Hallo Patrick,
ich bin selbst Buddhist, aber danke das Du mir meine
Unzulaenglichkeit unter die Nase reibst
gern geschehen - ich hoffe, es ist Dir von Nutzen. Aus diesem Grund nehme ich mir auch die Zeit für eine ausführliche Antwort.
In der Tat hatte ich damit keinen „Schoepfer“ mit Rauschebart
gemeint sondern eine „hoehere Macht“.
Du hattest von ‚Gott‘ gesprochen - und das ist nach dem Verständnis der monotheistischen Weltreligionen ein persönlicher Gott. Wenn Du nun darunter ein Männlein mit Rauschebart verstehst, das auf Wolke 7 daherschwebt, dann ist das Dein naives Verständnis dieses Konzeptes - nicht meines und auch nicht das eines Juden, Christen oder Moslem, der den Kinderschuhen entwachsen ist. Als kurze Einführung in den Gebrauch dieses Begriffes (in christlicher Auffassung) vgl. z.B. http://www.evangeliumszentrum.at/archiv/Persoenliche… .
Was nun die unpersönliche „höhere Macht“ angeht, so halte ich persönlich es für Etikettenschwindel, wenn man sie partout mit ‚Gott‘ titulieren will. Oder, um Schopenhauers Bonmot über den Pantheismus aufzugreifen, für einen „höflichen Atheismus“. Wie auch immer - auch nach einer „höheren Macht“ wirst Du in Buddhas Lehre vergeblich suchen.
Ich empfehle Dir, Dich einmal gründlich mit samudaya, also der 2. der vier aryasatya (‚edlen Wahrheiten‘) auseinanderzusetzen. Bei der Untersuchung der Ursachen für duhkha (‚Leid, Ungenügen‘) wird das Sein synthetisch (= ‚wie entsteht Sein‘) mit dem Modell pratityasamutpada (‚wechselseitig bedingtes Entstehen‘) erläutert. Analytisch betrachtet (= ‚was ist Sein‘) haben wir die fünf upadanaskandha (‚Aggregatzustände des Ergreifens‘) und die Grundantriebe raga, dvesa und moha (‚Gier/Lust, Hass/Unlust und Verblendung‘) sowie die trilaksana (‚drei Seinsmerkmale‘) duhkha,anitya und anatman ('Leidhaftigkeit, Unbeständigkeit und Substanzlosigkeit).
Während pratiyasamutpada ein geschlossenes Modell darstellt, das ohne jegliche transzendente „höheren Mächte“ (seien sie nun persönlicher oder nicht-persönlicher Art) auskommt, so steht die anatman-Doktrin darüber hinaus sogar in deutlichem Gegensatz zu jeglichem Konzept von einer „höheren Macht“. Hier nun noch eine Einführung in die buddhistische dharma-Theorie zu geben, würde zu weit führen. Es sollte zunächst der Hinweis genügen, dass nach mahayanischer Auffassung alle dharmas (alles ‚Seiende‘) zusammengesetzt und bedingt sind; der Theravada kennt hingegen lediglich nirvana als einziges nicht-bedingtes und nicht-zusammengesetztes (asamskrta) dharma. Einige historische Hinayana-Schulen zählten noch mehr asamskrta dharma (z.B. den Raum) - keine jedoch etwas in der Art einer „höheren Macht“.
Insofern hat der Budhismus kein Problem damit, die Existenz von Göttern - devas - zu akzeptieren. Wenn sie existieren, existieren sie auf Grund von Bedingungen und sind vergänglich. Erlöschen die Bedingungen, endet auch ihre Existenz. Ein Gott oder eine ‚höhere Macht‘, die Bedingungen unterworfen ist - das macht nicht allzuviel her, nicht wahr?
Es ist insbesondere die anatman-Doktrin, die im Budhismus von zentraler Bedeutung ist, so dass sie seit jeher Kriterium dafür ist, ob die Lehre einer Schule als buddhistisch einzustufen ist oder als eine Lehre ‚Andersfährtiger‘. Mit dieser Lehre wird implizit der Existenz eines isvara (‚Gottes‘) widersprochen. Daneben ist das gelegentliche explizite Verwerfen der Existenz Gottes, wie in dem von mir angeführten Zitat, das auf das unlösbare Grunddilemma eines solchen Konzeptes verweist (nämlich die Theodizee), eher unbedeutend - wenn auch deutlicher.
Ich predige auch seit Ewigkeiten schon, dass jede Religion im
Prinzip dasselbe verehrt und der einzige Unterschied im Drumherum
besteht.
