Hi Cirwalda,
wie praktisch, daß Du mich anschreibst. ) Ich bin etwas irritiert. Du schreibst in Deiner Visitenkarte von Cirwalda, der Kröte bei Catweazle. Ich dachte, die Kröte hieß Kühlwalda? Sei’s drum.
Hi,
60% der Eltern würden sich nie mit ihren Kindern über Schule
unterhalten, hieß es heute im Fernsehen. Das ist für mich
unvorstellbar.
Das hieße, 40 % täten es. Das erscheint mir sehr hoch. Wobei die Frage ist, was in diesen 40 % an Gesprächen gegebenenfalls an Inhalt geboten ist. Zunächst ein flappsiger Spruch, der auch eine Wahrheit innehat: traue keiner Statistik, die ich nicht selbst gefällscht habe. Ich kann mir gut vorstellen, daß es auch nicht gerade wenige Eltern gibt, die meinen mit ihren Kindern / Jugendlichen zu reden, wenn sie diese befehligen bessere Leistungen zu bringen. Das hat nichts mit einem „echten“ Gespräch, mit einem Austausch zu tun.
Mir scheinen 40 % ungewöhnlich hoch. Natürlich fände ich es, egal wie sehr diese Statistikzahl nun zutrifft oder nicht, ein sehr schlechtes, trauriges Ergebnis.
Doch gerade in psychologischer Literatur heißt es oftmals, daß der Amerikaner beispielsweise am Tag 2 - 3 Minuten mit dem Partner kommuniziert. Also, da klingen doch 40 % in gewisser Weise schon traumhaft. Hier geht es auch nicht um ein Eltern-Kinder-Problem sondern um eine für mich erkrankte Gesellschaft. Beispielsweise habe ich einem mir recht fremden Menschen, der gerade sich beruflich umorientieren möchte, doch nicht so recht weiß, wie und womit er Geld verdienen könnte, zu seiner Frau befragt. Er sagte mir, zwar welche Position sie im Job innehabe und daß sie nun von der Behörde A in die Behörde B wechseln würde, daß sie sich sozusagen etwas hochgearbeitet habe. Doch als ich ihn fragte, was ihr Aufgabenbereich im Amt sei, im Gesundheitsministerium nun ihre Tätigkeit sei, (es interessierte mich persönlich), wußte er es nicht. Nun, es hatte doch mal wieder jemand geschafft, mich doch noch etwas zu schocken. Und ich denke schon immer, daß ich bereits total abgebrüht bin.
> Konkret: was nützt es einem Schüler ihn zu Fleiß,
Pünktlichkeit, Zielstrebigkeit… aufzuforderen,
Zunächst nutzt es nicht aufzufordern, sondern vorbildlich vorleben. Überdies ist es auch an uns zu akzeptieren, daß andere und wir auch selbst nicht so ganz perfekt sind, sprich uns um Pünklichkeit, Zielstrebigkeit, Fleiß und andere individuelle Werte engagieren.
Ferner werden denn die Schüler alle unterstützt oder nicht unterstützt? So scheint mir kein effizienter Ansatz möglich zu sein. Aus all den Postings konnte ich einige Wahrheitsanteile herauslesen. Meiner Meinung nach ist es einfach zwar zunächst an den Eltern, die die Kinder in die Welt setzen, den Kinder etwas beizubringen. Doch einerseits sind manche Eltern teils überfordert, teils haben sie auch nicht die Zeit oder Sonstiges, um beispielsweise Werte zu vermitteln. Ergo, es sind Pädagogen, Schulpsychologen, die gesamte Gesellschaft aufgefordert.
Mich sprechen immer gern Leute an, wenn sie den Weg nicht wissen. Und ich weiß ihn oft auch nicht. Das heißt, ich zeige ihnen die Tafeln an den Bushaltestellen und sage bzw. zeigen Ihnen, was sie der Tafel entnehmen können, z.B. welcher Bus hier fährt, wann er fährt und daß z.B. gegenüber auch noch eine Uhr ist, falls sie keine Armbanduhr dabei haben. Eine Kleinigkeit. Und vielleicht fragen sie das nächste Mal wieder einen anderen Menschen, doch ich hatte ihnen angeboten, selbständig die Antwort herausfinden zu können. Mehr kann ich nicht tun. In dem Fall kann ich nur anbieten.
