Eigendiagnosen? Was meint ihr? Sind sie so schön farbig oder griffig oder entlasten sie uns oder eben sie uns einen Farbtupfer Identität?
Was sind eure Ideen dazu?
Depressionen
Hallo Branden,
gehören Depressionen nicht zu häufigen Eigendiagnosen?
Merkwürdigerweise nicht!
Hi
Es i s t zwar die (mit) am häufigsten von uns Psych.-Ärzten diagnostizierte psych. Erkrankung, wird aber weitaus seltener vom Patienten selbst diagnostiziert.
Gruß,
Branden
Hallo Branden,
Es i s t zwar die (mit) am häufigsten von uns Psych.-Ärzten
diagnostizierte psych. Erkrankung, wird aber weitaus seltener
vom Patienten selbst diagnostiziert.
wären derartige Erkrankungen/Krankheiten wie normale Waren im Einzelhandel, müsste man demnach feststellen: Die werden halt nicht so gern genommen . . .
Depressionen sind halt negativ belegt und gelten gesellschaftlich bestenfalls als Entschuldigung, die man säuerlich nickend zur Kenntnis nimmt - hat halt Jan und jeder.
Aber im Ernst: Vllt. „versperrt“ oder „erschwert“ die Erkrankung selbst die Fähigkeit zu dieser Diagnose.
Oder es gibt für best. Erkrankungen eine Art „Mode“ - als seinerzeit das Thema Kindesmissbrauch sehr neu und publik war, glaubten auch sehr viele an allen Ecken und Enden Belege oder doch zumindest Hinweise zu sehen . . .
Es könnte auch sein (das ist eine reine Vermutung von mir!), dass sich bestimmte psychische Erkrankungen zeitweilig besonderer Beliebtheit erfreuen, weil sie ein gewisses Image haben oder geben: Ich denke da an Burnout, das immerhin suggeriert, man habe sich für den Job aufgerieben und entschuldigt, wenn man aktuell arbeitslos oder nicht mehr so erfolgreich ist.
hi,
ich sehe darin ein spiegelbild der medialen verbreitung und bekanntmachung von diagnosen und störungsbildern. vorteil: endlich werden psychische erkrankungen ent-mystifiziert und anerkannt und gesellschaftlich akzeptierter. nachteil: uns behandler nervt dieses halb- bis gar- nicht -wissen von patienten, die glauben, diagnosen stellen zu können.
meiner erfahrung nach rücken die patienten aber schnell und gerne von ihren eingangs-selbst-diagnosen ab, wenn ich sie frage:
„was an sich finden sie adhs-typisch oder borderline-mäßig?“
danach geht´s in richtung beschreibbaren verhaltens und weg von klassifikatorischer diagnostik hin zu hilfreichen therapieangeboten und -zielen.
heute morgen war auf wdr in den nachrichten die zahl der PTBS-kranken unter den soltaten-rückkehrern aus afghanistan genannt.
gut, dass das endlich deutlicher wird.
d’accord, Tom
Hi Tom
wären derartige Erkrankungen/Krankheiten wie normale Waren im
Einzelhandel, müsste man demnach feststellen: Die werden halt
nicht so gern genommen . . .
Genau so isses.
Depressionen sind halt negativ belegt und gelten
gesellschaftlich bestenfalls als Entschuldigung, die man
säuerlich nickend zur Kenntnis nimmt - hat halt Jan und jeder.
Jo. Wer ist schon gern depressiv! Ich auch nicht.
Aber im Ernst: Vllt. „versperrt“ oder „erschwert“ die
Erkrankung selbst die Fähigkeit zu dieser Diagnose.
Das spielt auchmit hinein, das stimmt.
Oder es gibt für best. Erkrankungen eine Art „Mode“ - als
seinerzeit das Thema Kindesmissbrauch sehr neu und publik war,
glaubten auch sehr viele an allen Ecken und Enden Belege oder
doch zumindest Hinweise zu sehen . . .
Das denke ich auch. Die Mode-Strömungen sind auch in der Medizin und Psychotherapie nicht zu unterschätzen.
Es könnte auch sein (das ist eine reine Vermutung von mir!),
dass sich bestimmte psychische Erkrankungen zeitweilig
besonderer Beliebtheit erfreuen, weil sie ein gewisses Image
haben oder geben: Ich denke da an Burnout, das immerhin
suggeriert, man habe sich für den Job aufgerieben und
entschuldigt, wenn man aktuell arbeitslos oder nicht mehr so
erfolgreich ist.
