Was hat die CDU/CSU aus Japan/Fukushima gelernt?

Moin,

wenn es irgendwer weiß oder ansatzweise nachvollziehen kann:

Was hat die CDU/CSU aus Japan und Fukushima neues gelernt???

Ich habe letzte Woche ein Interview/Talkshow gesehen, wo einem Unionspolitiker die Frage gestellt wurde, ob die zumindest vorläufige Abschaltung der AKW eine 180° Kehrtwende der bisherigen Politik darstellt.
Und er antwortet tatsächlich, dass es keine Kehrtwende sei, sondern man lediglich auf Grundlage einer sich geänderten Situation handle! Vor den Katastrophen gab es eine andere Sachlage, da war die Politik angemessen. Jetzt, nach den Katastrophen, gibt es angeblich eine neue Sachlage, die die Abschaltung der AKW als logische Konsequenz erfordere.
Ich denke, die Abschaltung der AKW wäre eine Kehrtwende ihrer Verlängerungspolitik. Wenn die Reaktion der Union aber angeblich keine Kehrtwende darstellt, dann kann das nur bedeuten, dass sie den die dauerhafte Abschaltung und den finalen Ausstieg nicht planen. Als Wahlkampftaktik.

Volker Kauder sprach ebenfalls in der Sendung Hart-aber-fair vom 23.03.2011 (http://www.youtube.com/watch?v=rXQnYOVRrrw) von einer sich geänderten Situation.

Ab 00:53 sagt er wörtlich: „Und, ehm, wir alle werden die Frage jetzt auch noch klären müssen, innerhalb des Moratoriums, dass ein Restrisiko, das wir für eine statistische Größe gehalten haben, dass des nun eingetreten ist…“ - gefolgt von Defensivfeuer gegen die Vorgängerregierung.

Soviel zu der Sachlage, jetzt meine Meinung
Hauptfrage: welche neue Sachlage stellt sich dar?

  • ist es Herr Kauders (und das anderer Unionspolitiker) Verständis vom Begriff „Restrisiko“ und „statistische Größe“? Hat ihnen vorher keiner gesagt, dass es bedeutet, dass es passieren kann, egal wie gering das Risiko ist? Dann zeugt das von mangelnder Sachkenntnis und Ignoranz gegenüber interner Analysen, offiziellen Dokumenten und nicht zuletzt Atomkraftgegnern, wie die Linke, Grüne, Greenpeace und vielen anderen Umweltverbänden.

  • die Problematik der Atomenergie sowie Scenarien für den Fall eines SuperGAU und Austritt von Radioaktivität sind seit Jahrzehnten bekannt, belegt an Störfällen wir Tschernobyl. Wie kann jemand sagen, die Japaner stünden vor überraschenden und völlig unerwarteten Folgen?

  • Wikipedia schreibt: „Jeder denkbare Unfall ist grundsätzlich durch zwei verschiedene Größen charakterisiert, die man zumindest schätzungsweise durch Zahlen zu beschreiben versucht: die Schwere der Unfallfolgen (Schadenshöhe) und die Eintrittswahrscheinlichkeit. Das Produkt Schadenshöhe mal Eintrittswahrscheinlichkeit, oft als Risiko bezeichnet, ist z. B. Kalkulationsgrundlage in der Versicherungswirtschaft.“

Wenn das Risiko das Produkt aus Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit ist: als wie gering muss dann die Eintrittswahrscheinlichkeit angenommen werden, um (nochimmer unvorstellbar hohe) Schäden wie in Japan (Kernschmelze, verseuchtes Grund- und Meerwasser, Millionenfach erhöhte Strahlenwerte, …) überhaupt zu rechtfertigen und vertreten zu können?

Wie kann sich die CDU/CSU erdreisten, das (vermutlich in Absprache mit der Atomlobby) für alle festzulegen, wo sie doch nur von einem kleinen (aber zu großen) Teil der Bevölkerung gewählt wurde. Denn im Ernstfall werden nicht nur deren Wähler verstrahlt (*1), sondern die gesamte Bevölkerung und wahrscheinlich sogar die anderer Länder, die die Union nie gewählt haben oder hätten.

Gruß,
Sky


*1) aufgrund der potentiell zerstörerischen Wirkung auf diesen ernst gemeinten Artikel verzichtet der Autor auf den angedachten sarkastischen Kommentar

Hallo,

Wie kann sich die CDU/CSU erdreisten, das (vermutlich in
Absprache mit der Atomlobby) für alle festzulegen, wo sie doch
nur von einem kleinen (aber zu großen) Teil der Bevölkerung
gewählt wurde. Denn im Ernstfall werden nicht nur deren Wähler
verstrahlt (*1), sondern die gesamte Bevölkerung und
wahrscheinlich sogar die anderer Länder, die die Union nie
gewählt haben oder hätten.

