Hallo André, hallo Immo,
zuerst einmal Euch beiden im Besonderen und allen anderen im Allgemeinen ein Gutes Neues Jahr 2009 und dass es Euch Euere Wünsche und Hoffnungen erfüllen möge. Bleibt allzeit gesund und kritisch gegenüber allem und jedem.
Ich bin zwar noch nicht ganz wieder gesund, aber doch soweit, dass ich wieder halbwegs klar denken kann.
also, packen wir’s an. Das Resumé vorweg genommen: es gibt zwar zwischen unseren Meinungen doch Unterschiede, aber so riesig weit liegen wir nicht auseinander.
Im Detail:
Ja, von Pokorny habe ich schon viel gehört, er wird ja auch
Ich weiß es leider selbst nicht, da ich bei Pokorny nie
reingeschaut habe. Kann dir dazu also leider nicht viel sagen.
schade!
Du hast irgendwie immer noch eine völlig verdrehte Vorstellung
von den rekonstruierten Wörtern.
wahrscheinlich hast Du damit sogar Recht.
Ohne die käme man überhaupt
nicht weiter; niemand macht historische
Sprachwissenschaft ohne diese „Asterisken“, wie du sie nennst.
o.k. Da hast Du mit Sicherheit Recht. Auch Vennemann hat sie. Dennoch habe ich eine große Skepsis ihnen gegenüber. Irgendwie versuche ich halt immer „Handfestes“ zu finden. Wie z.B. in einem früheren e-mail von mir der Gruß an die Franken, da man dort Koffer und Kuchen „baggd“ (nur als kleines Beispiel). Natürlich sehe ich das schon so, dass dieses „baggd“ nur ein „Symptom“ und nicht die Ursache ist. Und mit diesen rekonstruierten Wörtern versucht man halt von einem Symptom auf die Ursache zu kommen. Aber bitte: zumindest ein Symptom! Das hilft mir als Laien halt sehr, die Sache als „plausibel“ zu akzeptieren. Beispiel hierzu: Ich weiß schon lange von dem R-L-Wechsel. Aber ich habe wirklich ewig gesucht, ehe ich dann wirklich und wahrhaftig ein Beispiel (bleiben wir beim Wort „Symptom“, das gefällt mir hier in dem Zusammenhang ganz gut) gefunden habe. So geschehen über das Forum für Heimatforschung in Bayern, in dem jemand einen Ort suchte, der (scheinbar) nicht existent war. Ich hatte ihn dann über den ebenfalls erwähnten Nachbarort (richtig, mit „r“ statt „l“ wie in dem Kirchenbucheintrag angegeben) identifiziert. Erst als ein anderer Teilnehmer dann dies ebenfalls noch bestätigte mit dem Beispiel, dass der Urlaubsort „Ruhpolding“ in der Mundart „Ruaperding“ heiße, erst da konnte ich das, was ich schon lange vorher aus der Theorie wusste auch als „wahr“ ankzeptieren. Ich hatte (endlich) meine Beispiele. Ein anderes Beispiel: die sogenannte R-Umstellung. Auch davon hatte ich schon sehr früh gelesen. Als Beispiel wird immer gebracht Ross - (h)orse. Aber ich habe lange gebraucht, bis ich das geglaubt habe. Erst als mir dann die Ortsnamen -bronn (Heilbronn in BaWü)und -born (z.B. Paderborn) untergekommen sind, war es für mich nachvollziehbar.
Ohne Protowörter zu rekonstruieren wäre das alles gar nicht
möglich.
so langsam komme ich dazu, dass ich das verstehe. Dummes Beispiel:
Deutsch: Flasche - französisch: flacon.
Dass beides die selbe Wurzel hat, ist eindeutig (behaupte ich einfach mal). Aber - wenn ich Dich richtig verstehe, dann sagst Du - vereinfacht ausgedrückt: Ich muss von „Flasche“ zr. in die Vergangenheit konstruieren (sofern es über Schriftbelege hinaus geht)UND ich muss von „flacon“ zr. in die Vergangenheit konstruieren (ebenfalls soweit es über die schriftlichen Zeugnisse hinaus geht) um eine gemeinsam Ursache zu finden. Ich hänge hier noch das baskische Wort an: flaska. Aus dem heutigen Wörterbuch. Du sagst - so verstehe ich Dich - „das taugt nicht - ab zurück in die Vergangenheit: eine rekonstruierte altbaskische Form von „flaska“ muss her“.
Soweit glaube ich Dich verstanden zu haben. Da setzen natürlich meine Kenntnisse aus. Ich kenne diese Sternchenkunde einfach nicht, um sie selbständig anwenden zu können. Natürlich kann ich raten, aber dass ich damit richtig läge, wäre mehr wie Zufall. Also halte ich mich an die „Symptome“ Flasche - flacon - flaska und sage: Das hängt miteinander zusammen, da es eine gleiche oder ähnliche Bedeutung hat. aber ob ich jetzt (ich weiß ja schon gar nicht, wie ich dieses hochgestellte Kreuz hinbekäme, denn das Geburtssternchen bedeutet ja „falsche Rekonstruktion“, so wie ich mir angelesen habe) +flas-co oder +flath-go (th= englisches th) oder wie auch immer schreiben müsste, schlicht: Dazu fehlen mir die Kenntnisse. Das überlasse ich wirklich den „Gschdudierden“, und dabei ist es mir gleichgültig, wie diese Personen heißen, sofern sie die Regeln beherrschen und diese unvoreingenommen anwenden und nicht von vorne herein auf idg. aus sind. Der Kluge stellt dieses Appelativ ja zu „flechten“, als „umflochtenes Gefäß“. Außerdeutsch bringt er anord. und g. Ebenso der Pfeiffer, dieser bringt noch asächs. und aengl. Aber befriedigt das das Charakteristikum einer Flasche? etwas Umflochtenes? für mich nicht. Für mich ist eine - sofern intakte - Flasche vor allem eines: Flüssigkeitsundurchlässig. Danach: Aufbewahrungsort von zumeist Flüssigkeiten, evtl. noch von Puder, Staub, Sand. Somit ist mein Gedankengang: Es gibt’s im Germanischen, es gibts im Romanischen, es gibt’s im Baskischen. Also schau ich doch mal ins Keltische - resp. ins Irische Wöbu. Und siehe da: da finde ich „fleasc“ in der Bedeutung von Band, Reifen, Ring. Dazu fällt mir dann sofort der FahrradSCHLAUCH ein. Und dann das Sprichwort „alter Wein in neuen SCHLÄUCHEN“. Da Sprichwörter oft seeeeehr alt sind, stelle ich fest: Das passt! Demgegenüber suche ich im baskischen Wöbu von vorn herein schon nicht unter „fl…“, da dieser Anfangsbuchstabe im Baskischen sehr selten und in der Kombination mit „l“ außer in Fremdwörtern schon gleich gar nicht vorkommt, sondern unter „l“, mit f=h=NULL, sowie unter „bl“ mit f=b. Aber in den üblichen Wörtern (ich habe nur ein recht kleines Baskisch-Deutsches Wöbu, ausführlichere müsste man dann in der Version Baskisch-Spanisch kaufen) finde ich nur mit ähnlich großen Verdrehungen und Windungen eine Deutung, die auf die „Flasche“ zutreffen könnte: „latzan(du)“ = umarmen. Aber das halte ich genau so für unwahrscheinlich, wie das „Umflochtene“. So, jetzt machen wir noch die Probe auf’s Exempel und schauen ins arabische Wöbu., ob wir dort einen ähnlichlautenden Begriff finden, welcher ebenfalls die Bedeutung „Band, Ring, Schlauch, Reifen“ hat. lazqa = Umschlag, farag = Leere, Vakuum; faraga = leer sei, hohl sein (mit l=r). Dass ein Schlauch immer hohl ist, passt auch. Also, schlussfolgere ich: Flasche ist in allen Sprachen ein Lehnwort aus dem Arabischen mit der Ursprungsbedeutung „hohl sein“. Ja, ich weiß, Du kommst jetzt wieder mit den rekonstruierten Begriffen. Geb ich Dir ja zu, - schau, soweit hast Du mich schon weich geknetet -, aber ich kann es halt einfach nicht: faraga - +falaga - +flaga - +flathga - +flasca ->Flasche. Aber wie gesagt: Diese Sternchenwörter sind von vorne bis hinten rein geraten. Vielleicht kommt daher auch die Skepsis: weil ich es halt selbst nicht (selbst) kann.
Allenfalls bei Sprachfamilien mit nur 2 Mitgliedern
(z.B. Yukagirisch) muss man das nicht machen. Sonst kommt man
nicht umhin. In der Wissenschaft reicht es eben nicht, dass
man sagt: „in Sprache A gibt’s ein /k/, der in Sprache B
manchmal ein /g/ und in Sprache C oft ein /h/ ist“, du musst
ja erklären, was zugrundeliegt und wie die Entstehung zu
erklären ist.
überzeugt.
Wenn du dir die keltischen Sprachen anguckst, entspricht dort
oft ein /p/ einem /k/
das habe ich nicht gewusst. Offenbar gibt es somit p=k. Naja, mit einer langen Kette habe ich es vielleicht schon gewusst: p=b=f=h=ch=g=k, aber das ist dann doch schon eine sehr alte Sprachverwandtschaft, oder? Ähnlich dem b=m, wobei mir hier ja immer der JakoB = GiaccoMo und Biarritz = Miarritze als Symptome dienen.
und ohne da auf eine Protoform
zurückzugreifen, kannst du das nicht erklären.
Vielleicht schreibe ich jetzt was ganz Dummes: ist das laut Theorie nicht die erste germanische Lautverschiebung?
Erst dann wird
deutlich, dass zugrundeliegend ein /kʷ/ (labialisiertes
k) anzunehmen ist, das sich beim P-Keltischen zu einem /p/ und
beim Q-Keltischen
was ist Q-Kletisch?
Wenn du von vornherein Rekonstruktionen ablehnst, brauchst du
dich eigentlich gar nicht damit zu beschäftigen, da du dann
eigentlich gleich alles willkürlich ablehnen kannst. Sowas
würde auch kein Wissenschaftler tun.
wieder überzeugt.
Irisch
na ja, da habe ich aber für Irisch resp. Keltisch auch schon
anderes gelesen. Aber auch hier gilt: Die Indogermanisten
versuchen einfach alles zu vereinnahmen. Ich glaube da eher,
dass es eine - zwar relativ weite aber so doch -
Verwandtschaft zu der hamito-semitischen Sprachfamilie hat,
welche ja durch Seefahrerbegriffe recht gut auf
Verwandtschaften hin untersucht ist.
Jagut, bei manchen Sprachen ist es weniger offensichtlich,
aber zweifeln tut da ja niemand mehr ernsthaft daran.
Zumindest keiner, der sich auch ernsthaft damit
auseinandergesetzt hat.
warum? Ich habe bewusst das Beispiel oben „Flasche“ ausgewählt, um eben die auffällige Ähnlichkeit zwischen Keltisch und Arabisch zu zeigen. Komischerweise fand ich in der Vergangenheit noch alle Wörter aus dem Irischen n meinem Mini-Arabisch-Wöbu (9000 Stichwörter!) in ähnlicher Bedeutung wieder. Soviele Zufälle???
Aber Theorien zur Verbindung von Indo-Europäisch und den
afroasiatischen Sprachen (zu denen die hamito-semitischen
gehören) gibt es soweit ich weiß auch; es gibt einige
strukturelle Ähnlichkeiten dabei. Doch wie überall, reicht das
natürlich nicht aus.
Unbedarfte Frage: wer legt das anhand welcher Kriterien fest, was „ausreicht“ und was eben „nicht ausreicht“? Hier kommt wieder meine Skepsis bis Ablehnung gegen die Indogermanisten, die alles versuchen zu vereinnahmen.
Weder Wortgleichungen noch strukturelle
Ähnlichkeiten reichen aus, um eine Sprachfamilie zu
postulieren.
Mir ist schon klar, dass Du mir hier kein Grundseminar Linguistik, Philologie o.ä. bieten kannst, will ich auch gar nicht, aber über ein paar Infos wäre ich schon dankbar.
Ursprung für einige der Wörter annehmen („Katze“ und „Wein“
z.B.),
Auch das habe ich schon mal geschrieben: wenn Du „Katze“ als
Beispiel hernimmst, dann ist es in meinen Augen absolut
zwingend den zweiten Teil des Begriffspaares, den Hund, aus
genau der gleichen Sprache ebenfalls sinnvoll und
charakteristisch erklären zu können. Wenn das nicht klappt,
dann stimmt die vermutete Sprache nicht. Ich verweise auf mein
früheres Beispiel der Kontinente Europa-Afrika-Asien. Was die
Katze anbetrifft, so habe ich mich etymologisch weder mit ihr
noch mit dem Hund auseinandergesetzt. Dafür aber eben mit dem
Fisch und dem Vogel.
Da du hier speziell auf die Katze eingehst
Falsch - Das Beispiel stammte von Dir!
— es gibt keinen
Grund, warum man hier „Hund“ noch mitbetrachten müsste.
Erstens ist „Hund“ in keinster Weise das Gegenteil von
„Katze“, zweitens kommen die Tiere aus anderen Kulturkreisen
bzw. Erdteilen.
ich habe gerade ein wenig gegoogelt und ich fand es erstaunlich schwer, irgendwo was darzu zu lesen, WOher der Hund resp. Wolf kommt. In Wiki wird von Russland gesprochen, in einem anderen Google-Treffer von Nordamerika. In Wiki heißt es bei der Katze „zuerst in Afrika und in Asien“. Also ist erstens offenbar gar nicht gesichert, woher denn nun Hund und Katz tatsächlich ureingeboren her stammen und zweitens scheint es - Wiki folgend - durchaus denkbar, dass beide eben doch in der gleichen Region beheimatet sind. Auch hier wieder mein Bezug zu unseren Sprichwörtern: „die sind wie Hund und Katz“ (= sie verstehen sich überhaupt nicht). Was wohl auch daher kommt, dass der eine ein Strahlenflüchter, die andere aber ein Strahlensucher ist. Also ich sehe zumindest noch nicht so ganz, warum man diese beiden Tiere nicht als Wortpaar sehen sollte - und damit deren Namen in der gleichen Sprache suchen sollte.
