Hallo Heidi,
hier ein Zitat von dir von weiter oben:
Wo in dem Artikel wird das denn gesagt? Also als Meinung des Autors? Meiner Meinung nach nirgends. Es wird nur gesagt, dass ein solches wissenschaftliches Ergebnis die ultimative Widerlegung der homophoben Bewegungen ist. Denn wenn es Homosexualität was mit der Sozialisation zu tun hätte, dann könnte man immer irgendwie argumentieren, dass es nichts Natürliches sei, sondern etwas vom Menschen (fehlerhaft) Erschaffenes sei und das man es auch anders machen könnte. Wenn man aber nachweist, dass es eine Laune der Natur ist, in den Anlagen des Menschen liegt, dann können diese Leute nichts mehr dagegen sagen, dann ist ihr Weltbild diesbezüglich ganz klar widerlegt. Wenn sich rausstellen würde, dass die Sozialisation verantwortlich wäre, dann wäre es nicht so klar.
Das glaube ich nicht. Meistens nutzen die Leute Fakten ja sowieso nur soweit, wie sie geeignet sind, ihre Meinung zu bestätigen. Will sagen, wer heute tolerant ist oder null Probleme mit Homosexuellen hat, der wird die auch nicht haben, wenn diese „erlernt“ wäre. Wahrscheinlich wissen die meisten Menschen sowieso nicht so über diese Fragen Bescheid und haben trotzdem irgendein Verhältnis zum Phänomen Homosexualität. Da spielt der Zeitgeist eine viel größere Rolle. Genauso wie bei der Religion.
Das käme drauf an, was die neuen Erkenntnisse dann besagen würden. Dann würde die Diskussion aber anders verlaufen. Aber nochmal: Ich sehe das nicht in dem Artikel behauptet, dass „eine schwule Sozialisation schon etwas krankhaftes, makelhaftes beinhaltete“.
Interessant, dass du hier „als Krankheit / genetischen Fehler bewerten“ im Sinne von „diskriminieren“ verwendest. Weiter unten mehr dazu.
Eben. Sag ich ja. Ich glaub, die meisten Leute haben eher eine gefühlsmäßige Meinung und suchen sich dann die passenden Belege dazu. Wobei ich zugebe, dass es für die Meinung, die in einer Gesellschaft die Vorherrschaft erringt, wahrscheinlich doch auch auf die Fakten ankommt, denn die Meinungsmacher, Anführer, Mulitplikatoren werden sich ihre Meinung vielleicht eher aufgrund der Fakten bilden (im besten Fall).
Genaugenommen wohl eine Alternativweltgeschichte. Aber mit den Gedankenspielen (was wäre wenn) hast du angefangen, und ich treib’s nur noch weiter, weil mich bestimmte Fragen daran interessieren. (Und interessant sind Fragen immer dann, wenn man selber die Antwort noch nicht kennt. Das heisst, ich bin mir selber nicht sicher, was ich darauf antworten würde.)
Danke, echt großzügig von dir. Ich glaube, ich bin in dem Fall unvoreingenommener als du. Du scheinst mir an der Stelle gefangen in typischen Denkmustern und Denkverboten. Das hier zum Beispiel:
> Würdest du es verwerflich finden, wenn jemand seinen Sohn in das Camp schickt, damit dieser hetero wird?
Gleich ans Designer-Baby zu denken, ist so ein typisches Denkmuster.
Du hast meine Frage nicht verstanden. Nochmal ganz von vorne. Es ging darum, dass du praktisch gesagt hast, Homosexualität wäre auch dann okay, wenn sie durch die Sozialisation käme. Nun nehme ich an, dass du meintest: wenn sie durch die Sozialisation käme, man aber nicht genau weiss, wie das passiert. Anders gesagt: Der Homo hätte sich in dem Fall seine Sexualität nicht ausgesucht. (Genauso wenig wie der Pädophile übrigens. Ich befürchte allerdings, dass mein Erwähnen des Pädophilen hier schon wieder von manchem als Abwertung des Homosexuellen empfunden werden könnte, genauso wie der Vergleich mit dem Behinderten, obwohl ja beide auch nichts dafür können und ein nicht kriminell werdender Pädophiler genauso wenig abzuwerten ist wie irgendjemand sonst. Vergessen wir diesen Gedankengang also lieber ganz schnell wieder, er bringt uns nur vom Thema ab.)
