Welchen Ort könnte dieses Bild (Seidenmalerei) darstellen und wer ist der Maler?

Dieses Bild offensichtlich eine Seidenmalerei befand sich im Nachlass meiner Mutter (PLZ 83***). Mich würde interessieren welche Ort hier dargestellt ist, wann etwa und wer der Maler ist. Man kann ein abgebildetes Plakat erkennen mit Aufschrift: „LIE???, ATZGERSDORF?, TÜBINGEN, …“.
linke Unterschrift vielleicht „Z. Rad(?)“, rechte vielleicht „Wörrgel?“. Hier ist die Farbe authentisch, aber das Bild nicht sehr scharf:

Diese Bild mit Blitz ist etwas schärfer aber dafür nicht in realistischen Farben.

Servus,

eigenartig ist das Schild vorne rechts, auf dem „Liesing“ und „Tübingen“ zu lesen sind.

Die Krüppelwalmgiebel im Vordergrund können sowohl im Württembergischen als auch in einer österreichischen Provinz daheim sein.

Ich glaube aber, wenn die Kirche mit dem Roko-Turm irgendwo im Schwäbischen stünde, würde ich sie wahrscheinlich kennen. Täte das also eher nach Niederösterreich.

Schöne Grüße

MM

Servus Aprilfisch!

Ja das hört sich ziemlich plausibel an. Gut zu wissen dass es wohl Schwaben schonmal nicht ist. Das Schild oder was das ist könnte wohl so eine Art Werbetafel/Anschlag sein, vielleicht für einen Vortrag oder ein Konzert o.ä.

Was bedeuten die beiden Unterschriften? Eine den Ort (rechts??) eine den Künstler (links??)?
Danke schonmal und viele Grüße
R.

P.S.: Es scheint ein Anschlag für eine „Liedertafel“ zu sein:

Über Liedertafeln in Mödling/Wien findet sich hier etwas: https://mödling-kolonie.at/AlltaginderMoedlingerArbeiterkolonieseit1873.pdf

Ich habe hier etwas gefunden https://de.wikipedia.org/wiki/Pfarrkirche_Mauer das ist auch bei Liesing. Auf den ersten Blick sehen die Kirchtürme zwar komplett anders aus, aber die Proportionen der Uhr und das „Gitter“ vom Glockenturm passen doch ziemlich gut, könnte es sich um das Ergebniss eines Wiederaufbaus - oder einer Renovierung handeln?

Servus,

wohl nicht.

Die Pfarrkirche St. Bartholomä in Mauer wurde in den 1930er Jahren fast vollständig neu gebaut, auch wenn der Turm wie ein barockisierter romanischer oder gotischer Turm aussieht. Obwohl in der Gegend dort recht fein ausgeführte barocke Kirchen fast so dicht gesät sind wie romanische und gotische im Burgund, glaube ich nicht, dass man einen so artigen Bau wie den auf dem Bild gezeigten der Straßenbahn geopfert hätte. Wie St. Bartholomä vor dem Neubau aussah, weiß ich freilich nicht.

Große, rundbogige Schallfenster sind an Glockentürmen fast aller Epochen (außer der Hochgotik, wo die Türme auf der Ebene des Glockenstuhls insgesamt filigran durchbrochen gebaut wurden) verbreitet und eigentlich kein Indiz für eine Ähnlichkeit.

Schöne Grüße

MM

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Ah, ok! Danke für deine Erklärungen. Ich dachte nur an die Proprotionen(Position+Größe) von Uhr zu Schallfenster die in beiden Kirchen fast identisch sind.

Noch was die ich habe ein par Rokokokirchtürme gegoogelt aber diese Ausführung mit niederer (halbkugeliger?) Kuppel habe ich noch nicht gefunden. Könnte es sich theoretisch auch um eine künstlerische Variation handeln?

Hallo

Das könnten die hier sein. Laut ihrer Website haben sie seit 1928 eine Sängerfreundschaft mit dem Sängerkreis Tübingen. „Liedertafel“ ist dann nicht der Vereinsname, sondern die Veranstaltung.