Ehrlich — ich sehe keinen Grund, warum man annehmen sollte,
dass zusammengehörige Begriffe (also Antonyme) irgendwie
zwangsläufig oder mit höherer Wahrscheinlichkeit aus der
selben Sprache stammen.
ich schon. Mir erscheint das sogar äußerst wahrscheinlich und logisch.
Genau hier muss ich schon wieder einen Teil-Einspruch erheben:
Ich habe auch schon mehrfach geschrieben, dass unsere heutigen
Sprachen vielfältigen Einflüssen seit ihrer Entstehung
ausgesetzt waren und somit ein monolineares bzw.
monostrukturiertes Erklärungsmodell nicht taugt. Nicht nur
wegen der Lehnwörter, die es in jeder Sprache gibt. Zu komplex
ist das Ganze, als es zu 90 oder mehr % mit „aus dem Idg.“
erklären zu wollen. Insbesondere dann wenn danach der
berühmt-berüchtigte Asterisk kommt.
Das ist den Linguisten bewusst. Immer hält man sich die
Möglichkeit offen, ein Wort könnte auch aus einer
Nachbarsprache entlehnt sein.
wie ist ein beliebter Spruch in den Wissenschaften allgemein:
Eine Theorie kann richtig oder falsch sein, nur bei zwei Theorien, da können nicht beide richtig, sehr wohl aber beide falsch sein. (so oder so ähnlich vielfach formuliert. Übertragen auf dieses Sich-die-Möglichkeit-offen-lassen ist das in meinen Augen das Eingeständnis des Nicht-Wissens, des Ratens. Wäre es alles so sicher, dann sollten die Idg doch sagen: So ist es Punkt. Dann kann ein anderer kommen und argumentieren und sagen: Weil es Ableitungsprobleme bei diesem oder jenem Buchstaben gibt, kann das nicht sein, es muss so-und-so sein. Dann entwickelt sich fruchtbare Wissenschaft. Ein Widerstreit ohne Scheuklappen. Auch wenn Du mir weiter unten sagst, dass heute eigenes Denken der Studenten gefragt sei.
Grad neulich hielt jemand bei
uns am Institut einen Vortrag über eine mögliche
vorgeschlagene Verwandtschaft des Sumerischen mit den
saharanischen Sprachen (bisher muss Sumerisch nämlich als
isoliert gelten). Da wurde bei der Diskussion hinterher auch
bei einigen Wörtern vermutet, es könnte sich auch um
Lehnwörter aus afro-asiatischen Sprachen handeln.
hoch interessant. Wieder was gelernt.
Übrigens wurde dem Vortragenden geraten, sich zuerst einmal
mit den saharanischen Sprachen eingehender zu beschäftigen und
für diese erst einmal die Proto-Sprache zu rekonstruieren so
gut es geht, bevor man seine Forschungen vom möglicherweise
nicht verwandten Sumerisch beeinflussen lässt. Bisher gibt’s
fürs Proto-Saharanische keine gute Rekonstruktion. Die wäre
aber sehr hilfreich, damit man nicht bei der Suche nach
Sumerisch-Saharanisch-Kognaten willkürlich zwischen den
kleinen Tochtersprachen (Kanuri, Berti, Beria, usw.) hin- und
herwechselt.
somit im Endeffekt nichts anderes als das, was Du mir versuchst klar zu machen: „Ab, zurück in die Vergangenheit und Protowörter konstruieren“, oder?
Gerade dort haben die anderen Linguisten betont, wie wichtig
es ist, erst einmal eine überzeugende Proto-Sprache zu haben,
statt mit heutigen Wortwurzeln zu arbeiten. Schließlich ist
Sumerisch ja auch seit tausenden von Jahren tot, während sich
Kanuri und einige der anderen saharanischen Sprachen noch
bester Gesundheit erfreuen (der Vortragende war ein
Muttersprachler des Kanuri).
Du bist drauf und dran, mich zu überzeugen…
In der Tat sollte man also skeptisch sein. Skepsis ist gut.
Aber einige Dinge sind eben etablierter als andere, und wenn
man dann wieder beim Urschleim anfangen möchte, kommt man
nicht weiter, da man dann das Rad quasi neu erfinden muss. Und
das bringt’s nicht immer.
Jein. Natürlich sollte man auf schon Erforschtes zurückgreifen, aber eben kritisch und auch ruhig hinterfragen…
regelrechten Gehirnwäsche unterzogen werden: Sie müssen das
nachplappern, was ihnen ihr Professor sagt, was er publiziert,
das war vielleicht etwas arg drastisch ausgedrückt. Aber ich kenne es halt von den Onomasten. Da geht man zu Hr. Prof. Dr. Dr. YX in Vorlesung und schaltet sein eigenes Gehirn aus um dann logischen Überlegungen (Stichwort Vergleichende Sprachwissenschaft - hier insbesondere Vergleichende Onomastik) mit völlig irrationalen - aber gelernten - (Pseudo-)Argumenten zu kommen. Mir selbst schon bei LEO im Forum passiert.
Das mag früher so gewesen sein, vor einigen Jahrzehnten, heute
ist eher das Gegenteil der Fall (hier kann ich aber eigentlich
nur für die Linguistik sprechen): Wir Studenten werden dazu
erzogen, selber zu denken, eine eigene Meinung zu haben, wir
sollen kritisch sein, auch wenn wir mit Büchern von Profis
arbeiten. Diskutiert wird viel, Gegenmeinungen sind gefragt
und es werden viele Aufsätze berühmter Sprachforscher gelesen
und auch kontradiktorische „Gegenaufsätze“. Antworten darauf,
die zeigen, dass der-und-der falsch lag. Und anhand unseres
Wissens können wir uns selbst ein Urteil fällen.
schön, dann haben wir beide ja noch Hoffnung für die Zukunft und dass sich die „richtige“ Erkenntnis künftig auch in allen Bereichen (auch in anderen Wissensgebieten, insbesondere in der Medizin) irgendwann doch durchsetzt.
Wer in einer Hausarbeit also eine andere Meinung vertritt als
der Dozent, kann das ruhig schreiben, solange er es
ausreichend und überzeugend begründet. Das ist vor allem in
der Typologie so.
Bitte hilf mir: was ist Typologie? ich habe bei Wiki geschaut, dort steht „Klassifikation“, wobei ich mir aber nicht sicher bin, ob ich das richtig verstanden habe.
Ich stelle auch oft Dinge in Frage, und da du mich hier im
Forum ja auch kennst, wirst du sehen — ich lehne mich gern
gegen Meinungen von Büchern wie dem Duden oder von
selbsternannten Pseudoexperten wie Bastian Sick auf.
unter anderem deshalb schätze ich Deine Beiträge sehr.
Auch wenn
ich nicht immer Recht behalte.
Gehört dazu, auch ich kann Kritik vertragen, weil ich eben auch ganz gerne mal „quer denke“ (was aber so manchem nun überhaupt nicht gefällt; so sehr ich LEO an sich schätze, aber ich fand die Forumsteilnehmer dort schon, na, sagen wir, sehr speziell)
einfach: „Was, Vaskonisch? Nee, das ist quatsch.“, sondern es
wird gezeigt, was für Lücken die Theorie aufweist, es werden
Beispiele gebracht, die nicht durch die Theorie erklärbar sind
oder gleich Gründe genannt, warum das so nicht passieren
konnte.
Ich habe schon genug gelesen, um auch schon entsprechende Lücken bei Vennemann und Co entdeckt zu haben, dennoch muss ich sagen, im großen Überblick, erscheint mir das was dort erarbeitet wurde, im Großen und Ganzen nachvollziehbar. Gleichzeitig betone ich zum wiederholten Male, dass die gesamte Entwicklung Europas viel zu vielschichtig war, als dass man monostrukturiert arbeiten und denken könnte. So habe ich erst vor wenigen Tagen einen Aufsatz gelesen, in dem davon ausgegangen wird, dass die Italer ursprünglich am Niederrhein/Niederlande/West-Niedersachsen beheimatet waren. Und die Ligurer südlich davon, dort, wo die ersten Hügel anfangen (Köln-Bonn-Koblenz) weshalb bei Relikte von italischen und ligurischen Wörtern durchaus erklärbar sei.
dass die etwas übereifrig sein sollen, deutsche Familiennamen
aus dem Slawischen zu erklären.
Ja, davon habe ich gehört; da wird ständig an Sorbisch
„rumgemacht“. Aber vor allem bei den Orts- und
Gewässernamen. Aber hier in der Gegend heißt auch alles -witz,
-tritzsch, -au (jeder zustimmen, dass diese Etymologie viel
einleuchtender, glaubwürdiger, und leichter zu überprüfen ist
ist es wirklich leicht zu überprüfen? Ist es sicher, dass es sich um keine Volksetymologie à la Aventinus handelt? Ich kann zwar so leidlich Englisch - zur Fachliteratur reicht es aber nur mit Wöbu - aber bitte: übersetze ich richtig mit „dort, wo es eine Pflanze hinter der anderen gibt“? Wenn ich den Sinn auch nur halbwegs richtig erfasst haben sollte, so klingt mir das doch mehr als volksetymologisch. Genau so wie München mit den Mönchen.
als die Annahme, es könnte „Vater des Baskischen“ (o.Ä.)
Du denkst zu kurz: Im Bayerischen (wieder so ein Sympotom von mir!) haben wir den Ausdruck „oid“ oder auch „oit“. Meint „alt“. Somit gingen meine Gedanken in die Richtung auf „Alt-baskisch“, wissenschaftlich ausgedrückt „paläo-baskisch“.
Und da sagst Du noch, dass das Bauchgefühl immer der Holzweg
ist?
Nein nein, das sage ich ja nicht. Das wäre eine Übertreibung.
Aber ein Bauchgefühl wiegt für mich als Wissenschaftler eben
nicht soooo viel. Vor allem kann man niemandem mit seinem
eigenen Bauchgefühl überzeugen. Da muss man – ausgehend von
seinem Bauchgefühl bzw. dem gesunden Menschenverstand (ist
praktisch das gleiche) – dann mit richtigen Beweismethoden
anfangen. Und da kommt man dann auch um Protoformen nicht
drumherum. Wer also eine Verwandtschaft von Vaskonisch und
Indoeuropäisch vorschlägt, muss Protoformen
rekonstruieren, sonst wird ihn niemand ernstnehmen.
da stimme ich Dir vollkommen zu! Schau, wir sind wirklich nicht weit auseinander, in unserer Meinung.
Auf jeden Fall. Es ist nicht so, dass du mich jetzt zur
Skepsis bewogen hättest — das ist ja wie gesagt etwas, was bei
uns an der Uni in der Linguistik großgeschrieben (und von
unserem Dozenten zweimal unterstrichen) wird – aber ich finde,
es hat sich zu 'ner fruchtbaren Diskussion entwickelt.
Gleiches ist auch mein Eindruck
Zufallsfaktoren sind aber messbar,
traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast! Das Ergebnis hängt ganz davon ab, welche Parameter Du wie setzt. Und das wiederum hängt von Deiner Intention ab, was Du rauskriegen willst.
Menschenverstand beweist
allerdings nichts und Plausibilität ist sehr subjektiv. Ich
finde Indoeuropäisch also Theorie total plausibel und habe
auch keinen Grund, an dem Gesamtbild zu zweifeln. Damit stehe
ich auch auf der Seite von vermutlich 99,9% der
Sprachwissenschaftler. Für dich ist eben deine Theorie
plausibler und da bist du sicher auch nicht der einzige.
Ich habe mir nochmals durch den Kopf gehen lassen, was mich denn so GEGEN dieses idg einnimmt. Ich glaube, es sind zwei Hauptfaktoren. Den einen - die Plausibilität - haben wir schon genügend durchgekaut. Aber der andere, glaube ich, ist noch gar nicht zur Sprache gekommen: Das ist der Begriff als solches, der m.E. falsche Assoziationen weckt. Er legt - als Begriff - nahe, dass es eine große Sprachfamilie von Indien bis zu den Britischen Inseln (mit ein paar weißen Flecken drin) gäbe. Familie ist für mich „blutsverwandt“. Und dagegen sträube ich mich. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass keinerlei „Blutsverwandtschaft“ zwischen einem Inder und einem Spanier besteht. Die Wortverwandtschaften, welche man in der Tat nicht leugnen kann (klassisches Beispiel: „rot“), sind aber für mich auf anderem Wege in die jeweils andere Sprachwelt eingedrungen: Über Entlehnungen. Entlehnungen finden ja immer dort statt, wo reger Kontakt zwischen den verschiedenen Kulturen (und somit Sprachen) gegeben ist/war. Vom Gyros unserer Tage, über den „kindergarden“ bis hin zu - wie ich behaupte - „Flasche“ in prähistorischer Zeit.
Gleichzeitig ist für mich damit aber auch klar, dass dieser Kontakt über Kleinasien//Naher Osten gelaufen sein muss. Spätere Wanderungsbewegungen inner- und außerhalb Europas lasse ich einfach mal so außen vor. Erstens habe ich mich damit noch zu wenig beschäftigt, zum Anderen - siehe oben - habe ich immer noch die Wissens-Weiterentwicklungs-Phase (Italer am Niederrhein etc.)
das kannst Du aber nur dann machen, wenn Du sicher weißt, dass
Deine Schwester nur ein einziges Paar Schuhe hat (übertragen
auf unser Diskussionsobjekt: wenn Du Dir sicher sein kannst,
dass die sprache nur eine einzige Wurzel hat). - siehe
mehrfach meinen Einwand weiter oben und in anderen Mails, dass
bei der Sprache nichts monolinear (andere Wissenschaftler
sprechen von monostrukturiert) ist, zu viele Einflüsse spielen
mit. So wie Deine Schwester mehrere bis viele Paar Schuhe hat.
