Welt = Realität?

Wie konstituiert sich Realität im Bewusstsein?
Hi Hanzo.

auf den vorigen Artikeln bin ich u.a. über das EVA-Prinzip auf die Frage gekommen, ist unsere Welt die Realität?

Das EVA-Prinzip halte ich für philosophisch überholt. Es ist viel zu reduktionistisch. Die „Input-Daten“ werden nicht einfach nur neurophysiologisch verarbeitet und erreichen dann das Bewusstsein, sondern durchlaufen vorher superkomplexe mentale Filter, die das bewusst werdende Resultat maßgeblich formen. Das ist ja der Grundgedanke von Kants transzendentaler Philosophie. Auch die moderne Psychologie, z.B. Piaget, hat nachgewiesen, dass es mentale Strukturen sind, die die Wahrnehmung der sog. Außenwelt regulieren. Dass überhaupt etwas als Teil der Außenwelt erkannt wird, setzt schon präformierende mentale Strukturen voraus.

Die Herausbildung von Realitätserkenntnis auf die Formel „Eingabe-Verarbeitung-Ausgabe“.zu beschränken, greift also viel zu kurz. Es gibt mindestens zwei relevante Verarbeitungsinstanzen: die neurophysiologischen Organe und die mentalen Strukturen, die das Subjekt per Sozialisation verinnerlicht hat.

Dabei habe ich noch gar nicht das Hauptproblem erwähnt: Was ist Bewusstsein? Was ist das Subjekt? Wie entsteht es? Woraus besteht es? Gibt es dieses Subjekt überhaupt?

Es gibt also mindestens fünf Instanzen: 1) die externen Daten (z.B. Lichtschwingungen), 2) ihre Transformation in Nervenimpulse, 3) die Gehirnregionen, 4) die unbewussten mentalen Strukturen und 5) das Bewusstsein.

Als 6) könnte jene unbewussten Funktionen gelten, die für die visuell-auditive Erscheinungsweise der Phänomene im Bewusstsein sorgen. Die Lichtschwingungen z.B. sind ja nur Frequenzen ohne Farbe. „Farbe“ als Phänomen entsteht erst im Bewusstsein. Auch Klänge sind nur Schwingungen, die das Trommelfell treffen. Ihr auditiver Wert entsteht erst im Bewusstsein.

Chan

Pontius vs. scholastische Tarantel
Hallo Ch’an,

kein zwingendes Argument

Eine Definition ist grundsätzlich nicht zwingend, es sei denn, wir setzen sie voraus. Die Geisteswissenschaften (zu denen ich für jetzt die Ontologie vorläufig hinzuzähle) fangen da an, wo Definitionen nicht genau sind. Sie können trotzdem sinnvoll sein, z. B. eben weil sie aus der bereits mitschwingenden Verwendung von Begriffen herrühren.

Geisteswissenschaften ohne „Geist“ (bzw. ohne wenigstens die theoretische Möglichkeit geistiger Welten) wären ziemlich rasch abgetan. Der Materialist wird daher, falls er Wissenschaft treibt, sich schnell einmal auf Natur- und Sozialwissenschaften begrenzen und den Rest für weder definierbar noch auch nur in Teilen erforschbar erklären.

nur eine Erscheinung

alles spricht dagegen, diesem Wort einen Sinn zuzusprechen

Seinsweise „Regen“

Was verstehst Du darunter?

Gruss,
Mike

Bäckersfrau weiß mehr

Eine Definition ist grundsätzlich nicht zwingend, es sei denn, wir setzen sie voraus.

Das ist eine sehr wichtige Aussage, die aber von neurotischen Sprachfuzlern leider viel zu oft vergessen wird, in ihren ständigen Definitionsansprüchen. Und wir wissen doch alle, was man mit diesen ständig in die Diskussion eingeworfenen Definitionsansprüchen heimlich bezweckt?!

