Warum Ethik?

[MOD] Brettbeschreibungen lesen
Hi,
im Religionswissneschaftsbrett steht:

„Ethik:
-sofern die Fragen und Diskussionspunkte mit religiösen Konzepten verbunden sind.“

Da aber nicht unbedingt jede Frage über Ethik auch eine Frage über die Religion ist, passt das schon.

mfg,

Hanzo

Hallo fliegerbaer,

Du schreibst immer

naja, manchmal in die Richtung

dass Ethik ohne Religion nicht möglich wäre

In der Tat sind ohne Religiosität nur Ansätze von Ethik möglich, kein durchdachtes ethisches System; ich spreche übrigens ausdrücklich von Religiosität, also nicht von einer bestimmten Religion, sondern von der Tatsache, dass entweder am Anfang oder Ende eines jeden ethischen Systems ein Axiom steht, das entweder irrationale Komponenten hat oder einfach unhinterfragbar ist. Davon bin ich überzeugt und warte gerne auf gute kritische Argumente dazu.

Gruss,
Mike

durchaus gelesen
Hallo Hanzo,

nicht unbedingt jede Frage über Ethik auch eine Frage über die Religion

Das kann man nur knapp mit Recht sagen, wenn überhaupt. Falls der Gedanke existiert, dass es das Gute gibt, ohne dass ich nach einer Religion fragen muss, dann erscheint dieser Gedanke doch zunächst ziemlich unhinterfragbar, oder? Denn sobald ich ihn hinterfrage, muss ich mich auch mit dem Grund beschäftigen, also damit, ob ich eine Religion annehme oder nicht, bzw. wenn ich keine annehme ob das nicht trotzdem religiös sei (z. B. indem ich an das Nichts glaube, aber eben glaube). Hinterfrage ich ihn aber nicht, nun so sind wenigstens gewisse religionsspezifische Merkmale gegeben wie eben zum Beispiel die Unhinterfragbarkeit.

Gruss,
Mike

Auch wenn du das wahrscheinlich bestreiten wirst, aber nach meinem Eindruck geht es dir womöglich darum, die Tatsache schlecht zu machen, dass sehr viele Menschen ohne Gott glücklich sind und sich dabei trotzdem in ethisch-moralischer Sicht gut verhalten. Dass du dir damit behilfst, dass du den fehlenden Glauben als eine andere Art von Glauben darzustellen versuchst, ändert an meinem persönlichen Eindruck nichts.

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Hi Mike,

Ein vorgegebenes Gut-Böse-Schema macht natürlich auch vieles einfacher. Eigene „Normen“ in Frage zu stellen oder stellen zu lassen führt aus der eigenen sicheren Zone, ist unbequem.

Meiner Auffassung nach gibt es ja überhaupt kein Gut und Böse. Das clasht natürlich gewaltig mit dem Christentum das nur nach diesen Kriterien misst.

Ähnlich verhält es sich mit richtig/falsch, ich oder was ist die „Wahrheit“. Wie gesagt nichts was ein wirklich gläubiger Christ hören oder hinterfragen will. Oder wenn dann nur um von den eigenen Normen zu überzeugen.

Gruß fb

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Hallo fliegerbaer,

vielen Dank für Deine Ehrlichkeit. Ich glaube, dass wir uns über diese eine Grundfrage schon rein philosophisch unterhalten können, was dann also bedeutet, dass die Philosophie zur Ethik evtl. unter Umständen schon mal was zu sagen hat. Nur eben halt die Religion auch, und wie ich meine: immer.
Die Frage nach dem Guten, das ist nun einmal die Frage nach der Ethik. D. h. wenn es überhaupt kein Gut und Böse gibt

Meiner Auffassung nach gibt es ja überhaupt kein Gut und Böse

dann mag das zwar sehr „gute“ (oder sagen wir wenigstens: menschgemässe) Philosophien begründen, eine Ethik (im herkömmlichen Wortsinn) begründet es aber zunächst einmal explizit nicht.

Nun magst Du anführen, dass es einleuchtende, vernünftige oder verständliche Gründe geben könnte, warum man das Wort „Ethik“ gerade des ursprünglichen Wortsinnes beraubt und ihm doch eine wesentliche Aussage beilegt. Es ist ja nicht auszuschliessen, dass es fallweise solche Begriffe oder Wörter gibt - wenngleich mir im Moment kein schlaues Beispiel dazu einfällt. Aber ich bin gerne bereit, es zu supponieren - falls denn aber nun solche Gründe vorhanden sind. Welche könnten das denn sein?

Gruss,
Mike

Hallo Ultra,

es geht mir nicht darum, etwas schlecht zu machen, ausser das Schlechte an sich - woraus dann folgen würde, dass ich mir wenigstens ungefähr das Gegenteil vorstellen könnte, nun also wüsste, was das Gute ist, und somit eine Ethik bereits begründbar wäre!
Den Sachverhalt, den Du nennst - den ich durchaus für plausibel halte -

dass sehr viele Menschen ohne Gott glücklich sind

den halte ich nicht nur für ziemlich klar gegeben, sondern den erhoffe ich sogar. Die Frage ist, warum sie glücklich sind, ob sie auch wissen warum und ob sie bereit sind, dieses Wissen zu teilen (ansonsten entfällt eben die Philosophie).

in ethisch-moralischer Sicht gut verhalten

Naja, ob man sagen kann „in ethisch-moralischer Sicht“, das bezweifle ich bereits. Unter ethisch-moralischen Aspekten oder Ansätzen - ja. Das Verhalten ist nun aber noch kein bewusstes Verhalten. Also folgt auch hier wieder die Frage: Wissen sie denn, warum sie sich „gut“ verhalten? Was ist mit „gut“ von Dir her überhaupt gemeint? Kannst Du mehr dazu sagen, was es sei, ohne dabei unhinterfragbare oder im weiteren Sinn religiöse Argumente zu benutzen?

den fehlenden Glauben als eine andere Art von Glauben

Nun, „der“ Glaube ist wohl schon ziemlich nahe an einer Religion. Vielleicht können wir „das“ Glauben sagen - also die reine Tätigkeit.
Hier gibt es zunächst zwei bis in die Biologie reichende philosophische Theorien, die sich widersprechen, nämlich von denen die eine behauptet, der Mensch habe - gewissermassen angeboren - eine Art von religiösem Verhalten regelmässig an sich; die andere bestreitet dieses, bleibt dann aber die religionssoziologische Grundfrage schuldig, warum und woher denn das historisch Religiöse kommt, während die Erstere darauf ansatzweise immerhin antwortet.

  1. Nehmen wir die Erstere zur Grundlage, dann lautet die religionssoziologisch folgende Frage „wie und wo lebst du deine Religiosität“, und wir können den Einzelnen - scheinbar! - ziemlich verständlich in ein „Kästchen“ versorgen und sagen „er hat jetzt die Religion X“ oder „die Religion Y“. Erst bei Betrachtung des Einzelfalles entfällt dann der Schein, und es folgt die Enttäuschung in der Feststellung, dass es eben so viele Zugangswege zu Gott gibt wie es Menschen gibt. Aufgrund dieser Feststellung lässt sich dann sagen, dass es irgendwo etwas Unhinterfragbares geben müsse, weil sonst keine sinnhafte Kommunikation mehr möglich sei; demzufolge wird dann eben das Unhinterfragbare „religiös“ genannt und begründet eine Ethik ohne weitere Variablen. Von Religiosität ist dann aber zwingend die Rede gewesen.

