Auch wenn ich jetzt Gefahr laufe, in Deinen Augen ignorant zu
wirken, so halte ich es lieber mit dem gesunden
Menschenverstand als mit irgend welchem hochwissenschaftlichen
Getue von irgendwelchen Professoren oder abgehobenen
Gelehrten.
Das darfst du natürlich, dann ist das aber einfach Spielerei und keine Wissenschaft. Mit Abgehobenheit oder Getue hat das rein gar nichts gesehen, die historische Sprachwissenschaft ist eine Wissenschaft wie jede andere auch.
Aber nicht jeder muss der Wissenschaft folgen. So wie man an der Evolution zweifeln darf, darfst du gerne auch an den bekannten Etymologien zweifeln.
Und dieser gesunde Menschenverstand sagt mir, dass die
Erklärung für Europa, Afrika und Asien (das Land, wo es viel
regnet, das Land am gegenüberliegenden Ufer des Meeres, das
Land der Nachbarn) wesentlich einleuchtender ist, als eine
Ableitung aus der griechischen Mythologie, in der ein Stier
auftaucht - wo ist da der logische Zusammenhang mit Europa? -
oder dem griecheischen Lehnwort aus dem semitischen „ereobs“
(= Abend). Letzteres könnte nur dann als realistische
Alternative herangezogen werden wenn zum Einen klar wäre, wo
man räumlich die semitische Wurzel ansetzt Nordafrika oder
heutiger Naher Osten? (es gibt ja etliche wissenschaftliche
Stimmen, die die hamito-semitischen Wurzeln in Nordwestafrika
sehen; dann wäre „Abend“ = Abendland für Europa überhaupt
nicht mehr zutreffend und ad absurdum geführt) UND
GLEICHZEITIG zum Zweiten, wenn in der gleichen semitischen
Sprache für die beiden anderen Konitente (Afrika und Asien)
ebenfalls einleuchtende und zutreffende Bezeichnungen zu
finden wären. Sind sie aber meines Wissens nicht.
Für dich einleuchtender. Linguisten, die sich damit besser auskennen und sich lange damit beschäftigt haben, würden dir da widersprechen. Ich bin leider kein Experte darin, kann dir also nicht für jedes Wort eine 1A-Erklärung abliefern.
Oftmals ist eben das einleuchtende nicht das richtige. Wenn man sich bei allem blind auf seinen „gesunden Menschenverstand“ verlassen könnte, bräuchten wir gar keine Wissenschaftler mehr.
Gleiches gilt beim Fisch und seinem Gegenstück dem Vogel: Wenn
mit den in der Indogermanistik so beliebten Asterisken
gearbeitet wird und ein Wort *peitos" erschlossen wird (aha!
Das wort gibt es nicht, es ist nirgends nachgewiesen! Also
erfunden, um irgendeine hanebüchene Theorie damit zu stützen,
man nennt so etwas wissenschaftlich übrigens einen
Zirkelschluss, welcher - wie Du sicher weißt - als
Beweisgrundlage wissenschaftlich verboten ist´!), *peitos in
der Bedeutung „Nahrung“, so frage ich mich, ob Obst, Gemüse
Beeren Pilze, Wildtiere etc. keine „Nahrung“ für den Menschen
darstell(t)en und was diese anderen Nahrungsmittel bitte mit
„Fisch“ zu tun haben sollen ; -
Du weißt anscheinend nicht viel über historische Sprachwissenschaft. Gut. Der * zeigt an, dass das Wort nicht belegt ist und rekonstruiert werden musste. Wenn man eine Proto-Sprache rekonstruieren will, setzt man das so. Auch wenn Fisch mit Baskisch verwandt wäre (was nicht unmöglich, aber doch höchst unwahrscheinlich ist), müsstest du so einen Stern benutzen, denn die deutschen/irischen/lateinischen/… Wörter für Fisch sind ja nicht direkt aus dem Baskischen entlehnt. Und viel Material aus dem Arpitanischen haben wir ebenfalls nicht, also müsstest du schon Rekonstruktionen beginnen und damit auch Sternchen verwenden.
Wenn du den Pfeifer mal richtig liest, siehst du auch, dass der Ursprung auf *peisk-/*pisk- zurückzuführen ist und das mit *peitos nur eine Idee von Seebold war. Natürlich ist die historische Sprachwissenschaft keine exakte Wissenschaft, daher kann so eine Rekonstruktion nur wahrscheinlich sein, selten aber absolut sicher.
ich aber auf der anderen Seite über Wöbü nachweisbar die
Bedeutung „stumm, still“ finde, so macht für mich das „stumme
Tier“ einen Fisch viel eher zum Fisch als zur an den Haaren
herbeigezogenen „Nahrung“. Beim Vogel das selbe Spiel. Wenn
dort Kluge den Ursprung als *pu, mit der angeblich
indogermanischen Bedeutung „Tierjunges“ angibt, dann frage ich
mich allen Ernstes, was das mit einem „Vogel“ zu tun hat. Wenn
ich auf der anderen Seite im Wöbu eindeutig den Begriff
„fliegend“ finde, und somit „Das fliegende Tier“ übersetzen
kann. Fällt Dir was auf? 2x Adjektive.
