Was machen die Mauermörder jetzt eigentlich so?

Moin
Zuweilen treibt mich die Frage um, was die Leute, die damals an der Mauer bewusst Flüchtende abgeschossen haben und dafür nicht einen Tag Gefängnis bekamen, jetzt so machen. Leben die einen „normalen“ Alltag, beten die in einem Kloster täglich um Vergebung, sind sie sehr traurig, wenn sie an das Vergangene denken oder feixen sie sich eins, dass sie so gut davon gekommen sind?
Ich habe keine rechte Vorstellung davon. Könnt ihr mir eure Ideen dazu mitteilen?
Gruß,
Branden

Ich glaube, viele von denen verdrängen das, oder verbuchen es unter dem Begriff „Befehlsausführung“. Manch einer leidet vielleicht an PTBS, wie es viele Soldaten tun, die Menschen erschossen haben. Einige wenige sind vielleicht auch stolz auf ihre Taten.

Ich weiss nur nicht so genau, weshalb die ins Gefängnis sollten? Klar ist man auch als Soldat nicht einfach nur stumpfer Befehlsempfänger, aber was unterscheidet einen DDR-Grenzsoldaten, der auf Befehl auf Menschen schoss, von irgendeinem anderen Soldaten, der auf Befehl auf Menschen schießt/schoss?

MfG,
TheSedated

Ich weiss nur nicht so genau, weshalb die ins Gefängnis
sollten? Klar ist man auch als Soldat nicht einfach nur
stumpfer Befehlsempfänger, aber was unterscheidet einen
DDR-Grenzsoldaten, der auf Befehl auf Menschen schoss, von
irgendeinem anderen Soldaten, der auf Befehl auf Menschen
schießt/schoss?

Es war kein Krieg und die Grenzer waren nicht unmittelbar in Gefahr. Die Flüchtigen waren meist Zivilisten und in der Regel unbewaffnet.
Gruß,
B.

Was macht der Mörder von Benno Ohnesorg jetzt eigentlich so?
Servus,

IM „Otto Bohl“ KOK Karl-Heinz Kurras lebt hochbetagt und im wesentlichen unbehelligt in seinem Häuslein in Spandau; seit 2009 beschäftigt sich die Staatsanwaltschaft wieder ab und zu mit ihm, aber das ficht ihn wohl wenig an.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Es war kein Krieg und die Grenzer waren nicht unmittelbar in
Gefahr. Die Flüchtigen waren meist Zivilisten und in der Regel
unbewaffnet.

Viele Soldaten haben auf der Flucht auf ihre ehemaligen Kameraden geschossen. So genau wollen wir auch sein. Hier mal ein bekanntes Beispiel.
http://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Weinhold

Hallo!

Es war kein Krieg und die Grenzer waren nicht unmittelbar in
Gefahr. Die Flüchtigen waren meist Zivilisten und in der Regel
unbewaffnet.

Viele Soldaten haben auf der Flucht auf ihre ehemaligen
Kameraden geschossen. So genau wollen wir auch sein.

Kannst Du „viele Soldaten“ mit irgendwelchen Zahlen untermauern?

Gruß
vdmaster

Hallo!

Tach

Es war kein Krieg und die Grenzer waren nicht unmittelbar in
Gefahr. Die Flüchtigen waren meist Zivilisten und in der Regel
unbewaffnet.

Viele Soldaten haben auf der Flucht auf ihre ehemaligen
Kameraden geschossen. So genau wollen wir auch sein.

Kannst Du „viele Soldaten“ mit irgendwelchen Zahlen
untermauern?

http://de.wikipedia.org/wiki/Todesopfer_an_der_Berli…
Hier ist von 8 Grenzsoldaten die Rede bei insgesamt 138 Todesfällen durch direktes Fremdverschulden. Also knappe 6%.

Gruß
vdmaster

Lg,
Penegrin

Artikel
Hi!
Ich habe vor einigen Wochen einen Artikel darüber gelesen, habe ihn grad lange online gesucht, leider nicht gefunden.
Da ging es um die Sichtweise aus beiden Seiten des eisernen Vorhangs. Da waren auch persönliche Berichte drin von Grenzsoldaten.

Muss in der Zeit (Magazin oder Zeitung) oder im Süddeutschen Magazin gewesen sein.
Vielleicht ist da jemand besser im Suchen und finden.

Für mich lautete der Tenor: Es gibt Unverbesserliche und andere, die das mehr reflektieren. Wobei (soweit ich mich erinnere), da nur allgemein von Grenzsoldaten die Rede war und nicht vom vollzogenen Schießbefehl.

Oder wie Honecker ja auf seine alten Tage sinngemäß raushaute: Selber schuld, die Toten an der Mauer. Die hätten ja dort nicht hingehen brauchen und sich erschießen zu lassen. Das war ja bekannt, dass auf Flüchtende geschossen wurde. Ganz schön zynisch.

Grüße
kernig

Vielelicht arbeiten einige jetzt an der Grenze USA-Mexiko.