Meine Schwester hat sogar sehr viele Paar Schuhe.
Ja, Recht hast du. Fürs PIE wurden auch z.B. mehrere Wörter
für Wasser rekonstruiert und manche davon könnten auch
Lehnwörter sein. Es ist ja auch möglich, dass das uralische
Wort für Wasser (Finnisch „vesi“, Ungarisch „víz“ oder so)
dazu fällt mir spontan das polnische Wort für „See“ ein, welches immer und überall mit „jez.“ abgekürzt wird (ausgeschrieben glaube ich, heißt es jezeri (habe gerade kein polnisches Wöbu da).
ein
indoeuropäisches Lehnwort sein könnte. Vielleicht auch
umgekehrt
genau: oder umgekehrt. Denn: warum wollen die Idg. alles vereinnahmen. Die Indogermanen sind nicht die besseren Menschen gegenüber den Nicht-Indoeuropäern.
Begreifst du denn nicht, dass es nicht um die Zwischenschritte
gehen kann? Es gibt keine Sprachen, die
sich in den letzten 7000 Jahren oder länger nicht verändert
haben.
klar. Wie schon oben geschrieben, der Nebel beginnt sich zu lichten. Aber heller Sonnenschein ist noch nicht.
Daher kannst du auch nicht von Baskisch ausgehen und
über Zwischenschritte auf’s Deutsche kommen wollen. Das
Deutsche stammt so oder so – auch nicht in deiner Theorie –
vom Baskischen ab, sondern beide Sprachen haben allerhöchstens
eine gemeinsame Ursprache, die man von mir aus
Vasko-Europäisch nennen könnte, spaßeshalber. Diese Ursprache
muss rekonstruiert werden.
Einspruch: ich rede nicht von der Sprache „Deutsch“ an sich, sondern von Teilen dieser Sprache. siehe oben: Vielschichtigkeit der diversen Einflüsse - nicht alles ist aus einer Sprache zu erklären, siehe auch mein Beispiel „Flasche“.
Ferner
unterstellst Du damit, dass der Grund der „statistisch
plausiblen Erklärung“ in der konstruierten Indogermanischen
Sprache liegt. Dies entbehrt aber spätestens dann jeglicher
Wahrscheinlichkeit, wenn die Bedeutung des mit Stern
gekennzeichneten Begriffs nicht mehr aussagekräftig ist.
Ja, da gebe ich dir Recht. Bei einigen Dingen kommt man dann
vom Groben ins Ungenaue und von Ungenauen lässt sich viel
ableiten, wenn man möchte. Das trifft aber nicht auf alle
Wörter zu, Gerade bei „Fisch“ geht man ja nicht in erster
Linie von der Nahrungsbedeutung aus, sondern vor allem von der
Urbedeutung Fisch.
Das ist aber bei deinen Herleitungen aus dem Baskischen nicht
anders.
Da hast nun Du wieder Recht.
Lieber führe ich „Fisch“ auf „Fisch“ zurück, als auf
„schweigsam“.
Ja, bitte, wo ist er denn, Dein „Fisch“? ich kann in „Zubrot zur Nahrung“ kein Charakteristika von „Fisch“ entdecken. Liefere mir was Plausibles und gut ist’s.
Hier mache ich mal eben eine kleine Pause. Den Rest beantworte
ich nach dem Essen. Bis nachher! =)
Ich auch. Ich mache morgen weiter.
Liebe Grüße
Alexander
Liebe Grüße,
Nach gefülltem Magen nun die Fortsetzung…
Im Fall des Indoeuropäischen haben wir mehrere hundert
Sprachen, von heute wie auch von vor tausenden von Jahren,
darunter auch solche Fossilien wie Hethitisch oder Tocharisch
oder Pali.
Wenn man sich vergleichende Wortlisten für diese Sprachen
anguckt, ist es völlig unplausibel, zu behaupten, die wären
nicht verwandt.
Habe ich auch nie behauptet. Aber sie sind in einer völlig
anderen Weise miteinander verwandt als dies die
Indogermanistik darstellt.
Sagst du. Damit stehst du wieder relativ alleine da mit deiner Meinung.
das klassiche Beispiel der Indogermanisten ist ja immer der
Farbname „rot“. Das ist DAS Argument schlechthin, warum es
eben dieses Indogermanistisch gegeben haben MUSS. Eine
Verwandtschaft unseres Wortes „rot“ mit altindisch „rudhiráh“
(= rot; belegtes Wort) zu leugnen wäre töricht und dumm. Die
Frage muss aber anders gestellt werden, damit sie zu
wissenschaftlich tragfähigen Ergebnissen führt: Welcher
Übertragungsweg hat stattgefunden?
Ich muss zugeben, das mit dem „rot“ ist mir unbekannt. Mag aber sein, dass das irgendwie das Lieblingsbeispiel der Indogermanisten ist.
Die Indogermanisten werden
mit einer Selbstverständlichkeit behaupten: Na klar, über die
indogermanische Sprachwelt. Und eben das halte ich für viel zu
kurz geschossen, eben monolinear. Wer was auf welchem Weg von
wem entlehnt hat, übernommen hat, verändert hat, das alles
klärt die Indogermanistik in meinen Augen nur völlig
unzureichend.
Für dich, wenn du nur auf kurze Ein-Satz-Erklärungen hörst, sicherlich. Wenn du aber genau für dieses Wort die ausführliche Erklärung haben möchtest, musst du vielleicht wirklich bei Pokorny und Co. nachschlagen. Dort stehen dann die angenommenen verwandten Begriffe für allemöglichen Sprachen und Zwischenstufen. Wenn du dir all diese Sachen durchgelesen, am besten noch selbst überprüft und Entlehnungen in Betracht gezogen hast, kannst du dir erlauben, ein ungefähres Urteil zu fällen. Und in einer ausführlichen Beschreibung findest du auch – manchmal über Umwege durch die jeweiligen Grammatiken der Teilsprachen – den „Werdegang“ solcher Wörter.
Richtig, ich brauche aber den Stern nur, wenn ich unbelegte
Wörter angebe. Gebe ich aber „isil“ an, so ist dies in jedem
baskischen Wörterbuch als „schweigsam“ nachlesbar. Oder „isi“
= still. Da brauche ich keine Asterisken. Und die
wissenschaftlich korrekten Zwischenschritte um isil>Fisch
oder isi>Fisch zu erhalten, dafür gibt es ja eben die
(unabhängigen!) Wissenschaftler. Diese haben ja ihre
Lautverschiebungsregeln, nach denen NICHTS zu „F“ werden kann,
Endungen wegfallen können oder zu kürzen sind etc. ich kenne
zwar durchaus einige dieser Lautverschiebungsregeln, aber -
hier kommt jetzt das was ich oben geschrieben habe - kann sie
mit Sicherheit bei weitem nicht immer richtig einsetzen.
Diese „unabhängigen Wissenschaftler“ spielen nur herum, wenn sie nicht von einer Protoform ausgehen, ich habe bereits erklärt warum und ich tu’s gern nochmal; und sie unterliegen einem Hirngespinst, wenn sie denken, sie könnten vom Baskischen zum Deutschen gelangen. Das geht nicht. Man kann auch nicht vom Irischen auf das Albanische Wort schließen. Allerdings kann man von einem rekonstruierten Protowort zumindest theoretisch (wenn man die Lautverschiebungen kennt) zum tatsächlichen heute benutzten Wort kommen — aber wie du ja bereits sagtest, ist das ein Zirkelschluss. Aber das macht nichts, denn niemand versucht ja, von den mit Sternchen versehenen Protoformen auf die heutigen Wortformen zu kommen. Wieso auch? Man kann’s aber nachvollziehen, wie die Wörter sich verändert haben.
Das halte ich für Voreingenommenheit. Erstens ist es nicht
„ein Buchstabe“, sondern es sind (um das deutsche Wort
herzunehmen) die ersten drei Buchstaben und somit alle
sinntragenden Elemente des deutschen Wortes. Über die
Bedeutung haben wir schon mehrfach geschrieben, erspare ich
mir jetzt.
Isil und Fisch? Da ist das „i“ identisch, und das „s“ und das „sch“ ähnlich. Mehr nicht. Das deutsche Wort fängt unerklärlicherweise mit einem „F“ an, das baskische „il“ ist verschwunden, ohne Begründung. Sicherlich haben die unabhängigen Wissenschaftler aber sich was ausgedacht, wie das zustande kam. Und vielleicht haben sie ja auch ein oder zwei weitere Wörter, bei denen das der Fall ist.
Das ist total willkürlich. Fische sind auch nass — da könnte das Wort Fisch auch vom baskischen „hezea“ kommen (da haben wir sogar 'nen f-ähnlichen Anlaut). Oder von Ungarisch „finom“ (lecker), damit hat’s auch 2 Laute gemein, oder von Ungarisch „víz“ (Wasser), weil Fische ja dort leben. Mit dem englischen Wort „fin“ (Flosse) hat’s auch 2 Phoneme gemeinsam, sogar am Wortanfang, also könnten diese auch verwandt sein? Ich hatte mal irgendwo im Internet (bei UniLang) eine Liste von unterschiedlichen sumerischen Wörtern für „Fisch“ zusammengestellt gehabt, wo ich für viele davon Pseudo-Entsprechungen in anderen Sprachen gefunden habe, die auch Fisch hießen.
Wenn du „isil“ mit „Fisch“ verbindest, ist das nichts anderes als das.
Du musst da Lautgesetze postulieren
nö, muss ich nicht. Die Lautgesetze existieren F=H=NICHTS. Ich
muss sie nur anwenden.
Das ist unsinnig. Du willst sicher sagen, dass aus einem /f/ ein /h/ werden kann (japp), und ein /h/ leicht verschwinden kann (auch). Das kannst du aber für jeden Laut aufstellen. Zähl mal nach, wie viele solche Wörter mit nahen Bedeutungen du fürs Baskisch-Deutsche aufstellen kannst. Dann probier mal, wieviele du für ein beliebiges Paar an indo-europäischen findest.
Das ist, was ich mit statistischer Relevanz meine.
und kommst nicht umhin,
eine Protoform anzugeben.
nö, auch das muss ich nicht. Denn ich habe ja zwei existente
und nachweisbare Sprachen, somit brauche ich nur für die
Zwischenformen, für welche es keine Belege gibt die
Sternchenkunde.
Du musst das nicht. Aber du bist auch kein Wissenschaftler. Wenn du dich damit zufrieden gibst, zwei ähnlich aussehende Wörter zu haben mit ähnlichen Bedeutungen, kann das für dich ausreichen. Aber wie gesagt, ist das völlig unwissenschaftlich und bringt dich nicht weiter. Du kannst es gerne probieren. Gern auch mal mit Klingonisch + Sumerisch. Du wirst dort in etwa genauso weit kommen.
Mir fällt da gerade die Swadesh-Liste ein. Eine Wortliste mit Worten, die es in (fast) jeder Sprache gibt, die selten entlehnt werden und nachgewiesenermaßen recht gute Kandidaten zur Erkennung von Sprachähnlichkeit sind. Das sind v.A. ganz banale Wörter wie „ich“, „Auge“, „Baum“, „Stein“, „Sonne“, „neu“, „sehen“, „Hand“, „zwei“, und so weiter. Die Swadesh-Liste umfasst 100 bzw. 200 Wörter (gibt beide Versionen). Wenn man diese 100 Wörter in allen Sprachen der Welt sammelt und in Lautschrift aufschreibt, und dann vom Computer vergleichen lässt, lässt sich der „Abstand“ der Sprachen in Bezug auf ihr Grundvokabular messen. Deutsch und Niederländisch sind da sehr sehr nah beieinander. Deutsch und Russisch etwas weiter, Deutsch und Hindi sogar ziemlich weit. Deutsch und Pitjantjatjara (aus Australien) natürlich extrem weit, nur so als Beispiel.
Ich arbeite bei so einem Projekt mit, wo wir das tun. Die Ergebnisse sind natürlich nicht 100% verlässlich, aber geben gute Anhaltspunkte und zeigen die Ähnlichkeiten gut an. Sie geben die bereits etablierten Sprachfamilien oftmals recht präzise an.
Wir haben inzwischen knapp 2500 Sprachen in unserer Liste, und haben mehrere „World Trees“ damit erstellt, die natürlich nicht die wahre Verwandtschaft anzeigen (denn dann wären ja *alle* Sprachen miteinander verwandt und die historische Linguistik könnte einpacken), sondern einfach die lexikalische Ähnlichkeit. Da kommen zum Beispiel alle indo-europäischen Sprachen zusammen, also alle romanischen auf einen Haufen, alle germanischen auf einen Haufen, die slawischen auch, und auch die indo-arischen (Hindi und Co., Persisch und Co.), auch Griechisch und Albanisch und Armenisch sind dabei. Wo sie hingehören. Natürlich auch die keltischen Sprachen. Wir haben sogar einige alte ausgestorbene Sprachen mit einbezogen. Latein ist natürlich bei den romanischen Sprachen, Altgriechisch direkt neben Griechisch, Altkirchenslawisch irgendwo bei den slawischen Sprachen. Wo Hethitisch ist, weiß ich nicht mehr… weiß nicht, ob wir das dabei hatten. Auch egal.
Worauf ich hinaus will, ist Baskisch… Baskisch befindet sich an einer völlig anderen Stelle. Irgendwo zwischen zwei isolierten Sprachen aus Brasilien oder neben den australischen Sprachen. Jedenfalls nirgendwo auch nur in der Nähe von möglicherweise verwandten Sprachen (aus Europa oder Asien oder Nordafrika).
