War Jesus vielleicht nur ein Blender oder Redner?

Hallo Werner

Allerdings habe ich die von dir angemahnten Passagen und
ähnliche nochmals mit besonderer Aufmerksamkeit gelesen und
kann auch die Ansatzpunkte für deine Textauffassung erkennen.
Meines Erachtens gehst du die Entfaltung der Gedanken in dem
Text aber nicht zu Ende mit, sondern bleibst an randständigen
Formulierungen hängen, die für dich vielleicht
Reizwortcharakter haben.

Mag sein, dass mich die Formulierungen zu sehr erschreckt haben.
Mir fällt nur auch auf, dass die anderen Menschen auf weniger heftige Formulierungen von z.B. dem Präsidenten vom Iran oder damals Hitler und Stalin schneller reagieren. Das wundert mich irgendwie.

Was an den Stellen immerhin durchscheint ist, dass das kein
watteweiches Jesulein ist. Er hat auch Forderungen zu
verkünden und harte Konsequenzen bei völligem Versagen.

Aber diese gnadenlose Härte gegenüber dem Versagen verträgt sich so schwer mit der Gnade der chrstlichen Botschaft, finde ich.
Wenn man Menschen für kleinste Verfehlungen ins höllische Feuer werfen will, erinnert mich das doch zu sehr an die Gaskammern des 3.Reines oder die Hexenverbrennungen des Mittelalters.
Es grüßt dich
Branden

Hi

Erstens richtet sich die Bergpredigt an Erwachsene

Wie kommst du darauf, dass nicht auch KInder die Bergpredigt
hören sollten oder eben heute lesen sollen?

Das ist ein Erfahrungswert.
Kindern wird bei solchen Vorträgen immer furchtbar langweilig. Ich denke, dass Kinder (sofern sie bei der Bergpredigt anwesend waren) spätestens nach den Seligpreisungen sich irgendwo zusammengefunden haben und irgendetwas gespielt haben.

Interessierte Zuhörer waren sicher nur die Erwachsenen.

Gerade Kindern kann das furchtbar Angst machen.

Dann liegt ein Mißbrauch des Textes vor. Dafür kann man aber den Text an sich nicht verantwortlich machen.

Die werden ja schon im
Kindergottesdienst und im Konfirmationsunerricht oder
Kommunionsunterricht damit konfrontiert.

Hier kommt es immer auf die Art und Weise der Konfrontation an.
Ja es stimmt, dass im Mittelalter die Hölle als Erziehungsmaßnahme herhalten mußte. Aber das haben wir doch schon überwunden.

Meinst du, dass ich Gefallen habe am Tode des Gottlosen, spricht Gott der HERR, und nicht vielmehr daran, dass er sich bekehrt von seinen Wegen und am Leben bleibt?“ (Hes.18,23)

Gruss Harald

Hallo van Branden

Mag sein, dass mich die Formulierungen zu sehr erschreckt haben.
Mir fällt nur auch auf, dass die anderen Menschen auf weniger
heftige Formulierungen von z.B. dem Präsidenten vom Iran oder
damals Hitler und Stalin schneller reagieren. Das wundert mich
irgendwie.

Da ist nur der gewaltige Unterschied, dass Jesus mit seiner ganzen Lehre, seinem Leben und Sterben für Liebe, Verständnis und Gewaltlosigkeit steht. Da ist es geradezu absurd anzunehmen er würde hier eine Forderung nach ewiger Verbrennung wegen einer Beschimpfung aufstellen. Er ging zu den nach damaligem Verständnis zu recht ausgestoßenen, zu denen die auch tatsächlich schwer gesündigt haben und ließ sie „auferstehen“. Er verhieß dem Mörder am Kreuz neben sich das Himmelreich noch für den gleichen Tag und da soll man nun annehmen, er bedrohe ein Kind oder irgendwen wegen eines Schimpfwortes für alle Ewigkeit mit höllischen Grillrosten?

Was an den Stellen immerhin durchscheint ist, dass das kein
watteweiches Jesulein ist. Er hat auch Forderungen zu
verkünden und harte Konsequenzen bei völligem Versagen.

Aber diese gnadenlose Härte gegenüber dem Versagen verträgt
sich so schwer mit der Gnade der chrstlichen Botschaft, finde
ich.

Das liegt vielleicht in einer grundsätzlich unvollständigen Wahrnehmung seiner Botschaft. Verheißung und Gericht sind letztlich eins. Wozu sollte denn das Versprechen von Vergebung und Errettung gut sein, wenn es gar keine Gefahr gibt? Wozu sollte Jesus denn überhaupt gekommen sein, wenn auch so alles in Butter ist?
Die Quintessenz der Lehre Jesu - das Feindesliebegebot - wird heute gerne als soziales Progamm der Gewaltprävention aufgefasst. Das ist aber nur ein Zipfel der Wahrheit. Dies ist eine Forderung Gottes, kein unverbindlicher Ratschlag eines Sozialarbeiters.
Liebe deine Feinde, sonst vergehst du dich gegen Gott!
Und was mag wohl daraus folgen, wenn man sich über Gottes Gebot hinwegsetzt, sich von Gott abwendet, indem man etwa Hass gegen seinen Bruder in sich zulässt?

