Vorwort zu einem Kochbuch für Männer

Hallo,

Ich schreibe gerade ein Kochbuch für Männer.

Dazu habe ich ein Vorwort verfasst, das die Genderthematik berührt. Die Headline lautet: Ready for takeoff?

Es ist natürlich cum grano salis zu lesen, es soll unterhalten:

Frauen müssen nicht kochen können. Männer schon. Im Zuge der Emazipationsbewe­gung hat das weibliche Geschlecht weite Gebiete vermeintlich rein männlicher Tätigkeitsfelder erobert. Zur Zeit schleifen die Amazonen letzte Bastionen der Männerwelt wie die Hochfinanz oder das ehren­werte Klempnerhandwerk. Frauen reparieren Fahrräder und Herzen, sie lenken Busse und Staaten, führen Weltkon­zerne und Bordelle. Wer behauptet, sie machten das gut, sagt nur die halbe Wahrheit. Sie agieren im Allgemeinen besser als Männer.
Wie wir Männer es auch drehen und wenden mögen, wir sind nicht länger das starke, sondern in absehbarer Zeit das überflüssige Geschlecht. Die experimentell induzierte Parthenogenese ist schon möglich; das bedeutet, dass Männer selbst zur Fortpflanzung nicht länger gebraucht werden. Und, Männer, sind wir ehrlich: Wer ist schon gern entbehrlich?
Was tun? Wie können wir uns in eine zunehmend feminine Welt integrieren, ohne unser eige­nes Wesen zu ver­leug­nen? Guter Sex reicht nicht, der wird als Mindestanforderung erwartet. Auch eine Ände­rung unseres Kommunikationsverhaltens (Einfach mal die Klappe halten und zu­hören) ist nicht länger Alleinstellungsmerkmal im Marketing der Männlichkeit.
Eine Chance bleibt: Eine von Frauen geprägte Arbeitswelt wird nicht unbedingt humaner sein. Intrigen wer­den eleganter entwickelt werden, das vergiftete Lob bei der Wahl der Waffen eine mächtige Rolle spielen. Die Härte der Frauen ist nicht die plumpe des Kruppstahls, sondern die glänzende des Dia­manten. Unbarmherzig schneidend, schlimme Wunden schlagend. Hier bieten wir eine Gegenwelt, in der Frauen ihre Kämpfe vergessen können. Wir schenken ihnen unsere Auf­merksamkeit, helfen ihnen, ihre 400 Euro-Stiefel auszuziehen und schenken ihnen ein Glas Wein ein. Dies alles ist aber nur Geplänkel vor dem Höhepunkt. Wir folgen seiner Heiligkeit:
„Widme dich der Liebe und dem Kochen von ganzem Herzen.“ Diesen Satz des Dah­lei Lama haben wir längst umgesetzt. Und servieren nun keine kalorienreduzierten Nichtig­keiten, mit denen Frauen sich im Beruf kasteien. Nein, wir bieten die reichhaltige, solide Männer­küche, für den Hunger gekocht, mit der rustikalen Aromatik, die wir alle seit Anbeginn der Welt in uns tragen, So machen wir unsere Frauen, unsere Kinder glücklich. Vielleicht auch, alle zusam­men das Leben auf diesem Planeten etwas lebenswerter. Ready for take off, Männer?

Bitte um Kritik!

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

[von Gender Studies in Lesen & Schreiben verschoben - www Team]

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Kritik inhaltlich oder stylistisch?

Warum? Genau darum geht es!

Wer ist denn deine Zielgruppe? Männer, klar, aber welche spezielle Spezies? Mein Mann kann sehr gut kochen. Er würde nach zwei Sätzen deines Vorwortes leise mit dem Kopf schütteln und das Buch beiseite legen.

Data

Nur Männer „kochen“; Frauen „machen was zum Essen“!

Huhu @Claude_G

Sorry Hans-Jürgen, das musste raus;

Glückauf!

können kochen😇
„duckundweg“

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Männer, die Frauen mit 400€ Stiefeln haben. Ich bin raus…

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Und meine Mama! :grin:

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Sarah Wiener, hihihi.
Nö, im Ernst, die einzige ernstzunehmende Kandidatin ist m.E. Leah Linster, vielleicht noch der dominante Teil von dem Ehepaar, welches sonntags immer kocht (mir fällt gerade der Name nicht ein)

Data

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Hi Data,

Sonntags-Köche?
Oder meinst Du doch eher die Samstags-Köche vom WDR? klickmich

Gruß
.