Zur Definition von Begriffen gibt es Tausende von Lexika, da braucht man keine Sprachfuzler, die einem ständig „Einwürfen“ bringen, wenn sie eh schon nichts verstehen in ihrer beschränkten Weltsicht von der wahren Realität der Welt. Die einfache Bäckersfrau weiß mehr als die Sprachfuzler.

Gruß
C.

Hi Chan.

Dabei habe ich noch gar nicht das Hauptproblem erwähnt: Was
ist Bewusstsein? Was ist das Subjekt? Wie entsteht es? Woraus
besteht es? Gibt es dieses Subjekt überhaupt?

Dabei sollen wir auch nicht vergessen, dass der Begriff Bewusstsein erst definiert bzw. prezisiert werden soll.
Wo bzw. bei wem sollen wir über sie erst reden.
Die These, dass Bewusstsein zwangsläufig über eine kritische Grenze an Komplexität entsteht ist zumindest gut vorstellbar zumal wir ihre Vorhandensein nur bei solchen Systemen sehen und das in Abstufungen die mit der Komplexität steigt und dabei regelmäßige Sprünge aufweist bis zu uns (wo auch eine fließende Grenze auch gut auszumachen ist).

Gruß

Balázs

Hi.

Was den Begriff der Wahrheit angeht, so hat jede Welt, ob real
gewesen, real werdend, potentiell real oder potentiell irreal,
einen gewissen Grad von Wahrheit.

Nein. Der Begriff und egal wie man ihn auslegt ist ausschließlich von und für uns.
Welten haben Möglichkeiten schon:smile:

Gruß

Balázs

Hi.

Der Materialist wird daher, falls er
Wissenschaft treibt, sich schnell einmal auf Natur- und
Sozialwissenschaften begrenzen und den Rest für weder
definierbar noch auch nur in Teilen erforschbar erklären.

Woher denn?
Wer sonst treibt die Forschung da voran?
Er geht von der bisher immer bestätigten Tatsache aus, dass keine Info ohne Materie/Energie.
Er ist da dann schon sicher, dass der „Geist“ gibt. Nur was das ist will er herausfinden.
Und er kann Erfolge zeigen. Umgekehrt ist es aber noch nicht der Fall.

Gruß.

Balázs

Hi.

Ich danke dir erst herzlich für den Link.
Muss ich durch und wieder kauen bevor ich das mit einem mir bekannten und sehr strenge Beweiskette Descartes Widerlegung vergleiche.
Das wird mir ein Riesenspaß bereiten, dass spüre ich schon:smile:
Ich komme auf jeden Fall darauf zurück.

Gruß

Balázs

Ps: Man kann nicht genug von solchen Rosinen bekommen:smile:

Hi sadran.

Das ist richtig.
Was wir suchen ist aber was intersubjektiv ist.
Und das können wir finden und definieren auch.

Du meinst wohl mit intersubjektiv objektiv.

In dieser Reichfolge:smile:
D.h diskutierbar ist was intersubjektiv ist und das ohne willkürlich gezogenen Grenzen. Objektivität ist ein Begriff was intersubjektiv behandelbar ist.

Man kann solch eine objektive Wahrnehmung der Realität für
sehr viele Dinge finden.

Leider nur für sehr wenige und noch schlimmer die haben nur ein Potential objektiv zu sein:smile:
Objektivität ist als regulative Idee zwar erreichbar und womöglich kennen wir welche, einen endgültigen Beweis ist aber unmöglich.
Notwendige Kriterien für Objektivität kennen wir (das sichert die Intersubjektivität) ausreichende aber nicht.

Beispiel sind zB alle pysikalischen
Gesetzte.

Nein. Alle Synthetische Sätze sind und bleiben Hypothetisch.
Münchhausen Trilemma.

Aber auch wenn etwas wie ein psysikalisches Gesetzt
praktisch bis ins Detail bewiesen wurde, wir diese Meinung,
Wahrnehmung der Realität nicht von jedem geteilt.

