geschichte ist eine der unplausibelsten (böswillig könnte man sagen: am ungeschicktesten gefälschten) Stellen im Lukasevangelium.

„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war.“

Aus den res gestae des Augustus wissen wir, dass er mehrfach einen Zensus (lustrum) veranlasste, bei dem die wehrfähigen römischen Bürger und ihr Besitz erfasst wurden. Das ist nicht „alle Welt“ und mit Sicherheit nicht ein galiläischer Zimmermann Josef - der hatte nämlich kein römisches Bürgerrecht. Die ‚Volkszählung‘ war also doch etliche Nummern kleiner - nämlich ein Provinzialzensus. Genauer: die descriptio prima, also die unter Augustus in jeder neuen Provinz durchgeführte Ersterfassung zur Veranschlagung des Steueraufkommens. Eine descriptio prima Judäas wurde notwendig, nachdem Augustus im Jahre 6(!) König (Ethnarch) Archelaos abgesetzt und Judäa der Provinz Syrien zugeschlagen hatte. Verantwortlich für die Durchführung des Zensus war der Statthalter der betreffenden Provinz, Lukas nennt richtig den syrischen Statthalter Publius Sulpicius Quirinius (gräzisiert ‚Kyrenios‘).

Jedenfalls sind wir damit im Jahre 6, eher 7. Wenn Lukas also davon spricht, die Geburt des Johannes sei „zu der Zeit des Herodes, des Königs von Judäa“ seinem Vater Zacharias verkündet worden, die Ankündigung von Jesu Geburt hingegen im 6. Schwangerschaftsmonat der Elisabeth, so kann mit diesem ‚Herodes‘ (falls Lukas da nicht ein grober Schnitzer unterlaufen ist) allenfalls (Herodes) Archelaos gemeint sein - keinesfalls Herodes I., in dessen Regierungszeit Matthäus die Geburt Jesu datiert. Matthäus kann nicht Archelaos gemeint haben, da er Josef und seine Familie nach Herodes Tod aus Ägypten zurückkehren lässt - der (abgesetzte) Archelaos starb jedoch erst 18 n.Chr. Herodes I. hingegen starb 4 v.Chr. - zwischen den Datierungen von Lukas und Matthäus klafft eine Lücke von mindestens 10 Jahren.

Diese Ungereimtheiten sind offensichtlich - schon Tertullian (ca. 150 - 230) versuchte sie auszuräumen, indem er eine Verwechslung von Quirinius mit Sentius Saturninus (syrischer Statthalter 8 - 4 v.Chr.) behauptete und neuerdings versucht man anhand einer in Tibur Tivoli aufgefundenen Inschrift (die sich allerdings auch auf Quinctilius Varus beziehen könnte) nachzuweisen, dass Quirinius schon zu Zeiten Herodes I. einmal Statthalter Syriens gewesen sei. Was allerdings in beiden Fällen nicht erklärt, wieso die Römer in einem Klientelfürstentum (damals eben noch keine Provinz) eine Steuerschätzung hätten durchführen sollen - ein Vorgang, der nirgendwo belegt ist und auch kaum der Aufmerksamkeit des Josephus Flavius entgangen wäre, unserer zuverlässigsten Quelle.

Zurück zum judäischen Provinzialzensus. Mit ihm wurden die Wehrfähigen für die militärische Aushebung erfasst, außerdem für die Veranlagung zur Grund- und Kopfsteuer Angaben über Grundbesitz und sonstiges Eigentum erhoben. Nun war Josef jedoch aus Nazareth - mithin Untertan von Herodes Antipas, nicht römischer Provinziale. Der einzige denkbare Grund, warum ein Gäliläer sich freiwillig danach hätte drängen sollen, Rom Steuern zu zahlen, wäre Grundbesitz in Betlehem gewesen. Ohne entrichtete Grundsteuer wäre dieser Besitz eingezogen worden. Kopfsteuer kam jedoch grundsätzlich nicht in Betracht - ein Erscheinen der hochschwangeren Maria zur Eintragung in die Steuerlisten wäre (da keine Veranlagung zur Kopfsteuer) völlig überflüssig gewesen.

