Hallo Klaus!
Der Finanzinvestor Warren Buffett spendet den größten Teil
seines Vermögens, nämlich 30 Milliarden (!) Euro, für
wohltätige Zwecke. Damit soll weltweit Kranken und Hungernden
geholfen werden.
Auch auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen, möchte ich
doch mein Unbehagen an dieser edelen Tat zum Ausdruck bringen.
Die Bevölkerung z. B. in Afrika wächst mit atemberaubender
Geschwindigkeit…
Es gibt viele Fehlentwicklungen auf der Welt und an zahllosen Stellen Handlungsbedarf. Aber was genau stört Dich, wenn ein Mensch sein Vermögen in Stiftungen einbringt? Der Betrag ist bei Herrn Buffet ungewöhnlich, der Vorgang an sich aber keineswegs. Es gehört zum Tagesgeschehen, daß Menschen ihr Vermögen in eine bestehende Stiftung einbringen oder eine neue Stiftung gründen. Es gibt allein in Deutschland über 10.000 gemeinnützige Stiftungen. Die Bezeichnung Stiftung ist doppeldeutig. Einerseits stiftet jemand ein Vermögen für einen bestimmten Zweck und dieses Tun ist für den Stifter sinnstiftend. Viele Menschen empfinden es als sinnentleert, Vermögen nur zu verjubeln. Andere haben auf unterschiedliche Weise die Erfahrung gemacht, wie vergleichsweise wenig an Materiellem sie wirklich brauchen. Wieder andere Menschen haben persönliche Ziele wie den Aufbau eines Unternehmens, Ausbildung der Kinder o. ä. erreicht und/oder bemerken, daß eine weitere Vermögensmehrung keinen Zuwachs an persönlicher Lebensqualität bringt. So gibt es das Bedürfnis, ein Vorhaben mit nachhaltig positiver Wirkung zu unterstützen oder auf die Füße zu stellen, das den Stifter überlebt. Wer unbedingt böswillig sein will, behauptet die Motivation, der Stifter wolle sich nur sein eigenes Denkmal setzen.
Tatsächlich sind Stiftungen nicht unbedingt ausschließlich uneigennütziges Mäzenatentum und nicht jede Stiftung ist gemeinnützig. Das Stiftungsrecht ist ein eigenes Gebiet mit erheblichen steuerlichen Auswirkungen. Einführende Literatur: Stiftungen nutzen - Stiftungen gründen, ISBN 3-930830-27-2 Buch anschauen .
Ich nenne das „Gutmensch-Imperialismus“.
Solche Reaktion erinnert mich an eine Situation, als ein bekannter Mäzen der Hamburger Universität einen ganzen Gebäudekomplex errichten ließ und sich dafür von Studis beschimpfen lassen mußte. Höchst befremdlich, um nicht dumm zu sagen. „Gutmensch-Imperialismus“ gehört zum Repertoire, wenn das Welt- und Feindbild angekratzt wird. Irgendwo muß sich das Haar in der Suppe finden lassen, wenn sich Bürger engagieren, statt sich nicht zuständig zu fühlen und auf staatliches Handeln zu warten.
Stiftungen haben oft Zielsetzungen, bei denen das staatlich organisierte Gemeinwesen versagt oder überfordert ist. Stiftungen haben inzwischen eine Jahrhunderte alte Tradition. Die Bezeichnung „Stift“ für manches Alten- und Pflegeheim ist vielleicht geläufig. Als es noch keine vom Gemeinwesen organisierte Alten-, Kranken- und Hinterbliebenenversorgung gab, zuweilen nicht einmal stabile staatliche Strukturen, waren es Stiftungen, die solche Aufgaben regional begrenzt und/oder durch Berufsstände organisiert, übernahmen. Die Witwen- und Altenversorgung war vor mehr als einem halben Jahrtausend das erste Betätigungsfeld für Stiftungen. Heute reicht das Engagement von Stipendien, Forschungsfinanzierung, Naturschutz, Unterstützung kultureller Einrichtungen bis zur Entwicklungshilfe. Es gibt vermutlich kein gemeinnütziges Gebiet, auf dem nicht auch Stiftungen tätig sind.
Gruß
Wolfgang