Hi Ihr,
Hallo Thomas!
Klar, so komplex, wie wir Menschen sind, gibt es viel
tiefschürfendere Verzweigungen, die über Jahre (bewußt und
unbewußt, von außen und innen) angelegt wurden.
Ja!
Aber, wie sehen wir uns denn unsere Mitmenschen an? Das kann
doch nur funktionieren, wenn ich so abgeschottet und
zurückgezogen lebe, das mich keiner mehr braucht.
Verstehe ich recht? Du gehst davon aus, man kann nur jemanden richtig sehen, richtig erkennen, wenn man den anderen nicht braucht bzw. selbst nicht gebraucht wird?
Es gibt solche Typen, die sehr zurückgezogen leben. In den
Klassen 7 - 10 zum Beispiel habe ich selbst einen solchen
Mitschüler gehabt. Gesprochen hat er mit uns anderen wenig,
hat nur auf seinem programmierbaren Taschenrechner
rumgeklimpert. Aufgrund seines introvertierten Verhaltens und
seiner schlechten Zensuren wurde er auch entsprechend von uns
gemobbt (kann man schon so sagen). Wenn ich heute darüber
nachdenke, finde ich, dass wir uns damals sehr dumm verhalten
haben, denn irgendwo hat er sicherlich einen gewissen
psychischen Schaden davongetragen. Am Computer hat er übrigens
auch den ganzen Tag gesessen. Welche Spiele er da gespielt
hat, weiß ich aber nicht.
Ich selbst muss gestehen,
dass ich in kleineren Klassen vor allem die schlechten
Mathetests und -arbeiten mit der gefälschte Unterschrift
meiner Eltern verziert habe. Die Überraschung war dann groß,
als plötzlich eine „4“ auf dem Zeugnis aufleuchtete.
Du warst das also… ))
Ja, ich gestehe! Die Phase ist jetzt aber zum Glück vorbei.
Da kann ich dir etliche Beispiele aufwärmen, die in meiner
Grundschullehrerzeit (1988-92) schon auftauchten: Eltern, die
sich der Schule gegenüber ignorant und unkonstruktiv
verhielten, auf keine Briefe, Eintragungen reagierten, am
Telefon herumdrucksten, keine Zeit hatten, und immer wieder
ihr Kind in Schutz nahmen, obwohl ich ein positiv gewichtetes
Anliegen hatte FÜR IHR KIND.
Wie gesagt, eine Schule für werdende und „seiende“ Eltern kann
der Lehrer nicht ersetzen.
Stimmt. Es gibt wirklich Eltern, die sich in der Hinsicht
nicht um ihre Kinder kümmern. Das hängt auch oft mit ihrer
Einstellung zu den Lehrern zusammen, von denen ja bekanntlich
einige nicht viel halten. Da frage ich mich aber, wie eine
solche Schule für Eltern aussehen könnte (die Finanzierung
soll hier mal außen vor gelassen werden)?
Ich kann mir vorstellen, daß die nächste Zeit hier mitunter zu den schwersten zu diesem Themenkomplex gehören wird. Erstens in die Aktivität kommen, weiter in Passivität verharren, und zweitens, wohin wollen WIR? So unterschiedlich und komplex die Menschen sind, so herausfordernd kann es auch sein, auf einen gemeinsamen Weg zu kommen. Die Rede ist von Elternsein-Lernen, von allgemein mehr Toleranz, von mehr Menschlichkeit, Aggressionen angemessen ausdrücken lernen und, und, und… Das sind schöne Ziele und ich gehe sogar davon aus, die meisten Menschen wollen diese gerne erreichen. Zu dem Weg gehören viele Teilstrecken, die aus unterschiedlichen Richtungen kommen und Entwicklung bedarf Zeit. Je größer die Verwicklung, desto länger die Entwicklung.
Ich stelle mir dabei vor, daß es sich bei einer Schule für Eltern jedoch mehr um Übergangslösungen und Modelle handelt. Denn wenn nun auch Psychologen, Sozialarbeiter, Mediatoren, Arbeitstherapeuten… an die Schulen kommen, werden die späteren Eltern sich schon viel einfacher tun. Jedenfalls werden ihre Beratungsstunden, Hilfsangebote meines Erachtesn zeitlich mit viel weniger Aufwand auskommen, beginnen bereits Kinder von möglichst früh an zu lernen, die u.a. hier beschriebenen Wunschziele zu erreichen.