Okay, samstags. Die beiden gefallen mir. Bodenständige Küche und ein wunderbarer Befehlston, der die Hierarchie ganz klar festlegt.
Hier gibts nicht an, bei, unter, auf, sondern Kartoffeln, Fleisch und Soße, gerne mit Einflüssen, aber prinzipiell sehr einfach gehalten, mit ordentlich Butter :- )

Data

Nein, es geht um Zielgruppen, den Inhalt des Vorworts und/oder den Stil.

Ist wie das:

Wenn man beim Schokoladenessen hüpft, können sich die Kalorien nicht an der Hüfte festhalten.

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Meine Oma kochte besser als meine Mama und meine Mama kochte zehnmal besser als ich. :sob:

Hallo,

Dann gehöre ich wohl nicht in die Zielgruppe, denn ich kann - ehrlich gesagt - mit diesem Text (fast) überhaupt nichts anfangen.

Im Übrigen finde ich den Text zu lang, sowas würde ich in einem Kochbuch nicht lesen sondern einfach überblättern (wenn ich danach überhaupt weiterblättern würde).

Gruß
Jörg Zabel.

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Hallo,

danke für´s feedback.

Kritik eher stilistisch. Inhaltlich geht es eher darum, Aufmerksamkeit zu generieren.

Zielgruppe sind Männer, die noch nie gekocht haben. Ganz konkret meine beiden erwachsenen Enkel.

Arbeitstitel: Kochen bis auf´s Messer (Den Titel gibt´s leider schon im Oevre des jüngst verstorbenen Wolfram Siebeck)

Untertitel: Die maskuline Küche
zeichnet sich aus durch wenig Küchenutensilien, relativ einfache Zubereitungen

Bisher habe ich so gekocht:

Das ist ein Lachsbonbon auf einer Honig-Senf-Sauce

Jetzt geht es eher darum:

Roastbeef mit Kartoffelstampf, Gemüse-Morchel-Jus und grünem Spargel

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Hallo,

wenn es nur für deine Enkel ist - die kennst du und weißt, was sie interessieren. Und wenn nicht, dann lesen lesen sie das wahrscheinlich dir zuliebe.
Fast allen anderen wird es so : überblättern oder wegen diesem Vorwort das Buch nicht kaufen.

Kaum jemand, der ein Kochbuch in die Hand nimmt, will so einen Text mit Wörtern wie Parthogenese und Kommunikationsverhalten lesen, über Frauen mit 400-Euro-Stiefeln nachdenken oder seine Geschlechterrolle reflektieren. Der Käufer eines Kochbuchs will etwas über die Art der Gerichte wissen, die da beschrieben sind, wie aufwändig sie sind, welche Zutaten verwendet werden.

Ich habe hier ein Kochbuch, das ich am Anfang meiner Kochzeit oft in der Hand hatte. Ein Taschenbuch von Edda Meyer-Berkhout, aus dem Bastei/Lübbe-Verlag. Gekauft habe ich es, weil ich damals im Ausland nach einem deutschen Kochbuch gesucht habe und das war das einzige, was ich fand. Der Titel: „Kochbuch für Adam&Eva“.

Ich tippe dir mal das Vorwort ab:
Die meisten Bücher werden für einen unbekannten Leserkreis geschrieben. Nicht das vorliegende. Denn dieses Buch schreibe ich mit einer besonderen Leidenschaft: es ist in erster Linie ein Buch für meine Freunde. Für alle die liebenswerten und oft so hilflosen, für die heiteren und verzagten, die draufgängerischen und kulinarisch so superinteressierten Wesen, die sie Mann nennen.
Jeder Mann kann kochen! Das ist meine ganz feste Überzeugung. Wenn ein Mann sagt, er könne nicht kochen, so tut er es nur, weil bisher niemand sich die Zeit nahm, es ihm beizubringen. Ich behaupt sogar, dass Männer ganz hervorragende Köche sind und daß sie, sind sie erst einmal über die allereinfachsten Anfangsgründe hinweg, es leidenschaftlich gerne tun. Das habe ich schließlich während meines Kochkurses gemerkt. Um ganz genau zu erfahren, was gesagt werden muß, damit der Erfolg gesichert ist, habe ich nämlich Männer im Kochen unterrichtet. Sie waren einhellig der Meinung, es dürfte nicht zu kompliziert sein, müsse schnell gehen. Nur wenige Experten wollen ganz spezielle Rezepte, auch wenn sie mehr Zeit erfordern. Für die gibt es ein Extra-Kapitel.
Natürlich sei es auch allen Evastöchtern unbenommen, dieses Buch zur Vervollkommnung ihrer Kochkünste zu gebrauchen.