Auch unter SPD und SPD/Grün-Regierungen liefen Kernkraftwerke. Haben die dann folglich auch mit der Atomlobby gekungelt?

MFG Cleaner

P.S.: Solange für weite Teile der Bevölkerung beispielsweise ein Weihnachtsmarkt erst dann als gelungen gilt, wenn wirklich noch jede einzelne Tannenadel beleuchtet ist, solange Leute mit dem Auto zum Fitness-Center fahren, um dort in der beleuchteten Bude auf dem Fahrrad-Ergometer Sport zu betreiben, so lange gehe ich davon aus, dass die Bevölkerung ganz offensichtlich Strom aus AKW haben will.

Auch unter SPD und SPD/Grün-Regierungen liefen Kernkraftwerke.
Haben die dann folglich auch mit der Atomlobby gekungelt?

Die Grünen und ihre Anhänger sind einfach nur verachtenswert, wie sie die Not der Menschen in Japan in zynischster und menschenverachtender Weise für ihre billige Wahlkampfpolemik ausnutzen.

Im Gegenteil - die Grünen sind die einzige Partei, die konsequent die Gefahren der Atomenergie ernst nimmt.

Was ist daran zynisch? Dürfen die Grünen jetzt nichts mehr sagen, nur weil das eingetreten ist, wovor sie immer gewarnt haben?
Grüße Ingo

Interessant war auch vorletzte Woche eine Talkrunde auf n-tv mit Heiner Bremer. Ich glaube, es war auch Volker Kauder, der dort den Grünen vorwarf, dass sie die Kraftwerke ja auch hätten laufen lassen, ohne dass z.B. Sicherungsmaßnahmen gegen Flugzeugabsturzschäden nachgerüstet wurden, obwohl dies ja in Sicherheitsprüfungen nach dem 11.9.2001 bemängelt wurde.

Sehr lustig fand ich da dann den Einwurf durch Heiner Bremer, dass Herr Kauder doch bitte mit dem Grünen-Bashing (was wirklich permanent in der Sendung war) aufhören soll, besonders wenn er den Grünen dies vorwirft, gleichzeitig aber mit seiner Fraktion auch nichts getan hat und dazu auch noch die Laufzeiten verlängerte.

MfG,
TheSedated

Hallo,

Soviel zu der Sachlage, jetzt meine Meinung
Hauptfrage: welche neue Sachlage stellt sich dar?

ganz einfach: die Bevölkerung hat im Moment mehr Angst vor Atomkraftwerken als noch vor drei Wochen. Darauf muß man logischerweise angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen reagieren.

Gruß
C.

Hallo,

Auch unter SPD und SPD/Grün-Regierungen liefen Kernkraftwerke.
Haben die dann folglich auch mit der Atomlobby gekungelt?

Die SPD/Grüne Koalition hat den schrittweisen
Atomausstieg, den sogenannten Atomkonsens 2000
beschlossen, die CDU/FDP Regierung hat diesen
wieder rückgängig gemacht.

Hier eine Chronologie:

http://www.radiobremen.de/politik/dossiers/atomkraft…

Ein sofortiger Ausstieg wäre weder technisch noch
rechtlich möglich!

Gruß
Junktor

Moin,

Was hat die CDU/CSU aus Japan und Fukushima neues gelernt???

weil in BW grad Wahlen sind ein Blick ins Ländle:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,753…

Abgenommen hat ihnen diese Kehrtwende ohnehin kaum jemand,
sie haben lediglich in den Augen der Gleichgesinnten ihr
Gesicht verloren, drum rudert man jetzt zurück.

Man ist dafür oder dagegen, wir leben in einer Demokratie,
die Wähler müssen entscheiden wie es weitergeht.

Gruß
Junktor

Hallo,

Die SPD/Grüne Koalition hat den schrittweisen
Atomausstieg, den sogenannten Atomkonsens 2000
beschlossen, die CDU/FDP Regierung hat diesen
wieder rückgängig gemacht.

damit werden die Forderungen nach Sofortausstieg, die derzeit von der Opposition erhoben werden, aber doch inkonsistent. Entweder der Sofortausstieg ist machbar, wünschenswert und sinnvoll - dann hätte das SPD/Grün machen müssen, als sie slebst die entsprechende Regierungsposition innehatten.
Oder aber es gab Gründe, weshalb Rot/Grün nicht sofort aus der Atomkraft ausgestiegen ist - dann darf man es aber jetzt nicht in dieser Weise proklamieren.