Es sind erhebliche Unterschiede, ob jemand einfach mal eine kurze einstündige Beratung benötigt oder wenige Sitzungen bzw. mal einen Kurs oder ob jemand selbst an sich erst einmal arbeiten sollte. Hier werden wohl leider die meisten Menschen in näherer Zukunft noch abblocken. Doch jeder Mensch der erkennt, daß Elternsein, der Lehrerberuf auch etwas mit Selbstverantwortung und dem Erkennen von Eigenanteilen zu tun hat, ist auf dem richtigen Weg und tut gut.
Niemand kann 15 Jahre teils „falsche Erziehung“ mit einem Wochenendkurs klären.
Vor vielen Jahren sah ich einen Vater der seinen kleinen Sohn schlug. Leider war ich selbst noch Teenager und zu feige einzuschreiten. Der Sohn machte nichts. Der Vater redete mit jemanden und unterdessen streckte er die Hand aus. Der Sohnemann blickte gedankenversunken vor sich hin. Und nur weil er nicht sofort registriert hatte, daß er seinem Vater die Hand hätte gegen sollen, bekam er Ohrfeigen. Bei einem Blickkontakt mit dem Vater sah ich diesen böse an. Was tat der Vater? Ich kann nicht sagen, daß er grinste, doch er schlug dann seinen Sohn noch fester. Das kam bei mir so an, als würde er meinen, er habe die Macht, er habe den Sohn gemacht und er sei sein Eigentum, mit dem er machen könne was er wolle.
Weshalb sollte ein 14jähriger nicht rauchen, wenn es die „Alten“ zu Hause auch tun? Das Argument, erst später mit dem Rauchen begonnen zu haben, z.B. erst mit 16 oder 18 und man wolle nur das Beste für die Kinder, mag ja gut gemeint sein, ist jedoch nur ein Spruch. Weshalb sollte der Jugendliche nicht kiffen, wenn der Alte jeden Abend sich seine paar Flaschen Bier reinzieht? Das hat nun nichts mit Schule zu tun, doch dies sind nun auch Probleme des täglichen Lebens, die mit einbezogen werden müssen. Damit mag ich nur zum Ausdruck bringen, daß jeder auch gefordert wäre, mehr an sich selbst zu arbeiten.
Ich stelle mir das dann, im übertragenen Sinne, wie eine Art
Schwangerengymnastik vor,
nur eben nicht auf freiwilligen
Basis.
Hm. Meiner Meinung nach wird auf einer unfreiwilligen Basis sich nicht viel Positives entwickeln können. Der Mensch braucht die Erkenntnis und die Bereitschaft zur Veränderung.
Das heißt werdende Mütter und Väter (falls die sich
nicht verflüchtigt haben - auch das ist ein großes Problem)
besuchen einmal pro Woche für zwei Stunden die „Elternschule",
vielleicht über einen Zeitraum von 3 - 4 Monaten. Hier wird
ihnen beigebracht, wie man mit einem Kleinkind umzugehen hat,
d.h. viel Fürsorge, körperliche Nähe zum Kind, liebevoller
Umgang usw. Fragt sich dann nur, ob die werdenden Eltern eine
Prüfung ablegen sollen oder nicht?
Das wäre eine Idee. Zusätzlich fände ich allerdings auch Wochend-Seminare interessant, da sich immer mehr Menschen immer weniger zeitlich längerfristig festlegen wollen und außerdem kann so ein intensives Wochenendseminar auch sehr viel bringen. Das ist wenigstens meine Erfahrung.
Der zweite Schritt wäre dann sicherlich die Begleitung der
Eltern während der Kindheit, durch die „Elternschule". Dabei
stelle ich mir wieder eine Art Pflichtunterricht vor, nur eben
in größeren Abständen und mit einer Art Fragestunden, bei
denen die Eltern aktuelle Probleme ansprechen könnten.
Ja, diese Pflichtstunden würde ich auch gerne haben wollen, nur meiner Meinung nach bringt Pflicht, was teils als Zwang wohl empfunden werden kann, nicht viel meiner Meinung nach. IMHO stehen die Menschen schon genug unter Druck und Streß und dann kommt noch jemand und will wieder was? Wie kann jemand etwas lernen wollen, das aus einer Pflicht heraus auferlegt wird? Das kann meiner Meinung nach nicht funktionieren.
Ich bin der Ansicht, manche Eltern sind entweder verzweifelt genug solch eine „Schule für Eltern“ zu besuchen. Manche kommen mehr oder weniger gut mit ihren Kindern und sich selbst klar, doch haben einfach bestimmte Themengebiete, zu denen sie sich Unterstützung von außen wünschen.