Das beweist natürlich nicht, dass Baskisch isoliert ist. Es beweist aber, dass das baskische Grundvokabular keiner Sprachen mehr ähnelt, als man durch Zufall herauskriegen würde (wenn man z.B. zufällige Pseudowörter erzeugen würde). Mit anderen Worten: allein schon die statistische Auswertung der phonetischen Ähnlichkeit der Grundwörter zeigt, dass die indo-europäischen Sprachen alle recht ähnlich sind. Es beweist nicht, dass diese verwandt sind. Es beweist aber, dass sich *alle* indo-europäischen Sprachen untereinander mehr ähneln als das Baskische einer beliebigen indo-europäischen Sprache.
Immer, wenn ein neuer „World Tree“ rausgekommen ist (aller paar hundert Neuzugänge machen wir das), bei unserem Projekt (ASJP heißt es), habe ich dort im Baum die verschiedenen isolierten Sprachen (Baskisch, Sumerisch, Japanisch, Pirahã, Burushaski, Koreanisch, Ainu, usw.) angeguckt und geschaut, in welcher „Nachbarschaft“ sie sich aufhielten. Baskisch war bisher *immer* sonstwo. Irgendwo im Baum muss es ja sein, also z.B. bei einer anderen isolierten Sprache, die keinen „Partner“ gefunden hat.
Also wie gesagt: Das Projekt zeigt nebenbei, dass Baskisch dem Deutschen nicht mehr ähnelt als eine x-beliebige andere Sprache der Welt. Die Ähnlichkeit dürfte unter 1% liegen, ich könnte für dich gerne den Wert erfragen und gerne auch noch den Wert für Deutsch und eine beliebige indo-europäische Sprache. Hinzu kommt, dass sich für die IE-Sprachen eine Art Kontinuum bilden lässt, mehr oder weniger: Hindi ähnelt dem Persischen, Persisch ähnelt dem Armenischen, Armenisch ähnelt dem Griechischen, das wiederum ähnelt dem Lateinischen, und so weiter…
Verstehst du, worauf ich hinaus möchte? Es gibt in der Sprachwissenschaft mehrere Methoden, wie man Sprachen vergleichen kann. Baskisch könnte unterschiedlicher als die IE-Sprachen kaum sein. Baskisch und Kaukasisch? Schon eher, aber auch da ist die Evidenz nicht sehr hoch.
Dass die Urform für Fisch irgendwas
mit *pesk- oder *pisk- ist, ist zweifelsfrei klar, man sehe
sich nur die anderen Sprachen an. Die Protoform sollte wohl
auch einen Konsonanten am Anfang enthalten,
das nimmst Du einfach mal so an. Aber mit welchem Recht? Drehe
den Spieß doch um und sage, dass der Plosiv später
dazugekommen ist.
Welchen Grund könnte ich dafür haben, wenn die meisten der indoeuropäischen Wörter für Fisch vorn eben ein P haben? Man nimmt nicht „einfach so“ Dinge an, man muss schon Gründe dafür haben. Durch Lautwandel lässt sich sehr gut beschreiben, wie das P in den germanischen Sprachen zu F wurde, denn das tat es SEHR oft. Wenn also dieses P irgendwann mal dazugekommen sein sollte, zu einer Wurzel *isk-, dann muss dies logischerweise passiert sein, bevor es Proto-Indo-Europäisch gab. Und selbst dann hast du nur zwei Wörter verknüpft, die höchstens mit viel Phantasie semantisch ähnlich sind. Das baskische Wort für Fisch ist anscheiend „arrain“.
also wohl auch
„p“. Das wäre dann im Vaskonischen wie auch im
Keltischen/Irischen („iasc“) weggefallen.
Ich denke eben in die entgegengesetzte Richtung. Beide
Annahmen, sowohl Deine als auch meine, sind Ausgangspunkte und
Denkansätze. Letztlich kann keiner von uns seinen beweisen.
Willkommen in der historischen Sprachwissenschaft — alle Protosprachen und damit *direkten* Hinweise auf eine Aufspaltung von Sprachfamilien sind längst tot. Man kann nichts mehr zu 100% beweisen, man kann nur Thesen vorbringen, sie mit statistischen Methoden und durch Skepsis hinterfragen und testen. Dadurch lässt sich nie beweisen, dass sie wahr sind. Aber man kann zeigen, wie wahrscheinlich sie sind, bzw. wie groß der Zufallsfaktor sein müsste, um *dieses* Ergebnis zu erzeugen.
Wenn du deine These („Fisch/isil“ und noch einige mehr von solchen Wortgleichungen) solchen Tests unterziehen würdest, kann ich dir sagen, würden sie haushoch dem Sprachmaterial unterliegen, das wir von den indo-europäischen Sprachen haben. Und du kannst einem Computer nicht vorwerfen, er wäre voreingenommen. Schließlich programmiert man in solche Programme nicht ein, dass möglichst „Indo-Europäisch“ als Ergebnis rauskommen soll.
Das reicht aber
nicht. Du musst noch einige hundert andere Wörter finden, bei
denen genauso das anlautende p- aus der Protosprache entfallen
ist, und bei der ein indoeuropäisches/lateinisches -sk einem
einfachen -s (oder -si) im vaskonischen entspricht.
Ob es solche Listen gibt, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht,
ob jemals irgendwer nach solchen Wörtern gesucht hat.
Schließlich passt diese Denkweise ja nicht in die
Indogermanistik. Von daher könnte ich mir schon denken, dass
bisher niemand danach gesucht hat.
Das hat damit nicht das geringste zu tun. Es gab früher oft solche Listen, vielleicht auch für Baskisch/Deutsch. Ich kenne einige im Netz, die große Listen von „Wortgleichungen“ Baskisch-Sumerisch haben, oder Sumerisch-Ungarisch, oder Ungarisch-Türkisch. Irgendwo gibt’s auch eine Spaß-Liste mit an die 200 Wörtern als Vergleich Quechua-Baskisch. Ich selbst habe mal Klingonisch mit Ungarisch verglichen und viele „ähnliche“ Wörter gefunden.
Das alles hat natürlich einen gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit, genauso wie es eine Wahrscheinlichkeit ungleich null gibt, dass ich durch eine Wand laufen kann (Quantenphysik!); aber die Wahrscheinlichkeiten, dass die indo-europäischen Sprachen miteinander verwandt sind, sind so viele viele male viel größer als die Wahrscheinlichkeiten, dass Baskisch mit Deutsch verwandt ist, dass man letzteres auf einer grafischen Darstellung vermutlich nicht einmal sehen könnte.
Sorry, ich werde grad sehr metaphorisch.
Und genau das ist der springende Punkt: das ist nicht so ohne
weiteres Möglich. Es lassen sich mit Leichtigkeit einige
dutzend Worte finden, ich habe das spaßeshalber mal mit
Sumerisch, Klingonisch und einigen kaukasischen Sprachen
versucht, das geht wirklich… beweißt aber am Ende nüscht.
Du spiegelst hier eine Eindeutigkeit vor, die nicht vorhanden
ist. Zum Einen weißt Du genau so gut wie ich, dass man auf
diesem Feld nichts „beweisen“ kann, sondern nur (wie Du ja
prinzipiell richtig schreibst) „statistische
Wahrscheinlichkeiten“ aufzeigen kann.
Ich dächte, dass ich das deutlich gemacht hätte, ja.
Also ist das mit dem
„Beweis“ schon mal nix. Und was die Wahrscheinlichkeit angeht,
so bleibe ich bei meiner Auffassung, dass ein Fisch deutlich
treffender durch „stumm“ charakterisiert ist, als durch
„Nahrung“. Gleiches beim Vater für den „Erzeuger“ vs.
„Viehhüter“.
Lass doch mal den Nahrungsquatsch beiseite. Das war eine der möglichen Ableitungen, die sich irgendwer gedacht hatte, für den „Fisch“ nicht grundlegend als Protowort genug war. Ich stimme dem auch nicht zu und finde es eine sehr gewagte kleine Theorie. Ich kann aber nicht finden, dass „stumm“ einen Fisch eher beschreibt als „Nahrung“. Beides gleich, find ich. Wie dem auch sei, es ist von Fisch auszugehen als Grundbedeutung, da Fisch ein sehr essentielles (sollte kein Wortspiel zu Essen werden *g*) Konzept ist. Fisch ist übrigens auch Bestandteil der Swadesh-Liste.
Von Vater gehst du auch von gewagten Theorien aus. Nur weil die gewagtesten Annahmen einer großen Theorie unwahrschenlich sind, heißt das nicht, dass die ganze Theorie ad absurdum geführt ist. Die meisten der Quellen gehen von einem Lallwort als Ursprung für die Wörter für „Mama“ und „Papa“ aus. Das ist bei weitem die plausibelste, nicht nur für mich, sondern für die meisten Etymologen, Spracherwerbsforscher (m, p und a sind die einfachsten und zuerst erworbenen Laute aller Kinder der Welt; und Mama und Papa eben die wichtigsten Konzepte in den ersten Lebensmonaten).
Ich hab auch eine Liste von Wörtern der Sprachen der Welt
angefertigt, die phonetisch und semantisch (also von
Aussprache und Bedeutung) absolut identisch aber trotzdem
völlig unverwandt sind.
false friends, gift (engl.) Gift (dt.), solche Listen kenne
ich auch.
Nein nein, phonetisch und semantisch absolut identisch! Das heißt, das Wort klingt gleich und hat die exakt gleiche Bedeutung. „gift“ und „Gift“ klingen zwar gleich, bedeuten aber etwas völlig verschiedenes.
So gibt’s in einer australischen
Sprache das Wort für Hund „dog“, das nix mit dem Englischen zu
tun hat; Persisch hat „bad“ in der gleichen Bedeutung wie das
englische „bad“ (auch unverwandt); das Pirahãwort für ‚er‘ ist
„hi“, genauso wie Englisch „he“, keine Verwandtschaft. Ich hab
über 50 davon gesammelt.
Ach so, solche Dinge meinst Du. Hochinteressant. Hast Du die
auf Word/Excel? Oder nur manuell.
Weder noch, ich hab sie im StudiVZ in einer Gruppe gepostet… aber ich werd sie mal in einer Liste zusammenstellen und dann (vermutlich) in meinem Blog posten, so dass ich darauf verlinken kann. Dann werd ich dir bescheid sagen. Leider kann man als Nichtmitglied im StudiVZ nichts lesen… Es sind viele interessante Sachen dabei, sind aber „nur“ 50 Wörter. Nach Aufforderung eines anderen Gruppenmitglieds hab ich dort dann irgendwann ab Wort #30 oder so angefangen, zu erklären, warum diese Wörter *nicht* verwandt sein können. Das hat viele verschiedene Gründe.
Solange Begriffspaare treffend aus einer Sprache
charakterisiert werden - her damit.
Wie gesagt, Begriffspaare (also Antonyme) sind da nicht wirklich ausschlaggebend. Es sind, denke ich, dort auch keine dabei.
Ich bin nicht auf die
vaskonische Theorie fixiert. Aber sie ist halt diejenige,
welche mir bisher unter gekommen ist, die für den gesunden
Menschenverstand am plausibelsten ist.
Die für deinen Verstand am plausibelsten ist, wohlgemerkt. Die meisten würden dir da widersprechen.
Arpitanisch ist die einzige Sprache, von der ich weiß, dass
man weiß, dass sie mit Baskisch verwandt war.
Wenn man sich die Landkarte anschaut: Räumlich schon ein
erstaunlich großes Gebiet, nicht wahr? Es ist doch ferner auch
Dir bekannt (Du erwähnst es selbst weiter oben - Ketisch) dass
weltweit die Kleinsprachen auf dem Rückzug sind und vermutlich
über kurz oder lang aussterben werden. Dies wird auch ganz
drastisch im dem Wiki-Artikel über Ketisch beschrieben. Wer
weiß, vielleicht stirbt ja gerade jetzt der letzte ketische
Muttersprachler
Ja, wohl wahr. Sicherlich gab es früher noch mehr Sprachen, die mit dem Baskischen verwandt waren. Das Gebiet dieser Sprachen war sicherlich auch größer. Es gibt ja auch onomastische Theorien, die deutsche Gewässer- und Städtenamen (auch „München“ wohl) aus dem Baskischen her abgeleitet wissen wollen. Was ich davon halten soll, weiß ich nicht. Ich steh dem sehr skeptisch gegenüber, habe mich damit aber nicht eingehend befasst.
Fische haben allemöglichen Eigenschaften…
wenn ich unbedingt ein ähnliches Wort für Fisch finden würde,
kann ich nach allenmöglichen Eigenschaften suchen, die ein
Fisch so hat. Irgendwann finde ich da sicher was. Wie gesagt
habe ich das mal mit Klingonisch, Sumerisch und den
kaukasischen Sprachen gemacht. Klappt.
Ist aber nur dann akzeptabel, wenn Du aus der gleichen Sprache
eine gleich einleuchtende Erklärung bringst für „Vogel“.
Wieso? Wie kommst du eigentlich auf Vogel? Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun. Ich hoffe, du möchtest mir nicht weismachen, „Vogel“ und „Fisch“ seien irgendwie ‚Begriffspaare‘ (also Antonyme). Ebenso wie mit Katze und Hund sind beides Tiernamen von Tieren, die sich in einigen Merkmalen unterscheiden. Es gibt keinen Grund, warum die Etymologie des einen Wortes irgendwie strikt mit der Etymologie des anderen Wortes verbunden sein müsste.
Das gleiche musst du mit dem baskischen
Wort machen, was da rauskommt, weiß ich nicht, da Baskisch ja
eine
Einschub: „heute geographisch“
isolierte Sprache ist
Äääh… dir ist hoffentlich klar, dass ich mit isoliert meinte: Es konnte noch keine (für die meisten Fachleute) überzeugende Theorie geliefert werden, das Baskische mit einer anderen Sprache oder Sprachfamilie zu verknüpfen. Baskisch ist ja geographisch gar nicht isoliert. Aber linguistisch gesehen schon sehr. Muss ich dir hoffentlich nicht erklären.
Siehe oben: zu sehr verhaftet in der eigenen „Schule“. Dass
dennoch Hoffnung besteht, hast Du ja selbst oben geschrieben
beim Ketischen-Athabaskischen.
