Hallo Alexander,
obschon Du vorschlägst
Aber lassen wir es gut sein,
fühle ich mich doch bemüßigt, hierauf noch zu antworten, weil es mir scheint, als drehtest Du mir das eigene Wort im Munde um. Es tut mir natürlich leid, dass ich mich ausreichend unklar ausgedrückt habe, um dies zu ermöglichen.
Ein Thema können wir schon abschließen, denke ich, nämlich
- Onomastik
Mit meinen Litauischen Beispielen müssen wir aneinander vorbeireden, da Du der Sprache nicht mächtig bist. Ich stelle also eine These auf, die von Dir nicht falsifizierbar ist, und das ist natürlich keine Grundlage für eine Diskussion.
Nur noch eine Beobachtung hierzu:
Du sagst es ja selbst: StraßenNAMEN. Sie sind nichts anderes
wie als PersonenNAMEN. Unspezifisch und austauschbar. Man denke
nur an die zahllosen Umbenennungen während der Hitler-Diktatur
und der SED-Diktatur.
Ein Kollege von mir, der aus Hamburg nach Potsdam kam, fragte dort (in P), wie er zum Bahnhof Charlottenhof gelangen könnte, worauf er zur Antwort erhielt: „Da müssen Sie einfach nur die Leninallee runterlaufen.“ Da der Ortskundige in die richtige Richtung wies, war es jedoch kein Problem für meinen Kollegen, der Zeppelinstraße zu folgen.
- Lallwörter
dann kommt Baba raus. Dann trainiere ich die Zunge, und je
nachdem, welchen Teil der Zunge ich entdecke, kriege ich da oder ga,
evtl. auch na oder nga.aber ein paar Sätze weiter sagst Du das Gegenteil, nämlich
dass „ga“ von Babies schon ziemlich früh gesprochen werden
kann:Hinzu kommt übrigens, dass auch in der Phase des aktiven
Spracherwerbs, wo g zu den schwierigsten Lauten gehört,
Hier sind zwei unterschiedliche Aspekte: In der ersten Phase (etwa bis zum 10. Monat) wird einfach alles ausprobiert, und da tritt /ga/ unter den ersten Silben auf. Danach werden aktiv Laute nachgebildet, und das Dorsum (den Zungenrücken) als Artikulator zu erkennen, fällt den Kindern dann schwer. Bei Lippen- und Vorderzungenlauten kann man ja in Mamas Gesicht sehen, wie’s geht. Du musst einfach mal ein Kind beobachten, dann wirst Du’s ja selbst sehen.
Die Aborigine-Kinder
sagen also irgendwann in der Lallphase „Koka“,da lieferst Du ja selbst die Erklärung par excellence, welche
André gegeben hat: Mama wird vorgesprochen, Mama wird
nachgelallt. Koka wird vorgesprochen, Koka wird nachgelallt.
Neinnein, das hat nichts mit Vorsprechen und Nachlallen zu tun. Natürlich sagen auch die Aborigine-Kinder zuerst /mamama/ und /bababa/, bevor später das k und ein anderer Vokal hinzukommen. Und natürlich sagen auch die deutschen Kinder mit, sagen wir mal, 5 Monaten auch mal /koka/. Nur dass letzteres im Deutschen nicht mit einer Bedeutung belegt ist, naja, das Wort „kacka“ existiert ja in der Ammensprache (engl. motherese).
was später
plötzlich schwerfällt.und damit dieses Widerlegen sogar noch weiter gefestigt und
bewiesen.
Das verstehe ich nicht: Wenn /koka/ später schwerfällt, /mama/ jedoch nicht, so sagt einem doch der oft von Dir herbeizitierte „gesunde Menschenverstand“, dass darin wohl der Grund zu suchen ist, weshalb die Mutter in so vielen Sprachen als „Ma(ma)“ bezeichnet wird und in so wenigen als „Koka“. Das ist doch, wenn nicht ein Beweis, so doch mindestens ein Argument für Lallwörter.
Aber vielleicht kannst Du mir Deine Ansicht, wo Du hierbei den Gegenbeweis erblickst, noch einmal darlegen, damit ich es verstehe. Das ist Dir ja so wichtig, dass man Dich versteht, und ich möchte es ja auch.
- Verschiedenes
Selbst wenn ich […] akzeptiere, dann habe ich nur das s- erklärt
und nichts weiter. Vielleicht könnte ich noch m-, n- oder r- auf
diese Art erklären, aber niemals p- oder k-!warum? Das verstehe ich nicht. p und f und h und NULL steht in
einer Reihe. Ebenso k und g und h und NULL.
Okay. Hier habe ich offenbar zu wenig erklärt. Du schriebst, dass das s im Samstag von „(de)s Ambeths Tag“ herrühre. Damit könnte ich auch – ich suche jetzt keine sprachwissenschaftlich haltbaren Thesen, sondern nur Beispiele zur Illustration meiner Aussage – das Wort „Mauser“ aus „(de)m Auser“ erklären, „Niebelung“ aus „(de)n übel Lung“ oder „Rasen“ aus „(de)r Asen“ (Gen. Pl.). Aber aus welchen Verkürzungen sollten ein p- oder ein k- Präfix herrühren? Aus niederdt. „op“ und „ik“?