Dann hat diese Person in diesem Fall den intersubjektiven Rahmen verlassen. Ist ja nicht schlimm und wird von ganz bekannten Wissenschaftler auch gemacht.
Was aber nicht vorkommt, dass in ihrem Arbeiten so was als Argument benutzt wird.

Und viel schwieriger wird es noch mit Dingen, die nicht
beweisbar sind. Da hat dann jeder eine eigene und
unterschiedliche Auffassung, Wahrnehmung der Realität.
Beliebte Fragen: Gibt es Gott?

Wo ist da eine Schwierigkeit?
Der behauptet der beweist Punkt.
Nicht ich beweise den Gegenteil einer unbewiesenen Behauptung. Wo kämen wir hin mit unseren Intersubjektivität:smile:

Oder gibt es Reinkarnation?

Oder die berühmte Teekane usw. und das beweisbar Endlos.
Die sind schon def. außerhalb.

Auch Wissenschaftler müssen zustimmen, daß es keine Beweise
dafür, aber auch keine Beweise dagegen gibt.

Die lachen über deine Aufforderung herzhaft. Und verweisen auf die Reihfolge was dir etwas durcheinander ging:smile:

Auch wenn
vorallem Wissenschaftler eher dazu zu neigen, solche Fragen zu
vernein, kann man diese Fragen nicht engültig klären.

Die zucken mit dem Schulter wenn du ihnen diese Frage stellst.
Sind sie aber gut gelaunt, dann stellen sie dir noch paar millionen prinzipiell unbeantwortbare Fragen und wenn du willst alle werden gegen deine sprechen, no Problem:smile:

Die
Realität (die uns hier nicht bekannt ist), wird definitiv nur
eine Möglichkeit zu lassen: Entweder es gibt Gott oder nicht /
oder / entweder es gibt Reinkarnation oder nicht. Nur wir
wissen es nicht.

So nach dem Muster: Wie wahrscheinlich ist, dass ich morgen Nachmittag um vier vor der ALDI Adolf Hitler treffe?
Nach deiner Logik fünfzig Pro. Entweder treffe ich ihn oder eben nicht:smile:

Soooo geht das ja nicht:smile:

Gruß

Balázs

Definitionsfragen
Hallo Bálazs,

Materialismus war natürlich nicht in diesem Sinn verstanden.
Ich ziehe mich in diesem Punkt äusserst vornehm und zugleich äusserst nachdenklich zurück, natürlich kann auch die Rationalisierung als materialistisch bezeichnet werden.

Du müsstest mir für eine weitere Diskussion dieses Themas also zugestehen, Rationalismus (bzw. Materialismus in Deinem weiteren Sinn) von strengem Realismus (bzw. Materialismus in meinem engeren Sinn) zu unterscheiden.

Gruss,
Mike

Verstehe ich nicht
Hallo Balázs,

Nein

verstehe ich nicht: Was genau verneinst Du? Dass einige oder alle dieser gedanklichen Welten / Weltgedanken unwahr seien?

Der Begriff

Ein sinnhafter Begriff von Wahrheit, selbst wenn er rein subjektbezogen wäre, mithin nur zur Erbauung einzelner Individuen, die eine Art von unbeholfener Psychohygiene betreiben, ist qualifizierbar und quantifizierbar. Ich behaupte bewusst nicht: verbindlich quantifizierbar.

Gruss,
Mike

Hallo Dahinden.

Du müsstest mir für eine weitere Diskussion dieses Themas also
zugestehen, Rationalismus (bzw. Materialismus in Deinem
weiteren Sinn) von strengem Realismus (bzw. Materialismus in
meinem engeren Sinn) zu unterscheiden.

Das tue ich gern. Ich kenne aber in diesem Sinne (noch) niemanden.
Und wenn er trotzdem geben würde in dieser Form, dann ist der keine Rede wert und man nennt ihn (bei uns)auch etwas anders.
Sofern ist es sicher eine Definitionssache:smile:

Gruß

Balázs

Hallo Mike,

Nein

verstehe ich nicht: Was genau verneinst Du? Dass einige oder
alle dieser gedanklichen Welten / Weltgedanken unwahr seien?