Unsinn, wirklich. Glaubst du ernsthaft, es wären tausende Forscher so blind durch ihre Ausbildung überall auf der Welt, dass sie nicht merken würden, dass Baskisch-Deutsch (oder was auch immer du genau annehmen möchtest) viel naheliegender ist – wenn es so wäre – als IE? Wie ich oben ja beschrieben habe, kann man das ja sogar objektiv messen mithilfe eines Computers. Und es besteht nur eine völlig vernachlässigbare Ähnlichkeit mit dem Baskischen. Genau genommen: Sie ist nicht ausgeschlossen, aber liegt weit jenseits der zeitlichen Grenzen, bis zu denen sich Sprachverwandtschaft überhaupt noch feststellen lässt — wenn ich mich recht entsinne, liegt diese Grenze bei irgendwo zwischen 5000 und 7000 Jahren. Sogar wenn man also wüsste, dass zwei Sprachfamilien vor z.B. 10.000 Jahren mal zusammen waren (also eine Sprachfamilie oder gar eine Sprache bildeten), ist das heute nicht mehr feststellbar, da sich die lautlichen und semantischen Verschiebungen in dieser Zeit so immens angesammelt haben, dass die Möglichkeit des Zufalls größer wird, als die Wahrscheinlichkeit selbst. Daher kann man sich von solchen Methoden, wie unserem ASJP-Projekt auch nicht erhoffen, den Weltbaum herauszubekommen, der uns zeigt, wie *alle* Sprachen der Welt miteinander verbunden sind. Das geht auch nicht mit althergebrachten Methoden des typologischen und lexikologischen Vergleichs. Dazu bräuchte man eine Zeitmaschine.
Zur gegebenen Zeit wäre das aber unsinnig, da müsste man noch
dutzende von anderen Hypothesen dazu aufnehmen, die „Vogel“
dann auf sumerische, proto-ugro-altaische oder nostratische
Wörter zurückführen. Das ginge zu weit.
wirklich? Das was in den Standardwerken betrieben wird, ist
eine ungerechtfertigte Beeinflussung der Leserschaft, ein
Unterdrücken von Information und verhindert somit, dass „man“
(jeder der diese Werke in der Hand hat) sich einen
uneingeschränkten Überblick über die wissenschaftlichen
Vorschläge zu einem Begriff verschafft.
Mitnichten. Stell dir vor, du möchtest wissen, wo Fisch herkommt, und dann findest du im Lexikon (das dann vermutlich 600 Bände umfasst) eine Erklärung von ca. 20 Seiten, wo das deutsche Wort „Fisch“ mit schätzungsweise 300 oder 400 verschiedenen Sprachen der Welt willkürlich verbunden wird. Ich hatte ja oben ein paar aufgelistet aus dem Ungarischen und was-weiß-ich. Auf Klingonisch heißt Fisch „bIQDep“, also muss auch die Theorie B=P=F, Q=K=C=S, usw. mit rein.
So ein Buch bringt dann nichts mehr, es ist weder wissenschaftlich, noch interessant.
Ich persönlich wundere
mich sowieso, weshalb immer an erster Stelle der Kluge zitiert
wird, bzw. meiner VHS-Dozentin erste Frage war stets „Was
steht denn im Kluge?“ Mir persönlich ist der Pfeiffer
sympathischer, da umfangreicher. Aber letztendlich tun sich
beide Werke gegenseitig nicht viel.
Ich finde den Pfeifer auch etwas sympatischer, ich habe Anfangs lange gehadert, welches ich mir denn kaufe… weiß nicht mal mehr, warum ich mich für den Pfeifer entschied.
nicht behaupten, du hast
dich ja nicht damit auseinandergesetzt (in den Kluge oder
Pfeifer gucken zählt da nicht)
Hoppala, warum denn das jetzt? Jeder beruft sich doch auf just
diese beiden Werke *erstaunt guck*
Nachgucken kann jeder, klar. Aber das heißt nicht „sich mit Etymologie auseinandergesetzt haben“. Du könntest das gesamte Buch (oder beide) auswendig lernen, aber du wüsstest trotzdem nichts darüber, *wie* die Experten auf diese Herleitungen kamen.
Dazu müsstest du dich eingehend damit beschäftigen, wie man überhaupt darauf kommt, dass zwei Sprachen miteinander verwandt sind.
Ich finde, du solltest dich viel mehr mal damit befassen und dann auch nicht vor Büchern zurückschrecken, in denen von Indo-Europäisch ausgegenagen wird (nämlich alle minus sehr sehr wenige). Ich denke, irgendwann kannst du vielleicht nachvollziehen, weswegen kaum ein Forscher ernsthaft an der IE-„Theorie“ zweifelt. Dann siehst du auch, dass das nichts mit stumpfen Nach-dem-Mund-reden oder Skepsislosigkeit zu tun hat.
da müsstest du schon die
Wahrscheinlichkeit der Wortverwandtschaften ausrechnen, am
besten noch die jeweiligen Levenshtein-Distanzen der Wörter
ausrechnen,
passe. Hier sind wir wirklich an einem Punkt, an dem ich Dir
definitiv mangels Kenntnissen rein gar nichts entgegensetzen
kann. Und jetzt in Google rüber zu hüpfen ist mir nach dem
doppelten Desaster einfach zu gefährlich. Schließlich sitze
ich jetzt mittlerweile ca. 4 Stunden an dieser Antwort.
Levenshtein-Distanz klingt kompliziert, ist eigentlich nur die Anzahl der „Umwandlungen“ von einem Wort A zu einem Wort B. Als Umwandlung zählen dabei: Weglassung, Hinzufügung und Änderung von Lauten. Sozusagen der kürzeste Abstand zwischen zwei Wörtern. Ein Computerprogramm kann das leicht ausrechnen — diese Methode ist auch die Grundlage von unserem ASJP-Projekt, wo wir die Grundlexik vergleichen. Die folgenden Wortpaare haben jeweils die Levenshtein-Distanz von 1: „Land-Hand“ (Änderung), „Haus-Aus“ (Weglassung), „All-Ball“ (Hinzufügung).
„Fisch-isil“ hätte eine Levenshtein-Distanz von 4:
fiš > iš > is > isi > isil
Zurzeit ist der Abstand zwischen zwei völlig unterschiedlichen Lauten (z.B. „k“ und „a“) noch genauso groß wie zwischen zwei sehr ähnlichen Lauten (z.B. „f“ und „v“), aber wir sind dabei, zu implementieren, phonetische Unterschiede verschieden zu gewichten, so dass „f“ und „v“ eine viel kleinere Distanz erzeugen als z.B. „k“ und „a“.
Wir wissen aber noch nicht, ob dadurch das Ergebis wirklich besser wird. Man wird sehen.
alle anderen verwandten Sprachen berücksichtigen
wie soll das gehen, wenn das Baskische eine so isolierte
Sprache ist, wie Du und die Indogermanisten behaupten? Und
wenn sie nicht isoliert ist, dann kann ich ja vergleichen.
Man kann alle Sprachen der Welt miteinander vergleichen, egal wie verwandt oder unverwandt sie sind. Das ist, was die Typologie macht.
und dich genaustens mit den Regeln der baskischen Phonetik und
Wortbildung vertraut machen, um darüber überhaupt ein Urteil
fällen zu können.
da kommt wieder der André durch, den ich gar nicht mag. Nase
hoch; Du kleiner, nicht Gschdudierter, Du kannst ja gar nicht
mitreden.
Sorry, so sollte das ja auch nicht rüber kommen. So denke ich auch nicht, auch wenn’s manchmal so klingen mag. Ich kenne mich im Baskischen auch nicht aus. Phonetik ja, etwas (ich weiß, wie man’s ausspricht), aber nicht in der Grammatik.
Und trotzdem rede ich mit. Fast schon aus Trotz. Und ich lasse
mir meinen „gesunden Menschenverstand“ auch nicht absprechen.
Versuche ich ja auch nicht. Aber ich denke, dass du den überbewertest. Der „gesunde Menschenverstand“ führt dazu, dass wir zig Hunderte an Religionen auf der Welt haben — vielleicht ist eine davon wahr, vielleicht nicht, vielleicht hat die Wissenschaft recht, vielleicht nicht. Niemand weiß es sicher.
Mein gesunder Menschenverstand sagte mir damals in der 7. oder 8. Klasse, dass das Wort „Sanskrit“ (für die Sprache) wohl aus dem Französischen kommen und ‚ohne Schrift‘ heißen müsse. Putzig, ne? Mein gesunder Menschenverstand sagte mir auch mal, dass „empor“ sicher ein lateinisches Lehnwort ist. Und wenn nicht das, dann griechisch. Hier habe ich mich ebenfalls geirrt. Der gesunde Menschenverstand irrt sich so oft, wie er recht hat. Leider lässt sich das nicht messen und mit den Voraussagungen der Wissenschaft vergleichen…
Aber ich sehe wie gesagt keinen Grund, dem Bauchgefühl mehr zu vertrauen als dem, was in der Wissenschaft als „längst klar“ gilt. Egal ob’s dein oder mein Bauchgefühl ist. Wenn’s mein Bauchgefühl wär, dass mir sagt, IE kann nicht stimmen, dann belese ich mich so lange auf dem Gebiet (indo-europäische Sprachen, historische Linguistik, Statistik), bis ich entweder von der Meinung der Wissenschaftler überzeugt bin, oder aber bis ich wirklich überzeugt bin, dass sie falsch liegen — dann, denn ich habe ja viel gelesen, kann ich versuchen, andere Leute, v.A. ebenjene Wissenschaftler, zu überzeugen, dass sie falsch liegen. Ihnen zeigen, warum ich trotz vielem vielem Lesen immer noch der Meinung bin, ihre Theorie ist falsch — oder wie in diesem Fall: sehr unwahrscheinlich — das kann ich erst, wenn ich so viel gelesen habe, dass ich es mit meinen Argumenten und meinem Wissen (vielleicht auch mit der Erfahrung) mit diesen Wissenschaftlern aufnehmen kann. Ich studiere, um vielleicht irgendwann einmal so weit zu sein und in der Wissenschaft mitzureden, mir irgendwann einen Namen zu machen (nicht nur in Internetforen und auf Esperantotreffen).
Vorher würde ich mir kaum erlauben, so etwas wie IE als „Erfindung“ darzustellen, das ist unglaublich anmaßend. Wenn’s die Theorie einer einzelnen Person wäre, meinetwegen… aber die Theorie praktisch aller Forscher? Hmm… sehr gewagt, gelinde ausgedrückt.
Andererseits ist das ja auch nur ein öffentliches Forum, und keine wirkliche Expertenhochburg.
Daher vertraue ich da viel eher professionellen
Sprachwissenschaftlern, die sich seit Jahrzehnten damit
befassen, Abschlüsse und Publikationen in dem Bereich haben
und über ihr Metier bestens bescheid
Du wolltest sicher schreiben: über die Theorie ihrer Schule
bestens Bescheid wissen, denn sie können über die anderen
Theorien nichts weiter als sie zu negieren oder schlecht zu
machen.
Nein, wollte ich nicht. Man wird kein angesehener Sprachwissenschaftler, wenn man nur seiner „Schule“ (so etwas kenne ich in der Typologie nicht) vertraut und keine eigenen Gedanken entwickelt. Deine Vorstellung der heutigen (Sprach)Wissenschaft ist weit von der Realität entfernt. Sie negieren die anderen Theorien ja nicht ohne Begründung. Ich negiere sie ja auch nicht ohne Begründung — nur bin ich kein Indogermanist und habe keine harten Fakten, die ich dir liefern kann. Höchstens eben die statistischen Sachen aus dem ASJP-Projekt, weil ich dort aktiv mitarbeite (ich habe v.A. Wortlisten erstellt).
oder sogar meinem eigenen „gesunden
Menschenverstand“
Das wiederum kann ich überhaupt nicht verstehen, solltest Du
von DEINEM gesunden Menschenverstand sprechen. Du willst doch
nicht behaupten, dass Du keinen hast (*schmunzel*, bitte
nicht ernst nehmen, war nicht ernst gemeint)
Doch doch, ich hab einen.
Aber ich weiß, dass ich ihm nicht *immer* vertrauen kann. Gerade in Sachen, bei denen ich weiß, dass sich andere Leute mehr auskennen als ich. Der Hauptgrund, warum ich mich aus Politik und Geschichte raushalte, übrigens.
Man könnte jetzt sagen, wenn mein Verstand mir manchmal sagt, meinen Verstand zu ignorieren, höre ich doch eigentlich immer auf meinen Verstand, oder? Philosophisch, hm… aber du weißt, was ich meine. Ich vertraue in Sachen, in denen ich mich nicht gut auskenne, eben den Experten.
— der ja gleichbedeutend ist mit
„unbegründetes Bauchgefühl“.
Das Bauchgefühl ist oft richtiger als jede sogenannte
„reiflich überlegte“ Entscheidung - in jeder Lebenslage. In
manchen Situationen ist das Bauchgefühl sogar
überlebenssichernd. Liest man von Zeit zu Zeit immer wieder
mal in der Zeitung mit einem dann gerade aktuellen Fall.
Oft, aber statistisch gesehen vermutlich viel seltener. Nicht umsonst hat es sich früher gelohnt, im Spielcasino Karten zu zählen. Wer sich in etwas auskennt, ist meist im Vorteil vor dem, der nur seinem Bauchgefühl vertraut.
Achso, okay. Verstehe, was du mit Sprachpaar meinst.
Mir ist tatsächlich noch eines eingefallen: Tasse und Teller
(beides aus dem hamito-semitischen). Nur damit Du siehst, dass
ich wirklich nicht auf das Vaskonische fixiert bin.
Tasse und Teller gehören tatsächlich zusammen, semantisch. Viel viel mehr als Vogel+Fisch oder Hund+Katze. Da ich nicht die Diskussion herauszögern möchte, gucke ich jetzt nicht in den Pfeifer und auch nicht ins Hebräisch- oder Arabischwörterbuch. Dass „Tasse“ aus dem semitischen kommen mag, meine ich auch schon gehört zu haben.