Da gebe ich dann erst einmal
allen Nahrungsmitteln und allen Bedrohungen Namen: Fisch,
Vogel, Kuh, Schwein; Löwe, Donner…… die unsere Altvorderen ja aber nicht so aus „göttlicher
Eingebung“ erfunden haben, sondern diese Benennungen haben ja
den Sinn gehabt, dieses von etwas anderem zu unterscheiden.
Und unterscheiden kann ich nur durch Adjektive (resp.
Adverbien, Partizipien oder ähnliche Konstruktionen).
Nein, eben nicht. Unterscheiden kann ich zuerst durch Substantive! Wenn es Dir nicht genügt, dass Du selbst beim erlernen jeder Sprache (ob Muttersprache oder im Schulunterricht) mit Substantiven beginnst – das Kind sagt eben zuerst Mama, Papa (ob nun gelallt oder nicht), Puppe, Top (meint Kopf) usw.; die Lehrerin im Englischunterricht zeigt verschiedene Schreibutensilien hoch und erklärt: „This is a pen.“ „This is a biro.“ „This is a ruler.“ usw. –, dann versuch Dir doch mal die Sprache vorzustellen, bevor sie das wort für „Fisch“ kannte. Deinen Aussagen zufolge kannte sie wohl schon „stumm“, aber welche Inhalte kann eine Sprache transportieren, bevor sie für die einfachsten Substantive Wörter kennt? Weshalb soll ich sagen können: „Susi stumm“, wenn ich nicht mal „jagen Fisch“ sagen kann?!
Du brauchst das Wort für Fisch
überhaupt nicht aus einem Adjektiv abzuleiten, weil Du für den
Fisch schon viel länger ein Wort besitztDieser Meinung bin ich überhaupt nicht. Wie gesagt, wenn
André, Du oder ein anderer kommt und mir ein lautlich
ähnliches Wort anbietet, welches „Flosse“ oder „Schuppe“
bedeutet, damit könnte ich durchaus ins Wanken kommen mit
meiner bisherigen Meinung
Das heißt, Du kannst Dir ernsthaft eine Sprache vorstellen, welche Wörter für „Flosse“ und „Schuppe“ hat, aber keines für „Fisch“? Das müssen seltsame Leute gewesen sein, unsere Vorfahren …
(Um nicht zu sagen: Die spinnen, die Indoeuropäer!)
Der Fisch ist so
etwas Wichtiges, nach dem musst Du fragenwieso denn fragen? Glaubst Du ernsthaft, dass es damals schon
Geschäfte gab (und wenn es nur nach Art des „Verleihnix“
wäre)? das ist ja wohl völlig unwahrscheinlich. Statt dessen
sollte man doch dem Gegenüber mitteilen können, was man
erjagen will.
Von mir aus auch so. Aber dann sage ich doch nicht „Jage stumm“, sondern eben „jage Fisch“. Ich muss das Ding eben nicht charakterisieren, sondern ihm einen Namen geben.
Und warum heißt denn das Quiz Quiz? Dieses Wort hat sich jemand einfach ausgedacht, und so bekam das Ratespiel seinen Namen. Keine Charakterisierung, sondern einfach irgendein spontan ausgedachtes Wort ohne Etymologie, über das sich ca. 3 Mrd. Menschen geeinigt haben und nun wissen, was damit gemeint ist.
Wieviel leichter können sich vielleicht 200 Menschen auf ein Wort „piscis“ einigen, bei dem sie wissen, was gemeint ist?
Und übrigens könnte ich mir den umgekehrten Weg gut vorstellen: „Er ist wie ein Fisch“ soll heißen „er ist stumm“. Das gibt’s bestimmt im einen oder anderen Kulturkreis, und hier wird das Konkrete, Greifbare zur Beschreibung herangezogen.
Eine Idee noch zu diesem Punkt: In der Arbeit mit Behinderten oder mit Kleinstkindern kannst Du feststellen, wie schwierig Adjektive zu greifen sind. Eine Begebenheit aus der Sonderschule: Die geistig behinderten Schüler sollen die Farben lernen. Nun gibt es aber nicht viel Gemeinsames zwischen einer gelben Banane, einem gelben Auto, einer gelben Badehose usw. – sie sehen eben eine Banane, ein Auto oder eine Badehose.
Um nun das Lernziel zu erreichen, wird je ein Symbol mit einer typischen Farbe ausgewählt, z.B. eine gelbe Sonne, eine grüne Wiese, ein weißer Schneemann … , und die Schüler lernen nun, jedes einfarbige Objekt einem dieser Prototypen zuzuordnen. Das dauert einige Monate, aber es geht. Dann sehen sie eine gelbe Banane und sagen „Sonne“.
Und viele kommen über das Stadium nicht hinaus. Sie erkennen nicht, was „gelb“ bedeuten soll, wenn doch „Sonne“ völlig ausreichend ist.
Mit diesem Beispiel will ich nur illustrieren, dass Nomina mitunter viel illustrativer sind als Adjektive.
Liebe Grüße
Immo
P.S. Tut mir leid, dass ich Dich doch noch weiter zur Diskussion nötige. Ich muss auch nicht unbedingt das letzte Wort haben; aber allein das Missverständnis meiner Ausführungen zur Lallphase sah ich mich genötigt auszuräumen, weshalb ich eine weitere Nachricht schreiben musste.