  2. Nehmen wir aber die Letztere zur Grundlage und rechnen also damit, dass einige Menschen keine Religiosität brauchen - und Du sprichst ja vom „fehlenden“ Glauben, tendierst also wohl in diese Richtung -, dann sind sie bis zum heutigen Tage den Beweis schuldig geblieben, woher ihr gutes Verhalten kommt - dessen Existenz ich im Ganzen nicht bestreite, wenngleich die Ausgereiftheit der teilweise bewundernswerten christlichen Moral und Ethik mir für das Christentum mehr Werbung zu machen scheint als diese andern Ansätze von Ethik für das sogenannte „Nicht-Glauben“, das zur Begründung einer rein philosophischen Ethik schon einmal näher zu definieren wäre. Aber es geht nicht gegen den bzw. das „Nicht-Glauben“ an sich, und schon gar nicht gegen den Nichtglaubenden - der sich möglicherweise viel öfter auch im christlichen Sinn gut verhält als ein Christ -, sondern gegen die Behauptung eines rein rational begründbaren gesamten ethischen Systems und damit meiner Meinung nach um etwas bisher unter keinem Titel Dargestelltes.

Gruss,
Mike

Weder - noch
Hi Mike,

Ich wollte hier keinen Beweis führen, sondern meine Sichtweise zur Diskussion stellen. Ob ich mit meiner Ansicht selbst einem Sophismus aufsitze? Noch glaube ich es nicht :wink: bzw. wo siehst du einen Zirkelschluss? Mal sehen, ich versuche zu erklären…

Auch wenn im alltäglichen Sprachgebrauch zwischen den Begriffen „Moral” und „Ethik” meist nicht differenziert wird, Moral sind die von der Gesellschaft akzeptierten und als „richtig” und „gut” erachteten, durch die Konventionen und Tradition entstandenen Verhaltensweisen. Diese sehen für eine (jetzt ohne Wertung) islamische Theokratie ganz anders aus als für eine westliche Demokratie. Ob sich jeder (z. B. konkret westlicher Staat, der sich so Menschenrechts-verfechtend gibt) an diese Wertmaßstäbe hält, ist ein anderes Thema, um das es mir im Moment nicht geht.

Das Reflektieren über moralische Handlungsnormen wäre dann Ethik, wobei hier der Prozess des Nachdenkens und der Diskussion im Vordergrund steht. Eine Ethik mit universaler Bedeutung zu schaffen ist meiner Meinung nach nicht möglich. Ansprüche der Ethik in diese Richtung gelten ohnehin als umstritten. Diesem Anspruch kann aber auch die Moral (meinem Verständnis nach, das was du mit Ethik gleichsetzt) nicht gerecht werden.

Demnach gibt es bei mir kein universales Gut/richtig - Böse/falsch.

Wenn jetzt aber bei der Ethik nicht die konkreten Resultate das Ziel sind, sondern es um den Diskurs geht, was ist dann der praktische Wert? Wir können uns über das konkrete Handeln in einem bestimmten Kontext Gedanken machen. Unabhängig von den Moralvorstellungen, mit denen man aufgewachsen ist, oder die von der Gesellschaft in der man lebt vorgegeben sind.

Ich habe selbstverständlich Wertmaßstäbe und richte mein eigenes Handeln nach diesen aus. Diese sind ohne Frage geprägt durch meine Sozialisierung, aber auch in dem Sinn, dass ich viele der erlernten Maßstäbe im Laufe meines bisherigen Lebens revidiert bzw. fallen gelassen oder durch andere ersetzt habe. Auch die anerzogenen so genannten christlichen Werte wurden von mir revidiert.

Ich erkenne aber auch, dass der Mensch für das Handeln in einer bestimmten Situation solche (momentan) absoluten Maßstäbe braucht. Oder anders ausgedrückt: Es ist nicht zu jeder Zeit ein derartiges Reflektieren angebracht, hilfreich, notwendig. Aber wenn sich die Gelegenheit gibt, bin ich dafür offen. -> your turn :wink:

Freundliche Grüße
fb

Morallehre oder Diskursethik
Hallo fliegerbaer,

meine Sichtweise zur Diskussion stellen

dürfte eine gangbare Grundlage sein, will ich auch versuchen.

Ob ich mit meiner Ansicht selbst einem Sophismus aufsitze

Es wird wohl zu unterscheiden sein können, zwischen Deiner Ansicht über Ethik als solche, mit ihren Konnotationen und Inhalten - einerseits -, und Deiner Ansicht über das Thema, ob Ethik Gegenstand einer nicht religiös gebundenen „reinen“ Philosophie sein kann und soll - andererseits.

Das Reflektieren über moralische Handlungsnormen wäre dann Ethik

Dem kann ich im Grossen und Ganzen folgen. Insofern als dem Reflektieren auch ein Akzeptieren folgt, ist dann jeweils die Ethik zur Moral geworden. Auch dass Akzeptieren noch nicht gleich Umsetzen und Befolgen ist, leuchtet ein.

wobei hier der Prozess des Nachdenkens und der Diskussion im
Vordergrund steht

Hier stellst Du den Begriff, der dies allenfalls noch implizieren kann und etwa bei Jürgen Habermas ebenfalls impliziert, nun aber radikal der Praxis entgegen. Wäre dies nämlich der wesentliche Inhalt des Ethikbegriffs - was es wie gesagt rein vom Begriff her sein könnte -, dann könnte es keine für sich abgeschlossenen Ethikkommissionen und Ethikzirkel geben, welche im Staat Durchsetzungsmacht ausüben. Du müsstest also als erstes ziemlich schnell und am besten postwendend zu bedenken geben, dass die „Ethik“ in der Verwendung, wie sie heute nicht nur in den Massenmedien steht, sondern auch von der offiziellen Politik als Machtgrundlage benannt wird, ihrem Namen nicht entspreche; jede Ethikkommission, jeder Ethikrat und jede Autorität, die das Wort Ethik etwa in mit Staatsmacht betrauten Parlamenten hat, müsste gemäss einer Forderung Deinerseits umbenannt werden. Stellst Du diese Forderung denn auf? Was mich betrifft, hier würde ich schon mal mitziehen. Wir können nun im Folgenden ja schauen, welche Auswirkungen eine solche Begriffsdeutung denn auf allfälligen Ethikunterricht oder ein Schulfach Ethik hat.

Ansprüche der Ethik in diese Richtung

[universal zu sein - evtl. ohne Religiosität]

gelten ohnehin als umstritten

Das ist wohl zu milde ausgedrückt. Ein solcher Anspruch, obgleich dauernd von vielen gestellt, ist nirgends ausgewiesen, ja insofern als ein gesamtes ethisches System betroffen wäre, ist er nicht einmal im Ansatz gegeben, es sei denn eben, man begründe das ethische System religiös.

Beispiel: Christus sagt „Niemand ist gut ausser Gott allein“ (Lk 18,19). Wer diesem Satz folgt, kann sagen, was das Gute nicht ist bzw. was es ist. Er wird es noch nicht ganz verstehen oder erklären, aber er kann es benennen.

Gegenbeispiel: mir unbekannt.

Moral (meinem Verständnis nach, das was du mit Ethik gleichsetzt

Ich unterscheide Ethik, wenn überhaupt, nur graduell von Morallehre. Jedoch unterscheide ich zwischen Moral und Morallehre. Eine Moral, die jemand hat, das sind seine Leitlinien, nach denen er sich dann mehr oder weniger spontan und mehr oder weniger konsequent verhält. Eine Morallehre, das ist die Kohärenz zwischen und Gesamtschau über diese Leitlinien, die sie in einen sinnhaften Zusammenhang zueinander bringt und bei ihrem Träger den Eindruck von Verständlichkeit und Fassbarkeit erweckt; sie kann natürlich auch nur in einem Anspruch bestehen, welchem der Mensch nicht gerecht wird, aber den er doch als Fluchtpunkt, als verständliches Ideal oder erstrebenswertes Ziel erkennt.