Von Grundbesitz (der dann wohl verpachtet gewesen sein musss, da ihn Josef offensichtlich nicht selbst bewirtschaftete) weiss Lukas darüber hinaus allerdings nichts - er nennt als Grund für die Reise lediglich „denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids“. Warum Josef dann mit seiner hochschwangeren Frau nicht bei seiner angeblichen betlehemitischen Verwandtschaft oder aber bei dem Pächter seines Grundbesitzes unterkommen konnte, verschweigt uns Lukas. Er schildert uns vielmehr ein offensichtlich materiell sehr armes Paar, bei dem man kaum nennenswerten Grundbesitz vermuten würde.

Mit dem „denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids“ macht Lukas dafür deutlich, was diese ganze Geschichte überhaupt soll: der Messias muss gemäß den Prophezeiungen (vgl. Micha 5,1) aus Betlehem stammen und Nachkomme Davids sein; vgl. dazu auch die beiden - allerdings einander widersprechenden - Stammbäume bei Lukas und Matthäus. Der Verdacht liegt nahe, dass diese ganze Volkszählungsgeschichte nur ein (schlechter) Vorwand ist, um zu begründen, warum Josef mit seiner hochschwangeren Frau eine beschwerliche Reise unternimmt. Vergleiche dazu auch Joh 7,41-52: „Andere sagten: Er ist der Messias. Wieder andere sagten: Kommt denn der Messias aus Galiäa? Sagt nicht die Schrift: Der Messias kommt aus dem Geschlecht Davids und aus dem Dorf Betlehem, wo David lebte?“ usw. - da werden genau diese Erwartungen ausgesprochen. Und interessanterweise wissen diese Leute, die da sprechen, nichts von einer Geburt Jesu in Betlehem. Und, wie ich vermute und der Text nahelegt, wusste auch Johannes nichts davon.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Elke,

Ich kenne nur die eine Version aus meiner Schulzeit, wonach
Herodes diese Zählung veranlasste, aber der Mann lebte ja
anscheinend gar nicht mehr, als Jesus zur Welt kam?

Entweder verwechselst du da einiges oder ihr hattet einen echt
schlechten Religionslehrer.

Ganz wurde die Frage nicht beantwortet. Der biblische Schurke Herodes war laut Weihnachtsgeschichte sehr wohl noch unter uns: Mathäus 2,…

In Lukas 2,1 steht: Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein
Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, daß alle Welt geschätzt
würde.

Also der Kaiser Augustus wollte das Volk zählen lassen, damit
er wusste, mit wieviel Steuern er rechnen konnte.

Die Frage war nicht Augstus sondern Herodes. Richtig wäre wohl, dass sich Dionysius Exiguus bei der Berechnung von Jesus’ Geburtstag um vier Jahre vertan haben musste. Wir leben nicht im Jahre 2009 sondern im Jahre 2013.

Er war ja auch nicht der einzige Herodes

Da wird eine Frage beantwortet, die nicht gestellt wurde. Wag an, wie konnte Herodes mit den Heiligen drei Königen parlieren, da er doch längst tot war.

ABer das ist eigentlich nebensächlich, da deine Frage mit
Augustus beantwortet ist.

Eben nicht. Der verehrungswürdige Denisius Exiguus hat sich da geirrt. Woher stammt nun dieses Datum? Weihnachten wurde von dem gelehrten Mönch Dionysis Exiguus auf den 25. Dezember festgelegt. Für dieses Datum hatte er, wie wir wissen, gute Gründe. An diesem Tag feierten die heidnischen Römer das Sol invictus, das Fest von der Unbesiegbarkeit der Sonne. Auch hatten römische Legionäre aus Asien den Götzen Mithras mitgebracht. Ihm war 25. Dezember geweiht. Auch die Goten feierten ihr Wintersonnenwendfest. Just an diesem Tag beginnen die Tage wieder länger zu werden. Dieses Datum für Weihnachten wurde deshalb von Papst Liberius als günstig befunden und auf diesen Tag festgelegt. Somit konnten gleich drei Heidenfêten christianisiert werden.
Doch die Sache mit dem Stern „Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland …“ ist noch nicht besprochen. Große Männer, wie z.B. Kepler, Newton und Halley, haben sich intensiv mit der Weihnachtsstern-Frage beschäftigt. Johannes Kepler vermutete eine Dreierkonjunktion von Planeten am Himmel. Seiner Vermutung nach kamen Jupiter, Saturn und Regulus sich am Himmel so nahe, dass sie sich fast berührten und zu einem Stern zu verschmelzen schienen. Solche Konjunktionen sind höchst seltene Ereignisse. Die nächste wird sich erst wieder im Jahre 2238 ereignen. Allerdings hat es nach Keplers Berechnungen bereits im Jahre 7 v.Chr. eine Konjunktion gegeben. Auf einer Babylonischen Tontafel im Britischen Museum wird so ein Ereignis beschrieben. Es wurde von Archäologen datiert – auf das Jahr 7 v.Chr
Alexander

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Hi

Sorry Thorsten für meine Oberflächlichkeit, ist ja nur eine Benennung,
wäre die Hüter des wahren Glaubens besser gewesen?

