Zu diesem Schluss kannst Du doch nur kommen, weil Du vehement die FDP wg. angeblichem „Neoliberalismus“ nicht mittig, sondern deutlich rechts einsortierst.
Ich hingegen sehe eher ein Verharren der kommenden Koalition (falls Jamaika real wird) auf bisherigen Positionen. Denn die Grünen bestehen ja eben nicht nur aus Kretschmann, sondern aus nahezu gleich grossen, wertkonservativen und ausgesprochen linken Flügeln. Ich kann mir derzeit nicht vorstellen, dass der linke Teil der Grünen sich still den Wünschen des wertkonservativen Teils fügt.
Ich fürchte, obwohl ich Dir eigentlich leidenschaftlich zustimme, dass es so einfach nicht unbedingt ist.
Es hängt wohl auch davon ab, ab welchem Punkt Sorgen wegen der Immigranten zu Fremdenfeindlichkeit definiert werden.
Gestern hatte ich eine meiner Mitarbeiterinnen hier zum Kaffeebesuch.
Ich mag sie sehr, sie hat ein gutes Herz und negativ korrelierend dazu nicht viel Geld und eine niedrige Bildung, obwohl sie nicht dumm ist.
Sie hat, und da musst ich mich erstmal am Treppengeländer festhalten, die Grünen gewählt, hatte aber mit sich gerungen, ob sie nicht doch die AfD wählen soll, es war knapp.
Auf meinen entsetzten Gesichtsausdruck hin erläuterte sie noch, sie habe sich die Parteiprogramme vorher mal kurz angeguckt (immerhin), wisse nicht viel von der AfD und die würden schon am rigorosesten mit den Flüchtlingen umgehen, gegen die sie mal sehr ist.
Ich könnte mir vorstellen,dass das durchaus repräsentativ ist für so einige WählerInnen.
Und wenn es das ist, dann ist die These, dass wir die AfD Frau Merkel zu „verdanken“ haben, nicht weit hergeholt.
Dagegen ist eine Situation, in der man zwischen Linkspartei und AfD schwankt, ja noch nachvollziehbar. Aber Grün und AfD? Gegensätzlicheres gibt es IMHO derzeit nicht.
Wahrscheinlich meinte sie nicht gegen die Flüchtlinge zu sein, sondern gegen deren sehr hohe bzw. überhohe Präsenz hierzulande. Oder irre ich? Vielleicht hat sie die Teile im Programm der Grünen überlesen, in dem verklausuliert steht, dass bitte mehr kommen mögen und auch niemand abgeschoben werden solle. Und ihre Präsenz an sich Bereicherung genug sei, egal wieviel es kosten mag.
Ist sie vielleicht Muslima? Dann könnte ich argumentativ noch diese parteiliche Zerrissenheit nachvollziehen. Oder war es der Klimawandel?
Das haben wir mit Sicherheit Merkels Flüchtlingspolitik zu verdanken, die aber (in der Summe) von allen anderen Parteien im BT mitgetragen wurde, während Kritik kollektiv niedergemacht wurde. Und hier haben ja viele Leitmedien heftig mitgemacht, wie viele ihrer Vertreter nach einiger Zeit (vorgeblich) reumütig einräumten.
Besonders problematisch ist dabei gewesen, dass eigentlich nach dem Durchwinken derer, die am Budapester HBF warteten (beklagt und bejammert von dt. Medien), der Korken wieder in den Flaschenhals sollte, aber sie am Ende nicht die Courage hatte, um das auch durchzuziehen. Ebenso ihre Haltung, vordergründig zu jammern, weil Österreich, Ungarn und Mazedonien dann ihren Job übernahmen, aber zeitgleich zu fordern, dass die Politik des Durchwinkens ein Ende haben müsse, ist Beweis genug für die doppelgesichtige Verlogenheit ihrer Politik gewesen. Die Frau entscheidet eben streng danach, was morgens in der Zeitung stand. Aber sie brachte sich selbst damit in eine Position, von der sie ohne völligen Gesichtsverlust nicht mehr herauskam. Was dann auch ihre engstirnige Bockigkeit (dann ist das nicht mehr mein Land) erklärt.
Und wenn es das ist, dann ist die These, dass wir die AfD Frau Merkel zu „verdanken“ haben, nicht weit hergeholt.
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Das haben wir mit Sicherheit Merkels Flüchtlingspolitik zu verdanken
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A bissl komplexer ist es schon.
Du hast im anderen Thread gestern ja zurecht festgestellt, dass Deutschland mit diesem zweistelligen AfD-Einzug lediglich europäische Normalität herstellt. Allein der Blick auf die beiden deutschsprachigen Nachbarländer mit ihren seit Jahrzehnten starken Rechtsextremen macht das deutlich. Natürlich ist Merkels Flüchtlingspolitik ein wichtiger Katalysator dafür gewesen, aber weder erster noch letzter Grund.
Um es im zugespitzt zu sagen: nun quasi ständig den Flüchtlingen die Schuld zu geben, dass ein paar Mio. Kartoffeln eine in Zügen rechtsradikale Partei in den BT gewählt haben, ist schon echt ärgerlich.
