Was das Geile ist an Kevin Spacey

… (abgesehen davon, dass er ein großartiger Schauspieler ist), ist, dass sein „Fall“ geeignet wäre, die ganze Belästigungs-#Metoo-Diskussion einmal abgelöst von der Geschlechterdebatte zu diskutieren und damit abgelöst von den eingefahrenen Diskussionskanälen und Deutungsmustern.

Dann könnte man sich z.B. mit den differenzierten Aussagen einer Nina Proll einmal auseinander setzen ohne gleich in den Reflex „die fällt uns Frauen in den Rücken“ usw. zu fallen.

Man könnte sich die Frage stellen, wie stark Erotik&Sexualität vom Bereich der Arbeit herausgehalten werden müssen und ob weniger „Belästigung“ nicht vielleicht sogar die Arbeitswelt beschissener macht statt besser, weil alles aufs ‚Funktionieren‘ reduziert wird. Fraglos macht sie sie reibungsloser und dient der besseren Ausbeutung der Arbeitenden.

Man könnte sich auch fragen, ob diese Debatte um Sexualität und Macht nicht zu einem guten Teil eine lächerliche Pseudo-Debatte ist, weil sie permanent persönliche Machtbeziehungen skandalisiert und damit die viel krasseren strukturellen Machtverhältnisse zudeckt. Ich bin mir sicher, geschätzte 85% aller dauerhaften Hartz-IV-Empfängerinnen würden sich lieber zwei mal im Monat vom männlichen Sachbearbeiter an den Po langen lassen als die vielen kleinen gewollten behördlichen Schikanen auszuhalten.
Flapsiges Beispiel, soll ja nur pars pro toto sein und steht für vieles in der Arbeitswelt.

Warum unterwirft sich denn die sprichwörtliche Sekretärin dem Klischee nach sexuell der personellen Macht ihres Chefs (sprich: bläst ihm ab und zu einen)? Doch genau deshalb, um die strukturellen Machtverhältnisse zu durchkreuzen, weil sie die für viel beschissener hält.

Die Republik Österreich wählt sich eine rechtsextreme Zweidrittelmehrheit zusammen und was machen die paar österreichischen Linken? Sie diskutieren über die sexuellen Belästigungen durch Herrn Pilz. Völlig an der Spur vorbei.

Das ist eine Diskussionsanregung, in der ein paar ? enthalten sind. Das sollte damit genug Fragecharakter sein, auch wenn es nicht um die eine kokrete Threadfrage geht.

Gruß
F.

2 Like

Hi,

kann man nicht. Kevin Spacey hat Männer belästigt und wurde sofort gefeuert, angezeigt und musste seinen Pass abgeben.
Wie viele Frauen haben sich über wie viel Belästigung , Nötigung geäußert und ers ist nichts passiert?

die Franzi

Hallo,

da faßt Du die beiden relevanten Punkte sehr schön zusammen. Das Problem liegt darin, daß

  1. sich Frauen viel zu selten äußern, wenn ihnen etwas derartiges widerfährt und
  2. die Vorwürfe gegen Spacey im Raum stehen und gehandelt wird, obwohl noch gar nicht klar ist, ob wirklich etwas vorgefallen ist.

Ich finde es skandalös, daß nun Männer wie Frauen nach Jahren und Jahrzehnten mit Vorwürfen ankommen und damit wissentlich oder sogar gezielt Karrieren und Leben ruinieren. Genauso wenig, wie es schändlich ist, wenn Personen, die belästigt wurden, grundsätzlich nicht geglaubt wird oder die Vorfälle verharmlost werden (wie es hierzulande vor wenigen Jahrzehnten noch oft der Fall war), ist es schändlich, öffentlich Vorwürfe zu erheben, die zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht bewiesen sind und sich absehbar nicht beweisen lassen.

