Hallo!
Spannende Frage!
Immerhin sind wir nicht nur in der Lage mit einem Stock den
Honig aus der Flasche zu holen, sondern wir können
Elektronische Wunderdinge bauen.
Sind wir das wirklich? Ich nehme an, Kaspar Hauser ist ein Begriff. Ein Mensch, der zwar versorgt, aber ohne jeden Kontakt zu Mitmenschen aufwächst. Er wird keine Sprache erlernen und es ist sehr fraglich, wozu ein Kaspar Hauser überhaupt von sich aus fähig sein wird. Ich behaupte, dass der Unterschied zu den intelligenteren Tieren (Menschenaffen, Raubtiere, Wale, Rabenvögel, …) eher qualitativ als quantitativ sein wird. Angeblich gab es schon Versuche, bei denen Affen in Labyrinthversuchen eine höhere „Intelligenz“ zeigten als Studenten.
Meines Erachtens hat kein anderes Lebewesen ein ähnliches
Verhalten gezeigt. Damit meine ich jetzt nicht, das Kängurus
mit Handys im Beutel umherhüpfen sollten, aber generell eine
„Entwicklung“.
Damit müsste klar sein, dass diese Entwicklung, von der Du sprichst, im Wesentlichen keine biologische Weiterentwicklung ist, sondern eine kulturelle.
Beim Menschen entstand nach der biologischen Evolution die kulturelle Evolution, die mit einem erheblich höheren Tempo abläuft. Der Grund ist der Informationsträger: Bei der biologischen Evolution wird die Information von der DNA getragen. Diese verändert sich erstens selten und zweitens zufällig. Ersteres führt dazu, dass es nur alle paar Millionen Jahre zu enschneidenden Veränderungen kommt. Homo erectus war der erste Mensch, der das Feuer nutzen konnte, also der erste Mensch, der nachweislich etwas konnte, was Tiere nicht können. Er lebte vor ca. 1 Mio. Jahre. Dieser Zeitraum ist - biologisch gesehen - ein Klacks. Es ist durchaus nicht ausgeschlossen, dass andere Arten einen ähnlichen Quantensprung in ihrer Entwicklung durchlaufen. Aber aufgrund unseres noch extrem jungen Alters ist es andererseits auch nur wahrscheinlich, dass dies bisher noch nicht geschehen ist.
Zu zweiterem: Die Veränderung der DNA erfolgt zufällig. Damit sind die Mehrzahl aller Mutationen nachteilig. Ein Effekt, der das ohnehin schon geringe Tempo der Evolution noch weiter bremst.
Der Informationsträger der kulturellen Evolution ist hingegen Sprache, und zwar gesprochene oder geschriebene Sprache. Veränderungen erfolgen sehr schnell (Ich produziere mit diesem Posting in einer Viertelstunde eine Informationsmenge, für die die biologische Evolution etliche Generationen bräuchte!). Und die Veränderungen erfolgen zielgerichtet. Der Pflug wurde erfunden, um das Umgraben des Ackers zu erleichtern. Es war nicht so, dass irgendein Mensch durch Zufall einen Pflug im Keller hatte, und dann mal ausprobierte, ob man damit eine Wand tapezieren kann.
Fangen wir einfach mal beim Glauben an. Jeder Mensch glaubt an
„irgendwas“. Einen Gott, einen „Führer“ (nicht unser) oder an
Außerirdische oder sonstwas. Aber irgendwas braucht er, an das
er glauben kann. Das ihm ggf. Hoffnung gibt und so weiter.
Dazu bauen wir Schreine, Kirchen, Moscheen oder andere
Wallfahrtsorte.
Tiere haben so etwas nicht. Es gibt kein Tier, das irgendeinen
„Ort“ braucht, an das es einkehren kann um z.B. nach Wasser
oder eine Regenzeit zu beten.
Was macht Dich so sicher? Kultisches Verhalten lässt sich sehr leicht als operantes Konditionieren erklären. Damals, als ich die Sternschnuppe sah, hab ich mir was gewünscht. Es ging in Erfüllung. Also hilft es, an Sternschnuppen zu glauben. Oder: Als ich mein Herrchen mit hängender Schnauze und großen Augen angeschaut habe, bekam ich eine Wurst. Also mache ich das wieder.
Ich sehe da keinen prinzipiellen Unterschied.
Ob das, was ich hier als „bewusstes Handeln“ beschrieben habe, tatsächlich dem Hund bewusst wird, entzieht sich unserer Kenntnis. Daraus dürfen wir aber nicht schließen, dass er dieses Bewusstsein nicht hat.
Ist mir schon klar, das sich das jetzt alles ziemlich
lächerlich anhört aber sowas wundert mich schon irgendwie.
Oder Kunst… Kein Tier „zeichnet“ oder macht Musik (mal
irgendwelche Balz-Klopfgeräusche ausgenommen).
Das stimmt nicht. Wenn man Affen Papier und Farbe gibt, dann malen sie. Zwar ist das Gemalte nicht gegenständlich, aber auch nicht planlos.
http://affenbrut.de/ist_es_kunst.html
Und Musik: Walgesänge sind noch nicht richtig gut verstanden. Das allein zeigt schon, dass es sich um sehr komplexe Ausdrucksformen handelt und es ist aus menschlicher Sicht zwar verständlich, aber auch arrogant, dass man Mozart als Musik bezeichnet, einen Walgesang jedoch nicht.
Habt ihr da auch schon mal drüber nachgedacht, was uns so
treibt und inspiriert und andere Lebewesen nicht? Ist doch
schon komisch. Wie gesagt; Speziell die Affen hätten doch
schon mal ähnliches Verhalten zeigen können. Oder Ameisen
haben ja einen sehr durchorganisierten Staat. Trotzdem
entwickeln sie sich nicht weiter… Dabei wären sie ja
zumindestens theoretisch in der Lage aufwändige Bauten zu
gestalten, ähnlich wie Bienenstöcke usw.
Bienenstöcke sehen so schön ordentlich aus, weil die Waben dieses regelmäßige Sechseckmuster zeigen. Aber das ist schon typisch menschlich gedacht. Die Organisation einer Kolonie von Blattschneiderameisen ist bestimmt mindestens so komplex wie ein Bienenstock.
Dennoch hast Du insofern recht, dass der Ameisenbau eine ebenso genetisch festgelegte Sache ist wie die Beinlänge der Ameisen. Deswegen spricht Dawkins z. B. vom Extended Phenotype. Bei uns Menschen ist eine Stadt etwas ganz anderes. Deswegen kann man zwischen New York und Rom keinerlei Gemeinsamkeiten erkennen (außer dass beides Städte sind).
Wenn wir es mal mit der Computertechnologie vergleichen: Ein Taschenrechner und ein Computer bedienen sich derselben Hardware-Technik. Beide arbeiten im Binärcode auf irgendwelchen Silizium-Chips. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass ein Computer programmierbar ist. Dadurch kann sich dieselbe Maschine weiterentwickeln (indem die Software verändert wird), während ein Taschenrechner immer derselbe Taschenrechner bleibt.
Deswegen ist für mich die Innovation der Sprache der entscheidende Punkt in der Evolution des Menschen. Und hier meine ich ganz ausdrücklich eine Sprache mit Grammatik und Semantik und nicht nur eine Kommunikationsform wie Vogelzwitschern.
Michael