Du fragst dich, was Tierjunges mit Vogel zu tun hat? Dann frage ich zurück: Was hat das englische Wort „black“ (schwarz) mit „blank“ (blank) zu tun? Die beiden Wörter haben die selbe Wurzel im PIE. Was hat Film mit Fell zu tun? Was soll Samt mit sechs zu tun haben? Warum bedeutet „konfus“ wörtlich ‚zusammenfließend‘? Warum sollen das englische „bad“ und das persische „bad“ nicht verwandt miteinander sein, obwohl die beiden Sprachen verwandt sind und beide Wörter das gleiche (schlecht) bedeuten?
Das hat mit gesundem Menschenverstand wenig zu tun, da muss man forschen, vergleichen.
Fällt Dir weiter noch was auf, bei den Beispielen, die ich
genannt habe? Es handelt sich jeweils um zusammengehörende
Begriffspaare/Begriffe, und es scheint, als seien
Begriffspaare sehr häufig (vielleicht sogar immer) aus der
selben Ursprungssprache.
Seh ich nicht so. Definiere „Begriffspaar“ und erkläre, wie du zu der Aussage „häufig“ bzw. „immer“ kommst. Das müsstest du erst einmal statistisch nachweisen, sonst hat deine Aussage keinen Wert.
Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und behaupte, dass
dieser ganze Zweig der Indogermanistik von vorne bis hinten
erfunden ist, ein Konstrukt irgendwelcher fantasievollen
Möchte-gern-Wissenschaftler, die jeglichen Kontakt zur
Realität verloren hatten, eine Irrlehre, die
unglückseligerweise bis heute tradiert wird. Hier müsste
natürlich darauf eingegangen werden, weshalb dann diese
Auffälligkeiten zwischen dem indischen und den europäischen
Sprachen zustande kommen. Ohne dieses OT-Thema breit
auszuführen, verweise ich darauf, dass es dafür durchaus
Theorien gibt, die nicht in der Indogermanistik begründet
liegen und die für mich sehr viel plausibler klingen als
dieses Indogermanistische Märchen.
Schön. Tausende von Sprachwissenschaftlern irren sich. Aber du allein hast die richtige Antwort gefunden? Vielleicht solltest du damit an die Öffentlichkeit gehen und berühmt werden. Entschuldige meinen Zynismus, aber ich kann kaum fassen, dass du das jetzt ernst meinst. Für dich klingen sie plausibler, diese Theorien, aber mit Verlaub — du kennst dich mit dem Thema wirklich nicht im geringsten aus. Du vertraust ja wie du selbst sagst nur deinem Bauchgefühl und ignorierst alles andere völlig.
Natürlich kann man bei weitem nicht alles aus dem
Paläobaskischen erklären, damit gebe ich Dir völlig Recht. Zu
viele Einwanderungswellen unterschiedlichster Stämme und
Menschengruppen hat es über die Jahrtausende hinweg gegeben.
Wir haben ja schließlich auch jede Menge Relikte aus der
arabischen/hamitosemitischen Sprachwelt, aus der keltischen
Sprachwelt und weiterer Kulturkreise, sodass man nicht von
einer „homogenen“ Spracheherkunft reden kann. Aber diese
Pauschalnegierung (kann nicht aus dem Vaskonischen kommen),
wie Du sie vornimmst, ist sicher der Sache nicht dienlich. Und
dass solche Erkenntnisse noch nicht im Kluge, Pfeiffer etc.
stehen, ist zwar bedauerlich, zeigt aber nur, wie schwer sich
die echte Wissenschaft tut, eigene Fehler und
Unzulänglichkeiten zuzugeben.
Das ist natürlich klar, ja. Uralte Lehnwörter haben wir aus vielen unverwandten Sprachen ererbt. Z.B. könnten die Wörter für „Katze“ und „Wein“ aus den kaukasischen Sprachen stammen, aber das ist bislang wohl auch nur eine Hypothese.
Ich gebe zu, dass „kann nicht aus dem Vaskonischen kommen“ auch übertrieben war. Eine Chance besteht und vielleicht sind ein oder zwei der Wörter tatsächlich ursprünglich von dorther entlehnt… es ist nur sehr, sehr unwahrscheinlich.
Ich halte mich lieber an den gesunden Menschenverstand als an
Asteriske!
Ersetze „gesunden Menschenverstand“ durch „mein Bauchgefühl“ und „Asteriske“ als „die historische und vergleichende Sprachwissenschaft“, dann macht dein Satz mehr Sinn.
Gut, dass Wissenschaft anders funktioniert.
Überzeugte Grüße
Alexander
Gruß zurück,