Vielen Dank für diese ausführliche Antwort!

Es wurde also im Nachhinein einiges dafür getan/ geschrieben, damit diese Person Jesus in das zuvor prophezeite Bild des Erlösers passte?

MfG - iceage

Es ist also so, dass aufgrund von Inhalten des AT später diese zeitliche Passung konstruiert wurde?

Das führt mich zu der Frage: Warum gaben sich diese Evangelisten so viel Mühe, um diesen Jesus als den authentischen Messias darzustellen?

MfG - iceage

Hi

Es frug sich einer was wohl schlimmer wäre, in Ewigkeit zu Lügen um das beste aus dem Menschen hervorzubringen oder immer zu versuchen die Wahrheit ans Licht zu bringen obwohl man wüsste dass damit nur Leid und Schmerz ausgelöst würde.
Ich weiss schon wieder nicht von wems is

und vergesslich bin ich auch,
Sie glaubten natürlich das tun zu müssen.

Vielleicht wars aber auch ganz anders

Ab hier, ab ins Philosophicum

Hallo Tychiades,
tolle Erklärung!

Nur eine Bemerkung zum Zensus zur Feststellung der Wehrfähigkeit bzw. Aushebung wage ich.
Zur Zeit Jesu waren die Legionen schon zu echten Freiwilligen/Berufsarmeen geworden. Bei den Schätzungen ging es darum kaum noch um Wehrfähigkeit. Auch in den Provinzen waren das wohl reine Steuerschätzungen, denn für die Auxiliareinheiten wurden keine Provinzialen ausgehoben, sondern unter freiwilligen Bewerber ausgewählt.
Das können wir uns heute vielleicht nicht mehr vorstellen, aber der Dienst in Legion (nur römische Bürger) und Auxiliae war zu dieser Zeit begehrt.

Gruß
Werner

Hi

wäre die Hüter des wahren Glaubens besser gewesen?

zu Anfang waren das ja nur mündlich überlieferte Geschichten und damit sich das ganze besser anhört wurden dann die einschneidenden Dinge zu der Zeit und in der Gegend miteinander vermengt: der bösartige König Herodes und die „große“ Volkszählung.
Aufgeschrieben wurde das ja erst 20 Jahre später und noch viel später mit anderen Dokumenten verglichen. Zuerst war beim Aufschreiben ja wichtig, dass die Prophezeiungen aus den Alten Schriften so einigermaßen hinkommen
Da gab es die Glaubenshüter oder die Kirche als solche noch gar nicht so richtig. Das ging erst über 100 Jahre später los.

Gruß
Torsten

Hallo Werner,
meine Quelle für den Provinzialzensus als (u.a. auch) Grundlage für Aushebungen ist das Lexikon der Antike ISBN 9783898534185 Buch anschauen :„Zweck des Provinzial-Zensus war es, die Wehrfähigen für die militärische Aushebung zu erfassen und die Angaben über den Besitz an Boden und Sklaven und über sonstiges Eigentum zu sammeln als Grundlage für die Erhebung der Grund- und der Kopfsteuer“.

Du hast aber sicher recht, dass dies zur hier in Frage stehenden Zeit lediglich formaljuristisch noch eine Rolle gespielt hat. Das Principat des Augustus war im Vergleich zur vorangegangenen Epoche der Bürgerkriege eine Zeit relativen Friedens und militärischer Demobilisierung, der Rekrutierungsbedarf war entsprechend gering. Eine Notwendigkeit für den syrischen Provinzialzensus 6 n.Chr. (zumindest für das syrische Apameia ist das Jahr 6 epigraphisch gesichert) bestand in der Tat lediglich wegen der Festlegung von tributum soli und tributum capitis (Grund- und Kopf-/Vermögenssteuer).