Wenn sich zwei Personen in einem Raum befinden, wird sich später kaum beweisen lassen, was sich da im einzelnen zugetragen hat. Ist so, läßt sich aber auch nicht ändern. Das bloße Erheben eines Vorwurfes hat in einem Rechtsstaat aber noch nie zur Verurteilung ausgereicht und das ist auch richtig so. Komischerweise scheint das Recht auf einen fairen Prozeß bei Personen des öffentlichen Lebens in vielen Bereichen nicht zu gelten. Nicht nur Herr Kachelmann kann davon ein Liedchen singen.

Gruß
C.

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Kann man schon, wenn man will.
Du springst halt gleich sofort wieder auf die Geschlechter-Schiene auf.

Gruß
F.

Mir fällt nichts ein (außer Erotik- und Pornofilmen), wo „sexuelle Belästigung“ die Arbeit positiv beeinflussen könnte.
Ein respektvoller Umgang mit dem Gegenüber macht’s.

ich denke, persönliche und strukturelle Machtbeziehungen lassen sich nicht so einfach trennen.
Das Persönliche ist die konkrete Ausprägung der allgemeinen Struktur.
Nicht jeder Chef belästigt seine Sekretärin …
Aber in Abhängigkeitsverhältnissen fällt es schon schwerer, sich zu wehren gegen Respektlosigkeiten und Belästigungen, als wenn man „auf Augenhöhe“ ist.

Beatrix

Hallo!

Derjenige, der belästigt wurde, muss sich selbst ja die Belästigung nicht beweisen. Er weiß mit Gewissheit, dass er belästigt wurde, also kann er das auch öffentlich äußern. Nur falsche Vorwürfe sind schändlich und strafbar.

Eine andere Frage ist, wie sich Dritte zu solchen Vorwürfen verhalten sollen, wenn sie im öffentlichen Raum stehen.

Gruß
Trambo

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Das ist nicht richtig. Wenn man solche Vorwürfe äußert, müssen sie auch beweisbar sein. Andernfalls sind auch wahre Behauptungen - zumindest nach deutschem Recht - strafbar. Nennt sich üble Nachrede.

Das ist noch eine ganz andere Frage. Ausgelöst werden solche Reaktionen auch durch die Behauptungen, die in den Raum gestellt wurden. Der Dritte (hier: Studios und Sender) ist „nur“ auf seinen Ruf bedacht und reagiert entsprechend. Ob die Reaktionen in diesem Stadium angemessen sind, steht dann auf einem anderen Blatt.

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Um das sauber zu trennen:

  1. Moralisch: Du hast es „schändlich“ genannt, wenn jemand einen Vorwurf öffentlich äußert, den er nicht zwingend beweisen kann, obwohl er selbst mit Sicherheit weiß, dass er der Wahrheit entspricht. Hab ich das richtig verstanden? Jemand soll (im moralischen Sinne) eine erlittene Straftat für sich behalten, sofern er sie nicht beweisen kann?
  2. Rechtlich: Hier würde mich freuen, wenn ein Rechtskundiger seine Einschätzung einbringt. Ich verstehe das so: Üble Nachrede wird von demjenigen zur Anklage gebracht, dem ein ehrenrühriger Vorwurf gemacht wird. Er wird das aber nur zur Anklage bringen, wenn er weiß, dass der Vorwurf falsch ist oder wenn er glaubt, dass er nicht beweisbar ist. Denn nach der Anklage wird die Verteidigung versuchen den Vorwurf zu beweisen, und erst wenn das nicht gelingt, handelt es sich um üble Nachrede. Das ist also ein Rechtsmittel um sich (durch Beweislastumkehr) gegen substanzlose Verleumdungen zu wehren, deren Unwahrheit (wie auch deren Wahrheit) nicht beweisbar ist. Deswegen kann man aber bei einer wahren, noch nicht bewiesenen, ehrverletzenden Aussage nicht grundsätzlich von übler Nachrede sprechen. Erst wenn die Herausforderung erfolgt ist, den Beweis zu erbringen und die Verteidigung an der Herausforderung gescheitert ist.

Gruß
Trambo

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Danke für deine Antwort, die viele wichtige Punkte anspricht!

„Belästigung“ stand in Anführungszeichen; gemeint war ungefähr das, was Frau Proll im obigen Link treffend so ausdrückt: „sexuelle Attraktion zwischen Mann und Frau, die auch artikuliert wird“.