Nein (schon wider:smile:

Was ich meinte ist, dass der Begriff Wahrheit ein Konstrukt unseres Denkorgans (unter vielen anderen) ist.
Der Welt Wahrheit zusprechen ist Unding.
Wahrheit können wir unseren Erkenntnissen zu oder absprechen.

Der Begriff

Ein sinnhafter Begriff von Wahrheit, selbst wenn er rein
subjektbezogen wäre, mithin nur zur Erbauung einzelner
Individuen, die eine Art von unbeholfener Psychohygiene
betreiben, ist qualifizierbar und quantifizierbar. Ich
behaupte bewusst nicht: verbindlich quantifizierbar.

Das ist ein vernünftiger Ansatz.
Nun hat man durch tausenden von Jahren den Begriff untersucht, analysiert.
Die große Frage war und ist, wann dürfen wir Wahrheit absolut nennen.
(das Geltungsproblem)
Sicher ist, dass in der Analytik absolute Wahrheiten aufweisbar sind weil sie strickt beweisbar sind. Z.B alle Tautologien sind unbezweifelbar (wie Descartes das forderte für den Begriff) Wahr. Das ist gut. Schlecht ist das sie uns über die Welt nichts lehren, die sind leer.
Andere analytische Sätze sind schon viel nützlicher aber sie lehren uns auch nichts über die Welt.

Nicht so wo um synthetische Sätze geht. Dort ist diese Sicherheit nicht gegeben. Dafür können sie uns was über die Welt lehren.

Hier haben wir zwar notwendige Kriterien aber keine hinreichenden für ihre Wahrheit.
Fazit: alle synthetische Sätze sind und bleiben hypothetisch.
Der Satz ist selbstanwendbar und führt keinesfalls zu vitiösen Zirkel, genügt somit voll den Kriterien.

Gruß.

Balázs

Die Materialisten neigen dazu, diese „geistigen“ Welten
als Phantasien abzutun.

Du würdest das als Materialist also nicht so machen?

Definition von ‚Welt‘
Hallo Balázs,

wieder kommt die Frage der Definition von „Welt“ zurück.

Der Welt Wahrheit zusprechen ist Unding

Angenommen, wir können nur unseren Erkenntnissen Wahrheit zu- oder absprechen: Gehören diese Erkenntnisse etwa nicht zur Welt?

Sicher ist, dass ub der Analytik absolute Wahrheiten aufweisbar sind

Wenn ich Dich recht verstehe, willst Du hier aussagen, dass naturwissenschaftliche und kausallogische Beweise etwas Zwingendes haben. Das Zwingende ist aber nicht das Absolute. Das Zwingende setzt immer Axiome oder Grundannahmen voraus. Eine Tautologie ist nur dann unbezweifelbar, wenn die Sprache vorausgesetzt ist, mitsamt Begriffen.

Diese Voraussetzung bedeutet aber eben, Dinge wie synthetische Sätze

synthetische Sätze

vorauszusetzen.

Gruss,
Mike

Hallo Mike

wieder kommt die Frage der Definition von „Welt“ zurück.

Der Welt Wahrheit zusprechen ist Unding

Angenommen, wir können nur unseren Erkenntnissen Wahrheit zu-
oder absprechen: Gehören diese Erkenntnisse etwa nicht zur
Welt?

Natürlich und? Genau wie der Osterhase&Co.
Wenn du aber was ich ja heraushören wähne (bin nicht ganz taub:smile: damit sagen willst, dass diese daher schon immer dazu gehörten, dann muss ich dich leider enttäuschen:smile:
Die Möglichkeit, dass wir sie uns denken gehört zu der Welt.
Die Frage welche aus dieser unendlichen Menge dann uns tatsächlich als real manifestieren wird treibt uns in die Wissenschaft. Die ist nämlich auch möglich somit ganz in deinem Sinne Bestandteil der Welt:smile:

Sicher ist, dass ub der Analytik absolute Wahrheiten aufweisbar sind

Wenn ich Dich recht verstehe, willst Du hier aussagen, dass
naturwissenschaftliche und kausallogische Beweise etwas
Zwingendes haben.

