WARUM VERTAUSCHT EIN SPIEGEL RECHTS UND LINKS,
und WARUM VERTAUSCHT EIN SPIEGEL NICHT OBEN UND UNTEN ?
Hallo Reiner,
um diese Frage zu beantworten, ist zunächst zu klären, was ein Spiegel zeigen würde, wenn er überhaupt nichts tun würde. Wie würdest Du Dich dann im Spiegel sehen? Nun, Du würdest auf Deinen Rücken schauen und ihn so sehen, wie ihn Dein Hintermann in der Schlange im Supermarkt sieht. Wenn ich Dich durch das Symbol
+#
O=
darstelle ("+" für Deine linke Hand, „#“ für Deine rechte Hand, „O“ für Dein linkes Schulterblatt, „=“ für Dein rechtes Schulterblatt), dann können wir für den Spiegel, der gar nichts tut, folgendes Bildchen malen:
+#
O= Dein Spiegelbild
------------ Spiegel "gar nichts"
+# Du
O=
Wie ist es nun z. B. mit einem Spiegel, der statt gar nichts zu tun die Transformation „Drehung um 180°“ durchführt (Achtung: Dies ist nicht die Transformation, die ein realer ebener Spiegel „durchführt“)? Das zugehörige Bildchen sieht natürlich so aus:
=O
#+ Dein Spiegelbild
------------ Spiegel "180°-Dreh"
+# Du
O=
Wenn wir nun einen Spiegel haben, der nach einer 180°-Drehung das Bild auch noch rechts-links-vertauscht , dann ist für diesen Spiegel das Bildchen
O=
+# Dein Spiegelbild
------------ Spiegel "180°-Dreh + "RL-V."
+# Du
O=
zu malen, anhand dessen wir erkennen, daß ein solcher „180°-Dreh plus RL-Vertausch“-Spiegel genau so wirkt wie ein realer ebener Spiegel. Allerdings haben wir bei dem „180°-Dreh plus RL-Vertausch“-Spiegel das Problem, nicht erklären zu können, warum er nach der Drehung eine Rechts-Links-Vertauschung, aber
keine Oben-Unten-Vertauschung durchführt.
Dieses scheinbare Paradoxon löst sich auf, wenn wir erkennen, daß es zu der zweischrittigen Transformationsfolge „180°-Drehung plus RL-Vertauschung“ eine äquivalente (d. h. ergebnisgleiche)
einfachere Transformation gibt – einfacher, weil sie nur aus einem Schritt besteht –, nämlich die Vertauschung von „Vorne“ mit „Hinten“. Das Bildchen für diesen Spiegel ist ja mit demjenigen für den „180°-Dreh + RL-Vertausch“-Spiegel identisch:
O=
+# Dein Spiegelbild
------------ Spiegel "Vorne-Hinten-V."
+# Du
O=
Damit lautet die Antwort auf Deine Frage so: Man ist geneigt, einen ebenen Spiegel der Tat „um 180° drehen und dann „inkonsequenterweise“ rechts und links vertauschen, aber nicht oben und unten“ zu verdächtigen, die er jedoch nicht begeht. In Wirklichkeit läßt der Spiegel oben oben, unten unten, rechts rechts und links links (tut somit nichts inkonsequentes), und vertauscht bloß vorne und hinten, was „zufällig“ zum gleichen Ergebnis führt, ohne ein „Asymmetrieproblem“ mit sich zu bringen.
Allerdings kannst Du Dich tatsächlich auch so positionieren, daß ein Spiegel rechts und links vertauscht. Du mußt Dich dazu nur um 90° drehen, so daß Du „quer“ zum Spiegel stehst, und Deinen Kopf drehen mußt, um Dich darin von der Seite zu betrachten. Dein linker Arm ist dann der rechte Deines Spiegelbilds und umgekehrt. Zum Ausgleich vertauscht dieser Spiegel dann aber nicht mehr vorne und hinten.
Und zu guter Letzt kannst Du es auch noch so einrichten, daß Dein Spiegel weder vorne-hinten noch rechts-links vertauscht. Lege den Spiegel auf den Boden, stelle Dich darauf, und überzeuge Dich davon, daß er oben und unten vertauscht.
Mit freundlichem Gruß
Martin