Ein sofortiger Ausstieg wäre weder technisch noch
rechtlich möglich!

Aha!

MFG Cleaner

Darauf muß man
logischerweise angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen
reagieren.

Mahlzeit Christian,

darauf muss man unabhängig von bevorstehenden Landtagswahlen reagieren.

Gruß, Joshi

Wer proklamiert denn von den Grünen oder der SPD den Sofortausstieg?

Nur mal so gefragt…

LG
Mike

Trends
Hallöchen,

darauf muss man unabhängig von bevorstehenden Landtagswahlen
reagieren.

diesmal ganz ohne Satire: auf die gesteigerte Angst der Bevölkerung hätte man gar nicht reagieren müssen. Heute haben die Leute mal wieder Angst vor Atomen, nächste Woche sind es die Gene und dann kommen Frosch-, Murmeltier- oder Katzengrippe.

Nur weil die Bevölkerung jede Gelegenheit für den Ausbruch von Panik gründlich nutzt, ist das noch lange kein Grund, darauf zu reagieren. Dumm ist halt nur, wenn in die drei Wochen Panik drei Landtagswahlen fallen.

Gruß
Christian

Hallo Cleaner,

damit werden die Forderungen nach Sofortausstieg, die derzeit
von der Opposition erhoben werden, aber doch inkonsistent.

Sofortausstieg ist hier nicht wörtlich zu nehmen,
man muss das ja erst einmal (wieder!) beschliessen.
Mit Sofortausstieg ist nicht das sofortige Abschalten
gemeint. Frühestens 2020 könnten alle vom Netz gehen.
Man muss diese Alternativen ja erst einmal errichten.
Und es nützt herzlich wenig, wenn man alle abschaltet
und dann den selben Atomstrom (z.B. aus Frankreich) teuer
kaufen muss.
Einzelne Reaktoren (die Gefährlichsten) könnten sofort
abgeschaltet werden, aber nicht alle. Außerdem bestehen
Verträge, die Energiekonzerne planen ja schon gegen die
vorläufige Abschaltung, dieses seltsame Moratorium, zu
klagen, trotz Konsens, sie selbst hatten dem oben
genannten Ausstieg ja einmal zugestimmt.

Entweder der Sofortausstieg ist machbar, wünschenswert und
sinnvoll - dann hätte das SPD/Grün machen müssen, als sie
slebst die entsprechende Regierungsposition innehatten.

Sie hatten das Mögliche, den Atomkonsens, ja schon ins
Leben gerufen. Einzelne Kraftwerke wären im Januar
bereits abgeschaltet worden. Die CDU/FDP hat das
aber wieder rückgängig gemacht, den wie gerne gesagt wird
Ausstieg vom Ausstieg.
Wenn man einmal weitreichende Entscheidungen gemacht hat,
kann man diese eben nicht so ohne weiteres wieder
rückgängig zu machen. Auf Strom kann unsere Gesellschaft
nicht mehr verzichten.

Gruß
Junktor

Hallo,

ganz einfach: die Bevölkerung hat im Moment mehr Angst vor
Atomkraftwerken als noch vor drei Wochen. Darauf muß man
logischerweise angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen
reagieren.

das kommt davon, wenn man unbedingt 50% der Stimmen haben will. Manchmal geht sowas aber gerade deshalb völlig in die Hose.

Gruß
T.

Hallo Junktor,

ich hoffe das klingt nun nicht herablassend, aber so etwas nenne ich einen „unaufgeregten“ Diskussionsbeitrag, dem ich sogar auch zustimmen kann.

MFG Cleaner

Hallo Christian,

darauf muss man unabhängig von bevorstehenden Landtagswahlen
reagieren.

diesmal ganz ohne Satire: auf die gesteigerte Angst der
Bevölkerung hätte man gar nicht reagieren müssen. Heute haben
die Leute mal wieder Angst vor Atomen, nächste Woche sind es
die Gene und dann kommen Frosch-, Murmeltier- oder
Katzengrippe.

Nur weil die Bevölkerung jede Gelegenheit für den Ausbruch von
Panik gründlich nutzt, ist das noch lange kein Grund, darauf
zu reagieren. Dumm ist halt nur, wenn in die drei Wochen Panik
drei Landtagswahlen fallen.

