Warum ist Deutschland ein reiches Land?

Im Rahmen von politischen Diskussionen fällt häufig das Argument „Deutschland ist (so) ein reiches Land!“.

Eine Begründung dafür habe ich nie gehört. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass es den meisten Bürgern dieses Landes relativ gut geht. Aber was bedeutet denn nun „reiches Land“?
Es geht -zumindest in den Fällen, wo ich dieses Argument gehört habe- um Geld. Demzufolge müsste „reich“ sich hier auf einen monetären Hintergrund beziehen, also nicht reich an Motivation oder Visionen.

Aber wenn es um Geld geht, muss man dieses Narrativ (wenn ich dieses Modewort hier mal verwenden darf) doch mit Zahlen hinterlegen können.
Also was macht Deutschland reich?

Das durchschnittliche Hauhaltseinkommen?
Der Durchschnittslohn?
Die Summe der Steuereinnahmen?
Das Gesamtvermögen der privaten Haushalte?
Der hohe Abgabenanteil eines abhängig beschäftigenten Arbeitnehmers?

Welche Zahl ist es hier, die Deutschland „reich macht“? Worauf beziehen sich diejenigen, die behaupten, Deutschland sei reich. Und wo ist die Grenze zwischen arm und reich?

Vielleicht kann mir hier jemand weiter helfen…

Keine so einfache Frage.

Wenn wir von Deutschland als Land reden, ist also der internationale Vergleich gemeint. Da ist es natürlich schwierig gemeinsame Parameter zu finden. Der HDI wäre ein möglicher Vergleichsparameter, da sind wir auf Platz 4. Das ist schon beeindruckend. Auch der BigMac-Index gibt einen Einblick in die Einkommensstruktur eines Landes - da sind wir auf Platz 17, dass ist noch immer Top10%.

Die Aussage, wir wären ein reiches Land, ist also durchaus berechtigt.

Und lassen unsere Rentner, HIV Empfänger, Obdachlose etc. zur Tafel gehen. Bravo.

Hallo,

ergänzend zu den Aussagen von @Zerschmetterling möchte ich noch hinzufügen, dass man als Maßstab auch gerne das Gesamtvermögen (Wiki: Gesamtvermögen der Länder) heranzieht. Auch da liegt Deutschland auf einem der vorderen Plätze. Ja, dabei wird gerne vergessen, dass sich das Vermögen auf immer weniger Menschen in immer größeren Mengen verteilt. Aber „wir“ Deutschen sind nur mal reich.

Und selbst wenn man den Ausbau der Infrastruktur als Maßstab nimmt, sind wir deutschen (noch) relativ reich. Allerdings sacken wir aus meiner Sicht auf Grund der „Geiz ist geil“ Mentalität langsam ab. Straße und Brücken verrotten und werden an Investoren verschenkt, damit die daraus Spielgeld für „die Märkte“ machen können. Gleiches trifft auf den Pflegesektor zu - wer hat denn behauptet, dass man mit einem Krankenhaus Dividende verdienen muss, die ein paar wenigen Menschen zu Gute kommen muss. Da die Telekom per Definition kein Staatskonzern mehr ist, kann man sie leider nicht anweisen, jedem schnelles Internet zugänglich zu machen, koste es was es wolle, wie es einst mit dem Telefon war (und das hat auch keinem geschadet…)

Oder anders gesagt: ja, Deutschland als gesamte Gesellschaft ist vergleichsweise reich. Allerdings ist dieser Reichtum nicht gleichmäßig auf alle verteilt, wodurch es immer mehr relativ Arme gibt.

Grüße

Hallo,
ja, das ist schlimm, nur gehen nicht alle Rentner und ALG-2-Bezieher auch zur Tafel, weil sie kein Geld haben um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, selbst bei den Obdachlosen liegt die Zahl derer, die zur Tafel gehen nicht bei 100% - Ja, es ist schlimm, dass es solche Einrichtungen wie die Tafel überhaupt geben muss und das sollt auch nicht in irgendeiner Form beschönigt werden aber diese unschöne Tatsache spielt bei der Beurteilung ob es sich um ein „reiches“ oder „armes“ Land wahrscheinlich keine ausschlaggebende Rolle - es wäre interessant mal zu wissen, ob die „reichen“ Länder, die vor uns liegen in der Rangliste, nicht auch dieses Problem haben wie wir.
Gruss
Czauderna

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wobei es denen im Vergleich zu Bangladesh immer noch blendend geht.

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Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (bspw. gem. Wikipedia D weltweit Platz 19 von 119).

Immer Gummi benutzen schützt vor HIV!

Hi,

Unseren Rentnern und Arbeitslosen geht es besser als denen im internationalen Vergleich, sowohl wenn man das durchschnittseinkommen als auch wenn man die mit dem wenigsten Einkommen betrachtet. In den USA zb ist staatliche Rente unbekannt, man kauft ein Haus und verkauft es im Rentenalter um dich zu verkleinern und von Ertrag zu Leben, ansonsten spart man selbst im Laufe des Lebens. Ein Finanzcraah auch kleineren Ausmaßes ist da verheerend, und viele Rentner müssen ihr gesamtes Einkommen durch Erwerbstätigkeit bestreiten.
Nur ein Beispiel.

Die Franzi

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Mist, war gerade in einem anderem Land, in Gedanken.

Dann solltest Du mal recherchieren, wie die gesellschaftliche Absicherung von Alten, Arbeitsunfähigen und -willigen, Obdachlosen etc. in anderen Ländern aussieht.