Dann sind wir ja letztlich mit unseren Ansichten gar nicht
soooo weit auseinander. Allerdings frage ich mich dann schon,
warum Du weiter oben schreibst, dass (sinngemäß) „es zu weit
führen würde, alle Vorschläge / Theorien zu einem Begriff zu
bringen“.
Weil es einfach übermäßig viel wäre, es würde den Rahmen jedes Lexikons sprengen. Es kann faktisch gar nicht alles aufgenommen werden.
Am Umfang kann es wohl nicht liegen. Wer daran
interessiert ist, kauft sich auch ein zwei oder dreibändiges
Werk. Oder man macht es per IN online zugänglich, mit einer
nutzungsabhängigen Gebühr. Das wäre ja auch eine Möglichkeit.
Genau am Umfang liegt es. Und daran, dass man eben keinen Grund hat, der Meinung einzelner Fachfremder genauso zu vertrauen, wie Experten, die ihr ganzes Leben lang auf dem Gebiet forschten.
Im Internet gibt’s ähnliche Datenbanken schon: http://starling.rinet.ru/cgi-bin/main…
Starostin war ein recht berühmter historischer Linguist, aber seine Arbeiten sind sehr umstritten. Kein Dozent oder Linguist sagt, Starostin hätte Müll fabriziert, es heißt eher, man solle sehr vorsichtig sein bei den Theorien und Rekonstruktionen Starostins, man solle nicht alles für bare Münze nehmen, sondern lieber hinterfragen und selbst gucken.
Schließlich liest man diese Werke ja nur punktuell und nicht
von der ersten bis zur letzten Seite durchgehend. Fairerweise
muss ich aber dazusagen, dass mir die Papierform wesentlich
angenehmer ist, da man sich dann noch eigene Notizen dazu
machen kann, was online deutlich schwieriger ist.
Mir auch! Ich sammle ja sogar Wörterbücher, und da zähle ich irgendwelche Programme oder PDFs auf dem Computer gar nicht mit.
Aber du bist ja auch kein Sprachwissenschaftler. Leute, die
sich auf dem Gebiet auskennen (besser als ich und du) sehen
das eben ganz anders.
Schulen - siehe oben.
Eben nicht. Ein Totschlagargument, das auf falschen Annahmen beruht. Auch siehe oben.
Ja, stimmt schon. Aber Linguistik hat auch sehr viel mit
Statistik zu tun, so werden heute viel mehr
Wahrscheinlichkeiten ausgerechnet als früher. Auch in einem so
scheinbar unmathematischen Feld wie der Sprachwissenschaft.
Das wusste ich tatsächlich nicht. Die Frage ist aber, welche
Berechnungsmethoden man zugrunde legt. Stichwort: Traue keiner
Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast! Sprich: nur
derjenige, der die Statistik aufgebaut und geführt hat, weiß,
wie „Schulen-lastig“ diese wirklich ist. Skepsis sehe ich also
auch hier angebracht.
Ja, man kann viele Statistiken zu seinen Gunsten auslegen, aber die Programme, mit denen irgendwas bewiesen wurde, sind eigentlich immer öffentlich zugänglich (für andere Wissenschaftler, tw. auch ganz öffentlich) und in modernen Büchern wird auch genau beschrieben, wie man was ausgerechnet hat. Oft sind das eher einfachere Dinge, bei denen man nicht viel fälschen kann, ohne dass es jedem 2. Wissenschaftler, der das Paper liest, sofort auffallen würde. Auch unser ASJP-Projekt ist in allen Einzelheiten nachles- und nachprobierbar. Zumindest wird es das irgendwann sein.
Das hat sie. Du erkennst es nur nicht (an), aber ohne
Asteriske geht es nun nicht, da du nicht mit zwei heute noch
lebenden Sprachen arbeiten kannst, wenn du über
Sprachverwandtschaft sprechen möchtest, die viele Jahrtausende
zurückliegt und bei denen die eine Sprachfamilie nur aus einer
einzigen Sprache besteht
Damit (eine einzige Sprache) hast Du nicht Recht, meiner
Meinung nach, siehe oben. Dafür haben wir in unseren
europäischen Sprachen m.E. viiiiiel zu viele Relikte aus
dieser Sprache.
Diese Relikte scheinst du aber nur anzunehmen, weil du von der Theorie gehört hast und sie jetzt überall vermutest. Es gibt einiges an Einfluss, sicherlich. Aber nicht so viel, wie du es darstellst.
Ein völlig anderes Beispiel sind die
Tautologien aus Redewendungen:
„Der hat ja von Tuten und Blasen keine Ahnung“ (sagst Du
vielleicht/wahrscheinlich über mich:wink:). Du wirst mir zugeben,
dass man „tuten“ und „blasen“ weitgehend bedeutungsgleich
setzen kann. Somit ist tuten = blasen. Schaut man nun ins
baskische Wöbu, so stolpert man förmlich über „tutu“ in der
Bedeutung „Rohr, Röhre, Horn“. Und zweifelsfrei bläst man in
ein Horn.
Oh Gott… Sorry, aber das ist ja nun extrem weit hergeholt. Das Deutsche stand nie groß in Kontakt mit dem Baskischen und so ein Wort hätte sich auch nie sehr lange gehalten, ohne dass es irgendwelche anderen Kognate im Deutschen gäbe.
;Und noch erstaunlicher ist - wenngleich natürlich
lautlich viel weiter entfernt - , dass es das gleiche
Sprichwort auch im Baskischen gibt. Und wenn man nur flüchtig
hinhört, klingt es dem Deutschen recht ähnlich. „tutik ere ez
daki“ (= er hat von Tuten und Blasen keine Ahnung).
Und was bedeutet dieses Sprichwort wörtlich übersetzt? Hast du nachgeforscht (beim deutschen oder baskischen), wie dieses Sprichwort zustandekam, seit wann es belegt ist, wo die erste Belegstelle war und worauf es sich bezog?
Oder noch so eine Tautologie. Die findest Du ebenfalls in
keinem der etymologischen Wöbü (zumindest nicht in den zweien,
die ich habe):
„fuchsteufelswild“. Was hat ein Fuchs mit „wild“ oder gar mit
„Teufel“ zu tun? In unserem Kulturkreis gilt der Fuchs als
listig und schlau. Vielleicht noch als rothaarig, des Fells
wegen. Schaust Du aber ins baskische Wöbu, so steht dort
„fuxiz(tu)“ = wütend werden. Und ich brauche wieder einmal
keinerlei Asterisken.
Du machst mir Spaß. =)
Du weißt so gut wie ich, dass „x“ im Baskischen nicht „ks“ gesprochen wird. Ich wage sogar zu behaupten, dass „fuxiz“ ursprünglich ein Lehnwort ins Baskische sein könnte. Mein Bauchgefühl sagt mir, es gibt keine original-baskischen Wörter mit „f“. Ich würde dazu gerne einen Baskischexperten fragen, denn ich könnte wetten, dass das tatsächlich der Fall ist.
Ich habe keine Ahnung, woher „fuchsteufelswild“ kommt, aber gut möglich, dass es eine volksetymologische Bildung zu einem – möglicherweise jiddischen? – Wort ist. Das war ja so ähnlich auch bei „mutterseelenallein“ und „Armbrust“ und „Hängematte“ so — diese Wörter haben nichts mit Mutter, Seele, Arm, Brust, Hängen und Matte zu tun. Zumindest nicht ursprünglich. Oder das berühmte „Guten Rutsch!“ ist ja auch ursprünglich Hebräisch.
Naja, kennst du sicher schon…
Etwas komplizierter wird es beim „Holterdipolter“. Aber auch
das sehe ich als Tautologie an. Und zwar diesmal
baskisch+keltisch. Aber wieder hat es im Deutschen überlebt.
Auch hier traue ich mich nicht, auf meine Worddateien zu
wechseln, da habe ich es detailliert ausgearbeitet, auswendig
weiß ich es nicht mehr genau. Aber ich will jetzt wirklich
unter keinen Umständen riskieren, dass die ganze Arbeit wieder
(das wäre dann zum dritten Mal) weg ist. Notfalls schicke ich
es Dir nach, sollte es Dich interessieren.
Naja. Plausibler als irgendwelche abstrusen Baskisch-Wurzeln (Deutsch hatte wie gesagt nie was mit Baskisch am Hut, geschichtlich gesehen) ist die Erklärung mittels „poltern“ (das Verb) und einer Reduplikation mit verändertem Anlaut, wie’s sie im Deutschen ab und zu gibt (Rumpeldipumpel, Ruckedigu…).
A pros pos schlafen. Gutes Stichwort.
Ich gehe jetzt ins Bett.
Gute Nacht.
Ich würde mich freuen, wieder von Dir zu hören.
Uff, das war viel. Ich glaube fast, die Diskussion wird kein Ende nehmen. Erinnert mich an einst, als ich mit einem bibeltreuen Christen über die Entstehung der Welt und der Arten und des Menschen sprach. Obwohl das schon ein bisschen anders ist.
Leipzig,
Oooch Leipzig…
habe ich da weiter oben nicht was über den Onomastik-Lehrstuhl
der Uni Leipzig geschrieben? Sollte es oben nicht gut
rausgekommen sein: Ich selbst habe mit denen noch nie was zu
tun gehabt, habe aber - via IN - schon ein paar (nicht
besonders viele) Erfahrungsberichte gelesen, und da hieß es
halt „aus dem Slawischen“, „aus dem Slawischen“, „aus dem
Slawischen“ etc. Daraus schließe ich (wie Du bei den Schuhen
Deiner Schwester), dass sie dort etwas Slawisch-lastig
arbeiten.
Ja, das stimmt in der Tat, v.A. mit dem Sorbischen wird hier viel gearbeitet. Ist aber auch die richtige Region. Ich denke aber, die Ableitungen aus dem Slawischen sind meist nachvollziehbar, grad bei Ortsnamen die jetzt irgendwie Wiederitzsch, Großtzschocher, Eutritzsch, Leipzig, Schkeuditz, Plagwitz, Torgau, usw. heißen. Derer gibt’s massigst hier. Die sind wirklich alle slawischen Ursprungs. Mein Heimatdorf „Engelsdorf“ offensichtlich nicht. :>
Mit Familiennamen habe ich mich wenig beschäftigt — ich heiße Müller, das ist sehr langweilig. „TZ“ kommt ja im Baskischen häufiger vor, ich hoffe aber, du hast jetzt nicht für jeden der obengenannten Orte einen möglichen baskischen Ursprung, oder?
Also dann, liebe Grüße!
Links
Autor: Vokietis 21.12.2008 16:40 Uhr, 16x geklickt, (1) Bewertungspunkte)
Hallo Alexander,
bislang habe ich mich aus der Diskussion herausgehalten, da ich mich mit dem Baskischen nicht auskenne und bei der Linguistik André immer die treffenden Antworten gegeben hat.
Vorab: Ich habe Linguistik nicht studiert, aber reichlich Literatur darüber gelesen. Die Indogermanische Sprachfamilie ist mir als Standard vertraut und erscheint mir auch plausibel. Die vaskonische Hypothese ist mir leider nur unzureichend vertraut, weshalb ich mir darob kein Urteil erlaube. Pfeifer und Kluge habe ich nicht, verlasse mich da auf das, was in dieser Diskussion bereits geschrieben wurde.
Hier möchte ich nur auf einige Deiner Punkte möglichst unvoreingenommen eingehen und sehe dies als Denkanstoß, der vielleicht zur Ausreifung der vaskonischen Hypothese (durch Dich? man weiß es ja nie, etliche alte Schriften wurden auch von Ungelernten entziffert) führt.
Auch das habe ich schon mal geschrieben: wenn Du „Katze“ als
Beispiel hernimmst, dann ist es in meinen Augen absolut
zwingend den zweiten Teil des Begriffspaares, den Hund, aus
genau der gleichen Sprache ebenfalls sinnvoll und
charakteristisch erklären zu können.
Erst einmal zu solchen Wortpaaren:
Was macht „Katze“ und „Hund“ zu einem Wortpaar? Dass sie heute beide Haustiere sind (wie auch z.B. Meerschweinchen)? Dass sie beide Raubtiere sind (wie auch z.B. Marder)? Dass sie in unserem Kulturkreis nicht gegessen werden?
Was ich damit sagen will, ist, dass es gar nicht so offensichtlich ist, dass „Katze“ und „Hund“ ein Wortpaar bilden. In manchen ost- und südostasiatischen Ländern gehört Hund zu den gewöhnlichen Speisen, während die Katze nicht auf dem Speisezettel steht. Im Islam ist der Hund ein unreines Tier und würde deshalb, im Gegensatz zur Katze, nicht als Haustier gehalten. Was wissen wir schon über die Gepflogenheiten unserer Urahnen? Seit wann werden in Europa Katzen gehalten, und wann haben sich die Sprachen auseinanderentwickelt?
Der Hund ist eine Zuchtform des (europäischen) Wolfs, die (Haus-)Katze eine Zuchtform der ägyptischen Falbkatze. Da läge es nahe, dass „Hund“ ein indoeuropäisches / vaskonisches / „ureuropäisches“ Wort ist, während „Katze“ aus dem Ägyptischen entlehnt wurde. (Keine Ahnung, ob das zutrifft, aber es ist m.E. deutlich plausibler als ein gemeinsamer Ursprung.)
Und was macht „Vogel“ und „Fisch“ zu einem Wortpaar, außer dass sie beide (wie lange schon?) als Nahrung dienen? Der eine schwimmt, der andere fliegt. Der eine ist stumm, der andere macht Lärm (besonders morgens im Sommer vorm Aufstehen). Der eine hat Schuppen, der andere Federn. Nicht sehr überzeugend.
Vom Lehrstuhl für Onomastik der Universität Leipzig hört man,
dass die etwas übereifrig sein sollen, deutsche Familiennamen
aus dem Slawischen zu erklären.