Ganz genau.
Es grüßt dich
Branden
Hi alpha
„was an sich finden sie adhs-typisch oder borderline-mäßig?“
Ja, das finde ich auch eine gute Einstiegs-Frage.
Gruß,
Branden
Hallo Branden,
Deine Frage kann ich Dir leider nicht beantworten. Ich bin selbst Patient. Aber mich interessiert das Thema Borderline. Beim erst kürzlich beim Googeln auf dieses Krankheitsbild gestossen und war ziemlich schockiert, dass fast alle der genannten Symptome auf mich zutreffen, d. h. ich hab mich in der Beschreibung ziemlich genau wiedergefunden. Das Einzigste was auf mich nicht zutrifft ist die Selbstschädigung. Deshalb meine Frage: (Wie) kann man (selbst) beurteilen, ob man diese Erkrankung hat? Traue mich kaum diese Frage zu stellen, denn wahrscheinlich ist so eine Selbstdiagnose ziemlich vermesssen, oder?!
Herzlicher Gruß
Hi Branden,
Es i s t zwar die (mit) am häufigsten von uns Psych.-Ärzten
diagnostizierte psych. Erkrankung, wird aber weitaus seltener
vom Patienten selbst diagnostiziert.
Wobei auf der Skala der „Selbstdiagnosen“ Sucht/Abusus sicher ganz unten steht…
Gruß,
Anja
Hallo!
Ich meine, das sind gezielte Absatzmarkstrategien der Pharmakonzerne. Es gibt mittlerweile Bestrebungen Medikamente zu entwickeln für die es noch gar keine Krankheitsbilder bzw. Diagnosen gibt.
Gruß
Hi,
Hm, ich hätte ja auch eher auf Depression und unerkannte Hochbegabung getippt.
AHDS ist ja noch schick, sieht man überall im TV, die schlechten Leistungen in Beruf und Schule werden erklärt. Zu sagen das man denk man wäre Hochbegabt braucht auch Mut, dann lieber AHDS. Dafür gibts scheinbar viele Hilfsangebote, suche nach Geborgenheit. Vielleicht wäre man auch gern ein Indigo-Kind.
Borderline, gibt eine Erklärung dafür warum Beziehungen immer zerbrechen. Vielleicht ist es ja auch das schlimmste was man sich vorstellen kann …
Hallo!
Ich kenne nur einen Borderliner, professionell diagnostiziert und mit schwerer Leidensgeschichte. Leider ist der Kontakt abgerissen, ich weiß nicht, wie es dieser Person heute geht oder ob sie überhaupt noch ist. Eine Selbstdiagnose finde ich eine Schweinerei gegenüber denen, die wirklich diese Erkrankung/Störung haben. Zum Glück kenne ich aber auch niemanden, der das von sich behauptet.
Bei AD(H)S sieht es da schon anders aus. Kommt durch den Job - Lehrerin. Was da an Diagnosen von den Eltern geliefert wird, ist faszinierend! Können kein Butterbrot für das Kind schmieren, aber eine schwere Störung diagnostizieren. Und fordern natürlich Erleichterungen und Hilfen. Ähnlich bei Legasthenie. In meinen Augen der Versuch, sein eigenes Versagen zu erklären. Wer es ernst meint, sucht sich professionelle Hilfe. Und dann ist das auch kein Problem, entsprechend Rücksicht zu nehmen und Hilfen anzubieten.
Mittlerweile reagiert das Kollegium sehr gereizt auf das Thema AD(H)S. Diese Diagnose kann durchaus auch mehr zur Stigmatisierung und Ablehnung als zur Förderung und Erleichterung für das Kind führen. Besonders bei Selbstdiagnosen.
Grüße!
Hi
Wobei auf der Skala der „Selbstdiagnosen“ Sucht/Abusus sicher
ganz unten steht…
Das stimmt.
Gruß,
Branden
Hi
Traue mich kaum diese Frage zu stellen, denn
wahrscheinlich ist so eine Selbstdiagnose ziemlich vermesssen,
oder?!
Das trifft auf sehr viele Selbstdiagnosen zu. Man sollte daher tunlichst wenig Selbstdiagnosen stellen, sondern zu den jeweiligen Fachärzten gehen.