Trotzdem ist hier gerade keine gnadenlose Härte, sondern dem Ganzen ist sehr ausführlich Gottes Gnade nicht nur in den Seligpreisungen vorangestellt. Überhaupt ist die Bergpredigt Teil der matthäischen Theologie, die immer wieder zutiefst „Ungesetzlich“ ist. Darin wird immer wieder vorgeführt, dass es keine Sicherheit gibt, indem man sich hinter dem Gesetz versteckt. So wie in dem hier benutzten alttestamentarischen Beispiel des Tötungsverbotes. Man hat seine Pflicht Gott gegenüber nicht erfüllt, indem man niemanden tötet. Die Forderung ist totaler.

Dabei richtet Gott nicht wie ein idealer weltlicher Richter, objektiv und unbestechlich. Er ist voller Erbarmen und akzeptiert eine Umkehr jederzeit. Der Glaube/Tätige Reue bewirkt dabei nicht nur Strafminderung, wie bei unseren Gerichten.

Was das nun konkret bedeutet und welchen Beitrag der Mensch dabei hat, darüber herrscht in der Christenheit Uneinigkeit. Das aber jemand in der Hölle brät, nur weil er einmal jemanden Narr genannt hat, nimmt wohl niemand an.

Jesus spricht hier affektgeladen, er will sein Publikum erreichen, und er sagt etwas äußerst provozierendes, zum einen, indem er sich gegen Moses stellt, zum anderen weil er den scheinbar Gerechten ihre Gerechtigkeit abspricht und sie unter die Drohung göttlichen Gerichtes stellt. Das Ganze doch aber im Zusammenhang und ausgerichtet auf die Verheißung göttlicher Gnade. Die, das muss immer wieder gesagt werden, auch im Text vorangestellt ist.

Das ist doch etwas völlig anderes als ein Strafgesetzbuch und vor allem in Auseinandersetzung mit jüdischem Gesetzesverständnis (wie Matthäus es anscheinend sah) formuliert. Auch wenn es richtig ist, dass auch Kinder und Jugendliche diesen Text hören können, so ist es doch kein Text für Kinder, sondern Matthäus spricht damit, wie jeder biblische Text, in eine historische Situation und dabei waren seine Addressaten sicher keine Kindergartenkinder.
(Leider weiß ich aus eigener Erfahrung, dass Kinder mit diesen Texten, die schon Erwachsenen ziemlich quer liegen können, oft unangemessen konfrontiert werden - das ist ja aber kein Fehler des Textes oder des Autors)

Ist es denn eine Drohung wenn Jesus uns zuruft: „Komm zu Gott, sonst wirst du ertrinken!“?
Was sollte er denn deiner Meinung nach sagen, wenn alles andere als Nächstenliebe von Gott weg führt und Gottesferne nun mal das Verderben ist. Wie man sich die Hölle nun vorstellt, ist sicher hoch individuell, allerdings hat Jesus wohl kaum unsere von Hieronymus Bosch oder Dante Alighieri geprägte Vorstellung davon gehabt. Allgemein wird, auch aus dem jüdischen Hintergrund, abgeleitet, dass die Höllenqualen noch ganz unkonkret vorgestellt und mit dem getrennt sein von Gott assoziiert wurden.
Nicht erst ein Mord, sondern schon Zorn auf deinen Bruder, Beschimpfung deines Nächsten trennt nun aber von Gott und das ist die Hölle. Nicht unrettbar (s. o.), aber in letzter Konsequenz.

Nebenbei bemerkt, nimmt man an, dass die ursprüngliche jesuanische Antithese hier kürzer und lakonischer war. Was du hier als unglaubliche Drohung siehst, ist wahrscheinlich schon ein Versuch der Entschärfung, indem der Zorn - als vielleicht unkontrollierbare innere Haltung mit dem geringsten „Strafmaß“ bedacht wird.

Grüße
Werner

PS: Wenn es dich genug bewegt, kannst du es ja mal mit Georg Strecker: „Die Bergpredigt“ (ca. 200 Seiten) versuchen. Er geht auf dein Problem zwar nur relativ kurz ein, ist aber zum Verständnis insgesamt sehr hilfreich.

Konsens?
Hallo Werner

Da ist es geradezu absurd
anzunehmen er würde hier eine Forderung nach ewiger
Verbrennung wegen einer Beschimpfung aufstellen.