In Österreich waren die Rechtsextremen schon an der Regierung beteiligt, da konnte noch gar keiner Flüchtling überhaupt buchstabieren.
Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man „den Flüchtlingen“ oder der aktionistischen und nicht zu Ende gedachten Flüchtlingspolitik der Kanzlerin die Schuld gibt, lieber FBH.
Ich kann es aber gerne für Dich abschwächen: Die AfD hätte nicht mehr als 6 oder 7% ohne die Flüchtingspolitik der Kanzlerin erhalten. Gleiches gilt, wenn sie sich für eine Obergrenze nach dem Modell der CSU entschieden hätte.
Allein der bzw. „ihr“ EU-TÜR-Deal hat es bislang im Verbund mit der österreichischen Unterstützung Ungarns und Mazedoniens geschafft, die CDU nicht deutlich unter die 30% zu manövrieren. Bei einer weiteren knappen Million „Flüchtlinge“ in 2016 hätte es in D massiv gekracht. Nein, nicht in Form von Bürgerkrieg, aber von Massendemonstrationen und ggf. ersten sozialen Unruhen.
Die Zäsur (Abschied von der Sonderrolle Ds) hätte es über kurz oder lang auf jeden Fall gegeben, weil die Merkelsche Strategie der Sozialdemokratisierung der CDU rechts eine Lücke hinterließ. Und so ein Vakuum wird nicht lange geduldet. Wobei die NPD als Lückenfüller sich durch ihre durch und durch fundamental-nationalistische Totalradikalität schon längst selbst entsorgt hatte.
Schon klar, zusammenhängen tuts aber dennoch.
Um speziell deine Aussagen dazu ist es mir auch gar nicht gegangen, sondern um die Rolle, die der Sager im politischen Diskurs einnimmt. Das hat schon ein bisschen einen Hauch von „an der AfD und der ganzen Flüchtlingsfeindlichkeit sind die Flüchtlinge schuld“.
Yep.
Vielleicht hätte es sie auch ohne diese Strategie gegeben.
Die AfD ist ja nicht einfach „rechter“ als die CDU, sondern rechter, sozialer, kümmernder, populistischer, moderner, brauner, blauer, was weiß ich noch alles. (Das zeigt m.E. auch die beträchtliche Wählerwanderung von der SPD oder der Linken zur AfD).
Beim Blick auf Merkel-freie Nachbarländer sieht man ja durchaus, dass diese AfD-ähnlichen Parteien auch ohne Merkelismus aufgekommen sind.
Nicht unmittelbar vergleichbar, aber dennoch: Trump ist das Produkt nicht einer in die Mitte gerückten republikanischen Partei, sondern einer schon vorher in Teilen extremisierten Partei.
Ich finde, die Vakuum-Theorie passt nicht immer, es gibt auch so eine Wegbereiter-Logik.
Trump ist das Produkt einer Situation aus schwachen, parteikonformen REP-Gegnern und einer Demokratin, die meinte ihren Wahlkampf mit einer Fokussierung auf alles zu gewinnen, das gerade nicht der weissen (Noch-)Durchschnitts- und auch Mehrheitsgesellschaft entsprach. Wobei die Idiotin es noch fertigbrachte, genau diese Gruppe mit Anlauf zu beleidigen.
Es ist schon ein Treppenwitz oder auch Kunststück US-amerikanischen Wahlsystems gewesen, dass zwei zutiefst unbeliebte Kandidaten am Ende übrigblieben. Da wurde SIE am Ende zur Pest, der man die Cholera doch noch vorzieht. Man könnte es in Abwandlung von Robert Lemke übersetzen: „Welches Arschloch hättens denn gern?“
Warum sind es dann aber in Marxloh bis zu 30% ?? Wohnen „tief im Westen“ mehr Rechtsextremisten als anderswo oder sind das doch ganz einfach Anwohner, die unter den bekannten Problemen bloß mehr zu leiden haben?
Du zitierst namentlich mich, aber von mir ist nur Der erste Absatz des zitierten Teils!
Teil 2 würde ich in dieser Unbedingtheit auch niemals unterschreiben.
Aber alle AfD- Wähler, mit denen ich so zu tun hatte , Klempner, Rentner, Verkäuferinnen et cetera haben geschlossen den „Flüchtlingsstrom“ als Wahlgrund genannt. Es hat auch nichts genützt, dass ich ihnen gesagt habe, dass sie zwar nett, aber trotzdem Idioten sind
Und Österreich /rechts ist ein eigenes Gruselthema.Auch ganz aktuell. Ich fahr da fast täglich durch und sehe diese gruseligen Wahlplakate. Aber die von der ÖVP .Das ist da schon salonfähig, das.
Bei ZON kann man derzeit überwiegend lesen (Kommentare), dass es sich allesamt um üble Nazis handelt. Bei ZON im Artikel kann man lesen, dass man jetzt nicht den Fehler begehen sollte, die Flüchtlingskrise bzw. -problematik, Migration oder ähnliches thematisieren solle (hülfe nur der AfD), weil die Wähler allesamt sich einfach nur nach einer anderen (linkeren) Sozial-, Bildungs- und Arbeitspolitik sehnen würden. kopfschüttel
Tja, daher scheint es auch ein Irrtum zu sein, dass die SPD, Grüne und Linke insgesamt gesehen Verluste einfuhren. Wahrscheinlich wird man noch einmal nachzählen müssen.