Jetzt nehmen wir aber mal an, die Mechanismen, wie jemand im Laufe seines Heranwachsens homosexuell wird, seien erstens bekannt (eingehend erforscht) und zweitens sehr simpel. Und weil sie so simpel sind, könnten wir sie auch ganz einfach beeinflussen. Denn: Sozialisation IST Programmierung. Wenn du deinem Kind irgendwas beibringst oder es zurechtweist, dann „programmierst“ du es doch auch. In der Regel ohne große Nebenwirkung. Und der Gedankengang, zu dem ich dich was fragen möchte, sieht halt vor, dass man die sexuelle Orientierung ohne große „Umprogrammierung“ und „Horror-Camps“, sondern mit Mitteln steuern könnte, die weit weniger mit Zwängen oder Druck zu tun haben, als alle möglichen anderen Erziehungsmaßnahmen (z.B. Schule). Stell dir irgendwas vor, meinetwegen „Homosexuell wird der, dessen Eltern ein rotes Sofa besitzen.“ Und jetzt meine Fragen dazu:
- Wenn es so klar und so einfach wäre, dann wärst du ja nicht nur verantwortlich fürs Tun (das Sofa wechseln), sondern auch fürs Nichtstun (das rote Sofa drinlassen). Würdest du dann auch noch dafür plädieren, den Dingen „ihren natürlichen Lauf zu lassen“? Würdest du dann sagen, es ist halt Schicksal, dass wir uns damals in dem Möbelhaus für das rote Sofa entschieden haben und nicht für das graue, obwohl uns das erst besser gefiel?
Und wenn es ein bisschen komplizierter wäre, zum Beispiel nicht die Farbe des Sofas entscheidet, sondern die Anzahl der Mädels in der Schulklasse, aber du könntest ohne große Probleme die Schule wechseln, so dass die Entscheidung immer noch in deiner Hand läge? Wie schwierig müsste die Maßnahme denn umzusetzen sein, dass du sagen würdest, das soll lieber das Schicksal entscheiden?
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Würdest du dann immer noch sagen „Schwulsein ist genauso okay wie Heterosein“ im Sinne von „für das Leben meines Kindes genauso gut“?
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Würdest du es in Ordnung finden wenn
a) manche Eltern ihre Kinder gezielt zu Heteros machen
b) manche Eltern ihre Kinder gezielt zu Homos machen?
Jetzt nochmal ein anderes Gedankenspiel. Du sagst, wenn Homosexualität erworben ist, dann ist sie genauso okay. Dann hab ich zwei Möglichkeiten zu diesem hypothetischen Gedankenspiel („wenn es erworben wäre“) aufgeworfen: Möglichkeit eins, man kann es nicht beeinflussen, weil man die Faktoren nicht kennt. Möglichkeit zwei, man kann es beeinflussen, und die Eltern können entscheiden. Jetzt will ich noch Möglichkeit drei ins Spiel bringen: Man kann es beeinflussen, und die Kinder/Jugendlichen können es selbst entscheiden. (Das käme dem nahe, was die religiösen Spinner usw. sagen. Allerdings wäre es in meinem Gedankenspiel so, dass es irreversibel wäre. Also ein Mensch hat es z.B. mit 13 in der Hand, auf was er sein Leben lang stehen wird.) Würdest du dann auch sagen, das eine ist genauso okay wie das andere? Stell dir vor, du hast einen Klassenkameraden, der sagt: Ich will schwul werden, weil dann find ich leichter Sex-Partner. Und eine andere sagt: Bist du verrückt, dann kannst du ja keine Kinder mit deinem Partner machen. Was würdest du dazu sagen? (Ja, ja, ich weiss, meine Vorstellungskraft.)
Vielleicht so wie heute ein Kind, das geimpft wurde oder das eine Zahnspange tragen musste. Oder wie jemand, dem man die Hasenscharte oder die Phimose wegoperiert hat. Wie gesagt, du scheinst arg darauf getrimmt (voreingenommen), gleich ans Designer-Baby zu denken.
Mann, jetzt machst du mein schönes Gedankenspiel kaputt.