Buddhisten ‚verehren‘ die triratna und nehmen zu ihnen Zuflucht - zum (ganz und gar menschlichen) Buddha als Lehrer, zum Dharma als seiner Lehre (nicht mit dem kleingeschriebenen ‚dharma‘ verwechseln) und zum sangha als der Gemeinschaft derer, die den edlen achtfachen Pfad gehen. Und das soll dasselbe sein wie JHW, wie Allah oder wie die christliche Trinität aus Gottvater, Christus und heiligem Geist? Das kann ja wohl nicht Dein Ernst sein.
Fuer die Buddhisten ist Gott eine Art goettliche Ordnung,
Jetzt ist es auf einmal eine ‚göttliche Ordnung‘ und keine ‚höhere Macht‘ mehr? Vielleicht wäre es sinnvoll, Du würdest klarstellen, wovon genau Du redest. Man kann den Dharma, das von Buddha gelehrte ‚Gesetz‘, zwar im höheren Sinne als ‚Weltgesetz‘ begreifen, als eine ‚höhere Ordnung‘. Das Attribut ‚göttlich‘ jedoch wäre hier völlig fehl am Platz.
fuer die Christen Papa mit Rauschebart
s.o. - ich halte das für eine Diffamierung, die hier fehl am Platze ist.
Und Du wirst mir doch recht geben, dass wenn man aus dem Gott der
Christen eine goettliche Ordnung macht auf einmal alles mehr Sinn
ergibt oder? Kharma, juengstes Gericht, Himmelreich, Nirvana, es
passt alles zusammen.
Da passt im Gegenteil überhaupt nichts zusammen. Zunächst einmal ist karma ein sehr komplexes Thema, jedoch sollte klar sein, dass der buddhistische Karmabegriff sich deutlich vom hinduistischen unterscheidet. Das buddhistische karma ist unmittelbar auf den Willen, cetana bezogen (vgl. z.B. A.VI.63: „Den Willen, ihr Mönche, nenne ich kamma“). Auch hier findest Du beim Studium von pratityasamutpada näheren Aufschluss - karma ist der ‚Motor‘ dieses Konditionalnexus (Bedingungszusammenhangs). Durch die Beziehung von karma (willentliches Wirken) zu phala (‚Frucht‘) ist ‚Werden‘ als das Entstehen von Folgen gemäß spezifischer Ursachen und Bedingungen (hetu und pratyaya) definiert. Aus diesem Grund ist pratityasamutpada ein dynamisches Modell, kein statisches.
Mit dem aus dem alten Ägypten übernommenen Konzept der Seelenwägung hat das nicht das Geringste zu tun - schon, weil im Buddhismus das Konzept ‚Seele‘ verworfen wird. Wie übrigens generell jede Eschatologie - ist also nix mit ‚jüngstes Gericht‘.
‚Himmelreich‘ und nirvana - das ist noch schräger. Nirvana ist kein Jenseits, kein transzendenter ‚Ort‘, sondern es ist die Überwindung von Verblendung und damit das Versiegen oder Verlöschen (wörtl. ‚Verwehen‘) der o.g. duhkha verursachenden Grundantriebe. Die einzige Gemeinsamkeit ist, dass man hier von zwei - allerdings durchaus verschiedenen - Heilszielen sprechen kann.
Im Uebrigen gibt es sehr wohl Formen des Buddhismus die einige
Definitionen von Goettern haben, aber das solltest Du besser wissen
als ich oder?
Den Begriff deva habe ich in diesem Thread schon wiederholt erwähnt - und deutlich gemacht, dass dieser mit dem monotheistischen Gottesbegriff nicht vergleichbar ist. Und auch, dass diese devas im Buddhismus keinerlei soteriologische Funktion haben.
Abschließend noch eine Anmerkung. Es ist sicher sinnvoll, im Sinne interreligiösen Dialoges die verschiedenen Religionen auf Gemeinsamkeiten hin zu untersuchen - dies heisst aber auch, die Unterschiede nicht zu übersehen; insbesondere wenn es um Kernaussagen geht. Der Sinn eines solchen interreligiösen Dialoges ist mE der, andere Religionen mit deren eigenen Augen sehen und verstehen zu lernen. Es ist das genaue Gegenteil davon, die eine Religion jeweils aus der Perspektive der anderen zu sehen - dies kann nur zu Missverständnissen führen.
Man stelle sich vor, jemand würde sich einem indischen Forum als Christ vorstellen und erklären, Christen glaubten an eine göttliche Triade von einem Erlösergott Christus, einem Gottvater und einer Muttergöttin Maria. Das mag dem Publikum dann vielleicht einleuchten, weil es ihm vertraut erscheint, es mag sogar der religiösen Toleranz dienen - richtig wird es dadurch jedoch nicht.
Feundliche Grüße,
Ralf