Wie man diese beiden Aspekte analytisch auseinander hält, ist natürlich nicht so leicht.
Darum habe ich ja das, an sich zu flapsige, Hartz-IV-Beispiel gebracht: Dass besonders viele Frauen im Hartz-IV-Apparat landen hat mit strukturellen Machtverhältnissen zu tun, die völlig abgelöst sind von der Person ihres Sachbearbeiters, der aber natürlich, etwa durch sexuelle Belästigung, auch selbst Macht ausüben kann, die wiederum nicht unmittelbar den Hartz-IV-Strukturen angelastet werden können. Du versteht, was ich meine?

Mein Argument ist, dass wir in der bestehenden Skandalokratie zu viel Augenmerk auf die persönlichen Machtverhältnisse und zu wenig auf die strukturellen legen.

Darum schrieb ich ja „dem Klischee nach“.

Das ist des Pudels Kern.
Du hast damit natürlich völlig recht.
Meine Frage ist: Soll man aus der Arbeitswelt, die durch und durch aus Abhängigkeitsverhältnissen besteht, deshalb Prolls „sexuelle Attraktion zwischen Mann und Frau, die auch artikuliert wird“ heraushalten? Wird die Arbeitswelt dadurch für die Beschäftigten besser? M.E. nein. Sie wird nur für die besser, die davon profitieren, dass möglichst alles reibungslos funktioniert.
Das kolportierte Verbot privater Kontakte bei LIDL ist die radikalste Ausprägung davon, menschliche Interaktion aus der Arbeitswelt herauszuhalten.

Gruß
F.

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Ich bin sicher (und hab das in meiner Ausbildung auch so vermittelt bekommen), dass die Dunkelziffer bei sexueller Gewalt gegen Männer deutlich höher ist als die bei sexueller Gewalt gegen Frauen.
Da ich hier aber vom Geschlecht abstrahiere wollte, nur nebenbei.

Gruß
F.

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Hi,

du gehst von der irrigen Voraussetzung aus, das Leute immer ehrlich sind. Außerdem stehen Schuld und Unschuld immer erst nach dem Gerichtsverfahren fest. Und nicht zuletzt hat nicht jeder, der sich ungerecht (im juristischen Sinne) behandelt fühlt, auch immer Recht.
Ich kann nur den Namen Kachelmann wiederholen. Weder darf jemand straffrei ausgehen, der etwas verbrochen hat (weil sich der Geschädigte nicht traut, etwas zu sagen, oder warum auch immer), noch darf jemand Unschuldiger bestraft werden, weil man sich nicht traut, dem Kläger zu sagen, er oder sie habe ganz oderr teilweise die Unwahrheit gesagt.
Und so ist es im deutschen Recht: Da du unschuldig bist bis zum Beweis des Unrechts, darf jemand wegen übler Nachrede verklagt werden, wenn er jemandem ein Verbrechen unterstellt, der …

  • keins begangen hat
  • eins begangen hat, und die Verhandlung steht noch aus
  • eins begangen hat, das aber verjährt ist und nie wird verhandelt werden.

Und besonders der dritte Stichpunkt ist wichtig, wichtig, wichtig. Wie wir gerade erleben, kümmert sich keiner um den Wahrheitsgehalt der Vorwürfe, und so gut wie alle sind verjährt. Die perdfekten Voraussetzungen, um mit wenig Aufwand jemand richtig eine reinzuwürgen.