Verstehe ich dich recht: Also bist du mit mir der Meinung, dass dem Jesus in der Bergpredigt von späteren Schreibern etwas untergeschoben wurde, was gar nicht zu seiner Gewaltlosigkeit passt?
:Nebenbei bemerkt, nimmt man an, dass die ursprüngliche

jesuanische Antithese hier kürzer und lakonischer war. Was du
hier als unglaubliche Drohung siehst, ist wahrscheinlich schon
ein Versuch der Entschärfung, indem der Zorn - als vielleicht
unkontrollierbare innere Haltung mit dem geringsten „Strafmaß“
bedacht wird.

Das habe ich jetzt nicht ganz verstanden.
Gruß,
Branden

Die negiere ich keineswegs, aber sie verschwinden fast unter
dem Berg an Aggression und Repression.

Wenn ich den Gang des anderen Gesprächsstrangs richtig im Kopf habe, dann bestand der (belegte) „Berg an Aggressionen“ aus ziemlich exakt einem Satz. Sicher, es mögen noch drei oder vier weitere Sätze sein, in denen Jesus Konsequenzen für nicht-gottgefälliges Verhalten aufzählt, aber die Bergpredigt erstreckt sich über drei Kapitel. Das ist schon eine etwas eigenwillige Gewichtung, oder?

Gruß, Martinus…

Hallo von Branden,

Verstehe ich dich recht: Also bist du mit mir der Meinung,
dass dem Jesus in der Bergpredigt von späteren Schreibern
etwas untergeschoben wurde, was gar nicht zu seiner
Gewaltlosigkeit passt?

Nein und Ja.
Wir haben keinen Einzigen Text von Jesus selbst. Vielleicht sogar kein einziges wörtliches Zitat. Alle angeblichen Äußerungen Jesu wurden zunächst weitererzählt (wenn wir mal annehmen, dass keiner der Evangelisten tatsächlich ein Jünger Jesu war) und dann im Rahmen einer theologisch motivierten Komposition verwendet und auch um Dinge und Inhalte ergänzt die nicht unmittelbar auf ihn zurückgehen, sondern sogenannte Gemeindebildungen oder auch komplette neuschöpfungen der Autoren waren.
Insofern sind die gesamten Evangelien Jesus untergeschoben, da weder ihr Inhalt noch ihr Anlass noch ihre Form in der Absicht Jesu lagen. Dabei ist manches eben dichter an seinen realen Äußerungen und Taten als anderes.

Seiner gewaltlosen Botschaft widerspricht dabei aber nichts. Wie ich nun schon wiederholt versucht habe darzulegen, fordert Jesus keine brutalen Strafen, er will sie nicht, er benennt nur die notwendigen Konsequenzen in einer Argumentationskette, die die Gnade Gottes voraussetzt und immer wieder und überdeutlich die grenzenlose Liebe und das bemühen Gottes um die Sünder betont.

Um in meinem Beispiel zu bleiben, wirft er dauernd Rettunsringe nach uns, wenn wir aber von ihm fortschwimmen werden wir ertrinken.
Wenn wir uns von Gott abwenden, indem wir etwa Zorn in uns wachsen lassen, dann werden wir in der Hölle landen.
Was letztlich im Gericht geschieht, ob eine Umkehr im Angesicht des Richters noch möglich ist, welches Maß an „Verderbtheit“ endgültig von Gott trennt, all das und noch mehr wissen wir nicht. Das Jesus darauf nicht herumreitet, sondern nur im Rahmen einer Argumentation erwähnt, die immer wieder zur Aussage von Gottes Gnade und der Möglichkeit der Umkehr und Erlösung führt, sollte doch überdeutlich aufzeigen, dass es Jesus eben nicht darum geht, den Glauben durch Drohung und Angst zu motivieren.

Nebenbei bemerkt, nimmt man an, dass die ursprüngliche
jesuanische Antithese hier kürzer und lakonischer war. Was du
hier als unglaubliche Drohung siehst, ist wahrscheinlich schon
ein Versuch der Entschärfung, indem der Zorn - als vielleicht
unkontrollierbare innere Haltung mit dem geringsten „Strafmaß“
bedacht wird.

Ergebnisse der Exegese legen die Vermutung nahe, dass Jesus hier viel kürzer war, mit einer Aussage, dass nicht erst Mord, sondern schon der Zorn auf einen anderen des Gerichtes würdig sei. Also völlig schlüssig in seiner Haltung, des inneren Friedens und der Liebe zum Nächsten. Das haben anscheinend schon Matthäus und/oder andere frühe Redaktoren als erhebliche Bürde empfunden und daraus die heute vorfindliche Antiklimax gemacht, die wieder nur eine Tat (die Beschimpfung) mit der höchsten Strafe belegt. M. E. sind diejenigen die daran rumgebastelt haben gescheitert und die eigentliche Botschaft ist unberührt geblieben.

Gruß
Werner

Hallo Werner

M. E. sind diejenigen die daran
rumgebastelt haben gescheitert

Ich glaube, darauf könnten wir uns einigen.
Gruß,
Branden