Gähn,
es gibt einen recht einfachen Grund dafür, dass Männer
Probleme mit starken selbstbewussten Frauen haben. Sie haben
Angst, dass sie ihnen wegläuft.
Die nächsten platten Verallgemeinerungen. Ja, ich kenne auch die kleinen Hascherl, die mit ständigem Schlafzimmerblick und „ichbindochnureindummeskleinesFrauchenbittebeschützemichundhilfmir-Gesichtsausdruck“ durch die Gegend rennen und dann alle drei Wochen einen neuen „Beschützer“ haben, der sich mehr im Sonnenstudio als im Büro aufhält und außer markigen Sprüchen und ggf. gewissen körperlichen Vorzügen nichts zu bieten hat, aber zumindest in meinem Umfeld sind dass doch nur eher belustigende Randerscheinungen.
Unser Freundes- und Bekanntenkreis besteht weit überwiegend aus Leuten die in wirklich gleichberechtigten Partnerschaften leben. Sei es die Verkäuferin, die auf dem zweiten Bildungsweg als alleinstehende Mutter zweier Kinder Jura studiert hat und heute erfolgreiche Anwältin ist und inzwischen mit einem Ingenieur zusammen lebt, sei es die andere Kollegin, die neben der Kanzlei alleine ihr Kind und den Haushalt versorgt, weil der Vater momentan leider einige hundert Kilometer entfernt arbeitet und am extrem kurzen Wochenende sicher nicht mit Hausarbeit belastet werden soll (im Interesse aller Beteiligter) und der trotzdem versucht sich nach Möglichkeit noch einzubringen. Oder nehmen wir die dritte Kollegin mit ihrem Mann, die gerade ein Kind adoptiert haben und beruflich ganz freiwillig und mit Begeisterung für das Kind jetzt erst einmal eine Weile beruflich etwas zurücktreten werden (der eine mehr, der andere weniger). Keiner der Partner hat Angst, dass ihm seine starke Partnerin wegläuft. Und ich selbst kenne diese Angst auch nicht.
…
Für Männer ist das unter anderem das
Beschützer/Versorger-Prinzip. Männer lernen schon früh, dass
sie (anscheinend) für Frauen attraktiv sind, wenn sie für sie
sorgen, sie beeindrucken und beschützen können. Sowas sieht
man zB. regelmäßig in Filmen oder liest es in Romanen.
Aha, und Filme und Romane prägen unser Weltbild? Nur gut, dass beruflich engagierte und erfolgreiche Männer nicht so viel Zeit haben Romane zu lesen und Filme zu sehen.
Solange der Mann nun diese Rolle einnehmen kann und merkt,
dass die Frau zu ihm „aufschaut“, sich an ihn lehnen und bei
ihm Schutz suchen kann, so denkt er, dass er diese Rolle
erfüllt und daher eine essentielle Voraussetzung für seine
Begehrtheit schafft.
Man nur gut, dass Du so weißt, was Mann so denkt. Jetzt weiß ich endlich, was ich zu denken hätte.
Genau das wird für ihn sehr problematisch, sobald die Frau
aber nicht klein und beschützungsbedürftig wirkt, sondern
selbstbewusst und stark. Er meint dann, ihr eben genau dieses
nicht mehr geben zu können und bekommt große Angst, dass sie
nun nach einem anderen Mann ausschau hält, der ihr das gibt,
weil er eben noch stärker als er selbst ist.
Meine Güte, was für eine schwülstige Geschichte. Stammt das aus einem Liebesroman? Grundlage unserer Partnerschaft ist jedenfalls die Liebe. Und was ich meiner Frau gebe, oder besser was ich in unsere Partnerschaft einbringe hat jedenfalls nichts mit solchen Stereotypen zu tun. Da geht es ganz einfach darum, dass jeder sich auf den anderen verlassen kann, zu ihm Vertrauen haben darf, und dass jeder den anderen je nach Bedarf nach Kräften unterstützt.
Natürlich kommt es vor, dass meine Frau nach einem schlecht gelaufenen Tag sich mal anlehnen möchte und einfach nur ein paar Streicheleinheiten braucht. Aber umgekehrt gibt es das zumindest bei uns ganz genau so. Und hin und wieder sind wir beide mal so richtig down und kuscheln uns einfach nur noch zusammen aufs Sofa oder ins Bett und geben uns gegenseitig Halt. Was soll ich da von deinen Einseitigkeiten halten?
Und ja, es gab Zeiten, da habe ich meine Frau finanziell unterstützt, aber die hat es auch schon umgekehrt gegeben. Über den Durchschnitt unserer Ehe hat meine Frau auch mehr verdient als ich, auch wenn es zur Zeit gerade umgekehrt ist. Wo ist das Problem? Natürlich freue ich mich, wenn ich nach einer etwas flaueren Zeit mal wieder mehr finanzielles Engagement zeigen kann und den schon lange anstehenden Umbau eines Zimmers in Auftrag geben kann. Es ist aber genau so gut, wenn ich in einer etwas ruhigeren Zeit einen solchen Umbau dann größtenteils selbst erledigen kann und uns damit viel Geld für Handwerker spare. Nein, es kränkt mich auch nicht in meiner Ehre als Mann, wenn ich zu ruhigeren Zeiten jetzt mal die Betreuung unseres Sohnes übernehme, während meine Frau noch Abendtermine hat. Ganz im Gegenteil: Wir beneiden uns immer gegenseitig um jede Minute, die wir mit dem Kleinen haben.
Wir sind glücklicherweise in der Lage, dass zumindest das regelmäßige Einkommen meiner Frau vollkommen ausreichend wäre die Familie zu ernähren, und meines reicht im Durchschnitt hierzu ebenfalls, ist aber natürlich von den Schwankungen des Freiberuflers geprägt. Also zahlt sie normalerweise die regelmäßigen Dinge wie die Hausfinanzierung und ich übernehme alle aussergewöhnlichen Dinge wie Urlaub, Umbaumaßnahmen und kann darauf verzichten Rücklagen bilden zu müssen. Der tägliche Kleinkram wird nach Bedarf/Verursacher/Möglichkeit bezahlt (wer gerade am Schreibtisch sitzt und Überweisungen macht zahlt von seinem Konto was gerade anliegt), und wenn der eine gerade mal nicht zur Bank gekommen ist, dann wandern die Scheine vom einen zum anderen auch ohne Schuldschein und Rückzahlungsverpflichtung. Und anders kenne ich die Geschichte im Freundeskreis auch nicht. Sind wir alles keine „normalen“ Männer und Frauen.
Kopfschüttelnder Gruß vom Wiz