Das gilt wahrscheinlich nur für die dort vorkommenden Familiennamen, nicht z.B. für die Bairischen. Und im östlichen Deutschland liegt die Vermutung ja auch nahe, da nach der Eroberung der ehemals slawischen Gebiete östlich der Elbe durch die Deutschen die Eroberer keine Politik der Vertreibung durchgesetzt haben wie in neuerer Zeit z.B. die Sowjets. So ist es nur wahrscheinlich, dass die meisten im Raum Leipzig lebenden Familien (auch) slawische Wurzeln haben (was eben, um beim Vergleich zu bleiben, auf die Familien in Kaliningrad nicht unbedingt zutrifft).
Bei einem
Tagesseminar, an dem ich selbst teilgenommen hatte, ging es um
die Onomastik. Allerdings um die Onomastik der Ortsnamen. Der
Redner war ein Mitarbeiter der momentan meinungsführenden
universitären Schule, der
„Ortsnamen-aus-Personennamen-Theorie“.
Da Du nicht schreibst, worin genau der Zirkelschluss des Redners lag, kann ich nur mutmaßen:
Ich nehme an, dass zahlreiche Personennamen aus Ortsnamen hervorgegangen sind (Bernauer, Paschwitz etc.), welche (ON) ihrerseits eindeutig Flurbezeichnungen darstellen (Bernau = Bern(Bären?)-Au). Das ist zweifelsohne richtig, aber natürlich nicht die einzige Möglichkeit (vgl. z.B. Wackernagel).
Nun ist es natürlich Humbug zu behaupten, „Bernau“ sei aus „Bernauer“ hervorgegangen. Andererseits aber gibt es eindeutig ON, die aus PN entstanden sind, zumindest in Litauen kenne ich einige. Es gibt z.B. eine Großstadt namens Šiauliai. Dies ist der Plural von Šiaulys, und dies wiederum bedeutet „Schütze“. Offenbar hat sich in diesem Ort zunächst eine Famile namens Šiaulys niedergelassen, deren Urahn ein (guter?) Schütze war. Ähnliche Erklärungen lassen sich auch für die meisten Dörfer finden, in denen mit etwas Glück auch noch die Familie mit dem entsprechenden Familiennamen ansässig ist. Dies entspricht übrigens durchaus der Besiedlungsgeschichte Litauens, in denen sich jeder Mann bevor er heiratete ein Haus irgendwohin baute (und in dem Land war und ist immer noch dafür ausreichend Platz).
Wenn ich dagegen ins baskische Wöbu
schaue, dann brauche ich keine Erfindungs-Sternchen, sondern
finde dort „aita“ als „Vater“ und aitor(tu) als (be)zeugen.
Und „Erzeuger“ macht für „Vater“ wesentlich mehr Sinn als ein
Viehüter.
Dieses Beispiel zeigt erst einmal nur, dass das sich das baskische Wort „aita“ aus dem baskischen Wort „aitor“ herleiten lässt. Du hast also die Erklärung innerhalb einer einzelnen Sprache geliefert. Auf die Verwandtschaft zu anderen Sprachen gehst Du hier gar nicht ein (was bei diesem Beispiel äußerst schade ist, s.u.).
Denn letztlich -
siehe oben - bräuchte ein Wissenschaftler auch für den
Brückenschlag zwischen „ixo“, „isil“ u.ä. (nachgewiesene
Wörter) und dem lateinischen „piscis“ (nachgewiesenes Wort) zu
unserem heutigen Wort „Fisch“ (resp. den verwandten Wörtern in
den anderen heutigen sogenannten idg. Sprachen des
europäischen Kontinentes) Zwischenformen, welche vermutlich
nicht belegt werden können und somit auch Asterisken
bräuchten.
Mit Deinen „Zwischenformen“ habe ich bislang das größte Problem. Gehst Du tatsächlich davon aus, dass die baskische Sprache so, wie sie heute existiert, schon existiert hat, als sich das Lateinische ausbildete?
Wenn ja, finde ich das äußerst blauäugig, denn nichts wandelt sich so schnell wie eine Sprache.
Wenn nicht, dann brauchst Du zur wissenschaftlichen Fundierung leider keine „Zwischenformen“, sondern „Urformen“, denn Du sagst ja: Es gab einmal eine Sprache, in der ein Wort existierte (welches von mir aus sogar „Fisch“ bedeutete), aus welchem sich das baskische Wort „isil“ und das lateinische Wort „piscis“ entwickelt haben.
Nun musst Du noch (wohlgemerkt: vom wissenschaftlichen Standpunkt aus – für Dein Bauchgefühl brauchst Du’s natürlich nicht) eine Hypothese darüber machen, wie dieses uralte Wort geheißen haben mag und nach welchen Gesetzen sich die anderen Sprachen daraus entwickelt haben, und schon bist Du auch bei Asterisken gelandet.
Dies
trifft sowohl beim Fisch als erschlossene „Nahrung“ oder
„Zutat zum Brot“ (vs. schweigsam, still) zu, als auch beim
Vater als „Viehhüter“ oder „Lallwort“ (vs. Erzeuger).
Warum zeichnet einen Fisch die eigenschaft „schweigsam, still“ eher aus als die Eigenschaft „Nahrung“? Unsere Vorväter haben sich sicher kein Aquarium ins Wohnzimmer gestellt, sondern kannten Fische wohl nur zum Essen. Vielleicht haben sie ihnen nicht einmal Leben zugebilligt (man kennt das ja aus den slawischen Sprachen, in denen es ein Deklinationsparadigma für unbelebte und eines für belebte männliche Substantive gibt. Belebt sind dabei nur Menschen und allenfalls noch Haustiere). Und wenn ich so weit bin, ist die Eigenschaft, die z.B. einen Fisch von einer Rübe unterscheidet, nicht „still“, „stromlinienförmig“ oder „Nahrung“, sondern „schnell“ oder „bewegt“.
Und würdest Du die vaskonische Hypothese verwerfen, wenn Du eine Sprache fändest, in der das Wort für „Schuppe“ oder „Flosse“ so ähnlich klingt wie „Fisch“, weil das Tier dadurch ja noch besser charakterisiert ist ais durch „still“?
Das halte ich für Voreingenommenheit. Erstens ist es nicht
„ein Buchstabe“, sondern es sind (um das deutsche Wort
herzunehmen) die ersten drei Buchstaben und somit alle
sinntragenden Elemente des deutschen Wortes. Über die
Bedeutung haben wir schon mehrfach geschrieben, erspare ich
mir jetzt.
Du musst da Lautgesetze postulieren
nö, muss ich nicht. Die Lautgesetze existieren F=H=NICHTS. Ich
muss sie nur anwenden.
Lautgesetze sind niemals Gleichheiten, sondern immer sprachbezogene Entwicklungen. Du hast sicher recht, wenn Du behauptest:
(lat.) F -> (altsp.) H -> (sp.) Nullphonem.
Wenn ich das Lateinwörterbuch unter f oder das Spanischwörterbuch unter h aufschlage, finde ich dafür tausend Beispiele.
Will ich dies nun lediglich am heutigen Stand ablesen, bekomme ich schon verfälschte Ergebnisse (es gibt z.B. genügend spanische Wörter, die mit h beginnen, aber im Latein auch schon mit h begannen, z.B.
(lat.) homo -> (sp.) hombre;
und deshalb kann ich nicht einfach sagen, dass
(sp.) h = (frz.) f
gilt.)
Hätte ich nun das Latein nicht (also kennte ich den gemeinsamen Vorfahren von Spanisch und Französisch nicht), so würde ich feststellen, dass im Französischen dort, wo im Spanischen ein h geschrieben und nichts gesprochen wird, mal ein f und mal ein h steht. Aber, und das ist das Entscheidende, ich würde das nicht nur an einem oder zwei Wörtern sehen, sondern an min. 90% aller Wörter, die im Spanischen mit h beginnen.
Postulierst Du also für das Baskische:
(bask.) Nullphonem = (lat.) p = (dt.) f,
so hast Du bislang nur zwei Beispiele dafür:
isil = piscis = Fisch;
aitha = pater = Vater.
Das reicht noch nicht.
Und an dieser Stelle noch etwas zur Reihenfolge der Lautwandlungen:
Gemeinhin heißt es ja:
(idg.) *sk -> (dt.) sch.
Dass es nicht umgekehrt ist:
(idg.) *ʃ -> (lat.) sc,
lässt sich schon schön am Schriftbild des Deutschen erkennen. Wie käme man denn auf so etwas Verrücktes wie s+c+h für [ʃ] (bzw. mhd. sc), wenn es nicht irgendwann einmal so geklungen hätte? Die Entwicklung zugunsten des ʃ ist also belegt. Natürlich wäre es denkbar, dass es sich zuvor andersherum entwickelt hat und im Deutschen wieder zurück, aber warum sollte man unnötige Entwicklungsstufen einbauen?
„Der hat ja von Tuten und Blasen keine Ahnung“ (sagst Du
vielleicht/wahrscheinlich über mich:wink:). Du wirst mir zugeben,
dass man „tuten“ und „blasen“ weitgehend bedeutungsgleich
setzen kann. Somit ist tuten = blasen. Schaut man nun ins
baskische Wöbu, so stolpert man förmlich über „tutu“ in der
Bedeutung „Rohr, Röhre, Horn“. Und zweifelsfrei bläst man in
ein Horn.
Das ist, mit Verlaub, wenig überraschend: Was macht denn das Horn, wenn man hineinbläst? Tuuuuuuuuut! Und ich kenne keine Sprache, die nicht hie und da Lautmalereien in ihr Vokabular einfließen lassen würde. Im Baskischen ist da halt das Ding rausgekommen, was „Tuuuu! Tuuuu!“ macht, während im Deutschen die Tätigkeit, der Akt der Klangerzeugung mit „tut“ + typisches Infinitivmorphem beschrieben wird.
Und noch erstaunlicher ist - wenngleich natürlich
lautlich viel weiter entfernt - , dass es das gleiche
Sprichwort auch im Baskischen gibt. Und wenn man nur flüchtig
hinhört, klingt es dem Deutschen recht ähnlich. „tutik ere ez
daki“ (= er hat von Tuten und Blasen keine Ahnung).
Das wäre in der Tat erstaunlich. Aber gibst Du hier bitte noch eine Wort-für-Wort-Übersetzung? Ich erkenne ja nicht einmal, was hier die Verben sind. Abgesehen davon glaube ich nicht, dass die sprichwörtliche Redensart „von Tuten und blasen keine Ahnung haben“ so alt ist wie die Ursprünge unserer Sprache, über die wir hier ja wohl diskutieren.
„fuchsteufelswild“. Was hat ein Fuchs mit „wild“ oder gar mit
„Teufel“ zu tun?
Wenn einige Landstriche sogar das Eichhörnchen mit dem Teufel in Verbindung bringen, kann ich mir das bei dem Fuchs sehr wohl vorstellen. Der Teufel hat für mich Hörner, einen Schwanz, einen Ziegenfuß und ist Rot. Wenn sich allerdings jemand im Gesicht komplett rot schminkt, bin ich schon bereit, in ihm einen Teufel zu sehen. Und der Fuchs ist schließlich (wie auch das Eichhörnchen) ebenfalls rot.
Wild ist er sowieso, in zweierlei Hinsicht: Erst einmal ist er ein wildes Tier, was sich nicht zähmen lässt (oder hast Du schon einmal von einem Hausfuchs gehört?), und zweitens reißt er Nutztiere (Gänse, Hühner), was ihn bei Bauern höchst unbeliebt macht.
Allerdings kann ich mir sogar noch eine weitere Erklärung vorstellen: „Teufel“ könnte eine Verschleifung von „Tollwut“ sein, und dann heißt „fuchsteufelswild“ nichts anderes als „wild wie ein tollwütiger Fuchs“. Was sagt denn der Kluge?
„fuxiz(tu)“ = wütend werden.
Abgesehen davon, dass ich hier den Teufel auch nicht sehe, spricht sich, soweit ich es erkennen kann, fuxiz wie „Fuschis“ aus. Für das Lautgesetz
(bask.) [ʃ] = (dt.) oder [k]
hätte ich auch gerne mehr Beispiele, bevor ich darin den Fuchs wiedererkenne.
Liebe Grüße
Immo
Links
Autor: Vokietis 21.12.2008 16:40 Uhr, 16x geklickt, (1) Bewertungspunkte)
Hallo Alexander,
bislang habe ich mich aus der Diskussion herausgehalten, da ich mich mit dem Baskischen nicht auskenne und bei der Linguistik André immer die treffenden Antworten gegeben hat.
Vorab: Ich habe Linguistik nicht studiert, aber reichlich Literatur darüber gelesen. Die Indogermanische Sprachfamilie ist mir als Standard vertraut und erscheint mir auch plausibel. Die vaskonische Hypothese ist mir leider nur unzureichend vertraut, weshalb ich mir darob kein Urteil erlaube. Pfeifer und Kluge habe ich nicht, verlasse mich da auf das, was in dieser Diskussion bereits geschrieben wurde.
Hier möchte ich nur auf einige Deiner Punkte möglichst unvoreingenommen eingehen und sehe dies als Denkanstoß, der vielleicht zur Ausreifung der vaskonischen Hypothese (durch Dich? man weiß es ja nie, etliche alte Schriften wurden auch von Ungelernten entziffert) führt.
Auch das habe ich schon mal geschrieben: wenn Du „Katze“ als
Beispiel hernimmst, dann ist es in meinen Augen absolut
zwingend den zweiten Teil des Begriffspaares, den Hund, aus
genau der gleichen Sprache ebenfalls sinnvoll und
charakteristisch erklären zu können.
Erst einmal zu solchen Wortpaaren:
Was macht „Katze“ und „Hund“ zu einem Wortpaar? Dass sie heute beide Haustiere sind (wie auch z.B. Meerschweinchen)? Dass sie beide Raubtiere sind (wie auch z.B. Marder)? Dass sie in unserem Kulturkreis nicht gegessen werden?