Wie Du schreibst, war der Dienst in den Auxiliae beliebt, nicht zuletzt weil die Einheiten häufig heimatnah stationiert waren. Nach dem germanischen Aufstand dürfte sich das etwas geändert haben - da wurde z.B. eine syrische Ala (in der ein gewisser Pantera diente, den manche für den leiblichen Vater Jesu halten) an die Grenze nach Bingium (Bingen) verlegt. Gefährliche Grenzkriege gegen Barbaren mit wenig Aussicht auf Beute ließen die Beliebtheit des Militärdienstes schnell sinken. Trotzdem musste man nicht auf Zwangsaushebungen in den Provinzen zurückgreifen, aber um die Mitte des 1. Jahrhunderts sah man sich veranlasst, die Attraktivität des Dienstes in den Auxilia durch Verleihung des Eherechts (ius conubii) und des Bürgerrechts (civitas romana) nach abgeleisteter (25-jähriger) Dienstzeit zu erhöhen.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo,

Es wurde also im Nachhinein einiges dafür getan/ geschrieben,
damit diese Person Jesus in das zuvor prophezeite Bild des
Erlösers passte?

ja - aber man sollte sich dies nicht unbedingt als gezielte Fälschungsarbeit vorstellen (dies hatte ich als ‚böswillg‘ bezeichnet). Es ist offensichtlich so gewesen, dass über das Leben Jesu vor seiner Taufe durch Johannes außerhalb der Familie nicht viel mehr bekannt war, als dass er aus Nazareth stammte. Seine Familie (sein Bruder Jakobus leitete die Jerusalemer Urgemeinde) scheint wenig auskunftsfreudig gewesen zu sein - wahrscheinlich waren die dürren Fakten auch einfach schlicht uninteressant.

Jedenfalls gab dieses Vakuum Anlass zur Legendenbildung. Da Jeschuas Anhänger (in der Mehrzahl gläubige Juden) überzeugt waren, dieser sei der angekündigte Messias, musste er logischerweise von König David abstammen und in Betlehem geboren sein. Blieb nur noch das Problem, zu erklären, wie er dann nach Galiläa kam.

In den kanonischen Evangelien finden wir zwei völlig verschiedene Erklärungen. Lukas meint, Jesu sei in Betlehem geboren worden, weil seine Familie zwecks Eintragung in die Steuerlisten dort vorstellig werden musste - eine ziemlich löchrige Konstruktion.

Matthäus hingegen erzählt, Josef und Maria seien in Betlehem ansässig gewesen. Während Lukas das Problem hat, zu erklären, wie und warum Josef und Maria nach Betlehem kamen, steht Matthäus vor dem Problem zu erklären, wie und warum Josef und Maria nach Nazareth kamen. Mätthäus lässt Jesus zunächst zu Lebzeiten Herodes I., mindestens 10 Jahre früher zur Welt kommen als Lukas (wenn das von ihm erwähnte astronomische Phänomen die Jupiter-Saturn-Konjunktion 7 v.Chr. war, 13 Jahre früher). Bei ihm gibt es keine bukolische Szene, keinen Stall, keine Krippe, keine Hirten, sondern ein paar Astrologen als Besucher. Nun lässt Matthäus die Familie von Betlehem nach Ägypten fliehen, um einem durch Herodes I. befohlenen Massaker an Neugeborenen zu entkommen (was ganz nebenbei eine weitere Prophezeiung erfüllt). Dieses angebliche Massaker ist natürlich nirgendwo historisch belegt - und das nicht, weil man nicht eifrig nach Belegen gesucht hätte. Nach dem Tod Herodes I. zieht die Familie nicht nach Betlehem zurück, sondern nun nach Nazareth in Galiläa, um etwaigen Nachstellungen von Herodes’ Sohn Archelaos zu entgehen. Was als Begründung allerdings den Schönheitsfehler hat, dass in Galiläa mit Herodes Antipas ja ebenfalls ein Sohn Herodes I. herrscht.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Johannes und die Judäer
Hallo Ralf,

Joh 7,41-52 […]
Und interessanterweise wissen diese Leute, die da sprechen, nichts von einer Geburt Jesu in Betlehem. Und, wie ich vermute und der Text nahelegt, wusste auch Johannes nichts davon.

Richtig. Nicht nur wußte der Joh-Autor nichts davon. Sondern die ganze Tendenz des Textes geht darauf hinaus: Gerade die Tatsache, daß Jesus nicht Judaer ist, ist bei ihm der Hauptgrund für die Auseinandersetzung mit der Jerusalemer Führungsschicht (archontes, archiereis = Hohe Priester, sowie speziell die pharisaioi) und der Hauptgrund für die Nichtanerkennung seiner als „Gesandter Gottes“. Siehe auch Joh. 1.46 (Nathanael):„Aus Nazareth kann etwas Gutes kommen?