Unter Ethik verstehe ich im Grundsatz das Gleiche, es gibt lediglich Abweichungen in Nuancen aufgrund des praktischen Gebrauchs dieses Wortes, welches eher in eine etwas abstraktere Ebene hineinspielt; man könnte auch sagen, dass sie die Allgemeingültigkeit etwas mehr betont und daher etwas theoretischer ist, sagen wir meinetwegen auch universaler. Meiner Ansicht nach muss sie je universaler auch desto religiöser sein, da sie mehr der Legitimation bedarf und ja keine rein rationale Legitimation hat. Selbst die natürlichen Ansätze von Ethik, deren Existenz ich an sich anerkenne - etwa bei Henri Dunant, der vor den Verwundeten steht und sagt „hier muss etwas geschehen“, wobei noch ziemlich irrelevant erscheint, was er für eine Religion hat - sind von etwas getragen, das eine irrationale Komponente genannt werden muss. Denn will man sie zu universalen Grundsätzen machen, braucht man Begriffe für diese irrationale Komponente, und die haben dann die Merkmale von Religion: Autorität, Verbindlichkeit und Verehrung ebenso wie Unhinterfragbarkeit.

Demnach gibt es bei mir kein universales Gut/richtig - Böse/falsch.

Dann wäre also Ethik für Dich mit einer Auseinandersetzung ü.b.e.r. Ethik gleichzusetzen? Das mag stimmen, sie kann dann aber nirgendwo gleichzeitig verbindlicher Masstab sein. Selbst eine Teilethik wäre nur dann anzuwenden, wenn der Adressat sie schon frei akzeptiert und also für sich verinnerlicht hat. Keinesfalls dürfte je der Staat eine ethische Norm durchsetzen. Er würde den Begriff ansonsten in seinem Fundament verraten und verkaufen. Er müsste seine Normen weiterhin rein moralisch begründen. Selbstverständlich wäre dies zwar gerade in einem pluralistischen Staatswesen möglich - das kommt eben auf den Inhalt der akzeptierten Morallehre an, aus welcher sich die Moral für den Mainstream sowie das Recht für alle mehr oder weniger klar ergeben könnten -, eine universalverbindliche Ethik wäre aber nicht proklamiert, woraus sich ergibt, dass dann der Anwendung des Begriffes (beispielsweise in der Schule für rein katholischen Religionsunterricht) keine Schranken gesetzt wären.

Wir können uns über das konkrete Handeln in einem bestimmten Kontext

jederzeit abstrakt

Gedanken machen

So etwas nennt man dann eine ethische Reflexion. Insofern als man sie von existierenden Morallehren loskoppelt, kann man sogar von der Suche nach einer neuen Morallehre oder Ansätzen dazu problemlos reden. Nur ist dies keine Berechtigung, dem Neuen nur schon deswegen mehr Macht zu geben, nur weil es neu ist. Die Wertmasstäbe, die einer sich wandelnden Moral zugrundeliegen, müssen der radikalen Gegenüberstellung mit den Wertmasstäben einer gleichbleibenden Moral ebenso standhalten wie die eine gleichbleibende Moral gegen die andere abgewogen werden kann. Das Nachdenken an sich kann nur insofern ein Wert sein, als dass es die Normen in ein System bringt, also eben die Moral zur Morallehre oder meinetwegen die Abwägung von Morallehren zu einer neuen Morallehre macht.

Reflektieren

ist immer gut. Das heisst aber nicht unbedingt, dass der Grundsatz oder Wertmassstab zu ändern ist, sondern unter Umständen bloss, dass man ihn nachher anders versteht als vorher.

Gruss,
Mike

Ethik gehört nicht zum Monotheismus
Hi Mike.

In der Tat sind ohne Religiosität nur Ansätze von Ethik
möglich, kein durchdachtes ethisches System;

Genau das Gegenteil ist der Fall. Ethik ist ursprünglich eine philosophische Disziplin und hat, genau genommen, mit (monotheistischer) Religion gar nichts zu tun. In den Mono- Religionen geht es schlechterdings nur um Moral, nicht um Ethik. Moral beruht auf unhinterfragten Regeln, sie wird von oben herab diktiert (in den Monotheismen per göttlicher Erlass, in der Erziehung durch die Eltern).

Ethik dagegen ist ein durchdachtes System, gehört also zur Philosophie. Ethik beruht auf Vernunftschlüssen völlig unabhängig von religiösen Instanzen. Das nennt man auch die „Autonomie der Ethik“ (gegenüber der Religion).

Wäre die Ethik nicht autonom, wäre sie also abhängig von der Autorität eines Gottes, dann könnte man nicht über sie diskutieren, da die Bejahung oder Ablehnung bestimmter ethischer Prinzipien einzig von der Zugehörigkeit zu einer Religion abhinge. Damit aber wären diese Prinzipien nicht anderes als Glaubenssätze und ständen außerhalb des ethischen Bereichs, der immer auch (Selbst-)Verantwortung impliziert. Warum Verantwortung? Weil jeder Einzelne kraft seiner Vernunft und Willensfreiheit die Pflicht hat, ethische Prinzipien bzw. Regeln nicht einfach unreflektiert zu befolgen, sondern sie - als rational mündiger Mensch - auch begründen zu können. Letzteres geht aber nicht in einem religiösen Kontext, da dieser immer auf der unhintergehbaren Autorität eines Gottes (oder Gottesmittlers) beruht.

Ethik impliziert also rationale Mündigkeit und Selbstverantwortung und steht daher außerhalb des (monotheistischen) religiösen Zuständigkeitsbereichs.

Chan

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Ein Teil davon ist zwar richtig . . .
Hallo Ch’an,

Ethik ist ursprünglich eine philosophische Disziplin

Das stimmt. Es ist zwar nicht in jeder Hinsicht so, aber historisch richtig. Platon kann ein gutes Beispiel sein. Interessant ist, wie die alten Philosophen die Ethik mehr und mehr mit Religion zu verbinden versuchen, es aber nicht so recht fertigbringen. Unhinterfragbare Grundsätze gibt es bei ihnen allemal.

Moral beruht auf unhinterfragten Regeln

die Lehre von der Moral ebenfalls, nur eben auf vielleicht lediglich einer einzigen solchen Regeln statt wie die Moral auf mehreren

Ethik dagegen

nicht dagegen, sondern auch

ist ein durchdachtes System

das eben auf einer grossen Unbekannten beruhen muss.

gehört also zur Philosophie

Hier liegt der erste grosse Irrtum Deines Postings. Es gibt neben der Philosophie -zig Wissenschaften, die mit durchdachten Systemen arbeiten, und - ob Du sie kennst oder nicht - ganz besonders theologische Fächer.

„Autonomie der Ethik“

ist nur eine Stimmigkeit in sich, eine gewisse eingeschränkte Einsehbarkeit oder Folgerichtigkeit. Selbstverständlich stehen dahinter Axiome, Dogmen oder Tabus, ja sie müssen dahinterstehen. Ohne sie ist nur eine fallweise, sehr kurz anhaltende, ansatzweise Ethik oder Moral möglich und auch dies nicht positiv, sondern höchstens negativ, z. B. fundamentalpazifistisch als Ethik des Antikrieges oder Moral der Friedensmaximen. Sobald konkretisiert werden soll, welcher Friede gemeint ist, ist Schluss mit lustig und man muss sich auf religiöse Weise entscheiden.

