Deal or no deal
Hallo,
im Alter deines Sohnes solltest du dazu übergehen, Ge- und Verbote auf die wirklich wichtigen Dinge zu beschränken. Dazu könnte gehören, nicht unter Alkohol Moped zu fahren oder sich zuhause zu melden, falls es später wird, als verabredet.
Schlafenszeiten sollte man in diesem Alter nicht mehr diskutieren. Man wird bestenfalls erreichen, dass das „Kind“ einen ausreichend geschickt austrickst - schlimmstenfalls züchtet man sich Dauerkonflikte, die - wie du gerade selbst spürst - stark an den eigenen Reserven zehren.
Das heißt nicht, dass man alles laufen lassen soll und darf. Es bedeutet aber, dass man die Art der Einflussnahme verändern muss, wenn man verhindern will, dass sich die Kinder völlig entziehen.
Mein Tipp: Setz’ dich mit deinem Sohn zusammen und frage ihn mal danach, wie er sich die Gestaltung der Schlafens- und Internetzeiten vorstellt. Hör’ es dir in Ruhe an, ohne gleich dagegen zu reden. Wenn er fertig ist, äußere deine Ängste, die du hast, wenn er sich nicht an die bisher geltenden Regeln hält. Wichtig: Bleib’ bei deinen Ängsten und mache keine allgemeingültigen Statements draus.
Dann frag’ ihn nach seinen Ideen, einen Kompromiss für euch beide zu finden. Wichtig: Sei offen für das, was er anbietet, auch wenn das vermutlich erst mal Widerstände bei dir auslösen mag. Ein Stück loslassen musst du in jedem Fall, wenn das Ganze Erfolg haben soll . Wenn sein Vorschlag für dich einigermaßen tragbar erscheint, schlage ihm vor, dieses Procedere für die nächsten vier Wochen auszuprobieren und zu sehen, wie es funktioniert. Du darfst ihm ruhig sagen, dass dir das schwerfällt, aber dass du dir Mühe geben willst, weil du möchtest, dass euer Verhältnis positiv bleibt. Und dass du dir natürlich wünscht, dass ihm das auch wichtig ist.
Vier Wochen deswegen, weil es eine Weile braucht, bis ihr beide euch darauf einstellen könnt. Die Migräne-Beobachtung gehört ebenfalls dazu. Vor allem aber brauchst du die Zeit, um zu üben, ein Stück Kontrolle aufzugeben. Kontrolle übrigens, die nur in deinem Kopf existiert, da dein Sohn jede Möglichkeit der Welt hat, sie zu umgehen.
Halte die vier Wochen durch .
Und dann setz’ dich wieder mit deinem Sohn zusammen und besprich eure Erfahrungen und wie ihr weiter damit umgehen könnt.
Mach’ dir klar, dass du so gut wie kein Druckmittel in der Hand hast, das du wirksam einsetzen kannst, wenn dein Sohn beschließt, deine Ge- und Verbote einfach zu ignorieren. Und bevor das passiert, suche nach einem Weg, seine Kooperation zu bekommen. So lange ihr im Gespräch bleibt, entzieht er sich deinem erzieherischen Vorbild niemals völlig. Wenn er dicht macht, hast du verloren, denn die Zeit der elterlichen Macht ist vorbei. An jetzt muss man darauf bauen, dass die Grundlagen, die man gelegt hat, tragen und nur noch dabei helfen, das Gewicht zu verteilen.
Schöne Grüße,
Jule