Nein das tust du leider nicht.
Hier geht es einfach darum, dass man dir beweisen kann, dass alle Denktätigkeiten und ohne irgendeiner Ausnahme letztendlich Urteile sind. Und von Urteilen kennen wir zwei Formen.
Analytische und Synthetische.

Und was ich unter kausallogische Beweise verstehen soll ist mir nicht ganz ersichtlich. Womöglich meinst du hier den Zusammenhang in einer Ereignisfolge was man unter bestimmten Bedingungen (Energieübertrag) Kausal nennt.
Nicht alle regelmäßige Ereignisfolgen sind aber kausal miteinander verknüpft z.B Tag und Nacht (das wird auch oft übersehen bzw. nicht mal den Unterschied verstanden wie bei Hume und Kant noch der Fall war)

Das Zwingende ist aber nicht das Absolute.

Meinetwegen. Eine Def. deinerseits würde aber mich interessieren. Für uns ist etwas, dann zwingend wenn wir nicht anderes können. In diesem Sinne benutzte ich bzw. Descartes.
Wünsche und Hoffnungen sind keine Erkenntnistheoretische Begriffe.
Die sind rein Subjektiv.

Das Zwingende setzt immer Axiome oder Grundannahmen voraus.

Unsere Elementarlogik ist angeboren und die ist der „Axiom“ „zwingenderes“ kennen wir nicht:smile:. Ob sie stimmt oder nicht ist eine ganz andere Frage, unumgehbar ist sie aber allemal.
Das hat schon Archimedes uns beigebracht: Wer was erkennen will muss das Zeug dazu schon selbst mitbringen.
Und natürlich gebrauchen:smile:

Eine Tautologie ist nur dann unbezweifelbar, wenn die Sprache
vorausgesetzt ist, mitsamt Begriffen.

Klar. Und die ist in der ersten Linie nicht für das Denken da.
Daher benutzen wir sie da so weit nur wie unbedingt nötig.
Abhilfe sind da die formale Sprachen.

Diese Voraussetzung bedeutet aber eben, Dinge wie synthetische
Sätze

synthetische Sätze

vorauszusetzen.

Sicher. Daher gibt für sie keine absolute (zwingende) endgültige Beweis (für immer hypothetisch).
Man nennt das Problem Münchhausen Trilemma. Abgenagter Knochen:smile:
Nicht so ist es mit analytischen Sätzen (mit den meisten:smile: da ist die Elementarlogik der archimedische Punkt (für uns Menschen:smile:

Gruß,

Balázs

Dilthey, Kant, Zen
Hi Mike.

Geisteswissenschaften ohne „Geist“ (bzw. ohne wenigstens die theoretische Möglichkeit geistiger Welten) wären ziemlich rasch abgetan.

Den Ausdruck ´Geisteswissenschaften´ hat Wilhelm Dilthey bekannt gemacht, wobei sich ´Geist´ für ihn auf die kulturellen Schöpfungen der Menschen bezieht. Damit ist natürlich keine eigene (geistige) Welt gemeint, sondern eine bestimmte Ebene/Sphäre/Dimension der einen Welt, die von Naturwissenschaft zum einen und von Geisteswissenschaft zum anderen erforschbar ist.

´Geisteswissenschaft´ bedeutet also nicht, dass es eine geistige Welt gibt, sondern dass die Welt einen geistigen Aspekt hat. Dilthey sah dies aus der Perspektive der Lebensphilosophie, die den (menschlichen) „Geist“ der „Natur“ gegenüberstellt. Die Natur wird durch die analytischen NaWi-Methoden erforscht, die Produkte des Geistes hingegen durch die Hermeneutik (Lehre vom Verstehen).

