Hallo!
Keine Waldorfschule ist wie die andere.
Auch was Kosten anbelangt unterscheiden sie sich.
Meine Tochter hat letztes Jahr in einer Waldorfschule Abi gemacht ( ein sehr gutes übrigens, wie viele ihrer Mitschüler dieses und des Vorjahrganges auch, bis auf einen haben alle anderen mindestens gute Mittlere Reifen hingelegt- so viel zu der Behauptung, das sei schwierig.).
Bei uns waren die Kosten abhängig vom Einkommen, verhandelt werden konnte grundsätzlich.
Das minimale Schulgeld waren 180 Euro plus Materialkosten von 10 bis später zum Ende hin 30 Euro im Monat.
Es gibt diverse Klassenfahrten und Projekte, die auch nicht wenig kosten, das gilt für alle Waldorfschulen, die können aber bei Not staatlich bezuschusst werden.
In „unserer“ Schule war es nicht besonders schwierig, einen Platz zu bekommen, es ist aber eine junge Schule , die anfangs noch im Aufbau war und keine in einer Großstadt.
Jede Menge „Normalos“- was auch immer das sein soll- waren Klientel.
Es wurden viele Kinder in diese Schule gegeben, die am staatlichen System gescheiert waren.
Viele wurden wunderbar und mit viel Herzensmühe integriert und ich kenne persönlich so einige, bei denen ich jede Wette eingehen würde, dass sie im üblichen System nicht mal den Hauptschulabschluss geschafft hätten- heute studieren sie und haben sich prächtig entwickelt.
(Ich glaube allerdings, dass Schulen, die proppevoll sind dazu neigen dürften, sich enger innerhalb der anthroposophischen Klientel ihre Schüler zu suchen.)
Einige Kinder haben sich übrigens auch gar nicht gut integriert und die Klassenabläufe schlimm gestört, für mich war das ein Grund, meine Tochter eine - die schlimmste- Klasse verlassen und überspringen zu lassen, was sich bewährt hat.
Aber auch sowas war eben möglich, wir Eltern hatten viel Einfluss.
Und zunehmend werden auch Kinder abgelehnt, auch, weil man wohl aus der Vergangenheit gelernt hat und erfahren hat, wie 1-2 zu schlimm (antisozial) aufgestellte Schüler eine ganze Klasse dauerhaft beeinträchtigen können.
Was mein Kind- und ihre ganzen KameradInnen mitgenommen haben aus dieser Zeit:
Eine hohe soziale Kompetenz- die im Übrigen inzwischen zunehmend auch in der „normalen“ Welt bekannt ist und geschätzt wird.
Ein ziehmliches Selbstbewusstsein, es wurde dort früh gelernt, dass es für jedes Problem eine Lösung gibt und Prozesse wurden durchgestanden, und ihre Standpunkte vor anderen Menschen vorzutragen und zu vertreten.
Ein hohes Maß an Individualität, in ihrem Sosein, wie auch immer das aussieht wurde sie immer unterstützt- das genau hatte ich mir auch von dieser Schule erwartet. Dazu gehört auch eine recht umfassende Kreativität, die ihr bei Problemlösungen oft hilfreich ist.
Sie kann in größeren Zusammenhängen denken und ist keine mit Wissen vollgestopfte Abiturientin geworden, sondern hat gelernt, sich das Wissen, das sie aktuell braucht, schnell anzueignen und es im Zusammenhang mit anderem Wissen zu vernetzen.
Das beobachte ich, wie gesagt, nicht nur bei meiner Tochter, sondern bei etwa 40 jungen Menschen aus 2 Jahrgängen, die ich ganz gut kenne.
Aber es gibt auch andere Waldorfschulen, damals in Hamburg hat es mir manchmal die Haare aufgestellt, die waren regelrecht „versteinert“.
Einem Kind, das sich bei Druck verweigert und leicht entmutigt wird, kann die Waldorfschule, so wie ich sie kennen gelernt habe, grundsätzlich und möglicherweise schon etwas bieten:
Sinnhaftigkeit.Einfühlung.Begreifen.Halt (!).
Altergerechte Entfaltung von Wissen auf dem Boden zuvor geschaffener seelischer Reifung und praktischem Umgang mit der Materie.
Ich würde Euch raten, die in Frage kommenden Schulen mal anzugucken, Euch ordentlich mit ihren Angeboten auseinander zu setzen- ohne Scheu vor anthroposophischen Eliten, denn die sind oft genug gar nicht vorhanden oder sehr harmlos- zu versuchen, den Geist, der hinter dieser Pädagogik steht ein wenig zu verstehen- es sind mitunter etwas merkwürdige Worte für ganz universelle und einfache Konzepte- und zu schauen, ob Ihr Euch diese Schule für Euer Kind wünscht.
Und , wenn tatsächlich ja, Euch mit diesem klar formulierten Wunsch und Ziel zu bewerben.
Wenn man wirklich will, habe ich oft genug gesehen, hat man gute Chancen, einen Platz zu bekommen.
Sollte es bei einem „Eignungstest“ den Lehrern der Schule nicht gelingen, euer Kind zu erreichen und sie für die Schule zu gewinnen darf davon ausgegangen werden, dass es auch nicht die richtige Schule für sie ist.
Körperliche Tests, wie sicherer Stand auf einem Bein oder sicherer Lauf über einen Balken sollen sicher stellen, dass das Kind grundsätzlich schulreif ist.Inzwischen ist eigentlich bekannt, dass motorische Entwicklung und kognitive Reife Hand in Hand gehen.
Eine einseitige kognitive Reife mit Defiziten auf motorischer und seelischer Ebene wird in der Waldorfschule nicht angestrebt.
Es wird auch grundsätzlich eher später, als früher eingeschult.
So bestünde auch noch die Möglichkeit, ein weiteres Jahr einen (Waldorf-?)kindergarten zu besuchen, und von staatlicher Seite zurückgestellt zu werden.
Das würde alles mit der Schule besprochen werden können.
Es gäbe noch mehr zu berichten.
Ich stehe übrigens der Anthroposophie Steiners recht kritisch gegenüber. Vielleicht macht mich das freier, auch das wirklich Gute , was doch auch dabei heraus gekommen ist, zu sehen.
Ich wünsche Euch eine gute Entscheidung ohne Druck!
Grüße, Zahira