Es stimmt natürlich. Man kann den millionen Bürgern mit tausenden Statistiken und Berechnungen belegen, was alles passieren kann, wenn der im „Restrisiko“ enthaltene Fall eintritt.
Aber erst, wenn die Weltöffentlichkeit mit den Berichterstattungsmöglichkeiten dieses Jahrtausends quasi hautnah miterlebt, wie ein High-Tech-Land (nicht die „dummen Russen“) mit allen erdenklichen Möglichkeiten und heutigen Mitteln versucht, das wenige zu retten, was noch zu retten ist - erst dann wachen sie auf und begreifen die Realität: die Unbeherrschbarkeit und Endgültigkeit dieser Zerstörungskraft!

Doch vielleicht reicht auch das noch nicht. Erst wenn das eigene Leben wirklich betroffen ist, wacht der Mensch auf. :frowning:

Aus parteipolitischer Sicht war es wohl sinnvoll, wie immer dem Wähler das zu erzählen, was er hören möchte.

Ich hätte mir gewünscht, dass sie darauf nicht reagieren und ausnahmsweise auch mal das ankündigen (bzw. bei dem bleiben), was sie nach der Wahl tun werden. Aber das scheint nichts zu sein, für die traditionsbewusste Union.

VG,
Michael

Eine der beiden, auch wenn die andere gern boykottiert oder nicht genannt wird (in diesem Thread offenbar bislang nur von mir).

Ich möchte jetzt HIER keine ausgedehnte Diskussion über Die Linke entfachen, die hier nicht hergehört. Aber ich lege wert darauf, dass anerkannt wird, dass auch sie den unverzüglichen (das heißt laut Gysi „ohne schuldhaftes Verzögern“) Atomausstieg fordern. Das wiederum bedeutet, dass die AKW so lange angeschaltet bleiben, wie es unbedingt notwendig ist, um die Versorgungssicherheit Deutschlands nicht zu gefährden.

Hallo,

Nur weil die Bevölkerung jede Gelegenheit für den Ausbruch von
Panik gründlich nutzt, ist das noch lange kein Grund, darauf
zu reagieren. Dumm ist halt nur, wenn in die drei Wochen Panik
drei Landtagswahlen fallen.

Es stimmt natürlich. Man kann den millionen Bürgern mit
tausenden Statistiken und Berechnungen belegen, was alles
passieren kann, wenn der im „Restrisiko“ enthaltene Fall
eintritt.

das Problem ist, daß das Restrisiko nicht weltweit gleich ist. In Japan war es vornherein viel größer als in Deutschland, weil die AKW nur auf Erdbeben ausgelegt waren, die dort alle Naslang auftreten. Daß jetzt mit dem AKW in Japan politisch gearbeitet wird, ist in etwa so sinnvoll wie über die Sicherheit von Flugzeugen anhand der Absturzstatistiken in Schwarzafrika zu diskutieren.

Man kann ja zu Atomkraft stehen wie man will, aber die Art und Weise, wie mit dem Thema umgegangen wird, geht mir schwer auf den Zeiger. Mit sachorientierter Diskussion hat das nichts zu tun; man spielt schlicht und ergreifend mit den Ängsten der Menschen vor einer unsichtbaren Gefahr.

Gruß
Christian

Hallo,

Nur weil die Bevölkerung jede Gelegenheit für den Ausbruch von
Panik gründlich nutzt, ist das noch lange kein Grund, darauf
zu reagieren. Dumm ist halt nur, wenn in die drei Wochen Panik
drei Landtagswahlen fallen.

Panik ist nie ein kluges Fundament, die Risiken lassen
sich ja immer kleinreden, dumm dastehen tut man nur, wenn
dann trotzdem etwas passiert.
Die Risiken hierzulande halte ich auch für überschaubar,
trotzdem bleibt das Problem der Endlagerung.

Obwohl das Land Bayern, sprich die CSU pro Atomstrom
ist und das Land auch den meisten Atommüll produziert,
wollen sie ihren Dreck doch nicht gern Daheim haben,
sondern der ist bei den Norddeutschen in Gorleben
besser aufgehoben:

http://www.zeitong.de/ng/da/2009/10/24/ein-atomendla…

Auch das Zwischenlagerproblem wird/wurde dort
heftig diskutiert:

http://umweltinstitut.org/radioaktivitat/atompolitik…

Man kann nun für oder gegen Atomstrom sein,
aber der Verantwortung kann man sich nicht entziehen!
Und das hat mit Panik nichts zu tun!

Gruß
Junktor