Vermutung: Demnach wäre das Plakat eher im Schwäbischen zu lokalisieren.

-panoramix-

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Sicherlich nicht. Die Darstellung ist in allen Details realistisch, so dass es keinerlei Anlass gibt, hier etwas „Künstlerisches“ im Sinn der Moderne einzufügen.

Derartige einfache Hauben findet man schon; aus der hohlen Hand treten mir zwei im Alpenraum vor Augen, die allerdings beide aus dem frühen Barock stammen: Die Jesuitenkirche in Innsbruck und die Basilika in Tirano.

Aus dem oberschwäbischen Barock (der mir angestammterweise näher ist) die Kirchen der Abteien Weingarten und Weissenau, beide um etwa 1720.

Verspieltere Hauben aus dem eigentlichen Rokoko, die aber nur durch Aufsetzen einer Laterne aus einer Konstruktion abgeleitet sind, die der abgebildeten sonst genau entspricht, an der Wieskirche und in Birnau; die auskragenden, mehrfach gegliederten „Zwiebeln“ wie in Steinhausen und Rot an der Rot und die einfachen Zwiebeln wie an der Friedrichshafener Schlosskirche sind Bauformen, die im Barock auch, aber nicht ausschließlich vorkommen.

Steinhausen ist übrigens zwar für heillose Überziehung des Budgets am bekanntesten geworden, aber so ganz selten war das nicht, dass am Schluss das Geld ausging. Da wäre es nicht auszuschließen (aber auch nicht das einzige denkbare Motiv), dass bei der abgebildeten Kirche ursprünglich auch zwei Laternen auf den Turmhauben sitzen sollten, die dann eingespart wurden, als man sah, dass das Geld hinten und vorne nicht langt.

Je länger ich mir das anschaue, desto mehr entsteht mir aber der Eindruck, dass ich mit „Rokoko“ ein bissele voreilig war und die Bauzeit wohl eher etwas früher im Barock lag, vielleicht sowas wie 1700.

Schöne Grüße

MM

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Servus,

allerdings nicht in und um Tübingen, wo das Neckar- und Ammertal bis in die 1950er Jahre fest in evangelischer Hand waren; die wenigen in der barocken Ära neu gebauten evangelischen Kirchen sahen schon 1680 klassizistisch aus.

Als zu Tübingen nächstgelegene römisch-katholische Herrschaft käme allenfalls das österreichische Rottenburg/Neckar in Frage, wo man allerdings bis zur Durchmischung der Konfessionen in den 1950er Jahren kulturell nichts mit Tübingen zu tun haben wollte (und umgekehrt), da man sich gegenseitig als feindliche Sekte betrachtete, der man mit größtem Argwohn begegnen sollte.

Das Kaisergelb auf dem Bild würde zwar zu allem passen, was dem Haus Habsburg gehörte, aber ich würde es (auch wegen der Mehrheit, die dann zur Veranstaltung weniger Anreise hatte) eher in Niederösterreich suchen. Und auch wegen des g’schlamperten Verputzes des ersten Giebels rechts, und das mitten an der Hauptstraße. Ha no, wer do au no schbard, nimmt’s gwieß au mit dr Kehrwoch’ et so g’nau! Ond hosch Du den iberhaupt scho amol auf dr Fronleichnamsbrozessio g’sähe?

Unfairerweise sind auch die Krüppelwalmdächer weiter vorne kein Indiz für diese oder jene der beiden Gegenden.

Schöne Grüße

MM
Schöne Grüße

MM

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Schöne Grüße

MM

Vor ungefähr hundert Jahren gab’s mal eine Editierfunktion…

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Ja mein (völlig unbedarftes) Gefühl würde auch eher in diese Richtung gehen. Wie groß kann denn der Einzugsbereich der Werbung bzw. der Plakataufhänger gewesen sein? Ich glaub nicht allzu groß. Ich schätze also, dass es schon so in max 50 km Umkreis von Wien sein wird.