Viele Soldaten haben auf der Flucht auf ihre ehemaligen
Kameraden geschossen. So genau wollen wir auch sein. Hier mal
ein bekanntes Beispiel.
http://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Weinhold

Ich kann den Weinhold verstehen. Wie sollte er aus dieser Diktatur entkommen?

ja bekannt, dass auf Flüchtende geschossen wurde. Ganz schön
zynisch.

Ja, diese zynische Bemerkung war wirklich zum Kotzen.

Moin

Hallo Branden,

…wenn sie an das Vergangene
denken oder feixen sie sich eins, dass sie so gut davon
gekommen sind?

sie feixen sich eins, dass sie - anders als Judenmörder - bei der überwiegend links orientierten medialen Journaille eine Lobby haben, die nicht an einer Hetzjagd auf sie interessiert ist.

Mit anderen Worten: es ist scheinbar ein Unterschied ob ein NSDAP treuer Scherge einen Menschen umgebracht hat nur weil er Jude ist, oder ein SED Scherge einen Menschen, der nichts anderes wollte, als seine Freiheit. Die Foltereien mit anschließender Todesfolge, gar nicht berücksichtigt…
Die Tränen einer Mutter deren Sohn von der SS ermordet wurden, sind anscheinend mehr Wert, als die einer Mutter dessen Sohn an der Mauer ermordet wurde!

Und wenn ich dann an die Doppelmoral derjenigen Linken denke die einerseits beim stehenden Gedenken an die ermordeten Maueropfer sitzengeblieben sind, aber andereseits mit wehenden Fahnen (zurecht) gegen rechts demonstrieren, kann ich gar nicht soviel essen, wie ich kotzen möchte…!

Gruß,
Branden

Gruß
rolli

Hallo,

Ich kann den Weinhold verstehen. Wie sollte er aus dieser
Diktatur entkommen?

Weinhold hält aber auch abseits seines vermeintlich politisch motivierten Totschlags an der Grenze, ein ehebliches Gewaltpotential bereit…

Gruß
rolli

Oder wie Honecker ja auf seine alten Tage sinngemäß raushaute:
Selber schuld, die Toten an der Mauer. Die hätten ja dort
nicht hingehen brauchen und sich erschießen zu lassen. Das war
ja bekannt, dass auf Flüchtende geschossen wurde. Ganz schön
zynisch.

Das war 2011 Margot Honecker.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/margot-…

Hallo!

sie feixen sich eins, dass sie - anders als Judenmörder - bei
der überwiegend links orientierten medialen Journaille eine
Lobby haben, die nicht an einer Hetzjagd auf sie interessiert
ist.

Das ist Geschichtsklitterung! Nach dem Ende des Dritten Reichs geschah (von seltenen Ausnahmen abgesehen) über ein Vierteljahrhundert seitens der westdeutschen Justiz so gut wie nichts in Richtung Verfolgung und Verurteilung zahlloser Mörder und Mittäter. Diese Untätigkeit gehörte zu den Ursachen für beträchtliche Unruhen in der jüngeren Generation.

Nach Kriegsende bestanden Justiz und Verwaltung zum überwiegenden Teil aus den gleichen Leuten wie zur Zeit des Dritten Reichs. Welche Leute auch sonst, andere waren ja nicht da. So wurde totgeschwiegen und wer dennoch den Mund aufmachte, als Nestbeschmutzer beschimpft.

Wenige Symbolfiguren wurden im Laufe der Nürnberger Prozesse verurteilt, einige auch hingerichtet. Der größte Teil der zu langjährigen Haftstrafen Verurteilen saß nach kurzer Zeit wieder in Amt und Würden. Der Rest der Bevölkerung einschließlich des Millionenheers an Mitläufern und Nutznießern durchlief Entnazifizierungsverfahren. Das galt als Persilschein und alles war wieder gut. Übrigens auch seitens der Alliierten. Denn nachdem sich der Kalte Krieg abzeichnete, gab es kein Interesse an Aufarbeitung und Strafverfolgung mehr.

So blieb es bis in unsere Tage. Hin und wieder wurde mal irgendwo ein schon mit dem Kopf wackelnder Greis notfalls im Krankenbett in einen Gerichtssaal geschoben, aber überwiegend untere Chargen, die zwar früher menschenverachtend handelten, aber selbst arme Schweine waren.

Nach dem Ende eines jeden Regimes beginnt das immer gleiche Spiel: Ganz wenige Symbolfiguren und ein paar namentlich bekannte Täter, zumeist nicht sonderlich denkfähige Befehlsempfänger, werden vor Gericht gestellt. Mit der Verurteilung der paar Nasen ist’s dann auch gut. Nach dem Ende eines jeden Regimes gehen alle nicht Verurteilten zum Tagesgeschäft über. Nach dem Ende eines jeden Regimes wird erfolgreich der immer gleiche Sachverhalt verdrängt: Wenige Einzeltäter und wenige für das Geschehen Verantwortliche gibt es nicht. Vielmehr ist es in jedem Fall mindestens eine größere Bevölkerungsschicht, in aller Regel sogar die Bevölkerungsmehrheit, die ein Regime am Leben erhält, die als Nutznießer mitmachten, die gleichgültig wegsahen, massive Verbrechen als Randerscheinung abtaten, die hinterher von rein gar nichts gewußt haben wollen und irgendwann erzählen, so schlecht war’s ja auch wieder nicht.