Die Spannung zwischen den Judaern einerseits, Samaritanern und Galiläern andererseits zeigt sich in diesem Text sehr deutlich. Siehe dazu auch
/t/jahwe-allah-und-der-liebe-gott/2539402/44

Btw. gehört auch das zu den Argumenten der Datierung der Textentstehung.

Gruß
Metapher

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Hi

Danke Torsten, das weiss ich ja, und dass die Prophezeihungen erfüllt sein sollten ist mir auch klar.

Was ich meinte, ist, dass Beweise ohne weiteres auch später gefälscht, od. beseitigt werden konnten. Bis fast in unsere Zeit waren nur die wenigsten in der privilegierten Situation Lesen od. Schreiben zu lernen.
Besonders stutzig macht mich dass wir ziemlich genau über die Verhältnisse am Hof der alten Ägypter bescheid wissen; Sogar die Namen der Hohen Priester und selbstverständlich wer wann regiert hat.
Und dann die Griechen genauso, da weiss ich sogar wann ein einfacher Soldat den ersten Marathon gelaufen ist mit Jahrzahl.
Und ausgerechnet die Römer, die quasi die Bürokratie erfunden haben, sollten ein Ereignis wie eine Volkszählung nicht für wert befunden haben festzuhalten.

Hallo Ralf,

Der Verdacht liegt nahe,
dass diese ganze Volkszählungsgeschichte nur ein (schlechter)
Vorwand ist, um zu begründen, warum Josef mit seiner
hochschwangeren Frau eine beschwerliche Reise unternimmt.

warum sollte der Schreiber sich so verrenken und etwas Falsches
schreiben, was von den Menschen in der damaligen Zeit in doch noch
nahe Geschichte (Ereignis) war und sich damit der Gefahr aussetzen,
als Lügner entlarvt zu werden und damit die Glaubwürdigkeit seiner
Botschaft zu gefährten.
Dies gilt auch für die anderen Berichte hierzu, soweit sie sich
auf damals nahe historische Begebenheiten beziehen.
Sicher hat Matthäus auch die Adressaten seiner Aufzeichnungen im
Auge gehabt und diese entsprechend ausgewählt.
Und sicher sind auch Erzählungen und Legenden (auch bei Lukas)
mit in die „Berichte“ eingeflossen welche irgendwie überliefert
wurden, aber vom Schreiber wurden sie wohl nicht erfunden.
Aber hier von Fälschungen und Lügen auszugehen, egal wie, ist
doch ziemlich weit hergeholt.
Dazu bestand weder in der Sache noch im Anliegen ein Handlungsbedarf.
(Auch wenn der Autor der Ausgangsfrage dies so bestätigt haben will)

Wieder andere sagten: Kommt denn der Messias aus
Galiäa? Sagt nicht die Schrift: Der Messias kommt aus dem
Geschlecht Davids und aus dem Dorf Betlehem, wo David lebte?"
usw. - da werden genau diese Erwartungen ausgesprochen. Und
interessanterweise wissen diese Leute, die da sprechen, nichts
von einer Geburt Jesu in Betlehem.

Damals wie heute wird wohl kaum einer mit einem Schild um den Hals
herumgelaufen sein mit seinem Geburtsort.
Für die Zuhörer kam Jesus aus(dem verpönten) Nazareth.
Das Argument ist deshalb nicht stichhaltig.

Und, wie ich vermute und
der Text nahelegt, wusste auch Johannes nichts davon.

Das ist der Fehler vieler Wertungen die so kursieren:
„Er hat nicht darüber geschrieben, also wußte er nichts davon“
Das Johannesevangelium ist wie kein anders ein so starkes
Bekenntnis zum „Messias“ Jesus.
Und diese unerschütterliche Überzeugung impliziert auch, daß
Zweifel bezüglich seiner Abstammung (als Messias), falls sie
kennzeichnend, für den Schreiber des Joh.Evangeliums relevant
gewesen sein sollten, so nicht vorhanden waren, ob er sie
extra erwähnte, oder auch nicht.
Wertungen nur allein aus einer verbalen Textanalyse zu vollziehen
zeigen nur verkürzte „Bilder“ und sind, wie auch hier, einfach
falsch.

Gruß VIKTOR

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