Es geht nicht nur um gesund oder krank, oder um Leidensdruck. Ein Farbenblinder ist auch gesund, aber in manchen Dingen eingeschränkt. Ein Albino ist vielleicht auch gesund (weiss ich nicht), kann aber nicht so viel in die Sonne.
Der Punkt ist wahrscheinlich, dass du sagst: Homosein ist genauso gut und okay wie Heterosein. Und ich würde sagen: Es ist im moralischen Sinne genauso okay, aber im praktischen Sinne ist es nicht so gut, und zwar nicht nur aufgrund der Diskriminierung, sondern auch aufgrund „objektiver“ Einschränkungen. Wenn ich es mir für mein Kind wünschen oder entscheiden könnte, dann würde ich für hetero stimmen.
Die beiden Sätze versteh ich nicht.
> weil man dadurch der Diskriminierung entgeht, die ja irgendwie doch nie ein Ende nimmt.
Du würdest also dein Kind der Diskriminierung aussetzen, nur um ihr nicht nachzugeben? Denn ich nannte sie ja nicht als Maßstab dafür, was normal sei, sondern womit es sich besser leben lässt.
„Das einzige Argument gegen Homosexualität“ in welchem Sinne? Im Sinne von Nachteile bzw. Einschränkungen (außer der Diskriminierung)? Im Sinne von „Beleg für Unnatürlichkeit“? Im Sinne von „genauso praktisch fürs Leben oder eben nicht“?
Und: siehe unten.
> gibt es denn eigentlich irgendeinen Hinweis darauf, dass der Anus im Laufe der Evolution auch für den Verkehr designed wurde?
Nicht so richtig, siehe unten.
> ja, ich denke, man könnte Homosexualität schon als eine Art Behinderung auffassen
Nein? Kann man nicht? Oder darf man nicht? Interessant, wie du hier ein Ausrufezeichen setzt (Empörung), aber gleichzeitig kein Argument dagegensetzt. Vielleicht, weil’s keins gibt? Irgendwie stell ich mir vor, dass du erst empört warst, weil ich Homosexuelle so abwerte, und dir dann aufgegangen ist, dass du das ja nicht schreiben kannst, weil du damit Behinderte abwerten würdest.
Das hier ist genau die Stelle, die ich meinte mit den Denkmustern und Denkverboten. Behinderung, das hört sich schon fast so an wie „Schwule sind krank“, oder? Nur dass in dem Satz „krank“ im Sinne von „psychisch krank“, „heilbar“ oder so wie in „kranke, Gesellschaft“ (degenerierte, sündhafte Gesellschaft) gemeint ist. So meinen es die Hardliner, und ich frage mich, ob in dem Punkt nicht DU ihrem Denk- / Argumentationsmuster folgst. Denn ich meinte „eine Art Behinderung“ nicht in diesem Sinne, sondern im Sinne von „Einschränkung“ oder „in manchen Dingen benachteiligt“.
Die Einschränkungen oder Benachteiligungen sehe ich zum Beispiel hierin:
- Mit dem Lebenspartner keinen Nachwuchs zeugen können.
- Nicht die von der Natur dafür vorgesehenen Geschlechtsorgane im vorgesehenen Sinn verwenden können. Ich weiss, da werden jetzt viele widersprechen. Zum Beispiel, dass guter Sex so viel mehr als das alte Rein-raus-Spiel sei. Mag sein, aber ich find das Rein-raus-Spiel gar nicht so schlecht, und es ist ja auch das, worauf in der Natur alles hinausläuft. Das, was für die Fortpflanzung nötig ist, eigentlich die Essenz des Sex. Lesben können das nur mit Hilfsmitteln erleben (und die ersten Lesben hatten vermutlich keine angenehmen Dildos), und Schwule haben nur den Analverkehr als Ersatz. Aber Analverkehr birgt (ohne Gleitmittel) ein höheres Verletzungs- und damit Infektionsrisiko. Der Anus ist also vermutlich nicht wirklich für GV gemacht. Es ist ja auch kein Zufall, dass in der Schwulenszene bestimmte muskelentspannende Drogen (Poppers) gängig sind.