Wäre die Ethik nicht autonom, wäre sie also abhängig von der
Autorität eines Gottes

Sag mal, hast Du noch nie von einer Moraltheologie gehört? Das ist (oder war, bevor gewisse Neunmalkluge sie beiseiteschoben) ein Lehrfach an Hochschulen!

da die Bejahung oder Ablehnung bestimmter ethischer Prinzipien
einzig von der Zugehörigkeit zu einer Religion abhinge

Die Bejahung oder Ablehnung ethischer Prinzipien hängt zwar nicht immer an einer bestimmten Religion, aber immer am Glauben/Verehren/Nichtmehrhinterfragen und damit an einer Religiosität. Das habe ich schon mehrmals hier geschrieben und ist mir nicht falsifiziert.

Glaubenssätze

Die ethischen Prinzipien selber müssen nicht Glaubenssätze sein, aber sie enthalten Begriffe, die nur noch per Glaubenssatz zu definieren sind. Es gibt selbstverständlich kohärente ethische Systeme. Ich nenne sie gewöhnlich Morallehre, Du kannst sie auch einfach Ethik nennen, sie sind aber im Kern unverbindlich oder eben einer Religiosität im weiteren Sinn klar unterworfen.

(Selbst-)Verantwortung

Wer Moral ohne (Selbst-)Verantwortung lebt, hat immer schon ausgespielt, auch in den Religionen ist das so. Du glaubst doch nicht, dass man lieber Sklave ist als frei. Dies wussten auch die Mitglieder aller Religionen immer schon und haben darum eben Morallehren oder ethische Herleitungen gepflegt. Ob das dann in detaillierter Weise nur im Elfenbeinturm stattfand, war weder das Problem der Dogmatik noch Inhalt der Ethik. Wer die Moral reflektiert, das ist ja nicht die gleiche Frage wie wer sie hat, auch dann nicht, wenn praktisch jeder zu praktisch jeder Zeit schon wusste, dass man moralische Sätze auch mal in diesem oder jenem Forum hinterfragen kann; umstritten ist nur, in w.e.l.c.h.e.m. Forum.

die Pflicht hat, ethische Prinzipien bzw. Regeln nicht einfach
unreflektiert zu befolgen

Diese Pflicht bestreite ich. Jeder hat das Recht, nicht die Pflicht. Sofern er der moralischen Autorität aus andern Gründen vertraut, ist nur dieses Vertrauen zu hinterfragen, also von Zeit zu Zeit oder Ort zu Ort danach zu fragen, ob dieses Vertrauen berechtigt sei. Erweist es sich als berechtigt, kann einer Norm auch mal gefolgt werden, ohne dass man all ihre Wirkungen schon kennt. Ansonsten wären Normen kaum je überhaupt zu befolgen.

Bis Du mir erklärt hast, warum ich gehorchen muss, und ich dies in jedem Detail verstehe, ist unser beider Leben mit Sicherheit vorbei.
Es gibt folglich zwei Varianten: Entweder niemand muss je gehorchen, oder es gibt Zeiten und Orte, an denen Normen auch autoritativ gelten

unhinterfragbaren Autorität

Jede ethische oder moralische Begründung lehnt sich irgendwo an etwas Unhinterfragbares. Das ist eine Grundessenz der Begriffe Ethik und Moral, ohne diese fallen die beiden Begriffe zusammen wie ein angestochener Luftballon.

rationale Mündigkeit

Ratio ist zwar eine Voraussetzung, um mündig sein zu können; was aber unter Mündigkeit zu verstehen ist, damit diese etwas G.u.t.e.s. bedeutet, entscheidet sich an einer Moral bzw. Ethik. Du argumentierst also mit einer Voraussetzung, deren willkürliche Definition Dir das willkürliche Ergebnis liefert.

religiösen Zuständigkeitsbereiches

Es gibt den Zuständigkeitsbereich einer Religion. Es gibt aber keinen Zuständigkeitsbereich von Religiosität schlechthin, von Unhinterfragbarkeit, Autoritätsglauben, letzten Voraussetzungen, Axiomen und persönlicher Verbindlichkeit. Diese schleichen sich überall ein, und ganz besonders in moralische und ethische Fragen.

Gruss,
Mike

Die Grenzen der Moraltheologie
Hi Mike.

Ethik ist ursprünglich eine philosophische Disziplin

Das stimmt. Es ist zwar nicht in jeder Hinsicht so, aber
historisch richtig. Platon kann ein gutes Beispiel sein.
Interessant ist, wie die alten Philosophen die Ethik mehr und
mehr mit Religion zu verbinden versuchen, es aber nicht so
recht fertigbringen.

Ich sehe Platons Rolle aber anders. Hat er nicht versucht, das Nachdenken über die höchsten Werte von der Religion zu lösen, statt sie, wie du behauptest, mit ihr zu verbinden? Gerade dieser Ablösungsprozess bringt die Ethik als autonome Disziplin doch hervor, d.h. dadurch, dass Platon jenes Nachdenken von der Religion ablöst, entsteht die Disziplin Ethik. Geschehen ist das im Dialog „Euthyphron“, wo Sokrates mit dem göttergläubigen Euthyphron darüber debattiert, ob 1) das „Fromme“ deshalb fromm ist, weil die Götter es lieben, oder ob 2) die Götter das „Fromme“ lieben, weil es fromm ist.

  1. ist die Position von Euthyphron und läuft darauf hinaus, dass die Götter das Fromme determinieren, d.h. das, was sie lieben (und vom Menschen fordern), das ist eben das Fromme. Zwischen beidem besteht eine Identität: „Gottgeliebt“ und „fromm“ ist dasselbe.

  2. ist die Position von Sokrates (bzw. Platon), die besagt, dass die Götter das Fromme lieben, weil es fromm ist. Das ist ein Riesenunterschied zu 1). Hier nämlich hat das Fromme einen eigenen, einen autonomen Wert, der nicht nur darauf beruht, dass die Götter es lieben. Kurz und gut: Das Fromme ist unabhängig von den Göttern.

Das „Fromme“ - damit ist hier die sittliche Haltung eines Menschen gemeint. Was die „Götter“ betrifft, glaubte Platon natürlich nicht an sie.

Wäre die Ethik nicht autonom, wäre sie also abhängig von der
Autorität eines Gottes

Sag mal, hast Du noch nie von einer Moraltheologie gehört? Das
ist (oder war, bevor gewisse Neunmalkluge sie beiseiteschoben)
ein Lehrfach an Hochschulen!

Natürlich habe ich davon „gehört“, aber es heißt nun mal MORALtheologie, und nichts anderes ist sie. Was hat das mit Ethik zu tun? Ausgehend von vorgenannten Platon-Dialog kann man sagen, dass die christliche „Ethik“ Moral, ebenso wie Euthyphron, als das ansieht, was „Gott“ gefällt. Moral ist also determiniert durch den göttlichen Willen. Woraus folgt: Es geht dabei nicht um (die per definitionem) autonome Ethik.

Zudem entsteht Moraltheologie als eigene Disziplin erst zu scholastischen Zeiten, also im Zuge der Übernahme aristotelischen Gedankenguts in die Theologie. Bonaventura brachte die christlichen Position am klarsten auf den Punkt: Zur wahren Tugend gelangt der Mensch nur durch den Glauben an „Gott“, und was die „Heiden“ betrifft, so können sie die Tugenden gar nicht verstehen, da es ihnen an der entsprechenden Offenbarung mangelt.