Google Images gibt bei „Barockkirchen Niederösterreich“ eine ganze Reihe mit sehr ähnlichen Kuppeln ich glaub da wirds schon ganz warm. Wahrscheinlich muss man nur den Umkreis von Atzgersdorf/Liesing/Mödling absuchen und hats dann. Komisch nur dass es wohl genau NICHT diese Orte sind sondern wohl nur ein benachbarter.

Bitteschön:
Lichtentalerkirche in der Marktgasse in Wien
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www.kirche.in.wien_171015
.
Fundstelle klickmich

Da nich für! :wink:

Gruß
.

wiki gibts ja auch noch klickmich

Wow - Hammer!! Vielen Dank :slight_smile: Wie bist du da drauf gekommen??

Das führt gleich auf eine weitere Frage, der Vorsprung in der Gebäudereihe wo dieser Anschlag für die Liedertafel in meinem Bild hängt, scheint nicht zu existieren. Kann es sein, dass diese ganze Sache irgendeinen tieferen Hintergrund hat. So wie ich das verstehe sind diese Arbeitergesangsvereine und ihre Liedertafeln durchaus politisch motiviert, vielleicht verbirgt sich ja einfach ein kleines politisches Statement dahinter? Dann wäre übrigens durchaus eine gewisse künstlerische Freiheit drin.

Wenn du bei ebay „Wien Lichtentalerkirche“ ins Suchfenster eingibst, findest du diese Postkarte zahlreich (auch preiswert). Alle aus einem Leporello entnommen.

Die Postkarte ist von einem Photo reproduziert. Das Haus neben dem Plakat ist zwar exakt dasselbe wie auf deinem Bild (eine Zeichnung), aber die Häuser daneben sind zerfallen. Die Zeichnung gibt also einen früheren (oder einen zumindest beschönigten) Zustand wieder. Und das Haus rechts im Vordergrund ist nach rechts und nach hinten versetzt gezeichnet, so daß eine seitliche Häuserwand vorgetäuscht wird. Ganz sicher genau mit dem Zweck, um das Plakat mit reinzubringen. Deshalb ist die Perspektive ja auch so gewählt, daß es direkt ins Auge springt.

Der Straßenverlauf ist gegenüber dem Photo eh verzerrt, auch wenn man den anderen Standort berücksichtigt, und, daß das Photo eine Weitwinkelaufnahme ist.

Gruß
Metapher

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Ja, scheint mir auch so (siehe meinen Kommentar oben vom 16.10.2017, 17:08 Uhr).

Das ist kein Vorsprung, sondern die Seitenwand des Gebäudes.
Zwischen dem Plakat-Haus und der Bäckerei ist eine Lücke, womöglich sogar ein Durchgang. Das sieht man auf Deinem Bild deutlich im Dachbereich.
Bei einer solchen Konstellation wie hier (Wechsel der Giebelseiten und somit Wechsel der Dachformen) geht das gar nicht anders als mit Lücke.
Das Bäckerhaus ist zudem um einen halben Meter zurückgesetzt gebaut (warum auch immer) und so ist doch der halbe Meter Seitenwand die optimale Fläche, um Passanten aufmerksam zu machen.
Wenn ich die helle Fläche über und unter dem Plakat richtig deute, dann hängt an dieser Stelle häufiger was dran!

Keine Ahnung. :wink:

Ich habe die Links im Thread nur überflogen. Sollte ich wohl nochmal genauer lesen. War/ist denn dieser Verein ein Arbeiterverein? Und der Tübinger Sängerkreis auch?
Falls ja: Ob Sangeslust immer politisch motiviert ist, kann ich nicht sagen.
Es gibt viele Beispiele da haben Arbeiter ihre eigenen Vereine (auch z.B. im Sportbereich) gegründet, weil ihnen in den bürgerlichen der Zutritt verwehrt war (oder die Mitgliedsgebühren zu hoch) oder weil es einfach angenehmer war, die Freizeit unter seinesgleichen zu verbringen.

Gruß
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