Ich will damit nur sagen, dass allein aus der Metapher „geistige Welten“, solange sie sich nur auf Produkte des menschlichen Geistes bezieht, kein Schluss auf die reale Existenz einer „geistigen Welt“ gezogen werden kann.

Der Materialist wird daher, falls er Wissenschaft treibt, sich schnell einmal auf Natur- und Sozialwissenschaften begrenzen und den Rest für weder definierbar noch auch nur in Teilen erforschbar erklären.

Ok, das fällt unter die Systematik Geistes-vs.-Naturwissenschaften. Es bedeutet aber, wie gesagt, nicht, dass es zwei differente Welten gibt, sondern „nur“, dass die eine Welt auf zwei verschiedene Weisen erforschbar ist.

nur eine Erscheinung

alles spricht dagegen, diesem Wort einen Sinn zuzusprechen.

Erst mal die Basics. Platon unterschied zwischen Idee/Urbild und Ding/Abbild. Kant unterschied zwischen Ding-an-sich und Erscheinung/Phänomen. Was Kant von Platon hier abhebt, ist, dass er die Phänomenalität aus den strukturierenden Funktionen des menschlichen Verstandes erklärt, während Platon die Differenz als außerhalb des Menschen, also objektiv gegeben ansah.
Mit Kantischer Begrifflichkeit könnten wir also die von Hanzo hinterfragten Begriffe so festmachen: die Welt – das sind die Dinge-an-sich. Die Realität – das sind die Erscheinungen.

„Erscheinung“ heißt nicht, dass das Erscheinende gänzlich illusionär ist. Es heißt vielmehr, dass das Ding sich im menschlichen Bewusstsein auf eine bestimmte Weise zeigt, die mit seiner eigentlichen Seinsweise (an-sich) nicht übereinstimmt.
Wer wollte das ernsthaft bestreiten?

Ich nannte in einer direkten Antwort an den UP die diversen Stationen, welche die externen Daten durchlaufen, bis sie das Bewusstsein erreicht. Die moderne Wissenschaft, gleich ob NaWi oder Philosophie, geht heute davon aus, dass die Außenwelt NICHT eins-zu-eins in das Bewusstsein vermittelt wird. Das heißt, dass im Bewusstsein ein Bild der „Welt“ entsteht, dass mit der wahren Seinsweise der „Welt“ NICHT übereinstimmt.

Insofern ist der Ausdruck ´Erscheinung´ sogar sehr sinnvoll.

Seinsweise „Regen“

Was verstehst Du darunter?

Als Regen-an-sich, jenseits seiner Erscheinung? Das lässt sich am besten mit einem alten Koan sagen:

„Der Regen klatscht auf die Birnenblüten, ein Schmetterling fliegt davon."

Soll heißen, dass sich das An-sich sprachlich nicht auf eine besondere Weise beschreiben lässt. Auch im An-sich ist Regen Regen. Nur eben nicht d e r Regen, wie wir ihn im Modus der Erscheinung kennen.

Oder anders:

Die Dialektik im Zen oder Wie lernt der Schüler, die Dinge richtig zu sehen? Eine Kurs in drei Schritten:

  1. Der Mond ist der Mond (falsch)

  2. Der Mond ist nicht der Mond (besser, aber auch falsch)

  3. Der Mond ist der Mond (perfekt)

Chan

Bewusstsein per Emergenz oder Methexis?
Hi Chan.

Was ist Bewusstsein? Was ist das Subjekt?

Dabei sollen wir auch nicht vergessen, dass der Begriff Bewusstsein erst definiert bzw. prezisiert werden soll.

Damit wiederholst du aber nur meine Frage :smile: Es gibt so viele Definitionen des Bewusstseins (von denen keine universal anerkannt ist), dass es allerdings einen separaten Thread erfordert, dieses Thema ernsthaft zu behandeln.