> und die Auffordernden nehmen ihn nicht als Individuum
wahr. Warum soll er sich daran halten,
> wenn nur Zielvorgaben aber keine Bestätigung, keine
Verschnaufpausen als Mensch (Zeit zum
> Überprüfen ob Ziel noch sinnvoll ist - Abitur um jeden
Preis), kein Raum mehr für eigene
> Phantasien usw. da sind.
Von wem wird hier gesprochen? Es gibt nicht DEN Schüler, das heißt die Verallgemeinerungen hier stimmen nicht und helfen auch nicht weiter.
Ja, da würde nur noch eine Entschleunigung helfen. Ein
Innehalten… aber das fehlt doch uns Erwachsenen auch. Immer
schneller, weiter, höher… oder das hässliche Wort
Arbeitsverdichtung. ich habe leider vor 2 Jahren ein
Jobenrichment erfahren…
Wat is dat denn? Magst Du mal für meine Verbildung etwas tun? Man lernt ja nie aus.
was sich schlicht so auswirkt, dass
ich neben meinem neuen Job auch noch die alte Arbeit zu
erledigen habe und sicher nicht alles erledigen kann.
Genauso werden die Kinder durch die Schule gehetzt. Am ersten
Elternabend in der 7.Klasse Gymnasium wurde uns erklärt, dass
die Kinder 10minütige freie Referate halten sollen. Toll, dass
können nicht mal alle Erwachsene. Meine Tochter hat das aber
grundweg verweigert. Schließlich hat sie ganz altmodisch ein
schriftlich augearbeitetes Referat abgegeben. Dafür musste sie
sich auch schon gewaltig anstrengen. Die Lehrerin hat es gut
bewertet, womit ist wieder einiges im Lot. Mal sehen, wie wir
das in den anderen Fächern auf die Reihe kriegen.
Ich verstehe Dich, doch Du siehst ebenso nur Teilaspekte wie ich und jeder andere auch. Es kann auch gar nicht anders sein, denn keiner kennt die ganze Wahrheit. Daher war auch mein Gedanke, gemeinschaftlich ein Forum für Schüler-Lehrer-Eltern aufbauen.
Mein Physiklehrer meinte, nachdem mir noch ein Punkt in der mündlichen Prüfung fehlte, die Schaile lernt immer nur 5 vor 12, und auf solche Leute hat er keinen Bock, und so hat er mich einfach durchfallen lassen. Ich konnte nicht mehr wiederholen und das war’s dann mit dem Abitur. Dennoch sind nicht alle Lehrer so.
Gerade weil ich mit meiner Tochter in der Schule nicht ideale
Zustände kennengelernt habe, habe ich mich schon mit Schule an
sich beschäftigt und da hat mich die Aktion humane Schule auf
Dinge aufmerksam gemacht. Dort habe ich gelernt, was andere
schon vor mir gefordert haben, wie man sich durchsetzt, auch
wie Lehrer ticken.
Lehrer ticken? Ja, ich verstehe. Kannst Du mir freundlicherweise eine Adresse, einen Link zu der Aktion humane Schule schicken?
> Und genau das hilft keinem Menschen gesunde Wurzeln für
sein Leben zu entwickeln, seinem
> Stamm (Lebensbasis) Stabilität zu geben, und dann einmal
gesunde und widerstandsfähige
> Früchte zu entwickeln.
Wenn ein Bereich nicht gute Entwicklungsmöglichkeiten bietet, wäre eine Möglichkeit die Bedingungen zu verändern helfen. Falls man die Kraft nicht dazu hat, z.B. im konkreten Fall die Schule zu wechseln. Falls man das nicht will, möglich wäre es sicherlich, gilt es einen Ausgleich zu schaffen, z.B. Lernen in Freizeitbeschäftigungen, sei es Freundeskreis der Kinder oder Freizeitbetätigungen der Kinder, in denen sie wieder in einer Gruppe mit anderen zusammen sind und Geimeinsinn und mehr lernen können.