Begleiten könnte man das ganze noch mit Wahlfächern, von denen
aber eines mindestens Belegt werden muss. Hier werden dann
bestimmte Beschäftigungsmethoden für die Kinder erlernt oder
gewisse Problemkreise intensiver erörtert. Vielleicht wäre es
auch hilfreich, wenn die Kinder dann mitgebracht werden
würden.
Und die Kinder dürfen den Eltern dann Zeugnisse schreiben.
Das könnte sicherlich sehr viel Positives bringen und es wäre allemal um ein Vielfaches besser als das was die gegenwärtige Entwicklung oftmals zeigt. Doch ich glaube nicht, daß wenn man auch offene Modelle anbietet, daß das so der wirkliche oder einzige Weg ist. Denn das was zeitgemäß ist, ändert sich immer wieder. Das was nun an solchen Schulen unterrichtet werden könnte, könnte für einige Kinder, Eltern, Lehrer das Richtige sein. Doch was würde mit den Menschen sein, bei denen die erstellten Konzepte nicht fruchten, weil sie etwas anderes bräuchten? Einge fallen immer durch die Maschen des Systems? Es findet sich nicht alles in Büchern oder in Ausbildungsstätten. Und wie lange sollen solche Konzepte eine Anwendung finden? Der Zeitwandel bedeutet auch, daß sich diese Konzepte, diese Modelle anpassen und wandeln müssen.
Die Konsequenz solcher Lehr- und Lernkonzepte zusätzlich ist für mich, mehr auf sein Bauchgefühl, seine innere Stimme hören lernen und selbstbestimmter leben. Damit meine ich natürlich nicht Ellbogensystem und ohne Rücksicht auf Verluste sich durchsetzen, sondern z.B. möglichst im Einklang mit sich und den anderen.
Nur über welchen Zeitraum sollte diese „Elternschule" die
Eltern unterstützen/lehren.
Dieser Satz ließ mich dieses Posting verfassen. Das hängt von den Eltern ab. Wieviel ist es möglich und auch gewollt, Elternsein nachzulernen? Vielen Menschen reicht es, wenn die Spitze des Eisberges abgetragen ist und es einfach „irgendwie“ wieder läuft. Manche Eltern könnten sehr viel dazu lernen, andere kommen zumeist mit ihren Sprösslingen und sich selbst klar. Das zu akzeptieren gehört für mich zu einem mittelfristigen Weg. Langfristig wäre dieses Problem auf einem einheitlicheren Niveau, würde bereits in der Schule mit dieser Form von Ausbildung begonnen werden.
Schließlich gibt es neben dem ganz
entscheidenden Jahren bis zur Einschulung auch noch die
Pubertät in der viele Probleme auftreten können, in der sich
aber die Jugendlichen schwerer beeinflussen lassen (jedenfalls
von den Eltern).
Hm. Wieviele sind schon erwachsen, selbst schon Eltern und haben immer noch Probleme mit ihren Eltern? Und wieviele Menschen haben Probleme mit ihren Eltern über den Tod hinaus?
Romana hat ganz interessante Vorstellungen über eine
Plattform, auf der sich Eltern und Schüler und Lehrer
austauschen können, wenn Du magst, lies doch mal:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/www/login.fpl?ju…
Vielen dank! Ich hab es so gemacht wie du und brüte jetzt eine
Weile über dem Vorschlag!
Brütet mal. Mein Vorschlag ist mal etwas zusammen zu schreiben, was sein könnte, welcher Weg / welche Wege angegangen werden kann und dann an verschiedene Vertreter von Schülern, Lehrer und Eltern senden. Die technische Seite scheint mir das geringste Problem zu sein. Es gibt genug Leute, die sich hier auskennen.
Wie gesagt, ich engagiere mich für und bis zum Anfang und falls gewünscht, würde ich auch so mal etwas beitragen. Doch da weder Mutter, noch Lehrerin, noch Schülerin kann ich gar nicht so wirklich mitreden.
Diese möglichen und wohl allgemein gewünschten Veränderungen bedürfen auch unser vedientes Geld. Der Beckstein hat in puncto finanzielle Mittel bereitzustellen, schon mal abgewunken. Solange sich Lehrer-Eltern-Schüler nicht vereinigen und an einem Strang ziehen, haben meines Erachtens die Politiker es auch viel einfacher mit uns. Die Volksvertreter haben ja nicht wirklich etwas zu vertreten. Würden sich allerdings Lehrer und Eltern nebst Schülern auf einen gangbaren Weg einigen können, würde das mehr Druck auf die Politiker und mehr Macht für das Volk bedeuten können.
Ciao Steve
Ciao,
Romana