Der Text stammt von 1976.

Was über Männer und Frauen gesagt wird, ist auch heute nicht so falsch (allerdings gibt es auch Frauen, die unkomplizierte Küche lieben und nur wenige sind an Spezialistenrezepten interessiert). Aber - abgesehen davon, dass ich das Vorwort sicher nicht beim Kauf, auch nicht gleich zu Hause, sondern wahrscheinlich nach einigen Jahren gelesen habe, vielleicht während ich auf daraufwartete, dass die Nudeln fertig kochten oder so - das Wichtige: ich weiß, was ich von den Rezepten zu erwarten habe: eher einfach, eher schnell, nicht chi-chi, und ziemlich viel Grundwissen in den Rezepten verpackt (das bestätigt auch ein Blich ins Inhaltsverzeichnis: „Kartoffeln, Nudeln oder Reis / Fleisch in der Pfanne / Salate für alle Gelegenheiten / Gemüse von A-Z / Aus Eiern, Käse und Quark / Fischgerichte - für deren Liebhaber / Vom Huhn und anderem Federvieh / Deftige Hausmannskost, wie wir sie lieben / Blitzrezepte für Superfaule / Beliebte Süßspeisen / Experten unter sich / Richtig würzen, aber wie“).

Fast alle Kochbücher haben ein Vorwort. Gelesen werden sie nicht so oft, aber wenn ja, dann sollen sie keine Feuilleton-Kolumnen für Liifestyle-Magazine mit intellektuellem Anstrich sein, sondern etwas über die Rezepte und die Art, wie da gekocht wird, aussagen.

Grüße
Siboniwe

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Du hast mir aus der Seele gesprochen. Ich hätte es wahrscheinlich nicht so toll formulieren können, aber ich 100%ig bei dir.

Data

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Hallo,

mir als Lektorin ist das Vorwort auch zu lang. Deine Zielgruppe (ich sag mal: etwas einfach gestrickte Männer) wird einen solchen Text schon wegen der Länge nicht lesen, von der geschraubten Sprache ganz zu schweigen.

Du schreibst: „Die maskuline Küche zeichnet sich aus durch wenig Küchenutensilien, relativ einfache Zubereitungen“. Das müsste sich im Text auch widerspiegeln: kurze, prägnante Sätze und einfache Worte. Und bitte nicht über eine halbe Normseite!

Schöne Grüße
Ann da Cáva

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Danke Siboniwe,

ich bin richtig gerührt, dass Du wegen mir ein ganzes Vorwort abgetippt hast.

Das Vorwort ist gut gemacht und würde auch heute noch passen.

Ich besitze über hundert Kochbücher, und habe Texte wie dieses Vortwort zu hunderten abgesondert (Fachjournalist Gastronomie und Hotellerie, Spezialgebiet Wein).

Ich finde meinen Text nicht schlecht. Aber er ist völlig ungeeignet als Vorwort für ein Kochbuch.

Was mir vorschwebt, ist ein anderes Kochbuch, dessen Texte (und Bilder) durchaus eine selektive Wirkung entfalten. Nach meiner Überzeugung ist Kochen auch mit Verantwortung verbunden, daher wird es in diesem Kochbuch für meine Enkel auch folgende Bild geben:

Der Text dazu: „Wer Tiere tötet, nur um sie zu essen, läd eine sehr hohe Verantwortung auf sich. Es sind fühlende Wesen, die wir da umbringen, voller Leben und durchaus in der Lage, einen eigenen Charakter auszuprägen, eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln.
Das wissen wir, weil wir nicht jedes Kaninchen schlachten wie dieses hier, sondern sie auch als Haustiere halten, als Spielgefährten der Kinder. Auch Schweine, Schafe und Rinder sind soziale Wesen, die in Gemein­schaften mit sich und anderen Tieren leben und auch zum Menschen so etwas wie Freund­schaft aufbauen.
Das Allermindeste, was wir ihnen schulden, sind ein artgerechtes Leben und einen schmerzfreien Tod. Wir sollten die Lebens- und Todesbedingungen immer wieder prüfen. Bessere Lebensbe­dingungen für Nutztiere erreichen wir schon dadurch, dass wir nicht jeden Tag Fleisch essen.“

Während ich das Vorwort ganz sicher nicht verwenden werde, bin ich in hier kompromißlos. Wer das nicht aushält, braucht sich das ganze Buch nicht anzutun.

Nochmals Danke, Hans-Jürgen Schneider