Man muss sexuellen Missbrauch und Nötigung enttabuisieren, egel, wer Opfer und Täter sind, sowohl von Rang als auch vom Geschlecht. Damit kein Täter seiner Strafe entgeht. Aber wir dürfen dabei nicht ins Gegenteil verfallen und jeden Vorwurf glauben. Beides hat, wenn das Opfer eine Frau ist, damit zu tun, dass wir Frauen für verführerisch, schwach und manipulativ halten. Und wenn das Opfer ein Mann ist, dann agiert unser Vorurteil gegen schwule Sexualität und das 'Vorurteil, dass man Männer ja nicht vergewaltigen kann.

die Franzi

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Hi,

ui… hab ich mich irgendwo geirrt in meinen Schilderungen? Ist Kevin eine Frau? Oder haben sich Frauen über Kevin Spaceys Verhalten gäußert?

die Franzi

Nein, du hast den Geschlechtsunterschied auf der Ebene der Konsequenzen für den Täter reingebracht. Nicht falsch und nicht zu unrecht, aber ich wollte halt auf den Aspekt hinaus, dass Täter und Opfer gleichen Geschlechts sind.

Gruß
F.

.

Sehr richtig!

Gruß
F.

Doppelte Punktzahl dafür.

MeeToo ist eine der groß angelegten Offensiven, die Jedermanns und -frau gesellschaftlichtlichen Umgang im miteinander und damit jedermanns-frau Freiheiten grundsätzlich beschränkt in ein rein funktionales Dasein.
Sie fällt allen in den Rücken. Den Initiatoren, den „Usern und Mitläufern“, und dem Rest.

Schaden durch Schädigung „kompensieren“, ist Selbstjustiz. Das ist keiner Gesellschaft zuträglich.

Franz

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Es hat schon seine Gründe, warum bei uns vor Gericht Recht gesprochen wird und nicht allgemein Vorwürfe über die Medien ausgetauscht werden. Es steht jedem frei, seine Vorwürfe in Form einer Anzeige vorzubringen. Genauer gesagt, ist das genau der Weg, der vorgesehen ist.

Gerade bei Vorwürfen im sexuellen Bereich, wird der Täter sofort stigmatisiert, wenn die Vorwürfe öffentlich werden. Ganz gleich, wie die Sache hinterher vor Gericht ausgeht. Ob das nun das Ziel ist oder das in Kauf genommen wird: die Wirkung solcher Vorwürfe ist bekannt. Wenn man seine Vorwürfe trotzdem in die Landschaft posaunt, finde ich das durchaus schändlich.

Um es klarzustellen: der Angeklagte ist nicht beweispflichtig, aber Zweifel an der Erweislichkeit gehen zu seinen Lasten.

Kann gut sein. Ich habe es nur mit Bedacht so formuliert, damit es auf Franzis Aussagen paßte.

Gruß
C.

Hallo Franzi!

Ich denke, du hast mich missverstanden. Ich glaube nicht, dass „alle Leute immer ehrlich sind“ und alle Vorwürfe wahr. Ich sage, dass man demjenigen, der die Wahrheit sagt, der diese Wahrheit aber nicht hinreichend beweisen kann, keinen moralischen Vorwurf machen kann. Wenn er die Wahrheit spricht, ist nichts anrüchiges daran, dass er den Vorwurf öffentlich macht. Und wenn er die Unwahrheit spricht, ist er ein Verleumder, der als solcher bestraft werden muss. Das ist die moralische Seite, die Frage nach der Schuld.

Und weil ein Dritter bei mangelnder Beweislage nicht sicher sagen kann, ob der Vorwurf der Wahrheit entspricht oder nicht, gibt es im Recht sowas wie „üble Nachrede“ und in der Gesellschaft solche kontroversen Debatten. Aber das einfachste will ich nochmal festhalten: Wenn jemand die Wahrheit sagt, dann sagt er die Wahrheit und das ist in Ordnung. Soviel also zum Missverständnis.

Das überrascht mich! Kannst du mir hier eine Quelle nennen? Ich hab Google bemüht, konnte aber nichts finden.

Gruß
Trambo

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Hi,

Es sollte wurscht sein, welches Geschlecht Opfer und Täter sind. Wenn sich Person A Person B sexuell nähert, ohne dass B das will bzw seine oder ihre Zustimmung äußern oder verweigern Kann, sollte das gleich geahndet werden. Punkt.

Die Franzi

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Hi,

Woher willst du ohne Beweise und ohne Zeugen und ohne gerichtsurteil wissen, ob jemand die Wahrheit sagt?

Die Franzi