Lange vor ihm hat Augustinus das Tugendhafte als von „Gott“ verliehen angesehen. Der Tugendhafte richtet seine Liebe auf „Gott“, und gerade diese Ausrichtung ermöglicht ihm überhaupt, tugendhaft zu leben. Auch für Augustinus ist es den „Heiden“ daher nicht möglich, Tugend wahrhaft zu realisieren. Übrigens hat er in seine Tugendlehre Kategorien aus der Stoa und dem Platonismus eingearbeitet, was zeigt, dass das Nachdenken über das Tugendhafte allein mit original christlicher Terminologie nicht möglich war (und ist). Die Adaptionsfreudigkeit der Christen in Bezug auf externe Lehren (aus dem Hellenismus vor allem) bestand ja von Anfang an und ist der Grund dafür, dass das Christentum in seiner heutigen Gestalt mit dem Christentum, das es (mutmaßlich) ursprünglich war, so gut wie nichts zu tun hat.

Last not least schrieb Thomas von Aquin in Anlehnung an Pietro Lombardus in der Summa theologica, I-II 55,4:

Tugend ist jene gute Beschaffenheit des Geistes, kraft derer man recht lebt, die niemand schlecht gebraucht, die Gott in uns ohne uns bewirkt hat.

Bei alldem steht die Tugend zwingend im Kontext des göttlichen Willens. Woraus folgt: Das hat mit Ethik nichts zu tun.

In der modernen Theologie sieht es natürlich nicht wesentlich anders aus. Für Karl Barth z.B. ist wahre Erkenntnis der Tugend nur kraft der Offenbarung möglich. Nichtgläubige können zwar tugendhaft handeln, wissen aber nicht wirklich, was sie da tun und warum. Nichtgläubigen fehlt es also an echter Einsicht in das Wesen der Tugend.

K. Demmer schreibt in: „Das Selbstverständnis der Moraltheologie, in: W. Ernst (Hrsg.), Probleme der heutigen Moraltheologie“:

An den Glaubenden gewandt, sucht die Moraltheologie den vollen Reichtum der in Jesus Christus geschenkten Daseins- und Handlungsmöglichkeiten zu ergründen; an den Nicht-Glaubenden gewandt läßt sich die Moraltheologie von der Sorge leiten, das Band zum allgemeinen ethischen Dialog nicht abreißen zu lassen.

Die erste Hälfte des Zitats bestätigt, dass es hier um theonome Moral geht und nicht um Ethik. Über ethische Prinzipien kann philosophisch frei räsonniert werden, über die an die christliche „Offenbarung“ geknüpften moralischen Prinzipien nicht. Die nämlich gründen ausschließlich in der (mutmaßlichen) Lehre des „Christus“. Die Aufgabe der Moraltheologie besteht lediglich darin, eine Tugendlehre auszuarbeiten, die mit der Gründerlehre vereinbar ist.

Die zweite Hälfte des Zitats zeigt die „Sorge“ der Theologen um die Kluft, die zwischen der Theologie und dem „allgemeinen“ ethischen Dialog besteht. Da ist sehr optimistisch von einer „Verbindung“ die Rede, die nicht abreißen soll. Was mich betrifft, sehe ich da keine Verbindung, sondern nur einen einseitigen Prozess, nämlich den, dass sich die Theologie externe, also christentumfremde ethische Prinzipien (Menschenrecht z.B.) gerne zu eigen macht und dann sogar behauptet, diese seien aus christlichen bzw. biblischen Quellen ableitbar.

Chan

. . . und der fehlende Inhalt einer blossen Ethik
Hallo Ch’an,

eine Ethik, die weder Moral noch religiös ist, enthält überhaupt nichts.
Selbst das „Fromme“ von Platon wird auf Begriffe - oder wenn dies zu aristotelisch klingt: auf Phänomene - zurückgeführt, welche unhinterfragbar und Geschmackssache sind.

Sodann ist das griechise Ethos die wörtliche Übersetzung des lateinischen Mos. Bei welchem Kirchenvater oder meinetwegen Atheistengott findest Du denn diesen Quantensprung, der die „Ethik“ so fundamental von Moral trennt, he?

Platon beindelt das Fromme nicht einfach in absolut fassbare und gleichzeitig areligiöse Gründe aus.

dass Platon jenes Nachdenken von der Religion ablöst

natürlich nicht. Vom Volksglauben löst er es ab, allenfalls kann man auch sagen, von bestimmten Unterarten oder Erscheinungen innerhalb der Religion. Von Abkoppelung von Religiosität - eben im Sinn, wie ich dieses Wort hier verwende, also insbesondere Verbindlichkeit und unbefragten Grundsätzen - kann gar keine Rede sein.

Das Fromme ist unabhängig von den Göttern

Natürlich! Wie könnte es abhängig von Pluto oder den Erinnyen sein! Denn es besteht in etwas, das von einem andern Gott kommen muss. Aber es kann nicht von keinem kommen und schon gar nicht von gar nichts. Oder meinetwegen kann es das, dann aber bitte nicht behaupten, man habe es begründet! Womit man dann nämlich einen Schritt hinter demjenigen ist, der sagt „es ist durch etwas Absolutes, Unfassbares, aber eben doch: es ist begründet“.

Auch für Augustinus ist es den „Heiden“ daher nicht möglich, Tugend
wahrhaft zu realisieren.

Jawohl, und da braucht er auch den Vergleich nicht zu scheuen, es werden einige zwar in christlichem Verhalten „gutes“ Verhalten erblicken, indessen leuchtet ihnen nicht ein, woher die Christen die Kraft dazu beziehen, es sei denn eben sie hören vom christlichen Glauben.

externe, also christentumfremde ethische Prinzipien

das sind dann allenfalls z. B. buddhistische - also durchaus einer Religion angehörig; oder man kann auch die Guillotine anbeten und dabei von „Brüderlichkeit“ schwatzen

Menschenrecht

(und in diesem Sinn wird sich das Christentum hüten)

aus christlichen bzw. biblischen Quellen

Die Menschenwürde ist natürlich in der Antike am deutlichsten in der Bibel in Worte gefasst worden. Und da es hier in unserem Dialog nicht bloss darauf ankommt, was in der Antike war: Die christliche Menschenwürde ist ein viel einsehbarer ethischer Wert als es die „Menschenrechte“ sind. Aber vor solchen Nuancen dürftest Du ja die Ohren zuhalten, um nicht zugeben zu müssen, dass jede allgemeinverständliche Ethik, sofern sie einer Kraft entspringt und nicht bloss auf dem Papier bestehen will, religiös relevanten Kräften untersteht.

Gruss,
Mike

Hallo Mike,

ich versuche mich kurz zu halten und trotzdem ausreichend auf deinen sehr ausführlichen Beitrag einzugehen.

Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass Ethik ohne Legitimation durch höhere (außerhalb unserer Wahrnehmung befindlichen) Instanzen, rein durch die Vernunft diskutiert und wertfrei (gut/böse) gehalten werden kann.

Handlungskonsequenzen, die daraus abgeleitet werden, verlassen den Bereich der rein akademischen Ethik und sollten auf die Bedürfnisse des Menschen ausgerichtet sein.

Insofern kann eine Ethikkommission sehr wohl der philosophischen Ethik gerecht werden, wenn ein offener Diskurs geführt wird und die Empfehlungen am Menschen orientiert sowie das Ergebnis wertfrei und ohne Anspruch auf Universalität bleibt. Denn dann sind es keine moralischen Vorgaben, sondern mehr oder weniger pragmatische Ableitungen aus einer zuvor geführten offenen Diskussion.