Was ich damit sagen will, ist, dass es gar nicht so offensichtlich ist, dass „Katze“ und „Hund“ ein Wortpaar bilden. In manchen ost- und südostasiatischen Ländern gehört Hund zu den gewöhnlichen Speisen, während die Katze nicht auf dem Speisezettel steht. Im Islam ist der Hund ein unreines Tier und würde deshalb, im Gegensatz zur Katze, nicht als Haustier gehalten. Was wissen wir schon über die Gepflogenheiten unserer Urahnen? Seit wann werden in Europa Katzen gehalten, und wann haben sich die Sprachen auseinanderentwickelt?
Der Hund ist eine Zuchtform des (europäischen) Wolfs, die (Haus-)Katze eine Zuchtform der ägyptischen Falbkatze. Da läge es nahe, dass „Hund“ ein indoeuropäisches / vaskonisches / „ureuropäisches“ Wort ist, während „Katze“ aus dem Ägyptischen entlehnt wurde. (Keine Ahnung, ob das zutrifft, aber es ist m.E. deutlich plausibler als ein gemeinsamer Ursprung.)
Und was macht „Vogel“ und „Fisch“ zu einem Wortpaar, außer dass sie beide (wie lange schon?) als Nahrung dienen? Der eine schwimmt, der andere fliegt. Der eine ist stumm, der andere macht Lärm (besonders morgens im Sommer vorm Aufstehen). Der eine hat Schuppen, der andere Federn. Nicht sehr überzeugend.
Vom Lehrstuhl für Onomastik der Universität Leipzig hört man,
dass die etwas übereifrig sein sollen, deutsche Familiennamen
aus dem Slawischen zu erklären.
Das gilt wahrscheinlich nur für die dort vorkommenden Familiennamen, nicht z.B. für die Bairischen. Und im östlichen Deutschland liegt die Vermutung ja auch nahe, da nach der Eroberung der ehemals slawischen Gebiete östlich der Elbe durch die Deutschen die Eroberer keine Politik der Vertreibung durchgesetzt haben wie in neuerer Zeit z.B. die Sowjets. So ist es nur wahrscheinlich, dass die meisten im Raum Leipzig lebenden Familien (auch) slawische Wurzeln haben (was eben, um beim Vergleich zu bleiben, auf die Familien in Kaliningrad nicht unbedingt zutrifft).
Bei einem
Tagesseminar, an dem ich selbst teilgenommen hatte, ging es um
die Onomastik. Allerdings um die Onomastik der Ortsnamen. Der
Redner war ein Mitarbeiter der momentan meinungsführenden
universitären Schule, der
„Ortsnamen-aus-Personennamen-Theorie“.
Da Du nicht schreibst, worin genau der Zirkelschluss des Redners lag, kann ich nur mutmaßen:
Ich nehme an, dass zahlreiche Personennamen aus Ortsnamen hervorgegangen sind (Bernauer, Paschwitz etc.), welche (ON) ihrerseits eindeutig Flurbezeichnungen darstellen (Bernau = Bern(Bären?)-Au). Das ist zweifelsohne richtig, aber natürlich nicht die einzige Möglichkeit (vgl. z.B. Wackernagel).
Nun ist es natürlich Humbug zu behaupten, „Bernau“ sei aus „Bernauer“ hervorgegangen. Andererseits aber gibt es eindeutig ON, die aus PN entstanden sind, zumindest in Litauen kenne ich einige. Es gibt z.B. eine Großstadt namens Šiauliai. Dies ist der Plural von Šiaulys, und dies wiederum bedeutet „Schütze“. Offenbar hat sich in diesem Ort zunächst eine Famile namens Šiaulys niedergelassen, deren Urahn ein (guter?) Schütze war. Ähnliche Erklärungen lassen sich auch für die meisten Dörfer finden, in denen mit etwas Glück auch noch die Familie mit dem entsprechenden Familiennamen ansässig ist. Dies entspricht übrigens durchaus der Besiedlungsgeschichte Litauens, in denen sich jeder Mann bevor er heiratete ein Haus irgendwohin baute (und in dem Land war und ist immer noch dafür ausreichend Platz).
Wenn ich dagegen ins baskische Wöbu
schaue, dann brauche ich keine Erfindungs-Sternchen, sondern
finde dort „aita“ als „Vater“ und aitor(tu) als (be)zeugen.
Und „Erzeuger“ macht für „Vater“ wesentlich mehr Sinn als ein
Viehüter.
Dieses Beispiel zeigt erst einmal nur, dass das sich das baskische Wort „aita“ aus dem baskischen Wort „aitor“ herleiten lässt. Du hast also die Erklärung innerhalb einer einzelnen Sprache geliefert. Auf die Verwandtschaft zu anderen Sprachen gehst Du hier gar nicht ein (was bei diesem Beispiel äußerst schade ist, s.u.).
Denn letztlich -
siehe oben - bräuchte ein Wissenschaftler auch für den
Brückenschlag zwischen „ixo“, „isil“ u.ä. (nachgewiesene
Wörter) und dem lateinischen „piscis“ (nachgewiesenes Wort) zu
unserem heutigen Wort „Fisch“ (resp. den verwandten Wörtern in
den anderen heutigen sogenannten idg. Sprachen des
europäischen Kontinentes) Zwischenformen, welche vermutlich
nicht belegt werden können und somit auch Asterisken
bräuchten.
Mit Deinen „Zwischenformen“ habe ich bislang das größte Problem. Gehst Du tatsächlich davon aus, dass die baskische Sprache so, wie sie heute existiert, schon existiert hat, als sich das Lateinische ausbildete?
Wenn ja, finde ich das äußerst blauäugig, denn nichts wandelt sich so schnell wie eine Sprache.
Wenn nicht, dann brauchst Du zur wissenschaftlichen Fundierung leider keine „Zwischenformen“, sondern „Urformen“, denn Du sagst ja: Es gab einmal eine Sprache, in der ein Wort existierte (welches von mir aus sogar „Fisch“ bedeutete), aus welchem sich das baskische Wort „isil“ und das lateinische Wort „piscis“ entwickelt haben.
Nun musst Du noch (wohlgemerkt: vom wissenschaftlichen Standpunkt aus – für Dein Bauchgefühl brauchst Du’s natürlich nicht) eine Hypothese darüber machen, wie dieses uralte Wort geheißen haben mag und nach welchen Gesetzen sich die anderen Sprachen daraus entwickelt haben, und schon bist Du auch bei Asterisken gelandet.
Dies
trifft sowohl beim Fisch als erschlossene „Nahrung“ oder
„Zutat zum Brot“ (vs. schweigsam, still) zu, als auch beim
Vater als „Viehhüter“ oder „Lallwort“ (vs. Erzeuger).
Warum zeichnet einen Fisch die eigenschaft „schweigsam, still“ eher aus als die Eigenschaft „Nahrung“? Unsere Vorväter haben sich sicher kein Aquarium ins Wohnzimmer gestellt, sondern kannten Fische wohl nur zum Essen. Vielleicht haben sie ihnen nicht einmal Leben zugebilligt (man kennt das ja aus den slawischen Sprachen, in denen es ein Deklinationsparadigma für unbelebte und eines für belebte männliche Substantive gibt. Belebt sind dabei nur Menschen und allenfalls noch Haustiere). Und wenn ich so weit bin, ist die Eigenschaft, die z.B. einen Fisch von einer Rübe unterscheidet, nicht „still“, „stromlinienförmig“ oder „Nahrung“, sondern „schnell“ oder „bewegt“.
Und würdest Du die vaskonische Hypothese verwerfen, wenn Du eine Sprache fändest, in der das Wort für „Schuppe“ oder „Flosse“ so ähnlich klingt wie „Fisch“, weil das Tier dadurch ja noch besser charakterisiert ist ais durch „still“?
Das halte ich für Voreingenommenheit. Erstens ist es nicht
„ein Buchstabe“, sondern es sind (um das deutsche Wort
herzunehmen) die ersten drei Buchstaben und somit alle
sinntragenden Elemente des deutschen Wortes. Über die
Bedeutung haben wir schon mehrfach geschrieben, erspare ich
mir jetzt.
Du musst da Lautgesetze postulieren
nö, muss ich nicht. Die Lautgesetze existieren F=H=NICHTS. Ich
muss sie nur anwenden.
Lautgesetze sind niemals Gleichheiten, sondern immer sprachbezogene Entwicklungen. Du hast sicher recht, wenn Du behauptest:
(lat.) F -> (altsp.) H -> (sp.) Nullphonem.
Wenn ich das Lateinwörterbuch unter f oder das Spanischwörterbuch unter h aufschlage, finde ich dafür tausend Beispiele.
Will ich dies nun lediglich am heutigen Stand ablesen, bekomme ich schon verfälschte Ergebnisse (es gibt z.B. genügend spanische Wörter, die mit h beginnen, aber im Latein auch schon mit h begannen, z.B.
(lat.) homo -> (sp.) hombre;
und deshalb kann ich nicht einfach sagen, dass
(sp.) h = (frz.) f
gilt.)
Hätte ich nun das Latein nicht (also kennte ich den gemeinsamen Vorfahren von Spanisch und Französisch nicht), so würde ich feststellen, dass im Französischen dort, wo im Spanischen ein h geschrieben und nichts gesprochen wird, mal ein f und mal ein h steht. Aber, und das ist das Entscheidende, ich würde das nicht nur an einem oder zwei Wörtern sehen, sondern an min. 90% aller Wörter, die im Spanischen mit h beginnen.
Postulierst Du also für das Baskische:
(bask.) Nullphonem = (lat.) p = (dt.) f,
so hast Du bislang nur zwei Beispiele dafür:
isil = piscis = Fisch;
aitha = pater = Vater.
Das reicht noch nicht.
Und an dieser Stelle noch etwas zur Reihenfolge der Lautwandlungen:
Gemeinhin heißt es ja:
(idg.) *sk -> (dt.) sch.
Dass es nicht umgekehrt ist:
(idg.) *ʃ -> (lat.) sc,
lässt sich schon schön am Schriftbild des Deutschen erkennen. Wie käme man denn auf so etwas Verrücktes wie s+c+h für [ʃ] (bzw. mhd. sc), wenn es nicht irgendwann einmal so geklungen hätte? Die Entwicklung zugunsten des ʃ ist also belegt. Natürlich wäre es denkbar, dass es sich zuvor andersherum entwickelt hat und im Deutschen wieder zurück, aber warum sollte man unnötige Entwicklungsstufen einbauen?
„Der hat ja von Tuten und Blasen keine Ahnung“ (sagst Du
vielleicht/wahrscheinlich über mich:wink:). Du wirst mir zugeben,
dass man „tuten“ und „blasen“ weitgehend bedeutungsgleich
setzen kann. Somit ist tuten = blasen. Schaut man nun ins
baskische Wöbu, so stolpert man förmlich über „tutu“ in der
Bedeutung „Rohr, Röhre, Horn“. Und zweifelsfrei bläst man in
ein Horn.
Das ist, mit Verlaub, wenig überraschend: Was macht denn das Horn, wenn man hineinbläst? Tuuuuuuuuut! Und ich kenne keine Sprache, die nicht hie und da Lautmalereien in ihr Vokabular einfließen lassen würde. Im Baskischen ist da halt das Ding rausgekommen, was „Tuuuu! Tuuuu!“ macht, während im Deutschen die Tätigkeit, der Akt der Klangerzeugung mit „tut“ + typisches Infinitivmorphem beschrieben wird.
Und noch erstaunlicher ist - wenngleich natürlich
lautlich viel weiter entfernt - , dass es das gleiche
Sprichwort auch im Baskischen gibt. Und wenn man nur flüchtig
hinhört, klingt es dem Deutschen recht ähnlich. „tutik ere ez
daki“ (= er hat von Tuten und Blasen keine Ahnung).
Das wäre in der Tat erstaunlich. Aber gibst Du hier bitte noch eine Wort-für-Wort-Übersetzung? Ich erkenne ja nicht einmal, was hier die Verben sind. Abgesehen davon glaube ich nicht, dass die sprichwörtliche Redensart „von Tuten und blasen keine Ahnung haben“ so alt ist wie die Ursprünge unserer Sprache, über die wir hier ja wohl diskutieren.
„fuchsteufelswild“. Was hat ein Fuchs mit „wild“ oder gar mit
„Teufel“ zu tun?
Wenn einige Landstriche sogar das Eichhörnchen mit dem Teufel in Verbindung bringen, kann ich mir das bei dem Fuchs sehr wohl vorstellen. Der Teufel hat für mich Hörner, einen Schwanz, einen Ziegenfuß und ist Rot. Wenn sich allerdings jemand im Gesicht komplett rot schminkt, bin ich schon bereit, in ihm einen Teufel zu sehen. Und der Fuchs ist schließlich (wie auch das Eichhörnchen) ebenfalls rot.
Wild ist er sowieso, in zweierlei Hinsicht: Erst einmal ist er ein wildes Tier, was sich nicht zähmen lässt (oder hast Du schon einmal von einem Hausfuchs gehört?), und zweitens reißt er Nutztiere (Gänse, Hühner), was ihn bei Bauern höchst unbeliebt macht.
Allerdings kann ich mir sogar noch eine weitere Erklärung vorstellen: „Teufel“ könnte eine Verschleifung von „Tollwut“ sein, und dann heißt „fuchsteufelswild“ nichts anderes als „wild wie ein tollwütiger Fuchs“. Was sagt denn der Kluge?
„fuxiz(tu)“ = wütend werden.
Abgesehen davon, dass ich hier den Teufel auch nicht sehe, spricht sich, soweit ich es erkennen kann, fuxiz wie „Fuschis“ aus. Für das Lautgesetz
(bask.) [ʃ] = (dt.) oder [k]
hätte ich auch gerne mehr Beispiele, bevor ich darin den Fuchs wiedererkenne.
Liebe Grüße
Immo
Links