Das ist genau das, was Drosten mal als Geschnatter bezeichnet hat:
„Je älter man ist, desto mehr Kreuzimmunität
muss man haben. Also misst man diese aktivierten
T-Memory-Zellen, diese T-Zellen, und trägt sie gegen
das Alter auf. Und was man sieht, ist erstaunlicherweise:
keine Korrelation. Also bei Leuten, die mit
diesem SARS-Virus keinen Kontakt hatten, die haben
eigentlich nicht mehr von diesen Memory-Zellen, je
älter sie werden, also je mehr Infektionserfahrung
mit Erkältungscoronaviren sie haben.“
"Man bringt im
Labortest diese T-Zellen von Leuten, die noch keinen
Kontakt hatten mit dem SARS-2-Virus im Reagenzglas
mit dem SARS-2-Virus zusammen und guckt, wie die
darauf reagieren. Da kann man sagen: Je mehr man
prozentual überhaupt Gedächtniszellen in den T-Zellen
hat, desto mehr reagieren diese T-Zellen im Labortest
auf das SARS-CoV-2-Virus. Aber nicht: Je mehr Infektionserfahrung
man mit Coronaviren hat, desto
mehr reagieren die. Und das ist jetzt nicht gerade
ein Hinweis darauf, dass das Ganze ein coronavirusspezifischer
Effekt ist. Sondern das ist einfach nur
so: Wo viele Memory-Zellen sind, da gibt es auch viel
Aktivierbarkeit, viel Signal-Tätigkeit von Memory-Zellen
in diesem Labortest.
Korinna Hennig
Und das gilt für Ältere, für ein älteres Immungedächtnis.
Christian Drosten
Genau, das können wir gleich noch mal sagen. Aber
ich würde nur gerne erst mal diesen Zwischenbefund
festhalten. Dass man eigentlich sagen kann: Wo viele
solche Memory-Zellen sind, da senden auch viele solcher
Zellen eine Aktivierungssignal aus. Aber das muss
nicht unbedingt was mit einem anderen Coronavirus zu tun haben. Das kann auch mit anderen Dingen was
zu tun haben, so nach dem Motto, das ist einfach ein
Geschnatter von T-Zellen. Die T-Zellen schnattern rum,
egal, ob sie was zu erzählen haben oder nicht.
Korinna Hennig
Unspezifisch
Christian Drosten
Genau. Und man muss sagen, diese ganze Studie
basiert auf sehr, sehr ausgeklügelten und extrem
empfindlichen Testverfahren, die viele andere Labore
so gar nicht können. Das sind wirklich Experten für
diese immunologischen Messungen. Die haben hier
auch ganz besondere Methoden verwendet, die eine
sehr empfindliche Auswertung ermöglichen. Jetzt
findet man eine interessante Gegenprobe. Wenn man
nämlich noch mal eine andere Patientengruppe mit
hinein nimmt, in dieselbe Untersuchung, und zwar
Patienten, die tatsächlich eine SARS-2-Infektion hinter
sich haben, dann sieht man plötzlich, dass die alle
einen hohen Anteil an SARS-2-spezifisch aktivierten
Gedächtnis-T-Zellen haben, egal, wie groß derenAnteil
an Gedächtnis-T-Zellen im Allgemeinen ist. Das heißt,
da ist es kein reines Geschnatter mehr. Da sind also
diejenigen, die wenige Gedächtnis-T-Zellen in ihrem
gesamten T-Zell-Pool haben, wir sagen T-Zell-Pool
dazu, also das Gesamtrepertoire, die sind genauso
schön reaktionsfreudig wie diejenigen, die ganz viele
Gedächtniszellen haben. Also da ist es nicht mehr nur
vom reinen Hintergrundrauschen abhängig, sondern
da ist es tatsächlich virusspezifisch, wenn man das
Virus wirklich hinter sich hat."
NDR-Podcast vom 29.9.2020