Die These, dass Bewusstsein zwangsläufig über eine kritische Grenze an Komplexität entsteht ist zumindest gut vorstellbar

  1. Vorstellbar ja, aber nicht beweisbar. Wir wissen nicht, ob und in welchem Maße Tiere (auch niedere) sowie Pflanzen Bewusstsein haben. Wir können nur vermuten, dass sie es haben oder nicht haben.

  2. Ob Bewusstsein ´entsteht´ (bzw. ´emergiert´) oder aber ´verfügbar´ wird (im Sinne einer ´Teilhabe´ aka Methexis), ist ein großer Unterschied. Abhängig ist das von ontologisch-philosophischen Vorannahmen. Der Materialist geht natürlich von Entstehung aus. Für ihn ist die Materie die Grundlage des Bewusstseins.

Es gibt aber auch geistmonistische/spirituelle Theorien, nach denen Bewusstsein etwas immer und überall Bestehendes ist, an dem die Lebensorganismen (meinethalben ab einer gewissen Komplexität) teilhaben. Ebenso wie die Lebewesen die Materie, aus der sie bestehen, nicht ´erzeugen´, so erzeugen sie aus geistmonistischer Sicht nicht das Bewusstsein, sondern ´haben daran teil´ (per Methexis, siehe diesen Begriff bei Platon).

Beispiel: die Lehre vom Brahman im Vedanta. Hier ist Bewusstsein ein Merkmal des universellen Geistes (Brahman). Die einzelnen Subjekte haben daran nur Anteil. Im Normalfall ist dieser Anteil extrem gering, im Fall der Erleuchtung aber sehr groß. Für die vedantische Philosophie gibt es keine separates Bewusstsein. Das Bewusstsein des Subjekts ist nur ein Reflex des universellen Bewusstseins.

Chan

Sorry für Spiegel-Reflex
Ich stand bei der Selbstanrede wohl noch unter dem Eindruck der Sartre´schen Bewusstseinsdefinition:

„Ein Bewusstsein ist ein Sein, dem es in seinem Sein um sein Sein geht.“

Welt versus Realität
Hi.

Das EVA-Prizip setzt die Gleichsetzung von Welt und Realität
voraus, aber es begründet es nicht, und um eine Gleichsetzung
zu konstatieren, bedarf es der Begrünung.

Du bist also mittlerweile ein Daoist, der Feng Shui einsetzt, um zu optimaler Erkenntnis zu gelangen…

Aber wissenschaftlich betrachtet ist keiner der beiden Begiffe koscher.

´Welt´ könnte aber auch für Totalität stehen, und diese übersteigt die sogenannte Realität. Die Inhalte von Phantasien z.B. sind Teil der Totalität, aber nicht Teil der Realität. Insofern wäre Realität eine Teilmenge der Welt.

Im Normalfall meint man mit Realität die Welt, die
OBJEKTIV gegeben ist, aber auch hier ist die Frage, was
„objektiv“ bedeutet.

Es gibt da drei Kategorien: subjektiv, intersubjektiv und objektiv.

´Subjektiv´ ist eine individuelle Erfahrung. ´Intersubjektiv´ bezieht sich auf die mehreren Subjekten gemeinsamen Werte, Anschauungen und Interpretationen. ´Objektiv´ ist das wissenschaftlich oder logisch Beweisbare.

Chan

Hi Chan.

So spart man:smile:

Die These, dass Bewusstsein zwangsläufig über eine kritische Grenze an Komplexität entsteht ist zumindest gut vorstellbar

  1. Vorstellbar ja, aber nicht beweisbar.

Genauer, noch nicht. Das kann sich aber sehr schnell ändern.

Wir wissen nicht, ob
und in welchem Maße Tiere (auch niedere) sowie Pflanzen
Bewusstsein haben.