Was also spricht dagegen, solch eine Einschränkung als eine Art Behinderung zu sehen? Und was wäre so schlimm daran? Ich sehe daran nichts Diskriminierendes, es sei denn, man betrachtet Behinderte als Menschen zweiter Klasse. Ich sehe es als eine Einschränkung aufgrund natürlicher Gegebenheiten, so wie Albinismus vielleicht oder Farbblindheit. Dass solche Einschränkungen auch Vorteile mit sich bringen können, ändert daran nichts. (Beispiele: Asperger-Autisten können sich bestimmte Fakten super merken. Schwule finden leichter Sex-Partner, wovon Hetero-Männer nur träumen können.) Oscar Pistorius bleibt auch dann behindert, wenn er mit Hilfsmitteln schneller laufen kann als Gesunde.
Und auch wenn man’s von der Seite der Natur aus betrachtet: Die bisherigen Theorien sind doch, wenn ich das richtig sehe, dass entweder bei der epigenetischen Prägung was schiefläuft („Fehler“) oder dass die Evolution den Nachteil in wenigen Fällen in Kauf genommen hat, weil damit ein anderer Vorteil in vielen Fällen verbunden war (so wie bei der Sichelzellenanämie). Wenn bei einem solchen Vorgang eine Einschränkung in einem nicht-sexuellen Bereich resultiert, haben wir doch auch keine Hemmung, das als eine Einschränkung, Behinderung, Störung oder Krankheit zu bezeichnen.
> so weit, wie man vielleicht Albinismus als Behinderung auffassen kann. Oder Linkshändigkeit? Oder Und rote Haare? Man sieht, die Grenzen zwischen Behinderung und „seltenes Merkmal“ sind fließend.
Ich würde Homosexuellen jetzt auch keinen Behinderten-Ausweis ausstellen wollen, ich wehre mich nur gegen das Denkverbot, es als eine Einschränkung zu sehen.
Und irgendwas in falsche Töpfe zu sortieren, nur weil manche Menschen meinen, einen bestimmten Topf diskriminieren zu müssen, kann sich später auch rächen.
> Down-Syndrom(…) Auch da gibt es Eltern, die das für ihre betroffenen Kinder gar nicht wollen und sagen, stattdessen solle die Gesellschaft die Kinder so akzeptieren, wie sie sind. Ich halte das aber für ein ungenügendes Argument gegen solche Medikamente. Völlig unabhängig von der Gesellschaft gewinnt ein betroffenes Kind ja etwas, wenn es z.B. besser denken kann durch ein Medikament.
Nein, ist es nicht. Die Erwähnung ist berechtigt, weil eine Analogie besteht. Es geht immer um die Frage, wo man eingreift, um (s)einem Kind bessere Lebensmöglichkeiten zu verschaffen. Aber es ging auch nicht um echte Homosexualität, sondern um unsere fiktive, durch Sozialisation bedingte Homosexualität. Es geht mir ja um hypothetische (moralische) Fragen, die aber gerade darum interessant sind, weil sie nicht so einfach zu beantworten sind.
> Ich sehe aber, dass das ein ganz sensibles Thema ist und ich vermutlich heftige Reaktionen hiermit ernten werde (falls überhaupt noch Leute mitlesen).
Ja, dem unübersichtlichen neuen Design von wer-weiss-was sei dank. Ich schaff es ja nicht mal, direkt zu deinem letzten Beitrag zu gelangen. Der Link aus der Mail führt mich nicht hin, und per Suchfunktion geht auch nicht, weil sich die Seite erst nach und nach aufbaut. Stinknormales HTML ist ja heutzutage zu uncool, es müssen immer irgendwelche Skript-Spielereien sein, die das Ganze verschlimmbessern. Wie findest du die Stelle, an der wir grade dran sind?
Ich denke, da kommt die unterschiedliche Bedürfnisstruktur zum Tragen: Frauen haben ja gern jemand zum Reden, über Männer und Beziehungen und Psychologie usw., und das können sie gut mit den Schwulen. Männer aber wollen lieber vögeln, und das können sie ja mit den Lesben nicht. Insofern können sie vielleicht mit denen „locker umgehen“, aber wozu sollten sie? Die sind ihnen schlicht egal.
Vielleicht sollten wir zwei mal einen Porno zusammen gucken. Stichwort DVD-Abend.
In diesem Sinne
Mike