Leider ist der Artikel bereits auf der Startseiteverschwunden und ich habe keinen Link. Er war von Ullrich (?).
Man stelle sich vor wie enorm viel die AfD abgesahnt hätte, wenn sie die „wahren“ Wahlgründe thematisiert und keinen Pieps zu Flüchtlingen/Zuwanderung hätte verlauten lassen. Mit anderen Worten: Es wird immer noch so getan, als sei das Thema gar keines. Genau diese Vogelstrausstaktik aber vergössert nur die Erfolge der AfD.
Z.B. für mich, da ich eigentlich ´links´ bin, in der Zuwanderungsfrage aber die AfD favorisiere und entsprechend gewählt habe. Als prominentes Beispiel für meine Position nenne ich Sarah Wagenknecht, die sich relativ spät, dafür aber nachhaltig zu dieser Einsicht durchgerungen hat - natürlich um den Preis des Bashings durch viele blauäugige Parteigenossen. Bekanntlich gab es aber viele Abwanderungen von der Linken zur AfD.
Das ist keine „Verwirrung“, sondern eine rationale Strategie. Viele dieser Protestwähler, darunter ich, würden ab einem bestimmten Prozentsatz (z.B. 15 oder 20 %) von einer aktiven Favorisierung der AfD Abstand nehmen, weil ein solcher Prozentsatz für den strategischen Zweck ausreicht.
Natürlich würden die Prozente dann wieder sinken, aber nicht so sehr, dass die AfD wesentlich geschwächt würde. Protestwählerei ist halt ein komplexer und nicht perfekt kalkulierbarer Prozess.
Sagen wir einmal so: Auch Leute, die im Alltag wirklich nett sind, können durchaus rechtsextreme und/oder fremdenfeindliche Ansichten haben oder zumindest dafür anfällig sein.
Und wenn dann eine lautstarke und vermeintlich für diese Leute eintretende Gruppe auftaucht, die gegen eine Minderheit hetzt, wird es eben auch für die sonst so netten Leute, die derlei früher nicht unbedingt öffentlich geäußert hätten, wieder sagbar.
Die jeweilige Minderheit, gegen die da gehetzt wird, ist eigentlich sekundär - wenn es die Flüchtlinge nicht gäbe, wären es eben wieder Muslime oder Ausländer allgemein oder die Arbeitslosen, die Schwulen, die Linken, die Studenten etc.pp
sollten sich besinnen, und keinesfalls eine Koalition mit Merkel eingehen. In 12 Jahren Merkel hat jeder (Koalitions) „Partner“ verloren. Sogar die CSU hat mit dem höchsten Verlust aller Zeiten aus einer absoluten Mehrheit heraus nun die deutliche Klatsche serviert bekommen. Die Grünen werden gefressen, wenn sie sich hinreißen lassen.
Es besteht eine „historische“ Chance, wenn SPD und Grüne sich der Koalition mit Merkel (wohlgemerkt Merkel, nicht CDU!) verweigern würden. Auch wenn es richtig schmerzhaft wird, wenn die ausgeprägten von Merkel produzierten innen- und außenpolitischen Abhängigkeiten zusammenfallen. Lieber jetzt als weitere 4 Jahre später.
Vergleiche mal die Wirtschafts-, Sozial- und Migrationspolitik der AFD mit FDP. Die Unterschiede sind marginal! Und dies sind nun mal die wesentlichen Kernpunkte einer Gesellschaftspolitik. Der Erfolg dieser Ein-Mann-Partei ist neben dem Erfolg der Grünen die Überraschung dieser Wahl. Der Rest war absehbar. Union oder SPD betreffend. Auch die Linke. Sie haben keine politische Lobby in den Medien. Daran müssen sie arbeiten. Ich hätte da zweistellige erwartet, ist aber leider nicht so.
Ja, genau, und darum ist das Ganze mitnichten harmlos.
Gib den netten Ratten einen Rattenfänger und sie schreien bald wieder „Sieg heil“.
Diese Anteile haben wir übrigens ausnahmslos alle in uns und wenn wir uns dessen nicht bewusst sind, können wir nicht mit ihnen umgehen und das intern in die eigne Obhut nehmen. Und dann wird das im Aussen ausagiert. Und zack haben wir wieder eine Reichskristallnacht.
(Keine Einladung, das misszuverstehen)
Für die Wahl selbst kann man das schon so sehen, dass Trump aber überhaupt so weit gekommen ist, hat m.E. ganz klar damit zu tun, dass die Republikaner sich mittlerweile schon sauber extremisiert hatten. Da ist der Zweite Cruz fast noch mehr Beleg dafür als der Sieger Trump.
Ich wollte auch nur sagen, dass Trumps Erfolg sicherlich nicht die Konsequenz eines in-die-Mitte-Rückens der Republikaner war.
So dürften sich auf jeden Fall die Iraker getröstet haben.