Das stimmt so kategorisch nicht.
Merkmale sind experimentell nachweisbar. Und die in aufsteigenden Richtung gekoppelt an das Gehirn. Daran ist nicht zu rütteln.
Und wer erlebt hat wie Alex seine zukünftige ungebildete Lebenspartnerin mit einwandfrei formulierten Wörter verarscht sich über ihre sprachliche ungebildetheit Witze gerissen hat der kann gar nicht zweifeln an seiner hoch ausgeprägten Bewusstsein gepaart mit aberwitzigem Humor (was ja wiederum ein Merkmal der Intelligenz ist)
Irene Pappenbergs Graupapagei hat uns eine abrupte Denkrichtungsänderung beschert.

Wir können nur vermuten, dass sie es haben

oder nicht haben.

Nein sicher nicht, wir können beweisen das sie das haben.

  1. Ob Bewusstsein ´entsteht´ (bzw. ´emergiert´) oder aber
    ´verfügbar´ wird (im Sinne einer ´Teilhabe´ aka Methexis), ist
    ein großer Unterschied.

Sicher, daher ermitteln. Was ist schlimm dabei? Dürfen wir das nicht?

Abhängig ist das von
ontologisch-philosophischen Vorannahmen.

Gar nicht. Das interessiert keine Sau. Von den Ergebnissen ist das einzig Abhängig.

Der Materialist geht
natürlich von Entstehung aus. Für ihn ist die Materie die
Grundlage des Bewusstseins.

So stimmt das auch wieder nicht. Er behauptet nur, dass ohne Materie/Energie keine Info je gesichtet wurde.
Eine Trennung ist noch nicht gelungen. Und warum sollte das nötig sein? Was für ein Grund kann man sich denken was eine völlig unbekannte immaterielle Bewusstsein dazu veranlasst jemanden für sich kurz ausleihen?

Darauf baut seine Experimente auf und sie bestätigen ihn regelmäßig. Alle andere (bisherige) Behauptungen dagegen sind entweder prinzipiell schon unüberprüfbar oder eben nicht reproduzierbar.

Es gibt aber auch geistmonistische/spirituelle Theorien, nach
denen Bewusstsein etwas immer und überall Bestehendes ist,

Das ist genau was der auch behauptet. Information hält die Welt zusammen. Ob jetzt welche welchen macht ist dabei unwesentlich was Tatsache ist, dass eine ohne das andere nicht gibt, und je mehr davon räumlich miteinander verbunden sind desto höhere Form annimmt.
Die Prozesse die das ermöglichen sind aber ergründbar und weitgehend bekannt.

dem die Lebensorganismen (meinethalben ab einer gewissen
Komplexität) teilhaben. Ebenso wie die Lebewesen die Materie,
aus der sie bestehen, nicht ´erzeugen´, so erzeugen sie aus
geistmonistischer Sicht nicht das Bewusstsein, sondern ´haben
daran teil´ (per Methexis, siehe diesen Begriff bei Platon).

Das kann man auch so sehen das ist das gleiche.
Wenn der Chemiker sagt ein Molekül erkennt das andere Molekül oder Atom dann ist diese Gesetzmäßigkeit schon eine Art Bewusstsein.
Diese Zwangsläufigkeit ist schon ein Garant und führt hinauf Richtung immer Komplexeren.

Beispiel: die Lehre vom Brahman im Vedanta. Hier ist
Bewusstsein ein Merkmal des universellen Geistes (Brahman).
Die einzelnen Subjekte haben daran nur Anteil. Im Normalfall
ist dieser Anteil extrem gering, im Fall der Erleuchtung aber
sehr groß.

Sprich nach erreichen der nächste Komplexitätsstufe:smile:

Für die vedantische Philosophie gibt es keine

separates Bewusstsein. Das Bewusstsein des Subjekts ist nur
ein Reflex des universellen Bewusstseins.

Oder dessen Ballungen.
Der durch ergründbaren Wege zu diesem Zustand führt wo wir vorläufig sind.
Und der nächste Station macht er selbst wie bisher aber jetzt Bewusst:smile:

Gruß

Balázs