Hallo van Branden
Mag sein, dass mich die Formulierungen zu sehr erschreckt haben.
Mir fällt nur auch auf, dass die anderen Menschen auf weniger
heftige Formulierungen von z.B. dem Präsidenten vom Iran oder
damals Hitler und Stalin schneller reagieren. Das wundert mich
irgendwie.
Da ist nur der gewaltige Unterschied, dass Jesus mit seiner ganzen Lehre, seinem Leben und Sterben für Liebe, Verständnis und Gewaltlosigkeit steht. Da ist es geradezu absurd anzunehmen er würde hier eine Forderung nach ewiger Verbrennung wegen einer Beschimpfung aufstellen. Er ging zu den nach damaligem Verständnis zu recht ausgestoßenen, zu denen die auch tatsächlich schwer gesündigt haben und ließ sie „auferstehen“. Er verhieß dem Mörder am Kreuz neben sich das Himmelreich noch für den gleichen Tag und da soll man nun annehmen, er bedrohe ein Kind oder irgendwen wegen eines Schimpfwortes für alle Ewigkeit mit höllischen Grillrosten?
Was an den Stellen immerhin durchscheint ist, dass das kein
watteweiches Jesulein ist. Er hat auch Forderungen zu
verkünden und harte Konsequenzen bei völligem Versagen.
Aber diese gnadenlose Härte gegenüber dem Versagen verträgt
sich so schwer mit der Gnade der chrstlichen Botschaft, finde
ich.
Das liegt vielleicht in einer grundsätzlich unvollständigen Wahrnehmung seiner Botschaft. Verheißung und Gericht sind letztlich eins. Wozu sollte denn das Versprechen von Vergebung und Errettung gut sein, wenn es gar keine Gefahr gibt? Wozu sollte Jesus denn überhaupt gekommen sein, wenn auch so alles in Butter ist?
Die Quintessenz der Lehre Jesu - das Feindesliebegebot - wird heute gerne als soziales Progamm der Gewaltprävention aufgefasst. Das ist aber nur ein Zipfel der Wahrheit. Dies ist eine Forderung Gottes, kein unverbindlicher Ratschlag eines Sozialarbeiters.
Liebe deine Feinde, sonst vergehst du dich gegen Gott!
Und was mag wohl daraus folgen, wenn man sich über Gottes Gebot hinwegsetzt, sich von Gott abwendet, indem man etwa Hass gegen seinen Bruder in sich zulässt?
Trotzdem ist hier gerade keine gnadenlose Härte, sondern dem Ganzen ist sehr ausführlich Gottes Gnade nicht nur in den Seligpreisungen vorangestellt. Überhaupt ist die Bergpredigt Teil der matthäischen Theologie, die immer wieder zutiefst „Ungesetzlich“ ist. Darin wird immer wieder vorgeführt, dass es keine Sicherheit gibt, indem man sich hinter dem Gesetz versteckt. So wie in dem hier benutzten alttestamentarischen Beispiel des Tötungsverbotes. Man hat seine Pflicht Gott gegenüber nicht erfüllt, indem man niemanden tötet. Die Forderung ist totaler.
Dabei richtet Gott nicht wie ein idealer weltlicher Richter, objektiv und unbestechlich. Er ist voller Erbarmen und akzeptiert eine Umkehr jederzeit. Der Glaube/Tätige Reue bewirkt dabei nicht nur Strafminderung, wie bei unseren Gerichten.
Was das nun konkret bedeutet und welchen Beitrag der Mensch dabei hat, darüber herrscht in der Christenheit Uneinigkeit. Das aber jemand in der Hölle brät, nur weil er einmal jemanden Narr genannt hat, nimmt wohl niemand an.
Jesus spricht hier affektgeladen, er will sein Publikum erreichen, und er sagt etwas äußerst provozierendes, zum einen, indem er sich gegen Moses stellt, zum anderen weil er den scheinbar Gerechten ihre Gerechtigkeit abspricht und sie unter die Drohung göttlichen Gerichtes stellt. Das Ganze doch aber im Zusammenhang und ausgerichtet auf die Verheißung göttlicher Gnade. Die, das muss immer wieder gesagt werden, auch im Text vorangestellt ist.
Das ist doch etwas völlig anderes als ein Strafgesetzbuch und vor allem in Auseinandersetzung mit jüdischem Gesetzesverständnis (wie Matthäus es anscheinend sah) formuliert. Auch wenn es richtig ist, dass auch Kinder und Jugendliche diesen Text hören können, so ist es doch kein Text für Kinder, sondern Matthäus spricht damit, wie jeder biblische Text, in eine historische Situation und dabei waren seine Addressaten sicher keine Kindergartenkinder.
(Leider weiß ich aus eigener Erfahrung, dass Kinder mit diesen Texten, die schon Erwachsenen ziemlich quer liegen können, oft unangemessen konfrontiert werden - das ist ja aber kein Fehler des Textes oder des Autors)
Ist es denn eine Drohung wenn Jesus uns zuruft: „Komm zu Gott, sonst wirst du ertrinken!“?
Was sollte er denn deiner Meinung nach sagen, wenn alles andere als Nächstenliebe von Gott weg führt und Gottesferne nun mal das Verderben ist. Wie man sich die Hölle nun vorstellt, ist sicher hoch individuell, allerdings hat Jesus wohl kaum unsere von Hieronymus Bosch oder Dante Alighieri geprägte Vorstellung davon gehabt. Allgemein wird, auch aus dem jüdischen Hintergrund, abgeleitet, dass die Höllenqualen noch ganz unkonkret vorgestellt und mit dem getrennt sein von Gott assoziiert wurden.
Nicht erst ein Mord, sondern schon Zorn auf deinen Bruder, Beschimpfung deines Nächsten trennt nun aber von Gott und das ist die Hölle. Nicht unrettbar (s. o.), aber in letzter Konsequenz.
Nebenbei bemerkt, nimmt man an, dass die ursprüngliche jesuanische Antithese hier kürzer und lakonischer war. Was du hier als unglaubliche Drohung siehst, ist wahrscheinlich schon ein Versuch der Entschärfung, indem der Zorn - als vielleicht unkontrollierbare innere Haltung mit dem geringsten „Strafmaß“ bedacht wird.
Grüße
Werner
PS: Wenn es dich genug bewegt, kannst du es ja mal mit Georg Strecker: „Die Bergpredigt“ (ca. 200 Seiten) versuchen. Er geht auf dein Problem zwar nur relativ kurz ein, ist aber zum Verständnis insgesamt sehr hilfreich.