Hallo!
Mittels der Definitionen hast Du die Frage doch schon selber beantwortet:
Weiterhin besagt das SGB in §21
Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion,
geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher
Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das
Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre
Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie
sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu
erwarten ist.
Der für das Lebensalter typische Zustand ist:
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Sehschwächen sind weit verbreitet und damit völlig normal. Die Einschränkungen im Alltag sind minimal; Möglichkeiten zur Korrektur einer Sehschwäche gibt es an jeder Ecke. Um eine Korrektur zu erreichen, muss ich nicht einmal zum Arzt - der Optiker die Ecke rum reicht meistens aus.
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Hörschwächen sind nicht in dem Maße weit verbreitet. Es ist umständlich, diese entsprechend zu korrigieren und selbst bei Korrektur wird i.d.R. nicht die vollständige Funktion wiederhergestellt. Konsequenzen aus Hörschwächen sind u.U. sehr gravierend - Sprache wird z.B. nicht ausgebildet etc.
Der Sehgeschädigte muss immer mit seiner Sehhilfe herumlaufen
um am Leben teilnehmen zu können.
Um den Grad der Behinderung zu messen wird bei den
Brillenträgern auch eine Ausnahme gemacht:
Ein Hörgeschädigter wird geprüft, was er ohne Hörgerät
wahrnimmt.
Daraufhin erhält er einen Grad der Behinderung zugesprochen,
trägt sein Hörgerät und kann annähernd wieder 100% hören.
Der diagnostische Prozess sollte sich immer an dem Ziel orientieren.
Da aus oben genannten Gründen eine Sehschwäche, die durch Sehhilfe korrigiert werden kann, der Normalität entspricht, sollte bei der Messung nur festgestellt werden, wie es nach Korrektur aussieht. Bleibt ein Teil unkorrigiert entspricht es nicht mehr der Normalität und man kann weiter schauen.
Bei der Hörschwäche entspricht dies so oder so nicht der Normalität. Es ist aber zur Fallbeurteilung wichtig, festzustellen ob (1) eine generelle Einschränkung (von Relevanz) vorliegt und (2) wie stark diese nach Korrektur noch ist.
Ein Brillenträger sieht mit Brille seine 100%, somit gilt er
nicht als Behindert!
Das kann ich einen Zuckerkranken mit seiner Insulindosis doch
auch als „nicht behindert“ ansehen, schließlich kann der im
Leben sogar mehr anstellen als ein Brillenträger.
Ein Diabetiker hat ständig mit Einschränkungen zu rechnen. Zwar kann er auf Grund von Medikamenten u.U. seine Krankheit gut in den Griff bekommen, dies heisst aber nicht dass er völlig beschwerdenfrei ist. Das ist meiner Meinung nach ein himmelweiter Unterschied. Ein Brillenträger mit Brille ist i.d.R. 100%tig beschwerdenfrei.
Ein ganz anderes Thema ist meines Erachtens nach, warum Brillenträger ihre Brille selber zahlen müssen. Dies stellt meines Erachtens nach eine große gesellschaftliche Ungerechtigkeit dar - schließlich benötigt man die Brille um uneingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Für selbstverursachte Schäden wird m. E. nach viel zu schnell in die Tasche der anderen Versicherten gegriffen, während der unverschuldete Brillenträger in die Röhre schaut. Dies ist selbstverständlich in einem hohen Maße ungerecht.
Lieben Gruß
Patrick