Im Fall der DDR waren wir in Ost und West allesamt beteiligt. Und sei es auch nur mit unfaßbarer Dummheit. So ließen sich die Menschen in Ost und West einreden, jenseits der Grenze sitze der Feind. Die Flachköpfe in Ost und West ließen sich von ihrer jeweiligen Führungsmacht dergestalt instrumentalisieren, daß sie bereit waren, ihr Land als Schauplatzes des Schlagabtauschs der Großmächte herzugeben, alle Lebensgrundlagen aufzugeben, dafür zu sterben. Nicht wenige der damaligen Trottel, die totale Zerstörung und zig Millionen Tote einkalkulierten, zeigen heute mit dem Finger auf Grenzsoldaten, die nicht daneben schossen, während sie selbst zur Zeit des Kalten Kriegs nichts gegen das Abschlachten der kompletten Bevölkerung einzuwenden hatten.

Wir müssen uns die Verlogenheit vor Augen führen. Das gesamte System, das Gleichgewicht des Schreckens, war pervers und menschenverachtend. Wir alle, die am Ende des Irrsinns schon alt genug waren, haben es geduldet, befördert und sahen uns beiderseits der Grenze auf der Seite der Guten.

Gruß
Wolfgang

Hallo,

Zuweilen treibt mich die Frage um, was die Leute, die damals an der Mauer bewusst Flüchtende abgeschossen haben und dafür nicht einen Tag Gefängnis bekamen, jetzt so machen.

Naja, das ist schon ein ganz klein wenig polemisch. Das waren sicher auch ganz junge Wehrpflichtige, also Leute, die das machen mussten.

Leben die einen „normalen“ Alltag, beten die in einem Kloster täglich um Vergebung, sind sie sehr traurig, wenn sie an das Vergangene denken oder feixen sie sich eins, dass sie so gut davon gekommen sind?

Ein paar kranke werden auch dabei sein, die Masse hat aber daran ganz sicher zu knabbern. Der Mensch kann da auch ganz gut Verdrängen, wenn er mit etwas nicht klar kommt oder sich das eben auch schönreden bzw. rechtfertigen.
Diese armen Schweine standen ganz unten in der Befehlskette. Gerne wurde junge Leute dahingeschickt, die schon Familie hatte. Und jeder von denen wusste, dass die in der DDR in Sippenhaft genommen würden, wenn man da absichtlich gegen Befehle verstößt. Die hatten die Wahl zwischen Pest und Cholera und in der Situation sicher selber mehr Schiß als Vaterlandsliebe. Deswegen hatten genug auch das Glück vor lauter Aufregung nicht zu treffen. Und dann war natürlich immer noch ein zweiter dabei, der hätte sagen können, der hat nicht geschossen bzw. absichtlich daneben.
Die Schweine waren ganz klar diejenigen, die diese Grenze hochgezogen und die Schießbefehle erteilt haben.
Also fragst Du vielleicht erstmal nach denen.

Grüße

Weinhold hält aber auch abseits seines vermeintlich politisch
motivierten Totschlags an der Grenze, ein ehebliches
Gewaltpotential bereit…

Das mag sein, steht aber hier nicht zur Debatte.

Hi

Das waren
sicher auch ganz junge Wehrpflichtige, also Leute, die das
machen mussten.

Die mussten Leute ermorden? Sie hätten nicht daneben schießen können?
Gruß,
Branden

*** Endlich mal eine gute Antwort ***
Danke!
Gruß,
Branden

Die mussten Leute ermorden? Sie hätten nicht daneben schießen können?

Was wäre denn passiert, wenn sie absichtlich daneben geschossen hätten? Im besten Fall wären sie nicht erwischt worden. Wären sie erwischt worden, wäre das wohl unter Hochverrat gelaufen. Also ab in den Knast, bisschen Folter und zum Schluss vielleicht noch eine Hinrichtung. Dazu hätten wohl die wenigsten den Arsch in der Hose. Dazu kommt noch die Indoktrination, die in der NVA wohl noch um einiges stärker war, als in der DDR sowieso schon. Trotzdem gab es mit Sicherheit Fälle, bei denen die Grenzsoldaten absichtlich garnicht oder daneben schossen.

Bist du denn wirklich so naiv zu glauben, dass die das alles freiwillig gemacht haben? Dass die vielleicht sogar Spaß dran hatten, Leute zu erschießen, die die DDR verlassen wollten? Die meisten wussten wohl, dass es falsch war. Den meisten war aber auch klar, dass sie unter ständiger Beobachtung stehen und sie selbst dran sind, wenn sie nicht schießen.

MfG,
TheSedated