Mit diesem Beispiel hier, machst du deutlich, dass für dich Wertfreiheit nicht gegeben ist:

Beispiel: Christus sagt „Niemand ist gut ausser Gott allein“
(Lk 18,19). Wer diesem Satz folgt, kann sagen, was das Gute
nicht ist bzw. was es ist. Er wird es noch nicht ganz
verstehen oder erklären, aber er kann es benennen.

Gegenbeispiel: mir unbekannt.

Für mich ist hier nicht ein mögliches Gegenbeispiel relevant, sondern allein die Tatsache, dass hier jemand/etwas von sich behauptet ultimativ/absolut „gut“ zu sein, und uns (dem Menschen) das über Mittelsmänner ausrichten lässt. Gleichzeitig wissen wir aber auch aus zahlreichen Diskussionen, wie widersprüchlich diese Mitteilung ist und vor allem: Dass wir uns kein Bild machen können. Gott - oder das absolut Gute - ist für uns nicht erkennbar. Jedem positiven Beispiel steht zumindest ein negatives gegenüber.

„Absolut gut“ kann demnach höchstens in Bezug auf ein höheres Prinzip gelten, dass sich dem Menschen nicht erschließt. Auch wenn im Denken des Menschen die Sehnsucht nach einem Sinn jenseits unseres Lebens, der (Menschheits-)Geschichte verankert ist (ersetze Gott durch Sinn), so ist es doch mehr als gefährlich, aus einem uns nicht ersichtlichen „Sinn des Ganzen“ Handlungskonsequenzen abzuleiten, oder diesen einen universalen Charakter zuweisen zu wollen.

Du schreibst auch, dass Ethik

nirgendwo gleichzeitg verbindlicher Maßstab sein

kann.

Ethik soll das auch nicht sein. Aber sie soll Raum geben, um über evtl. (noch) geltende, verbindliche Maßstäbe nachdenken zu können, egal ob sich daraus dann Handlungskonsequenzen ergeben, oder nicht. Diese sind dann streng genommen auch nicht mehr Teil des Ethikdiskurses selbst.

Gruß
fb

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Hallo fliegerbaer,

Deine offene und entgegenkommende Art schätze ich wirklich sehr.
Auch inhaltlich schreibst Du ziemlich klar in den Kern der Sache herein. Nur stimmt da irgendetwas nicht. Dort, wo es am spannendsten wird, hörst Du einfach auf. Du stellst einen scheinbaren Anspruch und zeigst den Weg nicht, der zur Einlösung führen könnte. Du bewegst Dich an den Rand eines Begriffes und argumentierst anschliessend mit dem Rest, den Du nicht vorausgesetzt hast.

dass für Dich Wertfreiheit nicht gegeben ist

Dies ist noch richtig. Ich beanspruche übrigens, dass Wertfreiheit für niemand gegeben ist, eben weil bisher und wohl auch in Zukunft keiner eine schlüssige Begründung dazu liefert. Nebenbei kann zwar bemerkt werden, dass gewisse Dinge im Leben eben auch dann existieren, wenn sie mir nicht einleuchten, aber ich kann dann dazu weder weiteres sagen noch einsehen. Dass mich eine Ethikkommission also überzeugen würde, ist mit nahezu absoluter Sicherheit nicht anzunehmen. Den Grund dafür kann man diskutieren. Meines Erachtens würde sie meine Religion tangieren, ja oft radikal ankratzen.

Gott - oder das absolut Gute - ist für uns nicht erkennbar.

Dies ist ein Grundsatz, den auch die Kirche verkündet. Erkennbar ist ja nicht das Gleiche wie benennbar.

Sodann sollten wir uns über einige Grundbegriffe der Diskursethik klar sein, bevor wir sie fordern.
Raum für das Nachdenken ergibt sich nicht aus Ethik, sondern aus einem Diskursforum. Inwiefern die Existenz des Forums selbst ein ethischer Wert ist, ist Definitionssache. Eines ist aber praktisch unwiderlegbar: nämlich eben (von mir bereits angegeben), dass die Offenheit bzw. Freiheit eines Forums sich mit dem Zwang durch den Befehl einer Ethikkommission beisst.

Gruss,
Mike

Jurisprudenz schlägt Ethik
Nehmen wir den konstruierten Fall, als ob er sich tatsächlich zugetragen hätte: Ein Geschäftsmann versucht in das Verlagsgeschäft einzusteigen, von dem er nicht wirklich viel versteht. Er investiert all sein Geld, das er sich durch seine früheren Tätigkeiten angeeignet hat, muss jedoch mitten drin erkennen, dass sein Kapital nicht ausreicht und bitte seine Bank um einen Kredit, den er nach langem Hin und Her auch OHNE Sicherung erhält, nur aufgrund seiner erfolgreichen Vergangenheit. Nachdem das Verlagsobjekt sich letztlich nicht rechnet, wird es eingestellt. Der Geschäftsmann kann aber den Kredit von der Bank nicht mehr zurückzahlen und gibt eine Eidesstattliche Versicherung ab.

Jetzt heiratet unser bankrotter Geschäftsmann eine Frau, die ihn so sehr liebt, dass sie das Bankkonto in ihrem und seinem Interesse als Kontoinhaberin verwaltet und ihrem Ehemann die Vollmacht erteilt, so dass er zwar gegenüber der Bank nach wie vor zahlungsunfähig bleibt, aber trotzdem jederzeit Geld abheben kann. Natürlich hat unser Geschäftsmann einen Vertrag auf Gütertrennung von einem Notar erstellen lassen. Als ein wohlhabender Onkel ihm Geld vererben möchte, bittet er ihn, das Geld nicht direkt zu vermachen als Erbe, sondern es lieber seiner Frau zu überschreiben, da er, wie er zugibt, private Insolvenz hätte. Und er fügt noch flugs hinzu, dass er seiner Frau 100% vertrauen könne.

So lebt das Ehepaar viele Jahrzehnte lang in Freude und Glück, und immer, wenn der bankrotte Geschäftsmann Geld braucht, kann er es aufgrund der Bank-vollmacht vom Konto seiner Frau abheben, wo auch sein Erbe, sagen wir mal, zu 42 Prozent ihm gehört, allerdings nur inoffiziell, denn offiziell darf er ja keinen Besitz haben. Dabei ist dieser Fall bisher sowohl ethisch als auch juristisch in Ordnung. Juristisch deshalb, weil ein Vertrauen zwischen Eheleuten existiert, und ethisch, weil Banken sehr viel un-ethischer sind, die nicht umsonst „Bangster“ genannt werden, weil sie den kleinen Leuten auf ihre Spareinlagen nur niedrige Zinsen geben und gleichzeitig mit dem vereinnahmten Geld Spekulationen an den Börsen riskieren. Wenn sie dann vor der Pleite stehen, soll der Staat haften, weil sonst das Vertrauen platzt.

Jetzt passiert Folgendes: Plötzlich ist das Ehepaar alt und die Frau sterbenskrank. Sie ist aber nicht nur körperlich erkrankt, sondern auch psychisch und geistig. Und so geht das Vertrauen gegenüber dem Ehemann verloren. Sie sieht sich überall von der „Mafia“ bedroht und bezeichnet ihren Ehemann als „Mafiaboss“, der ihr Gift ins Essen mische, um sie umzubringen. Und so entzieht sie ihrem Ehemann die Konto-vollmacht und übergibt sie ihrem Neffen, den sie mit 75% des ja nicht ihr ganz gehörigen Vermögens als Erbe einsetzt, dagegen erhält der Ehemann 25% Pflichtanteil. Juristisch wäre das Testament anfechtbar, weil die Frau nicht mehr im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte war und an Paranoia litt.