Gruß,
Branden
Hi Branden,
nach 10 Jahren Jugendamt kann ich nur sagen:
selbstdiagnostiziertes ADHS entschuldigt JEDES Erziehungsversagen.
Selbst wenn man es doch mal mit Erziehung versucht hätte, hätte es bei ADHS ja doch nichts genützt…
Und wenns ADHS nicht ist, ist es Legasthenie. Ein Zweitbuch im Haushalt anschaffen, dem Kind ein Buch schenken, üben oder gar Hausaufgaben kontrollieren hätte ja eh nichts gebracht, ist eben Legasthenie…
Ist doch praktisch oder?
grüße
miamei
Hi miamei,
nach 10 Jahren Jugendamt kann ich nur sagen:
selbstdiagnostiziertes ADHS entschuldigt JEDES
Erziehungsversagen.
Selbst wenn man es doch mal mit Erziehung versucht hätte,
hätte es bei ADHS ja doch nichts genützt…
Deshalb behaupte ich ja, dass das Aufmerksamkeits defizit bei den Eltern und nicht bei den „Diagnostizierten“ liegt.
Gruß,
Anja
so isses
Hi miamei,
selbstdiagnostiziertes ADHS entschuldigt JEDES Erziehungsversagen.
Ein Zweitbuch im Haushalt anschaffen, dem Kind ein Buch schenken, üben oder gar Hausaufgaben kontrollieren hätte ja eh nichts gebracht, ist eben Legasthenie…
Genau. Und selbstdiagnostizierte Borderline und (bevorzugt) narzißtische Persönlichkeitsstörung entschuldigt jedes miserable und destruktive Beziehungsverhalten.
Gruß
Metapher
Moin,
Und wenns ADHS nicht ist, ist es Legasthenie.
Oder Hochbegabung. Heutzutage ja auch eine ganze schreckliche Krankheit
Gruß
Maron
Gegenfrage: Warum sind Fachdiagnosen besser?
Hallo van Branden,
ich vertrete nicht die Ansicht dass Psychologen usw. ueberfluessig sind und jeder sich selbst diagnostizieren sollte aber finde das professionelle Diagnosen ueberschaetzt werden.
Ein Psychologe arbeitet auch nur verschiedene Fragenkataloge durch, sucht sich alle halbwegs passenden Diagnosen heraus und fragt sich so lange durch bis nur noch eine uebrigbleibt - und das soll ein Leihe nicht koennen.
Als Gegenargument lasse ich gelten dass eine Selbstdiagnose problematisch ist da man subjektive Wahrnehmungsverzerrungen haben koennte - aber wenn sich jemand anders mit einem Thema befasst ist er/sie m.E. durchaus in der Lage eine Diagnose zu erstellen die auf dem Niveau eines Psychologen… liegt. Evtl. sogar besser da sich der Leihe oft ausfuehrlicher mit dem Patienten befasst (da er weniger Zeitdruck hat).
Gruss
Desperado
Hallo Branden,
entlasten sie uns
Da sprichst du doch aus, was ich schon lange denke! Jedes Versagen, jede Aggression und auch die ganz schlichte Faulheit der eigenen Kinder führt heute zur (Selbst-)diagnose AD(H)S. Jedenfalls bedeutet AD(H)S, dass ich als Mutter schon mal gar nichts dafür kann. Zu überlegen ist, warum man als Mutter/Eltern überhaupt gesellschaftlich unter so einen Druck gerät, alles perfekt zu machen? Man braucht ein ungeheures Selbstbewusstsein, zuzugeben, dass man vielleicht manches nicht im Griff hat und manchmal auch einfach selbst keine Lust und Kraft mehr, der schulischen Faulheit oder den Defiziten entgegenzuwirken. Zudem m u s s ja jedes Kind heute ein Abitur schaffen, tut es das nicht, kann es ja wohl nur krank sein.
Ich möchte betonen, dass es ganz bestimmt Kinder gibt (und schon immer gab), die in ihrer Konzentrationsfähigkeit von der Norm abweichen, dort sollte man medizinisch auf jeden Fall helfen, ich bin aber fest überzeugt, dass es die Minderheit ist.
Puh, jetzt hab ich mehr geschwafelt als geplant, musste wohl raus.
Gruß SusanneAntje (Mutter von 2 Kindern, die manchmal noch eine Steigerung von ADHS zu haben scheinen…