Genau, Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen sind notwendig
und die können nur heranwachsen, wenn die Kinder wissen, dass
sie geliebt werden, weil sie da sind… nicht für das was sie
leisten.
Ja, und auch hier brauchen Kinder Vorbilder.
Vergleiche machen auch den Aufbau eines gesunden
Selbstvertrauens zunichte. in der Schule wird ständig
verglichen und bewertet, eine Rangordnung hergestellt. Wie
soll ein Kind erfahren, dass es einzigartig und wertvoll ist,
einfach so, ohne weitere Vorbedingung.
Nun, ich erachte „Konkurrenzkampf“ grundsätzlich eher positiv als negativ. Es ist die Frage des Umgangs. Es kann auch bedeuten, sich gegenseitig einfach zu höheren, besseren Leistungen anzustacheln, und das in respektvoller Weise. Ich bin der Ansicht, daß andere Aspekte, Werte, Optionen noch integriert werden müssen. Ich vermisse Kreativität an Schulen. Manch einer hätte vielleicht ein großer Pianist sein können, doch er hatte nie die Gelegenheit auf einem Klavier zu üben. Schade. Ich habe viele Schüler erlebt, da ich lange zur Schule ging, die immer nur für Prüfungen lernten, und so schnell und kurzfristig wie das Wissen angeeignet war, so schnell war es auch wieder vergessen. Nunja, da wußte ich lieber weniger und dafür länger.
>Aber in Wirklich
> kümmern wir uns viel zu wenig um unsere nachkommende
Generation, weder Eltern, die für ein
> teures Leben schuften müssen, noch die Lehrer, die mit
ihren Riesenklassen und Mordpensum
> nur noch Routinearbeit schaffen können.
Es ginge um gesellschaftliche Veränderungen. Da nutzt es nichts, wenn einer sich aufrafft, nicht mal wenn eine Gruppe von Schülern oder Lehrern oder Eltern oder Politikern oder Philantrophen sich aufrafft…
Ich gehe auch davon aus, dass es eine Vernachlässigung im
Wohlstand gibt. Materiell ist alles da, Kurse, Vereine, PC was
auch immer. Aber wer ist da, wenn sie bedrückt sind? Und
Kinder sind auch von Kleinigkeiten schwer niedergeschlagen,
wissen keine Antwort, warum sie sich ausgestossen fühlen, was
sie anders machen könnten.
Oder die Eltern, die einfach alles laufen lassen. Wie
übernehmen die Ausländereltern ihre Verantwortung, wenn sie
sich um nichts kümmern, mit ihren Kindern ausschließlich
Nichtdeutsch reden. Wie sollen diese Kinder eine Chance haben?
15% eines Jahrgangs verlässt die Schule ohne
Hauptschulabschluss und ist dann so gut wie nicht in eine
Lehrstelle zu vermitteln.
>Wie soll man von einem Jugendlichen bzw. später
Erwachsenen in Machtpositionen Verständnis,
> Menschlichkeit, Toleranz, Konfliktbewältigung… und,
und, und erwarten können, hat man sie ihm
> nicht oder viel zu wenig entgegen gebracht bzw.
beigebracht?
Deshalb fordere ich ein Unterrichtfach, das sich mit Toleranz,
Menschlichkeit, Konfliktbewältigung, Kommunikation
beschäftigt. Erziehung muss die ganze Persönlichkeit
umfassen, nicht nur Faktenwissen.
Es freut mich, daß Du das möchtest und forderst. Doch von Worten allein wird sich nichts verändern bzw. es wird sich was ändern, doch ob das in unserem Sinne bzw. vor allem im Sinne der Kinder ist? Geld regiert die Welt? Und für eine intaktere Welt bedarf es zunächst einmal finanzieller Mittel und da hat heute der Beckstein in einem Interview gleich abgeblockt. Für Prophylaxe wird ungern was ausgegeben. Das sehen wir in unserem Gesundheitssystem (5 % für Vorbeugung). Keiner hat scheinbar was aus dem Zahncreme-Werbespot „Mutti, Mutti, er hat überhaupt nicht gebohrt.“ etwas gelernt.
Viele Grüße
Cirwalda
Ciao,
Romana