Nach dem Tode seiner Frau reklamiert der Geschäftsmann gegenüber dem Neffen jetzt seine 42% Vermögensanteile, die aus dem Erbe seines Onkels stammen, aus juristisch Gründen jedoch an seine Frau als Kontoinhaberin gingen. Der Neffe ignoriert diese Tatsache und besteht juristisch auf sein Erbe von 75%. Juristisch in Ordnung, aber ethisch nicht, denn der Neffe kassiert ja trotz besseren WISSENS ein größeres Vermögen als es ihm eigentlich zustehen würde, da 42% des Vermögens seiner Tante ja in Wahrheit dem Geschäftsmann gehörten. Also hätte der Neffe mit dem WISSEN über die Hintergründe auch die ethische Verpflichtung, dem bankrotten Geschäftsmann seinen Anteil zu geben, allerdings nur inoffiziell, da er offiziell ja gepfändet würde. In diesem Falle macht sich der Neffe trotz besseren WISSENS sich aber die juristischen Vorteile zu Nutze und wird gegen sein ethisches Empfinden einer unrechtmäßigen Bereicherung auf Kosten des bankrotten Geschäftsmannes handeln.

Will sagen: Jurisprudenz schlägt Ethik, nicht nur in diesem Falle, sondern ganz allgemein im Leben. Und damit hat Nietzsche wieder einmal recht, wenn er den Willen zur Macht als Prinzip in Natur und Kultur behauptet.

CJW

Das Finale… ist offen
Hallo Mike,

auch ich möchte mich für diese unsere angeregte Unterhaltung schon mal bedanken.

Und ja - ich bin die Schlussfolgerung schuldig geblieben. Du findest deine Antwort im christlichen Glauben, ich habe keine. Darin liegt auch der Unterschied bei uns beiden: Ich suche nicht mehr danach, du hast eine Antwort (für dich) gefunden :wink:. Meiner Auffassung nach: Da sich uns der höhere Sinn (in deinen Worten Gott und „das Gute“) unseres Daseins nicht erschließt, kann der Mensch selbst auch keine Antwort liefern, wie er einem solchen Sinn gerecht werden könnte.

Mehr noch, ich zweifle sogar an einem solchen höheren Sinn oder Ziel. Klar: Die Frage nach einer möglicherweise tieferen Bedeutung unseres Lebens, einer Bedeutung über Geschichte und irdisches Dasein hinaus, ist etwas, das den Menschen bewegt. Zeugnisse liefern Schriften (nicht nur die Bibel des Christentums), aber auch Funde aus prähistorischer (vorschriftlicher) Zeit.

Gemeinsam mit formalen Kriterien, wie z. B. Riten, entwickelten und entwickeln sich daraus verschiedene Formen von Religion(sgemeinschaften), die alle ein Merkmal teilen: Sie wollen Antwort auf diese Frage bieten und eine Anleitung wie dieses ultimative Ziel für den Einzelnen zu erreichen wäre.

Ich sage: Da sich uns dieses Ideal nicht erschließt, bleibt uns zwar darüber zu diskutieren, auch über die Ideale unterschiedlicher Religionen. Eine solche Diskussion kann aber hauptsächlich wenn nicht gar ausschließlich akademischen Wert haben (dem übrigens keine Ethikkommission gerecht wird, auch wenn ich geschrieben habe, dass es prinzipiell möglich wäre).

Die praktische Konsequenz daraus ist, dass sich allfällige Handlungsrichtlinien nicht an einem höheren Ziel orientieren können, sie sollen sich an den Bedürfnissen des Menschen (der Menschheit) orientieren. Im Allgemeinen sind uns viele Bedürfnisse ja bekannt, wir wissen was einem Menschen gut tut, was nicht. Wir haben die Erfahrungen der Geschichte, wir sehen im Allgemeinen wenn ein Mensch leidet und auch was wir dagegen tun können, oder wir sehen wenn es einem Menschen gut geht und was dazu geführt hat.

Erweitern wir den Bezug zum Menschen auf Länder, Ethnien, die Welt. In Bezug auf den Menschen plus nationale, internationale oder globale Entwicklungen, muss also ein Diskurs geführt werden, wenn wir davon ausgehen wollen (und das sollten wir), dass die Menschheit lernfähig ist. Insofern darf ein Wandel von Handlungsrichtlinien, oder auch -normen, zwar auf keinen Fall irgendeiner Mode unterworfen sein, aber diese Normen müssen sehr wohl einem Wandel unterliegen, nämlich genau in dem Ausmaß, in dem „wir“ dazu lernen.

Daher auch meine Ablehnung gegen bereits absolut vorgegebene Handlungsnormen, die - weil vielleicht irgendwann mal angebracht und niedergeschrieben - auch heute noch den Anspruch auf Universalität erheben.

Das Finale nach dem du suchst kann ich nicht bieten, die Antwort, die du für dich gefunden hast, passt nicht für mich.

Dennoch habe ich mich hier mit dir ausgiebig über Ethik unterhalten, und mich hauptsächlich von dem religiösen Bezug, den du ins Spiel gebracht hast, abgegrenzt. Ich bin nach wie vor der Meinung, Ethik ohne Religion ist möglich, mehr sogar: Nur ohne den religiösen Bezug (wie oben von mir beschrieben) kann überhaupt von Ethik die Rede sein.

Ein österreichischer Buchautor (Atheist, obwohl ÖVP-Politiker) wurde mal gefragt, was er sagen würde, wenn er nach seinem Tode feststellen müsse, dass es doch einen Gott gäbe. Er meinte, er glaube nach wie vor nicht daran, aber lachen würde er schon. Mir geht es ähnlich (lachen, nicht abwertend, sondern vor totaler Überraschung) :wink:

Grüße
fb

Hallo fliegerbaer,

das meiste, das in Deinem letzten Posting steht, kann ich wenigstens in Ansätzen nachvollziehen. Vielleicht kann ja irgendwann mal langfristig, vermutlich nach Abschluss des Threads, der Dialog Früchte tragen.

Da sich uns der höhere Sinn (in deinen Worten Gott und „das Gute“)
unseres Daseins nicht erschließt, kann der Mensch selbst auch keine
Antwort liefern, wie er einem solchen Sinn gerecht werden könnte

Klar. Find ich auch. Die Kirche geht darauf ein und sagt, nicht der Mensch selbst habe sich etwas erschlossen, sondern nur eine ihm gegebene Botschaft weitergesagt („Offenbarungsreligionen“). Dass man weitergehen kann und gar nicht weiter an die Präexistenz der Ideale glaubt, also angenommen, jemand

zweifle sogar an einem solchen höheren Sinn oder Ziel

müsste mindestens kein Hindernis sein, trotzdem nach dem Guten zu fragen. Dies will ich nicht bestreiten, auch dann nicht, wenn das Gute eigentlich so etwas wie ein Ideal ist. Es braucht ja nicht der Sinn des Lebens oder das Absolute zu sein, sondern es kann zunächst auch einfach darin bestehen, an dem Platz, wo man hingestellt ist,

Bedürfnissen des Menschen (der Menschen)

wenigstens in Ansätzen gerecht zu werden.
Natürlich ist es für mich nun ein Problem und eine grosse Frage, dass man ausblendet, dass „gerecht“ eben Unhinterfragbares enthält.