Welche Straßen und Brücken wurden denn bisher schon verschenkt?

Muß man nicht, aber im Gegensatz zu kommunalen und kirchlichen Krankenhäusern und Pflegeheimen gelingt es privaten Unternehmen doch tatsächlich, bei gleichen (oder höheren) Gehältern, gleichen (oder besseren) Leistungen, gleichen (oder geringeren) Preisen noch Gewinne auszuweisen, was bei kommunalen Häusern eher selten bzw. in einem geringeren Ausmaß der Fall ist.

Will sagen: der private Sektor ist mitunter effizienter, ohne schlechtere Leistungen zu erbringen oder die Mitarbeiter auszubeuten (um diesem Standardargument vorzubeugen).

Im übrigen ist es albern, ausgerechnet den Krankenhäusern vorwerfen zu wollen, daß sie eine Gewinnerzielungsabsicht, während gleichzeitig jeder andere im Gesundheitswesen dort Geld verdienen will - von den Ärzten über die Apotheker und Sanitätshäuser bis hin zu den Mitarbeitern aller Beteiligten.

Das ist eine sehr eigenartige Beschreibung der Gegenwart und der Vergangenheit.

Was lediglich ein Argument dafür ist, das Konzept der Armut zu überdenken. Eine Konzeption, bei der der Mehrverdienst eines einzelnen dazu führt, daß andere auf einmal arm sind, ist an Schwachsinnigkeit kaum zu überbieten.

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Hallo,
Einkommen oder Lohn sind kein Vermoegen.
Ueber die Summe auf dem Sparbuch sagt eine einzelne Einzahlung wenig aus. Jemand der viel verdient und immer alles ausgibt bildet davon nie ein Vermoegen.
Das Nettovermoegen im Vergleich zu den anderen europ Staaten http://4.bp.blogspot.com/-nUnBtFBDoRQ/U0Bpvx93ikI/AAAAAAAAAm8/jRDNvuIsQkk/s1600/ecb+-+house+price+correction.png
oder hier etwas neuer www.ecb.europa.eu/pub/pdf/scpsps/ecbsp2.en.pdf

Und das war die Frage C.Punkt?

Hallo,

es wurde ja schon geschrieben, dass die Aussage „Deutschland ist ein reiches Land“ durchaus berechtigt ist und welche wirtschaftlichen Vergleichsdaten da herangezogen werden können.

wird der Satz allerdings gerne als Kampfbegriff verwendet, um davon abzulenken, dass im reichen Deutschland Vermögen, Einkommen, Verdienst- und Bildungsmöglichkeiten recht ungleich verteilt sind, vielleicht sogar, um zu suggerieren, die Ärmeren seien selbst schuld.

Ein paar Takte zum Thema Vergleichen, weil da auch oft viel Unsinn veröffentlicht wird: Wir Menschen sind so gestrickt, dass wir, wenn wir denn Vergleiche anstellen, diese i. d. R. nicht von sehr weit herholen. Ein Mitteleuropäer wird sich also eher nicht mit arbeitslosen Afrikanerinnen oder mit Millionären aus New York vergleichen sondern naturgemäß eher mit Nachbarn, Kollegen, Landsleuten vor Ort, teilweise auch mit der eigenen materiellen Situation in der Vergangenheit.

Bei denen, die von relativer Armut betroffen sind, kommt je nach Lebensphase häufig eine drückende Perspektivlosigkeit hinzu:

Wer beim Renteneintritt nur geringe Ansprüche erworben und auch sonst nicht vorgesorgt hat, wer im höheren Alter arbeitslos wird oder lange bleibt, hat meist wenig Möglichkeiten, die eigene materielle Situation zu verbessern.

FG myrtillus

Wohl richtig, aber die Frage war doch, warum Deutschland eigentlich „reich“ ist. Und das „Pro Kopf Einkommen“ scheint doch -wenn ich die bisherige Diskussion betrachte- durchaus ein relevanter Maßstab zu sein.

Also das ist es, was Deiner Meinung der Maßstab für „reich“ ist?

Es war weniger eine Frage als ein Hinweis darauf, daß in Deutschland die Versorgung derjenigen, die nicht arbeiten können oder wollen, besser ist als in den meisten anderen Ländern. Um genau zu sein, war sie zum Zeitpunkt meiner letzten Recherche besser als in jedem anderen Land, wenn man mal von ein paar Kleinstaaten absieht, die aus verschiedenen Gründen mit Deutschland nicht vergleichbar sind.

Daß es dennoch Leute gibt, die zu Tafeln gehen (müssen), ist zwar an sich bedauerlich, aber das läßt erst einmal keine Aussage darüber zu, wie es diesen Leuten in anderen Ländern ginge.

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Hallo!
Solange die Rentner -z.B. ihre Bücher behalten können und in kleinere Wohnungen mitnehmen ist es doch sinnvoll ihre großen EFH an Familien mit Kindern weiterzugeben.
MfG

Hallo!
Nimmt man Immobilienvermögen = bezahltes Haus-/Wohnungseigentum als Bewertungsbasis an,
dann steht in der EU Deutschland sehr schlecht da.
Soweit zu: Deutschland ist ein reiches Land; das ist nicht so!
MfG

Hallo!
Ich glaube mal die Einschätzung „Deutschland ist ein reiches Land“.
Welche Basis hat diese Aussage? Wer hat denn den größten Anteil an den Steuereinnahmen geleistet?
Nur Jeder Arbeiter der 50a brav seine Steuern bezahlt hat, meine ich.
MfG