Dazu drei Fragen: 1. Wer bin ich, dass der Bedürftige mich fragt? Habe ich wenigstens ein Ohr für ihn und ein paar Sekunden Zeit, und bin ich mir wenigstens darüber klar, dass ich das habe, oder werde ich vom Vorbringen eines Anliegens schon so sehr gestresst, dass ich gleich davonlaufe?

  1. Was will der andere, dass ausgerechnet ich ihm tue? Es steht zu befürchten, dass ich dies nur herauskriege, indem ich ihn frage, was sein Anliegen sei; und woher hole ich dann eigentlich die Kraft, es mir anzuhören, ohne schon in der ersten Sekunde zu denken „eigentlich hätte ich selber doch auch Anliegen und Wünsche“?

  2. Vor einem Richter, der den Sinn seiner „Gerechtigkeit“ nur in ihr selbst behaupten muss, könnte sich wohl nicht nur ein Religiöser kaum mit Einsicht beugen. Was sage ich, wenn ich jemandem Grenzen setzen muss? Z. B. wenn ich Staatsmacht habe und einen Asylanten abweise, ohne ihn einfach grundlos wegzuschicken, sondern mit einer Begründung, mit der er sich menschlich behandelt fühlt?

muss also ein Diskurs geführt werden

nix dagegen, im Gegenteil : )

darf ein Wandel von Handlungsrichtlinien, oder auch -normen, zwar :auf keinen Fall irgendeiner Mode unterworfen sein

Er sollte auch nicht einem Zwang unterworfen sein. Da drückt eben der Schuh. Gerne gebe ich auch eine Emotion zu: Ich fühle mich als Religiöser einfach mit unzureichenden Argumenten abgespeist, die einen scheinbar hehren, eben irgendwie auch übernatürlichen, in jedem Fall aber spürbaren Zwang entschuldigen.

diese Normen müssen sehr wohl einem Wandel unterliegen, nämlich :genau in dem Ausmaß, in dem „wir“ dazu lernen

Ob das die Normen selbst sein müssen? Vielleicht ist es ja doch nur unser Verständnis, unsere Sicht auf sie, z. B. weil sie immer schon anders gemeint waren, als wir sie auffassten. Aber dies gilt für mich wenigstens ebensosehr wie für Dich oder andere; vielleicht ist auch eine Übernahme der Ethik aus sogenannt religiösen Sphären irgendwie einer Norm untergeordnet, die ich bloss noch nicht richtig verstehe. Kann ja sein, dass z. B. Gott die Religion schön verborgen hinaus in die scheinbar areligiöse Philosophie trägt, damit die guten Früchte des Guten auch unter denen wachsen, die mit Religionsbegriffen Mühe haben : )

Nur ohne religiösen Bezug (wie oben von mir beschrieben)

Meinst Du jetzt: Falls ich nach jedem Satz sagen würde „wir haben eh nicht den gleichen Zugang zum letzten Lebenssinn, also lass mal schön die ganze Diskussion“? Das wäre ein ständiger und omnipräsenter religiöser Bezug. Den habe ich nicht behauptet. Ich sage nur, dass die Begriffe irgendwo unhinterfragbar werden und dass dann die Religionslehren doch noch immer einen Legitimationsbegriff haben, der zwar brüchig sein mag - etwa indem ein Atheist sagen kann „mir passt dein Legitimationsbegriff nicht“ -, der aber seine Kohärenz hat, etwa indem der Angehörige derselben Religion ebendies atheistische Argument nicht bringen kann, ohne sich auch aus der religiösen Gemeinschaft so ziemlich explizit zu verabschieden. Schafft dies nicht eine gewisse Klarheit in emotionalen Bindungen?

Gruss,
Mike

Das Gute und das Rechte und das Recht
Hallo Claus,

die Jurisprudenz enthält einen ethischen Sprengsatz, weswegen jede geordnete Macht - d. i. jede staatliche, aber auch jede in einem Volk ohne Staatsgebiet - irgend eine klare Richtschnur braucht, die ihr als Etikett zur Legitimation dient. Ist das Etikett makelhaft, kann jeder sagen „ich brauche dieses Recht nicht zu respektieren, denn für meine ethischen und/oder moralischen Grundbegriffe stehen eh bessere Argumente bereit“ und wird noch Applaus ernten, und die vormals so mächtige Ordnung erhält wenigstens eine gehörige Schlagseite, um nicht schon zu sagen, sie geht

pleite

Der Grund: Rechtes ist schon ein Stückweit Gutes. Es gilt zwar nicht als Ideal, sondern als Norm. Darin unterscheidet sich eben Ideales von Normalem. Aber insofern als das Gute „nicht Schlechtes“ oder „Gegenteil von Schlechtem“ genannt werden kann, ist das Recht eben auch schon mit dem gleichen Virus infiziert.

Gruss,
Mike

(Nicht) Offen gegenüber dem Resultat?
Hi Mike,

Hallo fliegerbaer,

das meiste, das in Deinem letzten Posting steht, kann ich
wenigstens in Ansätzen nachvollziehen. Vielleicht kann ja
irgendwann mal langfristig, vermutlich nach Abschluss des
Threads, der Dialog Früchte tragen.

Wie? Du meinst der Dialog hätte noch keine Früchte getragen? Schade, ich hatte mir wirklich Mühe gegeben :wink:

Bedürfnissen des Menschen (der Menschen)
wenigstens in Ansätzen gerecht zu werden.

Natürlich ist es für mich nun ein Problem und eine grosse
Frage, dass man ausblendet, dass „gerecht“ eben
Unhinterfragbares enthält.

Bitte! Beginne jetzt nicht mit Wortklauberei, gerecht wurde von mir in einem anderen Sinn gebraucht.

Kurz nochmal: Du arbeitest auf ein Ziel hin, das sich dir, mir bzw. dem Menschen allgemein nicht erschließt, für ihn nicht erkennbar ist (darüber besteht ja Einigkeit bei uns beiden). Du misst das Erreichen an einer Schrift, einer Offenbarung, die menschlicher Interpretation unterliegt und somit fehlerhaft sein kann. Abgesehen davon, dass es unzählige Schriften dieser Art gibt, die sich widersprechen. In Wirklichkeit weißt du nicht wo du im Hinblick auf diese Zielerreichung überhaupt stehst, und ob du dich darauf zubewegst oder davon entfernst.

Demgegenüber scheiterst du in deinen

[…] drei Fragen […]

bereits an den leichtesten Übungen des menschlichen Zusammenlebens. Dies sind für mich keine Fragen, die Fragen in Bezug auf „dem Menschen zugute kommende“ Handlungsrichtlinien lassen sich an (Nicht-vorhanden-sein von) Armut, Bildungsniveau, medizinischer Versorgung, Lebenserwartung und mehr messen. Es gibt bewährte Strategien, diese Punkte zu verbessern, und Fehler die in Bezug darauf gemacht wurden und werden. Da kann man ansetzen. Daran kann man sich orientieren und dem Menschen (in meinem Sinn) gerecht werden. Demgegenüber steht immer noch dein abstraktes Ziel, von wir nicht wissen wo wir überhaupt stehen.

Ganz zu Beginn habe ich formuliert, dass philosophische Ethik gegenüber den Resulaten des Diskurses offen ist. Das bist du leider nicht. Von daher verstehe ich, dass dir unser Dialog „fruchtlos“ erscheint, es wurde einfach nicht erreicht was du erwartet hast. Damit kann ich aber auch in der Folge nicht dienen, demnach ist unsere Diskussion gleichzeitig auch das Ergebnis. Es bleibt jedem selbst überlassen, was er daraus mitnimmt.

Gruß
fb

MOD: auf eigenen Wunsch editiert